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nichts von dem ungeheuren Bahnverkehr hinter diesen Mauern ver­muten läßt.-

Fred Hood. ( Nachdruck verboten.)

Kleines feuilleton.

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k. Ein Amerikaner über Nikolaus II.   Jm Century Magazine" veröffentlicht Andrew D. White   Erinnerungen aus der Zeit, als er amerikanischer Botschafter in Petersburg   war. ( 1892 ff.) Von dem damaligen Erben des Thrones, dem jeßigen Mann; aber eine seiner Bemerkungen verwunderte mich höchlichst.

Das Verfchwinden der Elbquelle. Baren Ritolaus II., erzählt er: Er erſchien als ein freundlicher junger

In den letzten Wochen war allenthalben zu lesen, daß Im Jahre vorher hatte die Hungersnot, die ja in den weiten während dieses Sommers die als eigentlicher Ursprung der Elbe   Gebieten Rußlands   nie ganz aufhört, eine furchtbare und betrachtete Quelle ausgetrocknet und auch tros reichlicher Regen lang andauernde Form angenommen, und mit diesem hohl­fälle im benachbarten Gebirge bisher wasserleer geblieben ist. Leute, äugigen Gespenst zusammen tamen zwei andere schred die keine rechte Vorstellung von der Art haben, wie ein Fluß zu- liche Gestalten: Cholera und Typhus. Es waren ganz die stande kommt und unterhalten wird, mögen sich nun wohl darüber gleichen Erscheinungen, die in den Zeiten des Mittelalters den wundern, daß dann nicht auch die ganze Elbe verschwunden ist, Schrecken des Schwarzen Todes" geboren hatten: Armut und Ver­wozu fie freilich auf der Höhe des Sommers ernstliche Anstalten kommenheit der Bewohner. Aus den Vereinigten Staaten   waren zu machen schien. Man muß dabei immer an die Anekdote von dem reiche Hülfsmittel an Geld und Getreide gekommen und im ersten stiefel über die Donauquelle sette und sagte:" Jetzt werden sie sich Jahre nach meiner Ankunft war sogar die Not in etwas gelindert worden, da mir 40 000 Rubel mehr zur Unterstützung aus Phila­aber in Wien   wundern, wenn auf einmal die Donau   ausbleibt. Der Unsinn liegt hier auf der Hand; jeder wird sich bei einiger delphia zugefandt worden waren als früher. Ich sprach mit dem jezigen Baren, der Vorsitzender der kaiserlichen Hilfskommiffion war, Ueberlegenheit sagen, daß jeder Fluß eben viele Quellen hat, und daß über die Art der Verteilung der Mittel. Er antwortete mir, daß fogar auch jeder Nebenfluß mit als eine seiner Quellen zu be­trachten ist. Rehmen wir beispielsweise an, daß der ganze Ober- nach der Ernte im letzten Jahre kein Elend mehr bestände, day lauf der Elbe   bis zum Einfluß der Moldau einmal versiegen könnte, eine nennenswerte Hungersnot nicht länger vorhanden sei, und das er deshalb sich darum nicht mehr fümmern wolle. Das so würde eben die Moldau ihren Namen aufgeben und zum Ober­lauf der Elbe werden müssen. Auch jetzt würde man für die Elbe, alles wurde in einer so schnellfertigen, gleichgültigen Weise follte die alte Quelle wirklich ein für allemal verschwunden sein, vorgebracht, daß ich direkt konsterniert wurde. Die einfache Tatsache eine andere suchen müssen, und es wird den geographischen Spezial- bieten, doch drückender war als im vorigen Jahr, denn sie fand die war die, daß die Hungersnot, wenn auch nicht in so weiten Gea tennern überlassen bleiben, unter den Gebirgszuflüssen den aus­zuwählen, er den besten Anspruch auf jenen Ehrentitel hat. Ob Bauernbevölkerung in Finnland   und in den mittleren Teilen des das nötig sein wird, läßt sich noch nicht sagen, denn möglicherweise Raiserreiches noch weniger vorbereitet, ihr zu begegnen, denn je. kehrt die alte Quelle zurück. Immerhin muß man sich vergegen- Während des voraufgegangenen Winters hatten sie ihre Zugtiere wärtigen, daß ein Fluß ein veränderlich Ding ist und daß weit aufgegeffen und alles zur Feuerung verbraucht außer dem fahlen Dach, größere Wandlungen mit ihm vorgehen können, als das Versiegen das sie deckte; aus Finnland   wurden mir Brote aus Farrnkraut gebracht, eines fleinen Quellbaches. Nehmen wir einmal ein großes Ge- die die Menschen gierig verfchlangen, und die wir uns schämen würden, birge und einen dort entspringenden Fluß, zunächst etwa die Alpen   unseren Katzen und Pferden vorzuwerfen. Und von alledem wußte und den Rhein  . Als die Alpen   sich erhoben hatten, waren sie der Erbe des Reiches, der dem Throne am nächsten Stehende, augen­scheinlich gar nichts! Jn späteren Unterhaltungen, die ich mit einem zweifellos viel höher als heute, weil seitdem die Naturkräfte un­gezählte Jahrtausende lang mit Unterstützung innerirdischer Kräfte Herrn führte, der seit seiner Kindheit mit Nitolaus intim bekannt an ihrer Zersplitterung und Abtragung gearbeitet haben. An war, erzählte mir dieser, daß der Hauptzug feines Wesens eine diefem gewaltigen Gebirge mußten sich die Niederschläge sammeln böllige Gleichgültigkeit gegen alle Menschen und Sachen um ihn herum und die an den Abhängen herniederstürzenden Regenwasser müssen sei, obwohl er dabei eine gewisse Höflichkeit an den Tag lege; er zur Entstehung von Flüssen und Seen Veranlassung gegeben äußere nie auch nur die geringste Teilnahme für irgend eine Ans haben. Sehen wir die Ausdehnung der Alpen   gleich der heutigen gelegenheit und zeige feinen Funfen irgend welchen Ehr und nehmen wir an, daß der Lauf des Rhein   im übrigen schon der gleiche sein fonnte wie jetzt, was allerdings in Wirklichkeit keines­falls überall möglich war, so würde die Quelle des Rhein   vielleicht in der Gegend von Bregenz   und St. Gallen zwischen dem Säntis und Vorarlberg   gelegen haben, also am damaligen Nordabhang des massiven, noch fast ganz ungegliederten, weil noch nicht von Tälern durchriffenen Alpengebirges. Heute liegt die Quelle des Rhein   be­tanntlich am Gotthard   bezw. am Splügen, je nachdem man den Vorderrhein oder den Hinterrhein   mehr dazu berechtigt halten will, den Namen des eigentlichen Quellfluffes zu beanspruchen. Die Quelle muß demnach jedenfalls feit der Entstehung des Rhein­stromes eine räumlich recht erhebliche Verlegung erfahren haben. Man muß sich den Vorgang so vorstellen, daß sich ein Fluß rück­wärts immer weiter ins Gebirge hineinfrißt. Die heutige Erd­funde bezeichnet das mit dem Ausdruck rückschreitende Erosion". Diese Erscheinung hat eine sehr bedeutsame Rolle in der Um­gestaltung der Erdoberfläche und in der Schaffung ihrer heutigen Form gespielt. Die Talfurchen in einem Gebirge wie den Alpen  find freilich meist nicht durch die nagende Kraft des fließenden Waffers allein geschaffen worden, sondern haben ihre erste Anlage gewöhnlich durch Verschiebungen und Zerreißungen der Gebirgs­maffen empfangen. Daß solche Kräfte noch jetzt in den doch schon start gealterten Gebirgen vorkommen, lehrt die Tatsache, daß gerade in ihnen die Erdbeben so häufig find, die man dann als tektonische Erdbeben bezeichnet, weil sie gleichsam am Gezimmer" der Erdfruste rütteln. Wenn eine Tallinie nun aber einmal durch eine solche Berreißung oder Verschiebung in den Gesteinsmassen des Gebirges vorgezeichnet worden ist, so werden die Gewäffer fich natürlich diese Vertiefung aussuchen, es wird ein neuer Fluß ent­stehen, der dann wohl einem anderen zufließen muß und dessen Quelle um einen mehr oder weniger erheblichen Betrag verlegen tann. Noch großartiger muß die Arbeit der Getväljer in einem Gebirge gewesen sein, wie im Himalaja  , das in feiner ganzen Breite von einigen Flüssen, nämlich dem Indus, dem Ganges   und dem Setledsch, durchbrochen wird. Wie ein Fluß es fertig bringt, auf mehrere hundert Kilometer ein so mächtiges Gebirge bis zu der nötigen Tiefe zu durchnagen, ist freilich schwer zu verstehen, denn zunächst sollte man meinen, daß ein Fluß sich einfach der Ge­ftaltung der Erdoberfläche anpassen und daher jedes Gebirge ver­meiden und umströmen müßte, anstatt es zu durchbrechen. Jedoch muß man fich mit der Tatsache abfinden, daß das Wasser in der Zeit von Jahrhunderten und Jahrtausenden doch eine Energie be­fißt, die selbst gewaltige Hinderniffe zu besiegen bermag und tiefe Täler von großer Länge in die Gebirgsmaffen frißt, obgleich es scheinbar oft einen bequemeren Weg zum Meer hätte finden fönnen. Dr. G. Tiessen.

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geizes. Das wurde mir durch die Beobachtungen bestätigt, die ich dann bei Hofe über ihn machte. Er schien ganz teilnahmilos und indifferent herumzustehen, sprach in liebenswürdiger Weise einmal zu dem oder jenem, der ihm in den Weg lief, wenn es ihm nicht be quemer war, nicht zu ihnen zu sprechen. Aber sonst schien ihn alles um ihn herum durchaus nichts anzugehen. Nach seiner Thron besteigung sagte einer, der oft Gelegenheit gehabt hatte, ihn im Ge heimen zu beobachten: Er weiß nichts, weder von seinem Reiche noch von seinem Volke; er geht niemals aus seinem Balaste heraus, wenn es nicht gerade unbedingt notwendig ist."

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Ueber die Gärten thüringischer Ansiedler in Wisconsin  plaudert H. Nehrling in einem deutsch- amerikanischen Blatte: In Wisconsin   fann man überall an den Gärten erkennen, wo Thüringer  wohnen. Gewisse Charakterpflanzen verraten dies. Zu diesen gehört in erster Linie der Mohn. Der Mohn ist eine sehr wichtige Pflanze im Thüringer   Haushalte; wird doch aus ihm der Wohnkuchen bereite, jenes föstliche Gebäd, das nur Thüringer   richtig bereiten und zu würdigen verstehen. In zweiter Linie fommt dann der aromatische Majoran, die wichtigste Zutat zur Thüringer   Blutwurst; er verleiht ihr erst die rechte Weihe, den Wohlgeschmack. Folgt ein großes, mit Kümmel bepflanztes Beet, denn Handtase und Sauerkraut sind ohne Kümmel nicht benkbar. Auch Dill darf in keinem Garten fehlen, denn was wären eingemachte Gurken ohne Dill? Viele der Beete sind mit Schnittlauch eingefaßt, der als wichtige Zutat zum Schmierfäse dient. Zwischen den Aepfel- und Birnbäumen, Kirschen- und Pflaumenbäumen, die man aus den mit über den Ozean gebrachten Kernen gezogen hatte, sind vorsorglich allerlei Büsche und Blumen angepflanzt. Im Maimonat bedeckt duftiger Blütenschnee das Gehöft, Bienen umsummen die Blütenfülle, Kolibris schwirren von Blume zu Blume, und aus dem Jasminstrauche ertönt der Gefang der Rahendrossel, während das Gezwitscher der Schwalben an die frohe Jugendzeit erinnert. Der Thüringer   ist fast immer ein großer Naturfreund; darum schmückt er seinen Garten auch stets mit den schönsten Zierpflanzen und Blumen, besonders mit denen, die ihm und seinen Vorfahren von Generation zu Generationen vererbt wurden. Die Regeln der Landschaftsgärtnerei werden dabei aller­dings nicht beachtet. Unter den Obstbäumen drängen sich auf schmalen Beeten Salat und Kohlrabi, Blumenkohl und Wirsing, Möhren und Runkelrüben, Sellerie und Petersilie, Zwiebeln und Gurken. Bohnen und Erbsen ranten regelrecht an Stangen empor und auch mehrere Exemplare üppigen, hochstrebenden Hopfens fehlen nicht. Koriander und Kerbeltraut und Fenchel nehmen gute Stellen ein. Raute und Salbei, Wermut und Straufeminze, sop und Thymian, die letteren beiden dem Thüringer   Garten wiederum besonders eigentümlich, säumen die Beete; sie werden im üppigsten Wachstum abgeschnitten und getrocknet und bilden in den verschiedensten Krankheitsfällen gesuchte Hausmittel. Die Blumenliebhaberei bildet neben dev