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Beziehung gespannt und dieser innere Sinn, gegen dessen ver- Nebel bemerkbar machen, fo ift für das Zustandekommen dieses borgene Feinheit Rodinsche Bewegungsprinzipien zufällig, naturalistisch klimatischen Eigentümlichkeit an erster Stelle die Nähe des Meeres find, Rodinsche Gestaltung wirklich erzählend bleibt, wo hier das verantwortlich. Die Bewohner der nordamerikanischen Küsten haben technische Formprinzip triumphiert, rechtfertigt diese ganz in den entsprechenden Breiten unter dem Novemberwetter faum neuartige Kompositionsmethode, die das Werk hinstellt wie weniger zu leiden als wir. Am aller unangenehmsten aber präsentiert eine Welt für sich, ein Komplex, den wir umwandelt. Während sich der Spätherbst in Ostasien . Ein gleiches gilt aber auch für die Rodin das Reliefartige auch in Monumentalschöpfungen bevorzugt, Küstenländer der südlichen Erdhalbkugel mit dem Unterschiede, daß das sich uns von einem Punkt aus ganz und fofort enthüllt, ver- dort die Jahreszeiten durchschnittlich um etwa ein halbes Jahr ver= fucht Klinger hier uns herumzuführen, als sähen wir in eine ganz schoben find, so daß also dort der wunderschöne Monat Mai die für sich seiende Schöpfung, in die wir nach und nach eindringen, Rolle unseres November übernimmt. so ein eigenartiges Leben in diesen Komplex hineinzaubernd. Es Warum in der zweiten Hälfte des Herbstes Regen und Nebel ist ein neues Prinzip, ein Versuch. Wollen wir wieder, wie in erhöhtem Maße über unsere Gegenden hereinbrechen, wird sofort auch sonst so oft, neue Versuche nur bei Ausländern, ersichtlich, wenn wir den Gang der Abkühlung betrachten, dem die nur bei Rodin anerkennen? Es ist in dieser Art etwas, nördliche Halbfugel unterliegt, sobald mit dem Beginn des Herbstes das der runden Form der Erde gleicht, etwas Zentrales, das Winterhalbjahr begonnen hat. Das Gesetz der Trägheit oder, das sich freisend in Bahnen wie die der Gestirne vollendet. Wäh- wie es auch genannt wird, das Gesetz des Beharrungsvermögens, rend Rodin dagegen gegen diese kosmisch- universale Art wonach ein in Bewegung begriffener Körper, auch wenn die die Be­nebeneinander aufbaut. Dadurch, durch diese letzte Vollendung im wegung verursachenden Impulse zu wirken aufhören, feine Bewegung ganzen, gleichen Rodinsche Skulpturen neben solcher Schöpfung wie noch fortsetzt, bis das ihm noch innewohnende Bewegungsmoment die Ausmuzungen eines ersten Einfalls Skizzen, während Klinger völlig durch Reibung verbraucht ist, hat die Bedeutung eines all­bewußt gestalten will. gemein gültigen Weltgesetzes, das sich keineswegs bloß auf diejenigen Gebiete der Physik beschränkt, die von der Bewegung der Körper im Raume handeln. Von den Wellenbewegungen der Elektrizität und der Wärme gilt vielmehr das gleiche, und nirgends in der unserer Beobachtung zugänglichen Welt kehrt ein den verschiedenen Naturkräften ausgefeht gewesener Körper in dem Augenblid, wo jene zu wirken aufhören, sofort zu demjenigen Zustand an Elektrizität, Licht, Bewegung, Wärme usw. zurüd, der in seiner Umgebung herrscht. Es dauert vielmehr immer eine Weile, manchmal nur Bruchteile von Sekunden, bei entsprechend großen Körpern aber auch Stunden, Tage, Monate und länger, ehe sich die Differenzen aus geglichen haben.

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Sollte er dabei straucheln, so strauchelt er als ein ehrlich Wollender. Wie wenige Künstler hängt Klinger innerst mit der Kultur der Gegenwart zusammen, nicht mit den äußeren Erscheinungen derselben, sondern ihrem Wollen und Drängen. Wenn er mehr geben will als seine Zeit geben kann, so liegt in diesem Streben, das ihn vielleicht auf Jrrwege führt, dennoch zuletzt die Größe, die wir an erkennen müssen.

Wir können das Boerendenkmal und alles Inhaltliche getrost bergessen und uns wozu uns sonst kein Bildhauer so rein Ge­legenheit bietet an der Vollkommenheit dieser prächtigen Körper erfreuen, die so schön sind, wie die besten antifen Meister sie ge­stalteten, und so beseelt erscheinen, wie die moderne Zeit es will. Antiker und moderner Geist ist hier in eins geschmolzen.

Ernst Schur.

( Nachdrud verboten.).

Novemberwetter.

Abgesehen von dem wegen seines Wetters sprichwörtlich ver­rufenen April zeigt uns von allen Monaten des Jahres der No­bember das unfreundlichste Gesicht. Wenn man mit absoluten Maßen mißt, ist sein Weitercharakter eigentlich noch viel ärger als derjenige des launenhaften Ostermondes; denn während uns der lettere doch wenigstens manchmal wirkliche, volle Lenzestage bringt, an denen obendrein das Tageslicht erst lange nach der siebenten Abendstunde der Dämmerung zu weichen beginnt, sind wir mit Be­ginn des Novembers bereits in die Zeit der fürzesten Tage des Jahres getreten, in denen auf eine taum acht bis neunstündige Helligkeit die lange fünfzehnstündige Winternacht folgt. Aber auch der Genuß dieser wenigen hellen Tagesstunden wird uns meistens noch sehr verkümmert durch das trübselige Gesicht, das der Himmel dazu macht.

Meistens gesellt sich aber zu den Nebeln, hinter denen sich das Antlitz der Sonne oft wochenlang verbirgt, noch das abscheulichste Regenwetter. Es sind nicht die kurzen, energischen Güsse der sommerlichen Gewitterregen, die oft schon nach wenigen Minuten durch das lachende Blau des Himmels abgelöst werden. Langsam, aber unaufhörlich fällt vielmehr in feinen Tropfen der Regen vom Himmel hernieder, und da von einer Verdunstung und Auftrocknung wegen der niedrigen Temperatur und dem hohen Feuchtigkeitsgehalt der Luft nicht die Rede sein kann, verwandeln sich die Straßen, an deren Rand die Bäume ihre entlaubten Aefte wie Arme verzweifelt zum Himmel emporstreden, unaufhaltsam in ein unbeschreibliches Meer von Schmuß, das den Gummischuh als den allernützlichsten Gegenstand der Garderobe erscheinen läßt.

Bei längerer Dauer lastet ein solches Wetter auf der Seele wie ein drückender Alp. Abgesehen von den schweren Gefahren für die Gesundheit, die durch das ganze Heer der Erkältungskrankheiten und Affettionen der Atmungsorgane bedroht ist, nehmen in dem bleigrauen Lichte des trüben Novembertages die Gespenster des Spleens greifbare Formen an.

Nicht alle Begenden der gemäßigten Zonen leiden unter den Wetterunbilden des November so sehr wie Deutschland und das ganze westliche Europa . Der Uebergang vom Spätherbst zum Winter tritt im hohen Norden verhältnismäßig schnell ein, und aus Hapa­ randa , dem berüchtigten Frostwinkel Europas , meldet der Telegraph oft schon eifige Temperaturen, während wir in Deutschland uns noch schöner, milder Herbsttage erfreuen. Südwärts der Alpen aber fann es im November noch sommerlich heiß sein, und selbst dort, wo, wie an der dalmatinischen Küste, anhaltende Regen um diese Beit auftreten, tröstet die Wärme über die trüben Farben in der Natur weg, die dort in den Ländern der immergrünen Gewächse nie gänzlich schlafen geht. Tief drinnen, im Innern der Kontinente aber vollzieht sich der Abfall der Temperatur sehr allmählich ohne wesentliche Niederschläge, so daß an den meist heiteren November­tagen in der Morgenfrühe eine empfindliche Kälte herrscht, während die Mittagsstunden das Klima von Ländern vortäuschen können, die weit südlicher gelegen sind.

Wenn sich in unseren Gegenden der November und oft auch der größere Teil des Dezembers durch widerwärtige talte Regen und

Diese Bedeutung der Zeit tritt beim Wechsel der Jahreszeiten sehr deutlich hervor. Die heißesten Tage des Jahres fallen feineswegs auf den 21. Juni als den Zeitpunkt, wo die Sonne am höchsten steht, sondern meistens sehr viel später. Das gleiche gilt von dem Kälte­maximum, das fast nie um die Zeit der Wintersonnenwende, sondern meistens sehr viel später, im Januar oder in der ersten Hälfte des Februar beobachtet wird. Auch die Zeiten, wo ungefähr die Jahres­mittel der Temperaturen für einen bestimmten Ort herrschen, liegen feineswegs um den 21. März und 21. September als den Terminen der Tag- und Nachtgleiche. Die zweite Hälfte des Septembers ist vielmehr auf der nördlichen Halbfugel im allgemeinen bedeutend wärmer als die zweite Hälfte des März, weil um den ersten Zeit­punkt das Erdreich noch mit einem erheblichen vom Sommer her aufs gespeicherten Wärmeüberschuß wirtschaftet, während für den letzteren gerade die entgegengesezten Verhältnisse gelten.

Ebenso wie der Uebergang zum eigentlichen Frühlingswetter stellt sich daher auch derjenige zum Winterwetter, also der Zeitpunkt, wo die Temperaturen nur noch wenige Grade über dem Nullpunkt liegen, zu einem erheblich späteren Termine ein, als ihn der Kalender offiziell für den Beginn des Herbstes angibt. Erst im Laufe des Novembers ist die Abkühlung so weit vorgeschritten, daß es nur noch eines weiteren Sintens der Lufttemperatur um wenige Grade bedarf. um die Niederschläge in Form von Schnee zur Erde fallen zu lassen. Während in Berlin im November eine Durchschnittstemperatur von 3,4 Grad Celsius herrscht, die in Hamburg auf 3,2 Grad fintt, fann sich auch Süddeutschland um diese Zeit keiner wesentlich höheren Temperatur erfreuen. Wien weist für diesen Monat ein Mittel von 4,3 Grad Celsius auf; für Stuttgart zeigt die Qued silbersäule einen Durchschnitt von 4,4 Grad, und mit derselben Temperatur, bei welcher der herniederklatschende Regen schon ein empfindliches Kältegefühl auf der Haut erregt, muß fich sogar die flimatisch im übrigen so bevorzugte Rheinebene von Karlsruhe bis Mainz und Frankfurt begnügen,

Ist schon aus diesen Gründen der November als eine Uebera gangsperiode von Wärme zu Frost recht unangenehm, so wird der Wettercharakter noch dadurch verschlimmert, daß die ungleiche Ab­fühlung von Meer und Land die Niederschläge besonders stark hervor­treten läßt. Trotz flaren Wetters oder vielleicht sogar gerade des= wegen, weil in flaren Nächten der Erdboden nächtlicherweile forta gesetzt große Wärmemassen an den Weltraum verliert, hat sich der Erdboden Mitteleuropas im Verlaufe des Herbstes erheblich mehr abgekühlt, als die oberflächlichen Wasserschichten der Nordsee und des atlantischen Ozeans. Wäre nun die Verteilung des Luftdrucks keinen erheblichen Schwankungen unterworfen, so würde sich auf dem Fest­lande, nachdem der größte Teil der in der Atmosphäre enthaltenen Feuchtigkeit in Form von Regen und Schnee zu Boden gefallen, ein großes Gebiet hohen Luftdruds herausbilden, während über den Meeren westwärts oder nordwestwärts von Europa niedrigerer Luft­druck liegen würde. Dementsprechend würde dann aber auch, ab= gesehen von einer schmalen Grenzzone von schwankendem Wetter­charakter, über den fompatten Massen des Festlandes sonnenhelles Frostwetter mit langsam fintenden Morgentemperaturen herrschen, während über der Nordsee und dem nordatlantischen Ozean eine Nebeldecke liegen würde, die ihre Entstehung der Berührung des tvärmeren Wassers mit der kälteren Luft verdankt.

Für das kontinentale Osteuropa und das westliche Sibirien trifft auch dieses aus rein theoretischen, meteorologischen Gefeßen abgeleitete Klima zu. Für Deutschland und ganz Westeuropa er= fährt es jedoch eine Modifikation, weil der die Küsten Westeuropas erwärmende Golfstrom und das ständige Fortschreiten der Magima