Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 15.

15]

Freitag, den 20. Januar.

( Nachdruck verboten.)

Der Baumeister. Roman von Felix Holländer .

Dreizehntes Kapitel.

Grete Anders hatte ihre Kündigung im Blumenladen zurückgezogen. Der Italiener Canelli hatte sie händeringend beschworen. Er hatte Drohungen und Verwünschungen aus­gestoßen, daß er sie auf Schritt und Tritt verfolgen würde, und schließlich, als sie sich mit faltem Blick abgewandt, hatte er fich auf demütiges Bitten verlegt. Und als sie seinem Flehen gegenüber sich ebenso abweisend verhielt, hatte der leidenschaft­liche Mensch plötzlich einen kleinen Revolver hervorgezogen, und während eine Todesblässe sein Gesicht bedeckte, stieß er hervor: Wenn Sie jetzt noch Nein sagen, mache ich ein Ende." ,, Geben Sie mir sofort den Revolver!" herrschte sie ihn an.

Er gehorchte wie ein willenloses Kind.

Sind Sie denn toll?" rief sie zitternd. Sie waren ganz allein im Laden, in dem die Frühlings­blumen ihren leisen Duft ausströmten.

" Ich finde es erbärmlich von Ihnen," stieß sie hervor, während ihre Stimme fast versagte, daß Sie sich solcher Gewaltmittel bedienen."

Er schüttelte nur traurig den Kopf und erwiderte kein Wort. Und dieser wortlose Ausdruck seines Schmerzes er­schütterte sie.

Wenn Sie mich wirklich lieb haben, so beweisen Sie es, indem Sie sich beherrschen. Schonen Sie mich, ich ohnehin genug mit mir zu tun."

wort.

habe

Der Italiener kreuzte die Arme. Werden Sie bleiben?" fragte er, statt aller Ant­ Wenn Sie mir Ihr Ehrenwort geben, mich mit Worte, mit feiner Miene zu verletzen.

Er lächelte bitter.

keinem

Ich werde Sie mit keiner Silbe mehr belästigen. Mein Ehrenwort. Für meine Blicke übernehme ich keine Ver­antwortung. Ich will Sie nur sehen! Nur sehen

ich Sie."

will

Und Sie versprechen, mir weder aufzulauern, noch mich

auf Schritt und Tritt zu verfolgen?"

Er nickte.

1905

soll man nicht zufrieden sein, wenn man einmal glücklich ge­wesen ist? Wissen Sie, was es heißt, einmal glücklich gewesen zu sein?"

,, Nein, ich weiß es nicht. Ich bin ein elender Mensch, ich weiß es nicht."

ihm

Sut

Sie nahm plöglich seine Hand.

,, Sie werden diesem Menschen niemals etwas antun nie nachstellen?"

Er zuckte mit den Achseln.

,, Sie verweigern mir also die Antwort?"

Er rührte sich nicht.

Gut, dann bin ich mit Ihnen fertig."

"

auf. Sie sah nicht, was in ihm vorging, wie er sich vor Sie drehte ihm den Rücken und setzte sich langsam den Schmerz wand und krümmte. Als sie sich ihm wieder zu­fehrte, sagte er mit halber Stimme:

Ich werde nichts ohne Ihren Willen tun."

Sie kniff die Augen ein wenig zu und betrachtete ihn ernst und forschend.

,, Sie können mich nicht belügen."

,, Nein, ich kann es nicht!"

Sie griff nach der Türklinke.

"

Adieu, Canelli ! Auf Wiedersehen heute nachmittag." ,, Auf Wiedersehen, Signora Margherita!"

An der nächsten Ecke erwartete sie Kepler mit seinem Wagen. Er war ausgestiegen und lief ihr in Siegerhaltung entgegen. Sein Gesicht strahlte.

Stommen Sie," sagte er in tiefer Freude, ich habe Ihnen so viel zu erzählen." ihren Arm nahm und sie zu seinem Wagen führte. Und wie Sie erwiderte nichts, aber sie ließ es zu, daß er sanft ein Kind, willenlos und gehorsam, stieg sie ein.

und setzte sich an ihre Seite. Und immer hielt er ihren Arm, " Fahren Sie in den Tiergarten!" befahl er dem Kutscher daß er auch bei ihr gewonnen hatte. Und sein Herz schlug den er nicht freigab. Er fühlte an dem Zittern ihres Körpers, höher.

Solange mich dieses Mädchen liebt, muß alles gut sein- ich werde von Stufe zu Stufe steigen, dachte er bei sich. Und fester 30g er sie an sich, als fürchtete er, sie könnte ihm ent­rissen werden.

Sie!" Sie sind mein Halt- Sie sind mein Glück. Denken ,, Nein, nein, Sie dürfen sich nicht freimachen, ich brauche

Sie nur," fuhr er berauscht fort, ich werde bauen ich werde mein Theater bauen. Beide Besitzer haben mir heute

Gut, dann ziehe ich meine Kündigung zurück." Ueber seine blassen, fummervollen, schönen Züge glitt eine für sie bindende Offerte geschickt."

ein schmerzhaftes Glückslächeln.

,, Und diesen Revolver da behalte ich."

Sind Sie glücklich?" fragte sie furchtsam.

" Ich bin nie so glücklich gewesen wie in dieser Stunde.

Wollen Sie mich verspotten?"

" Ja," entgegnete er, und bevor Sie sich ein Leid antun, und Ihnen danke ich das Ihnen allein!" werden Sie es mir sagen. Darum bitte ich. Wie kommen Sie darauf?"

"

Er zudte mit feiner Wimper, obwohl ihr Auge starr und groß auf ihn gerichtet war.

"

Dieser Mensch," sagte er langsam, jede Silbe betonend, ,, wird Sie elend und unglücklich machen. Canelli weiß es." ,, Wen meinen Sie denn?" fragte sie scheu. Ich weiß nicht, wen Sie meinen," setzte sie hastig hinzu.

So... Sie wissen es nicht nun gut, Sie wissen es nicht! Soll ich Ihnen sagen im Ernste, wie er heißt?" Sie lachte nervös auf.

,, Aha, auch das haben Sie bereits ausspioniert." ,, Dieser Mensch wird Sie elend und unglücklich machen!" " Und wenn ich Ihnen mein Wort darauf gebe, daß ich nichts mit ihm habe?!"

ihn!"

"

"

Sie werden etwas mit ihm haben

-

--

Sie lieben

,, So, ich liebe ihn?" wiederholte sie in tiefen Gedanken, als ob sie Canellis Anwesenheit vergessen hätte. Ueber sein Antlitz zuckte es beständig.

Um diesen Menschen geben Sie mich preis, für diesen Menschen, der Sie belügt und sein Spiel mit Ihnen treibt. Sie werden an mich denken, wenn er Sie ins Unglück ge­bracht hat."

Sie lächelte trübe.

Wie können Sie das glauben! Sie wissen, daß ich es ernst meine. Nein- Sie dürfen mich nicht unterbrechen, Sie müssen mir glauben. Ich bin ein fatalistischer Mensch, der alles nur auf eine Karte setzt, und die Karte, auf die ich mein Glück setze, sind Sie. Hätten Sie damals Nein gesagt hätten Sie mich von sich gestoßen- ich hätte alle meine Hoff­nungen begraben... ich wäre einfach mutlos gewesen. Und ohne Mut vermag man nichts zu unternehmen!"

Ich begreife nicht," erwiderte sie angstvoll, wie ein Mensch von seinem persönlichen Glücksempfinden die Erfolge seiner Arbeit, seiner Tätigkeit abhängig machen kann!"

"

,, Und doch ist es fo!" beteuerte er. Vor mir liegen Schwierigkeiten und Hemmnisse, die ich gar nicht auszudenken bermag und doch weiß ich, daß ich alles überwinden werde, solange ich Ihrer sicher bin."

"

-

Woher wissen Sie, daß Sie meiner sicher sind, daß ich überhaupt etwas für Sie empfinde?"

" Ich fühle es!" entgegnete er stolz und selbstbewußt. ,, Sehen Sie nur dies lachende Grün und wie die warme Frühlingssonne es gut mit uns meint." Und indem er über ihre gefräuselte Stirn fuhr: Ich will nicht, daß Sie so finster dreinschauen; ich will, daß Sie mit mir glücklich sind heute, wo sich alles in meinem Leben wendet."

" Ich freue mich von ganzem Herzen!" fagte fte Baum

,, Könnte nicht mein Unglück auch mein Glück sein? Und hörbar.