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Ich empfehle mich, Herr Baumeister ." Warten Sie ich komme gleich gleich mit." Sie gingen beide die Treppe hinunter. Unten stand bereits der Wagen. Steinert zwinkerte wieder sonderbar mit den Augen.
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Warum lachen Sie?" fragte Keßler mißtrauisch.
Warum ich lache?..
Ja..
" Ich dachte eben an ein Märchen."
,, An welches?"
,, An die Galoschen des Glücks."
Ich verstehe den Zusammenhang nicht."
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" Das tut ja auch nichts. Ich meine nur, dieser Wagen hat Ihr Glück gemacht hat Ihren Kredit eröffnet. Auf diesen Wagen hin," schloß er schmunzelnd, hat Sie unter Direktorium für einen kapitalfräftigen, soliden Mann gehalten."
Halten Sie mich etwa für unsolid?" fragte Kepler in nicht ganz sicherem Tone.
" Nicht im mindesten! Und den Gedanken mit dem Wagen finde ich sogar genial! Wie gesagt: Die Galoschen des Glücks! Bei der Gelegenheit fällt mir übrigens ein, daß Sie sich schleunigst nach einer anderen Wohnung werden umsehen müssen. Sie werden Besuche empfangen Sie müssen eine durchaus elegante Wohnung haben, sonst glaubt man Ihnen weder den Wagen noch sonst etwas."
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Da haben Sie ganz recht," erwiderte Kepler. Er hatte indessen keine Zeit, das Gespräch länger fortzusetzen. Grete Anders wartete auf ihn.lng
Er verabschiedete sich rasch. Steinert zog tief den Hut.
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"
Als Keßler im Wagen saß, versant er in Grübeln. „ Unsinn Dummheit murmelte er vor sich hin. Ich will ich will an dergleichen nicht denken ich fahre ja meinem Glück entgegen..."
Fünfzehntes
apitel.
Sie saßen in der Weinstube, ganz hinten, in einer Nische für sich. Er sprach leise auf sie ein. Mit geröteten Wangen und glänzenden Augen hörte sie ihm zu.
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mit seinen Gedanken über das Gelesene weg. Es fehlt ihm die Anschauung, die eigene Erfahrung, das eigene Erleben, und darum das tiefere Interesse und das Verständnis für derartige Fälle. Er kann darum auch die Größe und lebermächtigkeit der Natur dem Menschen gegenüber nicht recht empfinden, ihm bleiben die Schrecken der Natur, aber freilich auch ihre Schönheit und Großartigkeit un bekannt.
Wer an einem heiteren Wintertage Schlittschuh läuft oder Schlitten fährt, der hat gewiß einen angenehmen Genuß. Hinter dem Fenster in der warmen Stube dem Wirbeln der Schneeflocken zuzusehen, oder in einem Park auf gutgeglätteten Kieswegen bet Rauhreif spazieren zu gehen, auch das hat seine Reize. Aber dabei offenbaren sich nur einige sanfte Seiten des Winters. Er fällt bisweilen aus der Rolle, möchte man sagen. Ebenso mag ein Tiger, wenn er gesättigt ist, bisweilen sanftmütig sein. Am besten tritt sein Naturell hervor, wenn er sich mit gewaltigem Sprunge auf sein Opfer wirft und es zerreißt. Das Schauspiel mag grausig sein, aber so ist die Art des Tigers. Und der Winter er ist ein harter Mann, fernfest!
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Plötzlich kommen die falten Tage nach einer Periode milden Wetters. Ein schneidender Ostwind, der von der großen russischsich ein. Der Schmutz auf den Wegen verschwindet, die Erde be asiatischen Festlandsmasse die trodene, flare, falte Luft bringt, stelt kommt eine harte Kruste, das Wasser bedeckt sich mit Eis. Die Sonne scheint in schönster Klarheit, sie mildert am Tage auch ein wenig die starre Kälte, aber sie hat doch keine Kraft. In der Nacht strahlt die Wärme, die noch vorhanden, in den Klaren, falten Weltens raum hinaus. Von Tag zu Tag steigt die Stälte. Und nun macht sie sich bald aufs unangenehmste bemerkbar. Brunnen, die wenig gebraucht werden, frieren ein. In den Dörfern, wo die Häuser einander nicht schüßen, dringt die Kälte in die Häuser ein. Dre Heizung muß selbst während der Nacht unterhalten werden. Da gefriert das Wasser in der Küche, in den Waschgefäßen, in den Trinkfannen. Kaffee, Milch, Suppen, alles Wässerige gefriert zu hartem Eis. Selbst das Brot, das Fleisch, die Wurst gefriert, nachdem Butter und Schmalz schon lange vorher so starr geworden sind, daß es eine Unmöglichkeit ist, sie aufs Brot zu streichen. Solche große Stälte lähmt oft die ganze Haushaltung. In den Bauernwirtschaften, wo die Arbeit im Winter nicht besonders drängt, hockt alles am Ofen. Aber der Mensch gewöhnt sich schließlich auch an große Kälte.
In strengen Wintern gibt es immer allerlei Verluste. In manche Steller dringt der Frost und vernichtet einen Teil der Kartoffelernte. Auch die in der Erde eingemieteten Kartoffeln und Rüben sind dem Erfrieren ausgesezt. In fleineren Ställen leidet " Sie sollen mir sagen, ob Sie mich gern haben, ob Sie das Vich durch die Kälte, und der Milchertrag wird geringer. mir ein bißchen gut sind. Ich weiß, daß das eine dumme Hühner erfrieren leicht den Kamm oder die Beine und legen dann später und weniger Eier. Wird der Frost sehr stark, ohne daß die Frage ist, die jeder Gymnasiast an jeden Backfisch stellt. Und Erde durch eine Schneehülle vor Wärmeverlust und großen doch schäme ich mich dessen nicht," setzte er hinzu. Man Temperaturschwankungen geschützt ist, so erfriert leider auch die muß halt so fragen- ebenso wie man essen muß, wenn man junge Saat. Die Halme bleichen aus und verwelten im Frühjahr, hungrig ist." und dann sicht im April die Feldmark öde und mißfarben aus, Sie lachte unterdrückt auf und drehte sich gleichzeitig während sonst die Fluren in jugendlichem Grün prangen. In den mehr ebenen Gegenden ist bei uns das Auswintern des Getreides, ängstlich um. namentlich des Roggens, seltener, In Gebirgen kommt es häufiger vor, und wo es zu häufig geschieht, da findet überhaupt der Anbau von Wintergetreide seine Grenze. Unser Winter ist es, der soviet schöne Kulturgewächse der Menschheit aus unserem Vaterlande ausschließt, der Sommer wäre für viele heiß und langdauernd
" Ich meine es wirklich im Ernst," sagte er verwirrt. " Ich wollte damit ausdrücken, daß es Notwendigkeiten gibt, die unabänderlich sind-- über die kein Mensch hinwegfommt."
318 ch lache über Ihren langen Vortrag."
Sie beugte den Nacken zurück, hob ihr Glas ein wenig empor und blickte verträumt in den schimmernden, goldenen Wein.
Wollen Sie mir denn gar keine Antwort geben?" Sie sah ihn befangen an.
Wie reich und glänzend das alles hier ist," sagte sie nachdenklich, ohne seine Frage zu beachten.
" Haben Sie mich denn gar nicht lieb?" " Es kommt mir seltsam vor, daß ich Ihnen hierher gefolgt bin Ich passe so schlecht in solch einen Rahmen." ,, Wie können Sie nur so reden!" Ich liebe," fuhr sie in dem gleichen Tone fort, eine stille, enge Stube, in die kein Laut von außen dringt. Gerade
so wie bei meinen Eltern
"
( Fortsehung folgt.)
Wintertage.
Von Curt Grottewi
Wer sich nie im Walde verirrte, der weiß nicht, was Wald heißt. Wer nie auf ungeebnetem Pfade durch dichtes Gestrüpp, über Steinblöcke, an Felsenwänden empor, durch Bach und Sumpf einen Kamm erklomm, der weiß nicht, was ein Gebirge ist, und wer nie auf dem platten Lande eine eisige Januarivoche zugebracht hat, der weiß nicht, was Winter ist. In den großen Städten machen fich die elementaren Kräfte der Natur nur wenig bemerkbar. Wie mancher, der von Ueberschwemmungen, Erfrieren von Menschen im Schnee, Terrainschwierigkeiten im Kriege und dergleichen lieft, huscht
genug.
Es gibt milde und strenge Winter. Empfindliche Pflanzen in den Gärten haben oft viele Jahre, mitunter Jahrzehnte lang der Kälte Trotz geboten. Aber ein einziger ungewöhnlich falter Wintertag kann sie vernichten. Die nicht ganz afflimatisierten Ges wächse unserer Gärten, Rosen, Wein, Pfirsich und viele Ziersträucher überstehen den Winter oft genug sehr gut ohne Bedeckung. man gewöhnt sich daran, sie für völlig winterhart zu betrachten, bis schließlich einmal wieder eine Katastrophe eintritt. Allerdings ist es falsch, einen bestimmten Erfrierungsgrad für jedes Gewächs aufzustellen. Sehr verlustreich war der Winter 1902/1903, ob wohl er gar nicht so besonders falte Tage hatte. Aber der Sommer war außerordentlich fühl und feucht gewesen, das Holz war nicht ausgereift, als die Kälte bereits in der zweiten Hälfte des November scharf einsetzte. Ist der Sommer sehr warm und troden, so werden die sogenannten empfindlichen Gewächse viel widerstandsfähiger. Wo in höheren Gebirgslagen, z. B. auf der Rauhen Alb, zu Beginn des Winters reichlicher Schnee fällt, der erst im Frühjahr wieder schmilzt, halten sich Rosen und andere empfindliche Gewächse viel besser als in milderen Gegenden, wo Blantfröfte mit Tauwetter häufig wechseln.
So sehr eine starke Schneedede die Pflanzenwelt schüßt, so störend wirkt sie auf den menschlichen Verkehr. Etwas trübselig, aber harmlos ist ein anhaltendes Schneewetter, sobald der Wind nicht weht und die herabfallenden Massen nicht gar zu groß find. Aber unheimlich wird der Schneefall, wenn er eine gewisse Grenze überschreitet, oder wenn der Wind ihn an niedrig gelegenen Stellen auftürmt. Alle Verbindungen von Ort zu Ort sind plöblich aufgehoben. Stein Mensch, kein Tier, kein Fuhrwerk kommt durch den hohen Schnee. Wehe dem, der unterwegs ist, weit ab von einer menschlichen Wohnung. Er sinkt bis an die Arme in den weichen Schnee, er arbeitet sich langsam heraus, ein Bein nach dem anderen, um immer von neuem wieder einzufinfen. Trägt er einen Ueber