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Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 33.
* 83] 83] 201
Mittwoch, den 15. Februar.
ako isik 1905
( Nachdruck verboten.) die größte Dummheit, die man begehen kann!... Ein kluger Mensch verplempert sich nicht... ein kluger Mensch denkt an die Zukunft."
Der Baumeister.
Ich werde es nicht vergessen," antwortete Steinert dienernd. Und was die Schauspieler anbelangt, um darauf noch einmal zurückzukommen, so habe ich bereits den ganzen Agententroß in Bewegung gesetzt. Ich glaube in Ihrem Einverständnis zu handeln, wenn ich nur erstklassige Leute engagiere."
" Davon verstehe ich ja nichts. Nach der Richtung verlasse ich mich auf Sie."
Sie werden mit mir zufrieden sein. Das Personal soll des Rahmens würdig sein, den Sie schaffen." Und plöglich in sein Idiom verfallend:" Was, meinen Sie, wird das noch für eine Arbeit sein!"
Keßler lachte unwillkürlich auf. Seine gute Laune wieder hergestellt.
schien
„ Nehmen Sie's mir übel, Herr Baumeister," Steinert fort, indem sein Gesicht plöglich von einem mütigen Zug beherrscht wurde, wenn ich' mal ganz frei der Leber weg rede?"
fuhr fuhr wehvon
Im Gegenteil...
"
,, Es kommt mir manchmal so vor, Herr Baumeister, als ob Sie mir nicht mehr so gut wären wie früher."
Wie komisch Sie sich ausdrücken, Steinert! Haben wir denn jemals ein Verhältnis miteinander gehabt?"
Spaßen Sie nur, Herr Baumeister!... Gewissermaßen ja, möchte ich meinen."
,, Gewissermaßen haben Sie auch recht."
,, Warum erzählen Sie mir das gerade jetzt?" ,, Werden Sie mir doch nicht böse sein, wenn ich.
"
-
Mensch schenken Sie sich die Vorreden!"
,, Gut! Also ohne Einleitung und ohne Vorrede! Haben Sie Verhältnisse, soviel Sie wollen, aber binden Sie sich nicht... sparen Sie sich auf! Ein goldenes Ruhekissen ist das beste Gewissen, hat mein Vater immer gesagt Wenn alle Stricke reißen, bleibt einem immer als letzter Ausweg immer noch eine gute Partie," schloß er seufzend und mit abgewandtem Blicke.
,, Sind Sie endlich fertig?"
Wie von einem Schlage getroffen, fuhr Steinert zusammen. Er stammelte unverständliche Worte und mied es, den Baumeister anzusehen. „ Für alle Zukunft möchte ich Sie also ersuchen, sich nicht mit meinen Privatangelegenheiten zu befassen! Wir haben nur geschäftlich zu tun nur geschäftlich zu tun rein geschäftlich," wiederholte er in brüskem Tone.
-
,, Hab' ich nicht gesagt, Sie würden böse werden! Was bin ich für' n Esel, daß ich mir den Mund verbrennen mußte!"
Und mit einem schnellen Griff suchte er seines Zylinders habhaft zu werden und an den Wänden entlang die Tür zu erreichen.
Bei diesem ängstlichen Fluchtversuch machte er eine so komische Figur, daß Keßler Mühe hatte, seine Haltung zu bewahren.
" Wollen Sie mir sagen, wieso ich Ihr Vertrauen ver- brach er in ein lautes, unbändiges Gelächter aus. Dann trat scherzt habe?"
Das ist eine fire Idee von Ihnen."
, nein, dafür habe ich einen Instinkt." Steinert, Sie dürfen nicht zu schlau sein. Ich glaube," fuhr er fort, Sie gehören zu den Leuten, die überschlau sind und deshalb im Leben immer scheitern."
Kann sein, daß daran etwas Wahres ist," entgegnete er in gebückter Haltung. Und mit einer sehr nachdenklichen und versorgten Miene schien er auf einmal in seine Vergangenheit hinabzutauchen und nachzugrübeln, weshalb er all sein Lebtag nicht auf einen grünen Zweig gekommen war. „ Herr Baumeister das Leben ist ein Irrgarten," sagte er dann wie erwachend; ,, wissen Sie, ich will zufrieden sein, wenn ich noch einmal auf meine alten Tage
"
Er brach wieder ab und trat ganz dicht an Keßler heran. Und kaum hörbar brachte er hervor:
Manchmal hab' ich so' ne Ahnung, als wenn ich wieder der Geleimte sein würde... Passen Sie auf, Herr Baumeister, ich werde das gelobte Land sehen, aber nicht betreten." Steinert, werden Sie nicht sentimental!"
" Sie werden mich nie beiseite schieben, Herr Baumeister?"
Es kam halb ängstlich, halb lauernd heraus.
,, Sie ernten mit, wenn wir überhaupt ernten- mein Wort darauf! Wenn ich mir's so überlege, ist eigentlich Ihr Verdacht für mich beleidigend... Bis jetzt hatten Sie doch feinen Grund zu solchen Ansichten."
"
Nein, Herr Baumeister... Nur so ein dunkles Gefühl hatte ich!"
Er atmete bei diesen Worten tief auf.
Als aber hinter Steinert die Tür sich geschlossen hatte, jedoch ein unsteter Zug auf sein Gesicht und seine Stirn wurde faltig.
Wie durfte dieser Bursche so mit dir sprechen? fragte er sich im stillen... Woher nahm er den Mut dazu?... Hat er eine solche Kenntnis meines inneren Wesens, daß er das wagen fonnte?... Bin ich wirklich der, für den er mich hält?
Und plötzlich glaubte er einen Zusammenhang zwischen Grete Anders' Aeußerung und der elenden Zumutung dieses Burschen zu finden... Das ist ja alles Unsinn, dachte er und riß weit die Fensterflügel auf, um frische Luft einzuatmen... 3weiundzwanzigstes Kapitel.
An einem der nächsten Tage erschien Herr Freitag im Bureau Frenzels. Keßler und Steinert hatten ihn dazu veranlaßt. Es hatte lange ihrer Ueberredungskunst bedurft, ehe Freitag sich dazu entschloß. Sie hatten ihm auseinandergesetzt, seine Angelegenheit sei so kompliziert und schwierig, daß man den Rat eines besonders klugen und gerissenen Menschen einholen müsse, und daß sie in Frenzel die geeignete Persönlichkeit endlich gefunden hätten.
Freitag hatte mit großen, starren Augen zugehört, und dem Baumeister wurde unter diesen todestraurigen Blicken unheimlich zumute.
Nach langem Schweigen fagte Freitag: ,, Baumeister, Sie wissen, mir ist im Leben übel mitgespielt worden. Sie sind der einzige Mensch, zu dem ich nach Sie verstehen, Jahr und Tag wieder Vertrauen habe was das für mich bedeutet, Baumeister." Keßler nickte stumm. Er hatte das Gefühl, als ob er
,, Gefühl ist Frauenfache... Männer halten sich an Tat- dieſen armen Teufel an der Kehle würgte. fachen und nicht an Gefühle."
" Ich will Ihrem Rate folgen."
Beide schwiegen jetzt eine lange, lange Weile. Und Regler wartete offenbar darauf, daß sich sein Besuch nunmehr empfehlen würde.
Aber Steinert ging nicht, da er noch etwas auf dem Herzen hatte. Und ganz vorsichtig rückte er damit heraus. Wissen Sie, Herr Baumeister, womit mein Unglück im
Leben angefangen hat?"
Ich kann doch keine Rätsel raten."
" Ich hab' mich verplempert.
"
" Das ist anderen auch passiert."
Nämlich, ich kann mir nicht denken," fuhr Freitag unbeirrt fort, daß Sie einer gemeinen Handlung fähig wären... Ich habe einen blinden Glauben an Sie."
Den dürfen Sie auch haben," warf Steinert ein. Freitag überhörte diese Worte.
" Ich habe sozusagen einen Knacks," sagte er leise. Es klang wie das demütige Eingeständnis einer großen Schuld.
In demselben Augenblick hatte Keßler das flare Bewußtsein seiner Treulosigkeit.
Ich begehe eine Infamie, wie sie toller nicht auszudenken ist und wehre mich nicht dagegen! Was ist
Mag sein!... Ich kann Ihnen aber sagen es ist aus mir geworden!?...
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