Flusse nichts ahnend dahinsuhr, rief plötzlich der Russe, der hinter ihm folgte, ihm zu:Llcoro. skoro, apredl"(Schnell, schnell, voran I) Erschreckt sah nun Seghers , wie die Eisdecke unter dem Schlitten wankte und sich bog. Es gelang gerade noch, rechtzeitig auf eine festere Schicht zu gelangen, als hinter ihnen das Eis krachend in Stücke ging und in der Tiefe verschwand. Eine Ursache solcher offenen oder schwach bedeckten Stellen dürften nach Whymper die zahlreichen warmen Quellen sein, die auch im Winter nicht ge- frieren. Ter gefürchtetste Feind auf den Winterreisen im hohen Norden sind aber die Schneestürme, die oft mit unerhörter Wut rasen. Wie der Samun den roten Sand der nubischen Wüste aufwühlt, so peitscht der Schneesturm gewaltige Wolken feinen Schnees vor sich her' über die flache, trostlose Tundra. Der feine Staub der wild durcheinander wirbelnden Eissplitter blendet die Augen, während das Tosen des Sturmes und die schneidend gewordene Kälte erstarrt und betäubt. Ein Glück ist es dann noch, wenn man den Sturm nicht gegen sich hat. In diesem Falle bleibt nichts übrig, als sich hinter dem Schlitten zu verbergen und das Schlimmste über sich er- gehen zu lassen. Oft hält ein solcher Schneesturm tagelang an, und sehr leicht kommen dann selbst die als Führer trefflichen Eskimos vom richtigen Wege ab. Da sind es oft allein die Hunde, denen der Mensch die Rettung verdankt. Wir geben, um ein Beispiel anzuführen, wiederum einem Missionar, dem Pater Tosi, der bei einer solchen Reise den Weg verloren hatte, das Wort:Da der Wind," so schreibt er,Unglück- licherwcise gegen die Richtung der bewohnten Striche hinwehte, konnten die Hunde das Dorf nicht wittern, und so irrten wir ins Blaue, und es blieb uns nichts übrig, als uns in unser Schicksal zu ergeben und die Nacht im Freien, d. h. in einem Eislochc, zuzu- bringen. Am folgenden Morgen gaben wir uns alle Mühe, den Weg zu finden, und auch die Hunde, die 30 Stunden lang keinen Bissen mehr erhalten hatten, strengten ihren Spürsinn an, und derselbe lieh sie denn auch nicht im Stiche. Hat man die Richtung verloren, so ist es in den meisten Fällen am besten, die Hunde spüren zu lassen So war es auch diesmal, die Tiere hielten stille und schauten erst fragend nach ihrem Herrn um, um Order zu erhalten. Als das Zeichen aus- blieb, streckten sie die Köpfe in die Höhe und schnupperten in der Lust umher. Nach wenigen Augenblicken wedelten sie freudig mit den Schwänzen, ein Zeichen, daß sie die Spur gefunden. Nun rasten sie in tollem Ungestüm in der Richtung weiter und hielten nicht mehr still, bis sie bor der ersten Hütte standen. Ich habe öfters die Er- fahrung gemacht, daß die Tiere von der Stelle, wo sie die Spur ge- wittert, bis zum Torf noch 10 15 und mehr Kilometer zu laufen hatten. So wunderbar fein und scharf ist der Geruchssinn dieser kluge» Tiere." Man kann sich daher wohl das lebhafte Gefühl der Freude vor- stellen, das die Herzen der Reisenden durchzieht, wenn nach langer, gefahrvoller Fahrt über Schnee und Eis endlich ein Dorf erreicht wird. Selbst in der übelriechenden Atmosphäre der Erdwohnung ruht es sich immer noch besser, als in den improvisiertenNachtherbcrgen", die man sich in den Schneehügeln im Freien gräbt, und das Un- gczicser und den Qualm nimmt man gern in Kauf, wenn man sich dadurch den Rheumatismus fernhält, der nur zu oft eine Folge des Lagerns im Freien ist. WolfgangHeise. kleines Feuilleton. er. Auflauf. Zuerst waren es nur drei Menschen gewesen, die über das Brückengelander sahen, dann war es plötzlich ein ganzer Haufe geworden. Mochte der Himmel wissen, woher sie gekommen, aber sie waren da und wurden mehr und mehr. An beiden Seiten des Kanals zog sich eine lange, schwarze Schlange hin. die wuchs und wuchs; einige Hundert neugieriger Gesichter beugten sich über das Geländer: jeder, der vorüberging, blieb stehen; wer auf der Brücke nicht mehr vorne rankani, lies eiligst an dem Ufer hin, es war ein Horchen und Fragen und Tuscheln. »Was ist denn eigentlich los?" Ja. ich weist nicht." IS doch Keener ertrunken?" Ich weist auch nich." Es wird'n Schiff durchgeschleppt." ,J jottbewahre, da is doch keen Schiff nich! Wo denn?" «Na was steht man denn hier? Worauf warten se denn?" Ick weest nich." Jnnner dieselbe Antwort. Niemandweih", aber alle Hälse recken sich. Eine Dame sagt sentimental:Wenn man bloß kein Hund m's Wasser gefallen ist, ich kann's nicht sehen, wenn ein Hund ertrinkt. Is wirNich kein Hund drin?" Ich weist nicht." Eine Stimme von irgend woher schreit:Jetzt kommt's, jetzt kommt's!" Was kommt denn? Wo denn?" Da is es ja, da kommt's raus!" Unter de Brücke, seh doch, seh doch!" Na zum Donnerwetter, lassen Se einen doch ooch mal kiecken!" Au stoßt doch nich so l" Was ist denn nun überhaupt loS? Was ist es denn?" »Ja, ich weiß doch nich,'s schwimmt da waS." Ach, wenn es nur bloß kein Hund ist," wimmert die Dante. Nicht wahr, es ist doch kein Hund?' Nee, vielleicht bloß'n kleenet Kind!" ruft eine spöttisch« Stinime. DaS Wort wird aufgefangen:Wie sagt er? Was?" ,'n Kind soll drin liegen. Horcht doch mal,'n Kindt" 's ist'n Kind ertrunken." Ach ja, die arme Mutter l" Na, was paßt sen nich auf? Ewig stehen die Weiber und klatschen, und derweile fallen ihre Kinder in'n Kanal." Jetzt must se't gleich unter de Brücke vor sein I Ja, seht mal. da is es, das sieht auch aus wie'n Kind I" Aber solche Bummelei von die Mutter, son klecnes Kind inS Wasser fallen zu lassen!" Verhauen sollten se das Weib so lang wie se is." Aber kuckt doch mal, das is ja gar keen Kind nich." Das sieht ja bloß so aus, wie'n Kind, das is ja'n Bündel Lumpen I" Das is ja'ne Fran, die schwimmt mit de Kleider nach oben!" Nee, nee, das ist auch keene Frau nich. Seh doch mal, seh doch mal, das is'n Paket!" Ach ja,'n Paket! Was is'n da drin eingewickelt?" Da is am Ende wieder'n Mord passiert? Det wird schon so sein, det wird wohl in Mord sein." Natürlich, was soll's denn auch anders sein? Um was andres wirst man kein Paket ins Wasser." Det is'n Mord, was da rum schwimmt." 'n Mord I'n Mord I" Ein dumpfes Gemurmel läuft durch die Menge, die Köpfe recken sich noch höher, mit einer Art grausigen Vergnügens sehen Hunderte von neugierigen Augen auf das schwimmende Etwas im Wasser. Da is'ne Kinderleiche drin eingewickelt, sollt mal sehen." Nee, des kann auch'ne zerschnittene Frau sein! Seht doch mal, da baumelt ja auch was runter, da baumelt'n Arm runter." »Ja ja da baumelt'n Ann runter" Huch, das ist ja gräßlich!" Ein junges Mädchen lehnt sich halb ohnmächtig an einen Baum. Komm bloß weg, komm, mir wird schlimm!" Na, ob sie nu da wer'n'n Mörder kriejen?" Ach jottbewahre, den kriejen se ooch nich. Mörder werden überhaupt nich gekriegt. Aber'n Schutzmann kommt jetzt wenigstens! Seh doch, jetzt kommt er mit'n Rettungskahn I" AIS ob noch grade vill zu retten iS, wenn eener zerschnitten im Kanal rumschwimmt I" Na aber, er muß ihr doch wenigstens rauSholen l" Jawoll, rausholen muß er ihr." Det er man nich vorher selber rinplumpst. Kinder, der rudert ja I Seht doch, wie det schunkelt I" Aber jetzt hat er ihr!... Huch, der kommt hierher an de Treppe. Nee, laßt mir wech, ich kann's nich sehen, ich kann keene Doten sehen, nee!" Eine Frau bricht sich aus der Mcnschenmauer Bahn, die Lücke hinter ihr schließt sich sofort, man spricht nicht mehr, man steht bloß und starrt. Der Schutzmann treibt das Bündel mit dem Ruder nach der Wassertreppe, springt da aus dein Boot, bückt sich und hebt es auf... Ein Moment atemloses Stillschweigen dann auf einmal ein brausendes Gelächter. Es Pflanzt sich durch die ganze Straße fort:'n Sack is es, Kinder,'n oller Sack mit Dreck I" n Sack I'n Sack I" Die schwarze Schlange am Kanalgetänder ist im Nu zeruaoeu. Na, so'n Quatsch!" sagt die Frau, die Tote nicht sehen kann. Na, so'n Quatsch, wenn'ü weiter nischt is! Und um so'n Quatsch steht man hier und lauert'ne Stunde! Mein Milchreis is derweile bestimmt angebrennt l" re. Sorte. Frau A.:Mir kribbelt det schon unter die Füße! Derf ick Jhn'n vielleicht Sonntag nachmittag bei einem Tässeken Lorke erwarten, Frau Nachbarn?" Frau B.:Det können Sie, wenn Sie wollen. Wir können dann den angefangenen Schnack zu Ende bringen. Mein Oller schläft sich denn doch von die Morgen- spräche aus und merkt nischt. Frau A.:Na, denn man zu, adjees ooch l" Was eigentlich bei der Tasse Lorke erörtert worden ist, habe ich leider nicht in Erfahrung bringen können. Wir sind in diesem Punkte nur auf Vermutungen angewiesen, die wir nicht so sehr nach der argen Seite hin anstellen wollen. Hoffentlich ist das Gericht gelinde ausgefallen, nicht aber das Getränk, obgleich es, dem Namen Lorke nach zu urteilen, den Anschein hat. Wegen des hohen Preises ist es ärmeren Leuten fast unmöglich, reinen Kaffee zu trinken, und so sind sie denn gezwungen, dem Kaffee Zichorien oder sonst ein Ersatzmittel, dem Zichorien zugesetzt ist, beizumengen. In richtiger Würdigung dieser Sachlage und mit einem guten Stück unverdorbener Laune hat das Volk den Kaffee mit vielen Spottnamen örtlicher Geltung belegt. So heißt er in Schwaben Plämpel, in Bayern Hutzelwasser oder Hutzelbrühe, in Sachsen Kaffeepantsch und zuletzt ebenfalls in Sachsen und zwar in Leipzig Lurke oder Lorke. Hierfür gibt JakobSson in seinem Tech- nologischen Wörterbuch(Berlin und Stettin 17711793) die Er- kläruug: ein geschmacklose?, trübes Getränk. Eigentlich aber bedeutet Lurke: Nachwein, Tresterwein. Denn Johannes ColeruS in seinem Haußbuch(Wittenberg , 1604) läßt sich folgendermaßen darüber aus: Die Lurke macht man also: wenn der Wem aus den Weintrauben gepreßt ist, so gcußt