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Dreiundzwanzigstes Kapitel.

tommen einig, daß Mäßigkeit in der Nahrungsaufnahme eine Frenzels Privatwohnung lag am Kurfürstendamm . Er der wichtigsten Bedingungen der Gesunderhaltung fei. wohnte in einem dieser prunkvollen, palastartigen Häuser, die heißt Mäßigkeit" im bestimmten Falle? Was für den einen nod im westlichen Teile Berlins während des letzten Jahrzehnts mäßig ist, kann für den anderen schon ein durchaus schädliches Ueber. maß sein. Mit der schablonenhaften Befolgung dessen, was dieser wie die Pilze emporgeschossen sind. oder jener Forscher in dem beschränkten Bereich seiner Beobachtung als gut erkannt hat, ist es also nicht getan. Die Beobachtung der eigenen Natur und die denkende Modifizierung der allgemeinen" Regel für den besonderen Fall muß immer noch hinzutreten. Urteile berufener Forscher auf diesem Gebiete zu großem Nutzen ges

Mit gemischten Gefühlen stieg der Baumeister die hell­erleuchtete Treppe hinauf.

Das wird eine bittere Sache werden," hatte er zu Grete Anders gesagt, als er im Frad vor ihr stand und sie behutsam ihm den weißen Schlips umband.

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Er verspürte ein gelindes Grauen... Am liebsten wäre er jetzt noch umgekehrt. Nie im Leben hatte er gedacht, mit diesen Kreisen in Berührung zu kommen! Und nun mußte er noch freundlich sein und schöne Worte machen. Denn außer dem persönlichen Kredit, den Frenzel gewähren mußte, war er auch nach Steinerts Aussage der einzige Mann, der durch seine Beziehungen zu den Banken Hypotheken schaffen konnte. Was blieb da anderes übrig, als antiquierte Vorurteile über Bord zu werfen! Man mußte, wollte man vorwärts kommen, als moderner Mensch fühlen und handeln.

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Mit diesem Vorbehalt können uns aber die Erfahrungen und

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reichen. Eines der besten Bücher über Langlebigkeit ist Hufelands makrobiotik, oder die Kunst, das menschliche Leben zu ver­längern". Christoph Wilh. Hufeland wirkte in den Jahren 1809 bis 1836 als Professor der Medizin an der Berliner Universität und galt als einer der tüchtigsten Aerzte und Naturwissenschaftler seiner Beit. Seine in alle Sprachen der Welt übersetzte Makrobiotik" ist heute zwar in einzelnen Punkten veraltet; nichtsdestoweniger ist sie in der Hauptsache noch durchaus lesens- und beherzigenswert. ( Reclams Verlag; gebunden 1.20 M.) die eine gute, moderne Ergänzung zu dem Hufelandschen Buche bildet, Neuerdings ist eine kleine Schrift über unser Thema erschienen, und die hiermit Jung und Alt zum nachdenklichen Studium empfohlen sei.*) Der Verfasser, Dr. Hermann Weber, gibt die Er­fahrungen seiner 50jährigen Praxis als Arzt, die er durch das ge­Der Diener öffnete jetzt die Tür, nötigte ihn zum Ein- nannte Studium des Lebens von mehr als 100 sehr alt gewordenen treten und war ihm beim Ausziehen des Mantels behilflich. Personen noch erweitert hat. Außerdem ist er selbst ein praktisches Einige Minute später fand er sich in dem großen Salon Beispiel dafür, was man durch eine vernünftige Lebensweise erreichen - der Hausherr flopfte ihm kordial auf die Schulter und stellte fann. Obgleich seine beiden Eltern furglebig waren und er von Hause aus eine belastete und schwache Gesundheit mitbrachte, hat er ihn der Reihe nach vor. es zu einem Alter von über 80 Jahren gebracht und sich dabei eine seltene Frische und Leistungsfähigkeit erhalten. Er übt noch heute seinen arbeitsreichen Beruf aus und unternimmt alljährlich Reisen mit großen anstrengenden Märschen oder gar Klettertouren im Hochgebirge. Die Urteile und Ratschläge eines solchen Mannes vers dienen jedenfalls ernsteste Beachtung.

Die Entreetür war nur angelehnt. Auf dem blanken Messingschild las er: S. Frenzel."

( Fortsetzung folgt.)]

Die Kunft das Leben zu verlängern.

Wer möchte von dieser Kunst nicht gern etwas profitieren? Es gibt zwar Philosophen, die mit viel Scharfsinn beweisen, daß das Leben eigentlich ein Unglüd sei; indessen denken sie nicht baran, Leben eigentlich ein Unglück sei; indessen denken sie nicht daran, dieses Unglück von sich zu werfen. Ihre Liebe zum Leben straft ihre Worte Lügen. Nur hoffnungslos kranke, schmerzzerissene oder geistig zerrüttete Menschen schrecken nicht vor der Selbstvernichtung zurüd. Dem förperlich; und geistig Gesunden ist das Leben eine freundliche Gewohnheit", die er nur aufgibt, wenn er muß.

Die Flamme des Lebens möglichst lange zu erhalten, ein hohes Alter in leiblicher und geistiger Frische zu erreichen, ist der natür lichste Wunsch des Menschen. Darum fämpfen wir gegen alle ge­sundheitsschädigenden Verhältnisse im Arbeitsleben, gegen über­mäßige Arbeitszeit, ungenügende Ruhepausen, Verkümmerung der Nachtruhe, schlecht ventilierte Arbeitsräume und sonstige unsanitäre Einrichtungen. Darum verlangen wir besondere Maßnahmen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen, der Frauen und Wöchnerinnen. Darum erheben wir die Forderung auf beffere Ernährung und Be­hausung der werktätigen Volksmasse und auf die Entwickelung einer öffentlichen Gesundheitspflege vollkommenster Art.

Aber neben dieser sozialen Fürsorge gibt es auch eine persön Ii che Pflicht möglichst langer Lebenshaltung, die jeder einzelne an sich selbst zu erfüllen hat. Die wirtschaftlichen und sozialen Ver­hältnisse zwingen uns zwar eine Reihe von schweren Gesundheits­schädigungen auf, die der einzelne beim besten Willen nicht ver­meiden kann. Aber innerhalb dieses Reiches des Zwanges bleibt doch einem jeden noch ein gewisser Spielraum der freien Selbst­bestimmung über seine Lebensführung; und es macht einen großen Unterschied, ob man den durch Beruf und Besitzmangel auf gezwungenen noch weitere Schädigungen im privaten Leben hinzu fügt, oder ob man jenen lebenstürzenden Momenten mit Vernunft und festem Willen wirksame Gegengewichte schafft.

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Können wir unser Leben willkürlich verlängern? Diese Frage ist unbedingt mit ja zu beantworten. So wahr als wir unser Leben frühzeitig zerstören können, so wahr können wir es innerhalb gewisser Grenzen verlängern. Freilich nicht mit den Wundermitteln, mit denen seit Alters bis auf den heutigen Tag Charlatane und Marktschreier denen, die nicht alle werden, das Gelb aus den Taschen gelockt haben. Diese diversen Lebenselixiere", die neuerdings meist in Gestalt von Schnäpsen mit entsprechenden, den Tod verjagendem Etikett, dem hochverehrlichen Publikum an gepriesen werden, sind nur dazu bestimmt, den Herstellern und Händlern das Leben zu verlängern. Für die Konsumenten be­wirken sie oft genug das Gegenteil.

Es würde zu feit führen, hier im einzelnen darzulegen, was über die Hygiene des Schlafes, die Notwendigkeit törperlicher Be Weber über das Maß, das Was und das Wie der Nahrungsaufnahme, wegung in frischer Luft und regelmäßiger Atemgymnastik usw. sagt. Man möge das in dem Buche selbst nachlesen. Hier sei nur ein Punkt hervorgehoben, dem Weber eine hervorragende Bedeutung für die Verlängerung des Lebens beimißt. die Verlängerung des Lebens beimißt.

Ein reges geistiges Leben ist nach Weber eins der bedeutsamsten Mittel, den ganzen Organismus bis ins hohe Alter hinein gesund und frisch zu erhalten. Die auffallende Langlebigkeit zahlreicher geistig hervorragender Männer wie Kant, A. v. Humboldt, Goethe, Ranke, Mommsen u. v. a. auf der einen Seite, und auf der anderen Seite der rasche Verfall vieler alternder Beamten, Geschäfts­leute usw., sobald sie von der Berufsarbeit befreit sich einem interesse= ſen Nichtstun überlassen, sind Erscheinungen, die für die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen. Weber führt aus seiner ärztlichen Praris eine Reihe von drastischen Fällen an, wo es ihm gelang, durch Er­vedung neuer geistiger Interessen den bereits eingetretenen fenilen Berfall des Organismus auf Jahre hinaus aufzuhalten. Berfall des Diganismus auf Jahre hinaus aufzuhalten. Es ist bekannt, wie belebend die Erfassung eines großen Ge­Erfolg auf unseren physischen Organismus wirft. Durch Experiment dankens, eine begeisternde Idee, eine frohe Hoffnung, ein errungener hai man nachgewiesen, daß jeder lebhaftere Gedanke eine vermehrte Blutzufuhr zum Gehirn zur Folge hat. Von dem lebhafter funks tionierenden Zentralorgan geht dann ein stärkerer Lebensimpuls auf das gesamte Nervensystem über. Denken wir uns diesen Einzelfall oft wiederholt; denken wir uns das geistige Leben durch lebhafte und mannigfache Interessen ständig bewegt, so wird die stete reiche Blut­zufuhr zum Gehirn diesem eine bessere Ernährung und eine Ent­widelung zu bauernder hoher Kraft verschaffen. Ein so entwideltes und in starker Lebenskraft erhaltenes Zentralorgan entsendet aber auch einen stärkeren Strom von Lebensenergie durch das ganze System der Nervenbahnen, als dies ein unentwickeltes, schlecht ers nährtes Gehirn zu tun bermag.

Von dieser Auffassung aus berwirft Weber die vielfach von Aerzten und Laien vertretene Auffaffung, daß möglichst viel Ruhe, besonders in späterem Lebensalter, die Lebenskraft erhalte. So notvendig ein angemessenes Maß von Ruhe und Schlaf ist, so schädlich ist nach seiner Meinung absolutes Nichtstun und zu biel Schlaf. Langes Schlafen" fagt er" gehört sicher nicht zu den Verhütungsmitteln des frühen Alterns. Während des Schlafes find wahrscheinlich die Gehirncapillaren weniger aktiv und verfallen früher jenilen Entartungen der einen oder anderen Art."

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Die gegenteilige Auffassung, daß Untätigkeit und viel Schlaf die Kräfte des Körpers schon e", daß darum diejenigen, die mög licht lange in den Tag hinein schlafen und jede lebhaftere törpera liche Bewegung oder geistige Erregung meiden, die beste Gewähr für langes Leben haben, geht von der Vorstellung aus, daß jedem

Die wahre Kunst, das Leben zu verlängern, setzt sich zusammen aus der Vermeidung gesundheitsschädigender und der Befolgung ge­sundheitsfördernder Gewohnheiten. Die Frage, was die Lebens­kraft der Zellen, aus denen sich unser Organismus aufbaut, auf die Dauer schädigt, und was sie stärkt und erhält, ist nun feineswegs in allen Punkten flipp und flar entschieden. Es gibt da mancherlei*) Die Verhütung des frühen Alterns. sich widersprechende Theorien unter den Aerzten und Physiologen Mittel und Wege zur Verlängerung des Lebens." selbst. Bei der Dunkelheit, die noch über das eigentliche Wesen der Von Sir Hermann Weber , M. D., Arzt am deutschen Hospital Lebensvorgänge in der Zelle herrscht, ist das kein Wunder. zu London . Sonderabdrücke aus Deutsche medizinische Wochen

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Außerdem erschwert die große Verschiedenheit der Individuen schrift" und" Zeitschrift für diätet. und physikal. Therapie".- Die Aufstellung fester Normen. Man ist sich z. B. darüber voll- Verlag von Krüger u. Co., Leipzig . 1,50 M.