machtvoller Steigerungen sind allerdings nicht dG KomponistenSache.Unser altes Opernhaus hat das Werk vorgestern(Mitt-wach) herausgebracht und damit innerhalb seiner jahrelangenGleichgültigkeit gegen die moderne dramatische Komposition derHeimat eine erfreuliche Ausnahme dargeboten. Schade, daß wahr-scheinlich der Erfolg nicht lange genug nachhalten wird: schon vor-gestern war er mehr Hochachwng als Entzücken. Und jene hattenoch dazu viel persönliche Färbung. Schließlich kann auch eine solchegesangsdramatische Leistung, wie sie Herr Knüpfer in der Titel-rolle gibt, nicht anders als packend wirken. Die übrigen Namen vonMitwirkenden brauchen wir wohl deswegen nicht zu nennen, weil sieim allgemeinen recht Tüchtiges geleistet haben und uns mit diesenihren Tüchtigkeiten seit längerem bekannt sind.Unter allen Umständen hatten wir hier eine' Erholung gegen-über einem Werke, das vor einigen Monaten und noch lange nachherdie Oeffentlichkeit so beschäftigte, daß man in der Tat versucht wäre,sich für einen Nörgler zu halten, wenn man's nicht anerkennte.„Der Roland von Berlin" des italienischen KomponistenR. Leoncavallo ist sowohl eines von den Werken, welche die„bestellte Arbeit" merken lassen, wie auch eines von denen, welcheglauben, dramatisch zu sein, und doch nur episch sind. Wie da derKomponist diese Aneinanderreihung gekünstelter Szenen aus dermärkischen Geschichte mit viel Mühe und Aufgebot von Mache ver-tont, ohne daß dabei irgend ein Griff ins Größere käme, und wiedann dies und das und jenes und noch etwas getan worden ist, umdas Werk und die Aufführung besser oder schlechter zu machen: dasbraucht uns wahrlich nicht mehr aufhalten.Infolge der stadtbekannten Kassenvcrhältnisse des Opernhauseswar es uns selbst um schweres Geld erst spät möglich, einer der Auf-führungen beizuwohnen. Zu der vorgestrigen Premiere„erwischten"wir gerade noch einen sogenannten Sitz im ersten Rang, d. h. ein.Gestell in einem engen Winkel eines Menschenpferches, wie ervielleicht in russischen Gefängnissen vorkommen mag. Das Dinghat ausgerechnet 8 Mark und 50 Reichspscnnige gekostet. Vor einemJahre hatten wir uns an die„General-Jntendantur der KöniglichenSchauspiele" mit der Anfrage nach einem Entgegenkommen beimkäuflichen Bezüge von Billetten, durch Vorausbestellung, gewendetund ablehnende Antwort bekommen. Um nun sicher zu sein, daßnicht etwa neue Verhältnisse oder Mißverständnisse oder dergleichenhineinspielen, wendeten wir uns vor kurzem noch einmal an jeneStelle, mit dem Hinweise darauf, daß der Kunstreferent sein Amt sogut wie nicht ausüben könne, wenn ihm der käufliche Bezug fastunmöglich sei. Die Antwort bedauerte sehr, durch die Verhältnissezur Versagung dieses Wunsches gezwungen zu sein.„Die vielen Un-zuträglichkeiten, die sich aus der bisherigen Einrichtung der schrift-lichen Vorbestellung und Reservierung von Eintrittskarten ergebenhaben, mußten notwendigerweise die Aufhebung dieser Einrichtungzur Folge haben. Die Verausgabung der Billetts erfolgt nach denneueren Bestimmungen nur durch öffentlichen Verkauf am Schalterder Theaterkasse nach der Güte und Nummernfolge der Plätze. Essind in letzter Zeit gerade aus besonders interessierten Kreisenhäufig Wünsche um Reservierung von Billetts geäußert worden,denen gegenüber ich mich prinzipiell ablehnend verhalten mußte, umnicht das große Publikum fast völlig von dem Billettbezuge auszu-schließen und dadurch wieder von neuem Grund zu Beschwerden zugeben. Denn leider entspricht die Zahl der verfügbaren Plätze speziellim Königlichen Opernhause nicht annähernd der großen Nachfragenach Eintrittskarten. Ich mutz daher auf die strikte Befolgung dererlassenen Vorschrift achten und kann, so leid es mir auch tut, beiIhnen eine Ausnahme nicht eintreten lassen, die zweifellos zu be-rcchtigten und lvcitgehenden Berufungen führen würde. Hülsen."Diese Antwort scheint ein Ideal von Beweiskraft und Gerechtig-kcit zu sein. Wir nehmen auch nicht im geringsten an, daß etwairgend welche politischen Motive mit hincinspiclen. Allein der festeBau dieser Antwort ruht trotzdem auf dem hohlen Grunde eineskleinen Vergessens oder Uebersehens. Wir erlauben uns, die Ge-ncral-Jntendantur folgendes zu fragen. Erstens: erinnert sie sich,daß mit zablreichcn Journalen in Berlin nicht nur so viel wie diehier gemeinte, sondern eine locit größere Ausnahme gemacht wird,indem diese sogar Freibilletts erhalten, während es uns keineswegsum solche, sondern um Kaufbillctte zu tun war? Die tatsächlichenVerhältnisse haben überall in der Welt die Ucbersendung von Ein-ladungskarten an die Kunstreferenten zu einer zweckmäßigen Ein-richtung gemacht, die grundsätzlich mit irgend einer ungerechtenBegünstigung nicht das geringste zu tun hat. Was aber gegenüberdem einen Adressaten recht ist, muß gegenüber anderen Berechtigtenbillig sein. Zweitens: erinnert sich die General-Jntendantur, daßzu ihren Generalproben alle möglichen Personen Eintritt finden, diean sich sehr ehrenwert sein mögen, die aber keineswegs«in solchessachliches Anrecht auf den Besuch der Probe haben, wie gerade dieKritiker? An zahlreichen Theatern erhalten diese nicht nur zurHauptaufführung, sondern auch zur Generalprobe Einladungen. InBerlin ist es wohl lediglich der Friedfertigkeit der Musikreferentenzu danken, daß es wegen dieser ihrer Zurücksetzung noch nicht zueinem Krache gekommen ist. Man riskiert fortwährend, von irgendeinem Mitmenschen verwundert angesehen zu werden, daß man alsKritiker dort nicht war, wo viel fernerstehende Personen Zugangfanden. Und wenigstens diesen Zugang könnte die Intendantur deneneröffnen, die das wahrlich nicht leichte Amt eines Kunstreferentenführen. Dazu kommt noch, daß gerade eine Opernkomposition aufein einziges Mal Hören hin schwer zu beurteilen ist, daß also hierdas Anhören sowohl der Generalprobe wie auch der Hauptaufführungnoch immer eher zu wenig als zu viel ist.Dies unsere Erwiderung auf Herrn Hülsens Antwort. Es würdeuns freuen, wenn unsere Worte, die wir absichtlich durch eine sehrlange Zeit hindurch zurückgehalten haben, dazu beitrügen, daß endlichin diesen Dingen Recht und Billigkeit und die Würde der Pressegewahrt würden.— sz.Technisches.on. Ein neuer Spreng st off. Das Calciumcarbid unddas aus ihm auf die einfachste Weise, nämlich durch Hinzufügungvon Wasser entwickelte Acetylengas haben die an sie gestellten.freilich sehr hoch gespannten Erwartungen nicht befriedigt. Wegender Leichtigkeit, mit der hier ein brennendes GaS zu erhalten ist,hat mau geglaubt, daß das hellbrennende Acetylen sich bald überallEingang verschaffen würde; es hat auch einen starken Aufschwung inder Acetylen- Industrie gegeben, der aber nicht von Bestandgewesen ist. Man sucht nun seit einiger Zeit nachanderen Verwendungen deS Calciumcarbids. Die neuesteErfindung dieser Art ist seine Benutzung als Sprengstoff.In Gegenwart einer Mischung von Luft und einem zündendenKörper entwickelt das Carbid eine Sprengkraft, die mit der desPulvers und des Dynamit zu lvetteifern geeignet ist. Die Explosionfindet in einer Lustkammer statt, und die Entzündung wird durcheinen elektrischen Funken bewirkt. Zu diesem Zwecke wird dasCarbid in Körnerform gebracht und dann in eine Patrone geladen.Die Benutzung des Sprengmittels geschieht auf folgende Weise. DiePatrone besteht aus einer Blechkapsel. In ihr liegt zu unterst dieLadung von Calciumcarbid und darüber, durch eine Wand geschieden,die Wasserladung. Dann folgt ein leerer Teil, Ivo der elektrischeZünder Platz findet. In der Seite der Patrone befindet sich einEisenstift, mittels dessen man die Scheidewand zwischen demWasser und dem Carbid durchstoßen kann. Wenn das Bohrloch voll-endet ist, führt man die geladene Patrone ein, füllt es aus undschließt die Oeffuung mit einem Holzpfropfen. Dann wird auf denaus dem Bohrloch herausragenden Stift geschlagen, wodurch dasWasser mit dem Carbid in Berührung kommt und sich infolgedessenAcetylen entwickelt, das sich mit der umgebenden Lust teils in derLuftkammer, teils im Bohrloch mischt. Diesen Vorgang läßt manfünf Minuten andauern und schreitet dann zur Entzündung durchden elektrischen Funken. Das Verfahren soll den Vorzug haben,daß die Felsen nicht auseinander geschleudert, sondern nur mit un-zähligen Rissen durchsetzt werden, so daß sie dann leicht fortzuschaffensind. Zur Ladung einer Patrone sind 50 Gramm Carbid nötig, die15 Liter Acetylengas liefern.—Humoristisches.— T r o st. Der Herr Registrator Lehmann geht mit seinerFrau in den„Tannhäuser". Als Tannhäuser an der Bahre derElisabeth zusammenbricht, beginnt Frau Lehmann heftig zu weinen.Der Herr Registrator tröstet seine Frau:„Du, Auguste, laß mansein l Das wäre ja doch bloß eine unglückliche Ehe geworden!"—— Aus Bayrisch-Schwaben.„Na, wie hat's D'r dennim Städtle g'falle, Michele?"„Gar it, Hausjörgle. Nix hend' se, koi' Schranne, koin Vieh-markt— bloß Beaintel'—(„Jugend".)Notizen.— Im Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig erscheint imMärz unter dem Titel.Glücksinseln und Träume" einBand gesammelter Aufsätze von Friedrich Ratzel.—— Gerhart Hauptmanns Bühnenwerk„ E l g a" wirdam 4. März im Lessing-Theater zum erstenmal gegeben.Die Titelrolle spielt Irene Triesch.—— In der zweiten Hälfte dieser Spielzeit sollen im Opern-hause folgende Werke neuein studiert in Szene gehen:„Zauber-flöte",„Eczsi fan tutte",„Euryanthe".„Der Barbier von Bagdad"und„Der Pfeifertag".—— Das Zoologische Museum in Berlin enthält 1 200 000Insekten, die 140 000 Arten angehören.—— In einem Kalkstcinbruch bei Deilinghofen(Kr. ArnS-berg) wurde eine neue Tropf st einHöhle offengelegt. Dieblendendweißen Tropffteingebilde sind von großer Schönheit.—— S p r e k e n S e doch dütschl Kommt da ein ehrsamesBäuerlein in einen Geschäftsladen in Uelzen und verlangt einengeringfügigen Gegenstand.„Ick heff aber nich lang Tied, de Zugfährt»n sünst af," fügt er mit Wichtigkeit hinzu.„Also ein bißchenTipp, Topp,'" sagt der Geschäftsinhaber zu dem bedienenden Lehrling.„Sie hören, der Mann muß zum Bahnhofe".„Wat fegt Se da,Tipp, Topp." frägt der Landbewohner,„wat schall denn dat heten?"„Das heißt so viel wie Dalli. Dalli, lieber Freund, flink flink I'Das Bäuerlein sieht ihn verdutzt an, aber plötzlich,„da kommt esihm":„Ach, nu verstah ick. Se meent wol en betten„gau, gau".dat lat ick mi gefallen, aber warum fegt Se demr dat nich updütsch?"—Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner, Berlin.— Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer L-Co., Berlin LW.