«Wenn die ecnen beschummeln kann, macht fie's nich n,ehr wieJcme; immer de Wage hinter de Jläser und immer mit de Fingerdran rumgepolkt, man sollte jar nischt mehr bei sie kaufen/'„Nein, das sollte man wahrhastig nicht." Der ganze Laden gabder dicken Klamunken Recht.Man kaufte aber doch noch bei der Starken, sehr oft sogar,mehr fast als sonst, und man war sehr freundlich und stagte whrviel und„gratulierte herzlichst" und gönnte es der„lieben Frieda".Die Schlächterfrau schickte sogar einen Blumenstrauß und ließ fragenvon wegen der Hochzeitsbraten....„Quatsch!" sagte die Storken, bei der mal wieder„zufällig" diehalbe Straße versammelt war.„Quatsch, Hochzeitsbraten I UnseHochzeit wird'ne feine Hochzeit, die feiern wir ins Lokal."„Das ließ sich ja denken, bei so'n feinen Mann."„Und reich war er jawohl auch, hatte man gehört. DreiHäuser in Weitzensee, nich?"Na in die Kirche kam inan auf alle Fälle, es würde doch gewiß'ne furchtbar feine Hochzeit.Und ob es die würde! Die Storken lächelte gönnerhast mit derganzen Würde ihrer hundertstmfundzwanzig Kilo. Trauung in derKirche, und nachher in de Schlaraffia, Fasanen gab's und Austernund jungen Spargel, der kam jetzt aus Frankreich und kostete sechsMark das Pfund.„Ja, wenn man so'n reichen Schwiegersohn kriegt I" nickte schein-heilig die Klamunke.„Wat?" sagte die Storken,„reicher Schwiegersohn? Na denkenSe etwa der bezahlt dat? Det jeht doch alles aus meine Tasche. Derhat doch keenen roten Pfennig, dem koofe ick noch de Strümpe."Die ganze beleidigte Würde der nicht für voll angesehenen Kapitalistingrollte in ihrer Stimme.„Dett Hab' ick ja immer jesagt," triumphierte die Klamunke.»Na, seht er, nu hört er's: Er is bloß'n Kuhdoktor."„Wat?" s-gte die Skorken zum zweitenmal.„Na nu wird's jaDach. Nu hör'n Se aber uf.'n Kuhdoktor? So'n feiner Mann?Sie denken woll, weil Ihr Doktor Kuhdoktor is, indem det er manch-mal ooch Rindvieh behandeln muß?"„Frechheit I" Die Klamunke griff nach ihrem Korb.„Dannkann ick ja meine Aeppels wo anders koofen. Erst sagen Se selber,er hätte nischt als'n halbes Paar Dutzend zerrissene zerlöcherteStrümpe, und nu is't wieder'n feiner Mann!" Sprach's und ver-schwand mit einem Hohngelächter.„Wa� die davon versteht I" Die Storken zuckte die Achseln undsah ihr verächtlich nach.„Als ob man wat haben muß, um fein zus'in lj Jrade der Pobel hat immer's Mehrschte... Wollen Se malsehen, ivat meine Frieda nütkricht? Dreitzigdausend Mark in Bar undde Wäsche halb in Seide— passen Se mal uf I"Und die Storken lief in ihre„Privatwohnung" und holte Packete,emden und Höschen und andere diskrete Sachen, aber alles elegant.ostete auch rund achttausend Mark I„Und denn kricht se'n blauenAmpirsalon, und schlafen wer'n se auf englisch."„Und des is jetzt's neuste", meinte Rechnungsrats Guste, diegerade Blumenkohl holte und als Mädchen aus„besseren Häusern"wußte, was Stil und Mode war.'n blauen Ampirsalon, hmj ja I Der blaue Ampirsalon wurdewieder„ein Fall" für„die Straße", man besprach ihn an allenEcken. Rechnungsrats Guste nahm ihn mit„nach oben", die Rätinbekam ihn frisch zu ihrem Blumenkohl. ,.'n blauen Ampirsalonund schlafen auf englisch und seidene Wäsche und dreißigtausendMark— ja mit so was bekam man'n Mann. Darauf sehen dieMänner mehr wie aufs Feinsein und nichts dahinter."Die Rätin fand, Auguste wäre frech, fein sein und nichts da-hinter, das ging natürlich auf ihre eigenen fünf Töchter, die trotzaller Anstrengung nicht zum Heiraten kamen. Aber ach ja, Rechthatte ja das„steche Frauenzimmer". Die Rätin seufzte.Die fünf Töchter seufzten gleichfalls.„Aber eigentlich kaust sieihn sich bloß." meinte Mia, die Aelteste, spitznäsig und geziert.„MöchtetIhr denn Männer haben, die man kaufen muß? Ich danke!"Die vier anderen dankten auch.„Und so eingebildet wie die Gesellschaft ist", sagte Leni diejüngste.„Wenn die olle Stork grüßt— bloß so von oben runter.Nun wird sie wohl die Nase erst recht hoch tragen. Solch Pöbelbildet sich immer gleich was ein. Ich grüße sie nächstens gar nichtmehr."Die vier andern wollten auch nicht mehr grüßen, aber dieRätin sagte:„Grüßt, meine Kinder! Im Gegenteil, grüßt doppeltfreundlich. Darin zeigt sich ja unsere höhere Bildung. Wir wollenauch eine Gratulation hinschicken, oder noch besser, ich geh' zur Storkund gratuliere selber. Ich schulde ihr noch fünfundzwanzig Markund muß noch für fünfzehn Mark dazu borgen für unsere nächstegroße Gesellschaft."—i. A»S der Zeit der Zünfte. Uns wird geschrieben: In den„Niederlausitzer Mitteilungen", dem Organ der Niederlausitzer Gesell-schuft für Anthropologie und Altertumskunde, gibt A. P r e n z e leingehende Berichte über den Inhalt der Schneider-I n n u n g s l a d e der bekannten Tuchfabrikstadt F o r st i. L. EinigeAngaben werden bei allen Schneidern und Nichtichneidern Interesseerregen. Der Landesstust Friedrich August II. von Sachsen, wozudamals daS jetzt preußische Forst gehörte, hatte 1780 alle JnnungS-fatzungen einfordern und daraus ein j181t) noch vervoll-ständigtes) Mandat für alle Künstler, Professionisten und Hand-werker herrichten laffen, das erst 1869, als die preußische Gewerbe-steiheit begann, aufgehoben wurde. Nach diesem Mandat mußte einvom Bauernstamm herkommender Lehrling nachweisen, daß er vorhervier Jahre in des Kurfürsten Landen bei der Landwirtschaft, darunterzwei Jahre bei seiner Gerichtsobrigkeit gedient habe. Den Gesellenoder Dienern wurde vorgeschrieben: mit auswärtigen Innungen oderGesellen-Bruderschaften nicht in Briefwechsel zu treten, auch vonihnen keine Briefe anzunehmen, diese vielmehr auf dem Dienstwegesofort uneröffnet der Obrigkeit zu übergeben, die dann„das Ge-eignete veranlaßt".Fast unglaublich klingt, was sich noch im Jahre 1835 gegen eineSchneiderin ereignete. In dem Mandat war auch die Bestimmung:Pfuscher oder Störer(worunter nicht zum Gewerk gehörige Meisterverstanden wurden), sollten der Obrigkeit angezeigt werden, die dann„ohne Weitläufigkeit und Verhängung eines Prozesses" Waren undHandwerlszeug wegnehmen durste. Als sich nun 1835 die ersteSchneiderin in der Stadt niederließ, in der bis dahin dieSchneider auch die Frauenklcider gefertigt hatten, da erhoben dieMeister Einspruch gegen die Niederlassung der—„Pfuscherin". Aufihr Mandat gestützt, gingen sie zu allen Dienststellen bis zumMinisterium des Innern. Aber sie wurden überall abgewiesen.—en. Altrömische Drahtseile. Das Drahtseil hat man bisherfür ein Erzeugnis der modernen Industrie gehalten. Diese Ansichtist jetzt umgestoßen lvorden durch einen in Pompei gemachten Fund.Man hat dort zwischen den Ruinen ein zieinlich langes aufgewickeltesDrahsteil entdeckt. Daraus geht hervor, daß die Römer schon vornahezu 2000 Jahren die Herstellung von Drahtseilen gekannt habenund zwar in ziemlich gleicher Art. wie sie noch heute angefertigtwerden. Das pompejanische Drahtseil ist etwa I'/z Meter lang und hatZentimeter im Umfang. Es besteht aus Bronzedraht und zwar ausdrei Strängen von spiralig zusammengedrehtem Draht. Jeder Strangist wieder aus 15 einzelnen Drähten verfertigt. Es ist geradezuauffällig, wie dies Drahtseil im einzelnen einem modernen Jndustrie-erzeugms gleicht. Benutzt wurde das betreffende Seil wahrscheinlichan einer Winde, von der noch Teile gefunden worden sind. DieseWinden wurden von Sklaven gedreht, die in einem trolmnelartyenBehälter eingesperrt waren und dort wie in einer Tretmühlearbeiteten; um die Trommel wand sich dann das Seil auf, wie sichaus dem jetzt in Pompei gemachten Fund noch erkennen läßt.—Humoristisches.— Im Fasching. Domino auf einem Bett einer Polizei-station erwachend:„Was ich ang'fangen Hab', das weiß ich nicht.Aber das eine g'spür' ich, mildernde Umstand' war'n vorhanden I"—— Der Bureaukrat.„.. und wenn ich gestorben bin,liebe Marie, so besorg nur ordnungsgemäß meinen Totenschein."—(„Simpl.")Notizen.— Vom April ab erscheint in Innsbruck monatlich ein- biszweimal eine ladinisch- deutsche Volkszeitung„Der Ladin er«freund". Das Blatt erhält auch eine wissenschaftliche Beilage:„Archiv für rätoromanische Sprachforschung und Volkskunde". Redakteurder Beilage ist Professor Th. Gärtner.—— Im Verlage von Hüpeden u. Merzyn, Berlin, erscheint dieserTage die zweite Serie der von Leo Berg herausgegebenen„Kulturprobleme der Gegenwart". Die Serie bestehtaus acht Bänden und kostet im Abonnement 16 M. J«>er Bandbildet ein in sich abgeschlossenes Werk und ist auch einzeln zumPreise von 2,50 M. käuflich.—— Max Halbes neues Drama trägt den Titel„DieInsel der Seligen".——„Der Freund und die Geliebte des MasikleS",eine hellenische Tragödie von Ludwig Bauer, ist von dem Stadt«Theater in Köln angenommen worden.——„Der U e b e r m e n s ch", ein vieraktiger Schwank vonJohannes David und Karl Möller- Rastatt errang beider Erstaufführung im Altonaer Stadt-Theater einenHeiterkeitöerfolg.—— Im Stadt-Theater zu Kasan dürfen jetzt G o r k i s Stücke„Das Nachtasyl" und„Der Sommerfrischler" wieder aufgeführtwerden, aber dem Publikum ist streng verboten, zu applau-d i e r e n.—— Der bisherige zlveite Kapellmeister des Nürnberger Stadt-Theaters, Bruno Härtel, ist für das Theater des Westensals lyrischer Tenor verpflichtet worden.—— Alfred BrnneauS neue Oper„König Kind", derenTextbuch von Zola stammt, gelaugt heute an der OpSra corniquazu Paris zur ersten Aufführung. Bei der Generalprobe wurdedas Werk sehr freundlich aufgenommen.—c. Eine neue englische Operette,„Die Ritter derLandstraße", Text von Henry A. L y t t o n, Musik von AlexanderM a ck e n z i e, fand bei der Erstaufführung im Londoner PalaceTheatre großen Beifall.—Die nächste Nummer des Unterhaltungsblattes erscheint amSonntag, den 5. März._Berantwortl. Redakteur: Franz Nchbein, Berlin.— Druck u. Verlag:Vorwärts Buchdruckerei u.VcrlagSanstaltPaul Singer LcCo..BerlinL1V.