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Wir verstehen Darf ich Ihnen

Wie?!" Stauder junior ging aus den Fugen. Sie wagen Sie wagen- mir- mir- 1 Gut! Haben Sie ein Blatt Papier da?" Er schrieb schnell einige Zeilen." Da ist die Gehaltss anweisung für Ihre Kündigungszeit. Von morgen an denke ich mein Geschäft allein zu regieren! Alt genug sind Sie ja auch und haben die Ruhe verdient. Mahlzeit!"

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Stämmrich stand einen Augenblid starr. Hatte einmal gedacht, anders hier herauszugehen. Er puzte sich nachdenklich die Brille und ordnete die Geschäftspapiere. Mit dem Feierabend- Glockenschlag ging er. Ruhig, ficher wie immer.

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Das war nur einige Wochen her. Der junge Chef hatte mit Energte die Bügel ergriffen und zog sie straff. So straff, daß sie riffen. Alles sollte springen. Er war zu jeder Stunde an allen Orten, fümmerte fich um jede Kleinigkeit und trieb. War Tag und Nacht auf den Beinen, um die Geschichte in das richtige Tempo zu bringen". Aber merkwürdig!- je mehr er schwigte, desto bera lehrter ging der Karren. Bald stodte es hier, bald da. Die Kunden reflamierten. Einige schickten Ware zurüd. Andere brummten den Chef durchs Telephon an; er mußte fich Dinge sagen lassen, die noch ganz anders flangen als: Lernen Sie 1"

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sondere Versuche zu begründen unternommen. Eriksson hat sich I Der junge Chef tourde rot, biß fich auf die Lippen und drehta durch seine Forschungen über den Getreideroft längst einen Namen frampfhaft an den sechs Härchen unter der Nafe: gemacht. Nachdem de Barh die wunderbare Entdeckung gemacht uns nicht, Herr Kämmrich." hatte, daß dieser Pilz verschiedene Formen von Sporen erzeugt, die Nein." Der Alte richtete die Brille auf ihn. ihren Wirt teilweise wechseln, hat Eriksson gezeigt, daß es sehr ber- einen Rat geben? Lernen Sie!" schiedene Getreidepilze gibt, die sich auch in ihrer Lebensweise von einander bedeutend unterscheiden. Bekanntlich verbringen einige dieser Rostpilze, die dem Getreide so schädlich sind, eine Zeit ihres Lebens auf der Berberize und auf der Ochsenzunge. Von da über­tragen fie fich auf das Getreide, und umgekehrt werden fie von diesem auf jene Pflanzen übertragen. Die Rostpilze entwideln verschiedene Arten von Sporen, im Frühjahr sogenannte Acidien, die auf der Berberige und der Ochsenzunge zur Entwidelung gelangen, dann ferner sogenannte Sommer- und Wintersporen. Bei einigen Rost­arten fönnen sich nun aber merkwürdigerweise vie Wintersporen nicht übertragen und die anderen Sporen sterben bereits ab, ehe fie saa Getreide infizieren. Diese Erscheinung brachte Eriksson auf den Gedanken, daß die Rostpilze überhaupt nicht durch Sporen auf das Getreide übertragen werden, sonderen daß in gewissen Sorten von Roggen, Weizen usw. sich der Pilzstoff erblich erhalte. Er dränge in die Zellen ein und fein Plasma vermische sich mit dem Zellplasma, um im Juli fich abzusondern und als parajitischer Pilz die Bellen anzugreifen. Diese Meinung die sogenannte Mytoplasma­Theorie steht so ganz und gar zu allen bisherigen Anschauungen über die Entstehung und Vermehrung der Organismen in Wider­spruch, daß Eriksson nicht viel Anhänger fand. Jüngst ist der Forscher nun mit neuen Veröffentlichungen hervorgetreten, in denen er den positiven Nachweis über die Entwidelung besonders des Gelb roftes des Weizens zu führen versucht hat. Borher hatte er nur Pflanzen auf sterilisiertem Boden unter Glasverschluß gezogen, und es war an ihnen trotzdem der Gelbrost aufgetreten. Jetzt hat er alles Gewebe der Weizenpflanzen selbst untersucht und in ihnen vor Anfang Juli auch nicht eine Spur von Bilzmycel gefunden. Doch hat er in manchen Zellen jogenanntes dides Plasma gefunden, und in ihnen vermutei er eine innige Vermischung mit dem Pilzstoff, dem Mytoplasma. Später im Juli hat er dann in den Pflanzen, die Zellen mit diesem Plasma erhielten, Bilzmycel gefunden. Dasselbe lag in den Intercellularräumen und besaß noch keine feste Struktur, feine Membra, feine Zwischenwände und keine Kerne. Erst später entwidelte es sich zu einem fernhaltigen Körper, der sich in Zellen Ich will nicht untersuchen, wer den größten Teil der Schuld gliederte und die Bellen der Wirtspflanze angriff. Obwohl Eriksson trägt. Wir können das dahingestellt sein lassen. Jedenfalls habe feine Untersuchungen mit viel Sorgfalt geführt hat, so kann feine ich mich jetzt erinnert, daß Sie meinem Vater lange Jahre treu ge Meinung immerhin noch nicht als völlig gesichert gelten. Aber inter - bient haben. Ich möchte nun doch nicht undankbar erscheinen. Kurz: effant ist sie auf jeden Fall. Wir würden hier die Entstehung eines ließe die Geschichte fich nicht wieder einrenten?" Organismus aus dem noch fernlofen, völlig indifferenten Plasma Die Brille richtete sich scharf auf ihn:" Ihre gute Absicht bor uns haben. Bisher hat man noch nie die Entwidelung eines Wesens aus einer fernlosen Belle beobachtet. Ja, im Kern sieht man den wichtigsten Träger der Vererbungssubstanz. Bei der Entstehung des Gelbroftes aus dem Mykoplasma wäre also eine noch niedrigere Stufe der Entwickelung zu konstatieren. Woher das Mykoplasma nun aber kommt, und wie die Belle solchen Pilzstoff aufnehmen fann, das bleibt noch ein Rätsel. Die Zukunft muß zeigen, ob Erikssons Theorie nur ein Irrtum oder der Anfang eines tieferen Ein blides in die Entstehung des Lebens war.

Kleines feuilleton.

tg. Feurige Kohlen. Er hatte just ein paar Monate den Ein­jährigen" hinter fich, als der Alte starb und ihm das große Ge­schäft hinterließ. Das Geschäft und einen Geschäftsführer, der die Dinge seit zwanzig Jahren in der Hand hatte, mit ihnen gewachsen war und fie sozusagen im Schlaf beherrschte. Nicht nur die Dinge, auch die Menschen kannte er. Bußte, daß sie keine Sachen waren, die sich nach Laune hin- und herschieben ließen, sondern den Zweck sehen mußten, dem sie dienen sollten, wurde ihnen etwas angeordnet. Mit ruhiger Hand leitete der Weißbärtige alles. Und es griff in­einander wie ein gutes Uhrwerk.

Bande!"

Dann zog er wie das leibhaftige Donnerwetter durch die Arbeitssäle und entlud seinen Groll. Das gab Konflitte. Man lachte über ihn und wurde lässig, sobald er den Rücken gedreht. Unluft und Verwirrung griffen Platz.

Und eines Tages gestand sich Stauder junior, daß er dem Ruin zutreibe, wenn hier nicht wieder eine erfahrene Hand eingriffe. Er fämpfte lange mit feiner Eitelkeit. Aber endlich brannte es ihm so stark auf den Nägeln, daß es tein Vesinnen mehr gab. Er schickte zu kämmrich. Der tam und wartete schweigend, bis der Chef das erste Wort gefunden. Das dauerte ein Weilchen. Endlich kam es doch. Wir sind da eigentlich etwas turz auseinander gekommen, Herr Kämmrich." Allerdings."

genügt mir."

H

Wie? Sie wollen nicht?"

" Nein. Dankbarkeit reicht da nicht aus, wo absolutes Vertrauen notwendig ist."

Ich denke, es ist Vertrauen genug, wenn ich Ihnen die Stellung Stauders Stirn rötete sich.

von neuem anbiete.

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Mir ist es nicht genug. Und da unsere Anschauungen so sehe weit auseinandergehen...

Stander winkte heftig: Ach, lassen Sie doch die Anschauungen1" Rämmrich zuckte die Achseln: Wir verstehen uns, wies scheint, auch heute nicht. Es käme doch alles darauf an, ob das Geschäft nach Ihren oder meinen Grundsägen verwaltet werden soll. Jeden­falls wünsche ich nicht, daß Sie aus Dankbarkeit die Vorteile Ihrer Methode opfern."

Stauder griff sich in den Kragen. Es würgte ihn. Unerhört!" murmelte er. Also, ich bin im Begriff, feurige Kohlen auf Ihr Haupt zu sammeln

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Ein Herzhaftes Lachen unterbrach ihn: Feurige Kohlen?" " Jawohl Feurige Kohlen!" Stauder junior tat sehr verblüfft: Ist das zum Lachen, Herr Kämmrich?"

Bedeutend!" Er blidte ihn amüsiert an. Sie haben wirklich nichts gelernt, Herr Stauder. Aber feurige Kohlen, nein, die sollen Sie nicht auf mein Haupt sammeln!" Er griff lachend zum Hut. Ich nehme also von Ihrer Dankbarkeit Notiz und empfehle mich!"

Der Chef saß getnidt auf seinem Stuhl: Aber hören Sie..... Kämmrich hatte die Tür schon in der Hand und sagte, noch Der alte Chef stand sich gut dabei und ließ ihn gebedürftiges Alter 1" immer lachend: Nein, nein. Bedenken Sie auch mein ruhe währen. Der junge Herr rümpfte die Nase: Es muß mehr Zug hinein, Herr Kämnrich, mehr Zug! Keine Schneid ist in der Sch size bis über die Ohren drin!" Das Klang wie ein Verzweiflungs. Rämmrich! Ich mache Pleite, wenn Sie nicht wiederkommen! Bande?" Der alte kämmrich sah ihn merkwürdig über die schrei Brillengläser an. Der Weißbart fehrte um: Sehn Sie, Herr Stauder, das war " Na ja, mein Gott!" Eine ärgerliche Handbewegung. Dann ein echter Ton! Das hätten Sie gleich fagen sollen. Aber mit ein ironisches Geficht und schneidende Betonung: Also: die Ihren feurigen Kohlen durften Sie nicht kommen!" Herren tun so, als wären sie zum Vergnügen da! Und ich habe da eine andere Anschauung.

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Theater.

Kämmrich rüdte an seiner Brille und sagte gelassen: Wenn Trianon- Theater. Das Abenteuer des Herrn Malezieug. Sie einmal die Bilanzen nachschlagen wollten, Herr Stauder? Komödie in einem Aft von A. Picard. Die Brieftasche. Es würde sich, glaube ich, herausstellen, daß hier immerhin auch ein wenig gearbeitet wird."

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Auch, ja! Aber eben nicht so, wie es möglich ist. Man kann aus einem Ader soviel ernten und man kann soviel ernten je nachdem." Und man fann Raubbau treiben!" Die Stimme des Weiß­barts zitterte.

Komödie in einem Aft bon Ottave Mirbeau. Ein pein licher Zwischenfall. Komödie in zwei Bildern von Andrå de Lorbe und Masson- Forestier. Oftave Mirbeau ges hört zu den Novellisten und Dramatikern, deren Werke ein Bewußt sein von der Infamie des Bestehenden," ein ursprüngliches unb starkes Empfinden des Widersinns unserer sozialen Verhältnisse und der schamlofen Moralheuchelei, mit der die offizielle Gesellschaft fid