jetzt Andrea, schwereren noch Anton, der Esel. Denn einSchlitten war nicht vorhanden; das Wägelchen mutzte durchdie Flockenschicht, in die es tiefe Spuren grub.Oft brachte das Mädchen den Winter bis in die Stubemit. Weiße Sternchen lagen auf dem schwarzen Haar. Weißwar es draußen, soweit man durch das trübe Fenster, dessenRahmen mit Moos verstopft war, sehen konnte. Ein schwarzerFleck, zog manchmal eine Krähe gegen die ungeheure weißeFläche. Ter Wind, der einen zweiten Schneefall von denBäumen trieb, hinderte ihren Flug, daß sie schräg gegen ihnsteuern mußte und langsam nur vorwärts kam.Es gab für alle drei Arbeit in Hülle und Fülle. Und fürein paar weitere Wochen noch war der neue Tischler mit Auf-trägen versorgt. Das machte ihn vergnügt. Zwar, nach achtArbeitstagen fühlte er sich unlustig, brummte und lief stunden-lang durch die Wälder, aber Frost und Hunger trieben ihnheim. Er nahm die alte Beschäftigung wieder auf und sagte:„Der warme Ofen wird mein Freund. Ich glaube, dasWandern schmeckt nicht mehr."Abends saßen sie beisammen. Dann erzählte er vonseinen Fahrten und Abenteuern. In großen Städten war ergewesen, wo hunderttausend Menschen wohnten. Er sprachdavon cft, seit er gemerkt hatte, daß die beiden Frauen, dienicht weiter als bis zum nächsten Städtchen gekommen waren,ihm mit offenem Munde zuhörten. Wie groß da die Häuserseien; daß dort mächtige Wagen ohne Pferde durch dieStraßen liefen; daß keiner den anderen kenne.Mit scheuer Bewunderung hing die Alte an seinen Lippen.Auch Andrea bekam Ehrfurcht.„Ihr habt so viel gesehen,"sprach sie.„So viel Wunder. Es muß Euch hier schlimm er-scheinen im Dorfe."Er schüttelte den Kopf.„Pani Andrea", erwiderte er,direkt zu ihr gewandt,„der Wunder in den großen Städtensind viel. Ich jedoch ging einst einen Weg und legte mich insKorn schlafen. Es war noch jung und klein— gerade daß esmich verdeckte. Vier Wochen später kam ich denselben Wegnno legte mich in dasselbe Korn. Da waren die Nehren so hochüber mir. lind ich dachte so allerlei, Gutes und Schlechtes,auch an die Wunder der Stadt. Aber mir kam so der Gedanke:siehe, nun sind die Aehrerr so hoch... gewachsen wie die Kinder,.. kein Mensch tut etwas dazu. Die Wunder in der Stadt—die quälen sich die Menschen heraus. Tie Wunder im Dorftut Gott. Ich weiß nicht, ob Ihr mich versteht."Die Mutter fing an zu lachen.„Seltsam sind dieMenschen, Ihr jedoch unter ihnen am meisten. Das Kornwächst. Warum sollte es nicht wachsen? Wo ist dasWunder da?"Er wurde rot.„Wenn man so wandert, immer allein,immer Wald, Feld, Wiese— da denkt man dann so dumm.Andere aber lachen."Andrea hatte lange geschwiegen. Da sah sie seinen gleich-sam hülfesuchenden Blick.„Ein Wunder ist es wohl," sprachsie,„wenn man es tief bedenkt. Doch es muß einer da sein,der mit dem Finger darauf zeigt."Sie behielt weiter keine Erinnenmg an diesen Abend.Nur wenn es der Zufall einmal wollte, dachte sie:„Dumm istder Tischler nicht." Und es geschah, daß sie ihn manchmalfragte.—Immer geringer war unterdessen der Holzvorrat ge-worden, den der selige Pan Falk im Herbst gesammelt und ein-gekarrt hatte. Wenn man nicht frieren wollte, mußte man andie Arbeit.„Ich gehe schon," meinte Markus Kabat leichthin undreckte sich.„Wer stark ist, braucht kein Pferd zum Ziehen.Nur bin ick» nicht so bekannt..."„Andrea wird Euch führen." erwiderte die Alte.So zog denn der Tischler die Karre ans der Holzkammer.Born hingen noch die Gurte daran zum Ziehen. Die schöneAndrea warf auch ein Beil dazu. Die Stange zum Abbrechender Zweige war cm sicherer Stelle im Walde versteckt. Nurden eisernen Haken zum Aufsehen nahm sie mit.(Fortsetzung folgt.);kleines f cirillcton.Je. Schiller in seiner Häuslichkeit. Schillers äußeres Leben, dieZufälligkeiten seiner alltäglichen Gewohnheiten und Neigungen, sindwenig mit dem Bilde seines Wesens verknüpft. Wir find gewohnt,uns Schiller als den idealen Geist vorzustellen, der in Aether-regionen überirdischer Begeisterung schwebt«, der den BedürfnUendes Leibes, den Dingen des Haushaltens und des Wirtschaftcns un-endlich fern stand, unter dessen Füßen im wesenlosen Scheine dieWelt des Realen und Praktischen lag. Doch schon die Veröfsent»lichung seiner Geschäftsbriefe", die Goedccke herausgab, belehrteeines anderen und zeigte, wie gewandt und vorsorglich Schillerseinen Vorteil wahrzunehmen wußte, und ebenso ist auch in seinemganzen Leben eine gewisse Aufmerksamkeit den ihn umgebendenDingen, den leiblichen Genüssen gegenüber, zu verspüren, derenKenntnis dem ziemlich blassen und unirdischen Jdealbilde, das manaligemein von Schiller hat, erst Lebenswärme und eine gewisse farbig«Sinnlichkeit verleiht. Darum ist es besonders dankenswert, daß inder Hochflut der Schiller-Literatur, die sein hundertster Todestagheraufbeschwört, auch dieses wichtige Moment, das uns den Men-schen Schiller nahebringt, berücksichtigt wird. In einem Buche„Schiller. Intimes aus seinem Leben" von Ernst Müller, find dieauf seine Arbeilsweise, seine Nahrung, seine Kleidung, seine Woh-nung bezüglichen Stellen übersichtlich zusammengestellt. Auch hierfällt das planvolle, energische und eigenwillig gewaltige Formen dereigenen Natur auf, das Schillers Persönlichkeit ihren heroischen Zugverleiht.Schiller war selbst um seine Möbelstücke und Sachen recht be-sorgt und schrieb noch im August 1804 an seine Frau:„Die Kinder»stube ist jetzt recht komfortabel, und auch das Schlafzimmer daran.Zu dem harten Sofa lasse ich aus Pferdehaarkissen, die ich noch vor-rätig hatte, eine neue gute Matratze machen, zwei eichene Komodenund zwei neue eichene Tische hineinsetzen, die anderen schlecht kon-ditioniertcn Tische von Buchenholz werden neu fourniert und gebeizt.Ein recht schönes Nachttischchen von Mahagoni steht schon für Dich be-reit und auch noch ein kleines Tectischchen mit einem lackiertenBlech. Die Sofa- und Stuhlklappen aus den guten Zimmernlasse ich waschen, wie auch die Vorhänge aus diesen vorderen Stu-bcn, die ich nun für mich nehmen werde." Vor allem aber durch ge-wisse eigenwillige und besondere Einzelheiten sucht er sich eine ganzkünstliche Stimmung hervorzurufen und den Eindruck des Unwirk-liehen und Besonderen bervorzubringen. So hatte er in seinem Zim-mer karnwisinrote Vorhänge angebracht, die ihm im Kerzenscheineder Nacht ein heimliches glühendes Leben vorzauberten und derengesteigerte tieft und volle Färbung seine Phantasie belebte. Es warja überhaupt sein Leben so eingerichtet, daß die Nacht die eigentlicheZeit seines Schaffens und seines wahren Lebens war. Bis in denNachmittag hinein schlief er, dann ging er Wohl einmal spazieren oderschrieb Briese.„Die Abende", so erzählte sein Sohn Karl,„brachtenwir, wenn nicht Freunde zugegen waren, auf des Vaters Arbeits-zimmcr zu, während er aß; da er selten zu Mittag wegen des spätenAufstehens aß, verband er das Mittag- und Abendessen gewöhn-lich." Dafür saß der Dichter dann bis über die Mitternacht hinausan seinem Schreibtisch: später zwangen ihn seine krampjhaften An-fälle, die bei Tage häufiger austraten, die nächtlichen Ruhepausen nochhäufiger zu Hülfe zu nehmen. Doch lag ihm die Vorliebe für dasNachtarbeiten tief im Blute, wie jene Mannheimer Geschichte be-weist, da er die Fensterläden zuschloß, Kerzen anzündet« und sich sozu seinem Dichten eine künstliche Nacht herrichtete. Eine solch künst-liche Stimulanz waren auch die faulen Aepfel, deren süßlicher Geruchihn erregte und seine Fähigkeiten steigerte. Auf Goethe, dessen Ar-beitsweise ja in allem der Schillers entgegengesetzt war, wirkte dieLust von Schillers Arbeitszimmer wie Gift und brachte ihn einerOhnmacht nahe. Auch von Tabakspfeife und Schnupftabaksdosetrennte sich Schiller beim Arbeiten nicht, überhaupt war er ein starkerRaucher und Schnupfer, und wir haben uns den Dichter des„Tell"mit einem steten Schnupftabakssleck unter der Nase vorzustellen. ZurErzeugung dichterischer Stimmungen diente ihm völlige Einsamkeit,wie er sie in seinem Jenaer Gartenhaus, im Ethersburger Schloßoder in Tiefurt fand; auch leise Musik im Nebenzimmer, die seineVisionen mit Klängen und Rhythmen belebte. Irgend welche L-piri-tuoscn trank er nie bei seiner Arbeit. Aber sonst war er kein Feindeines guten GlaseS Wein, und seine Bestellungen bei dem Wein-Händler Zapf in Jena, sowie die Eintragungen seiner nicht unbe-deutenden Weinvorräte in seinem Kalender sind noch erhalten. Nacheiner Haushaltungsnotiz von 1802 brauchte er jährlich für Zucker,Kaffee und Tee ca. 80 Taler, für Wein dagegen ca. 160 Taler.Auch in seiner Kleidung war er einer gewissen Eleganz und Gewählt-heit nicht abgeneigt; in der Uniform als Regimentschirurg sah erfreilich höchst unglücklich und komisch auS, auch später noch zwang dieNot seines Lebens ihn manchmal zu schlechter Kleidung, wie er dennin Dresden stets in einem dürftigen grauen Nock ging. Doch weisenseine Kalcndcraufzeichnungcn später immerhin einen kleinen Luxusauf. So schätzte er selbst den Wert seiner Kleider aus?E> Taler.An Hosen hatte er: 3 schwarzseidenc, I Paar schwarze Tuchhose»,2 Paar manchesterne, 1 Paar grüne, b Paar Nanling, 2 Paarschwarze Zcughosen und 1 Paar lederne Hosen, dann besaß er 20Westen, 10 Röcke, unter denen auch ein Schlafrock und ein Puder»mantel nicht fehlten, 3 Hüte, 3 Mützen und einen Ehapeaubas-Hut;für seine Hände hatte er 1 Muff und 4 Paar Handschuhe. �An Wäschezeichnete seine Schwägerin Karoline auf:.2 Paar weißseidene und5 Paar bunlseidcne Strümpfe, 33 bunte und 14 weiße Schnupf-tücher, 37 Hemden, 3 ganze und 4 halbe Halstücher, 8 gewöhnlicheund 8 steife Halsbinden."—e. s.„Werkring". Unter diesem Namen ist eine Vereinigung vonArchitekten, Malern und Bildhauern zusammengetreten. Ihr gehörenAugust Endell, Grenander, Lederer, Möhring,