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1897 wurde in München der neue Stil in Szene gefekt. Es waren nur zwei kleine Zimmer, die die Künstler fertig gebracht hatten, und die Bresse, die sie um eine Notiz ersuchten, wies sie ver­ächtlich zurüd. 14 Tage darauf, nach Eröffnung, stürmten sie den Künstlern das Haus, tamen in die dürftigen Ateliers, Zeitschriften wurden gegründet, Bücher über den neuen Stil geschrieben, jeder er­gründete dies Problem. Und wir selbst, so führt Endell . aus, wußten gar nichts davon und hatten nur unsere beiden kleinen Zimmerchen!

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Stichling, Stövingu. a. an. Der Zived ist, eine Verbindung als in der Hauptstation. Bum größten Teile gehören biese Verbrecher" awischen Künstlern und Publikum herzustellen, um so die mannig- der Negerrasse an, hin und wieder aber sieht man auch einen Weißen faltigen Bestrebungen der modernen dekorativen Kunst in geregelte darunter. Ein höherer Gefängnisbeamter, der von verschiedenen Bahnen zu leiten. Zu diesem Zweck sollen Vorträge gehalten werden. Polizisten unterstützt wird, führt die Oberaufsicht über die Ges Und zwar von den Künstlern selbst, die über Richtung und Art ihrer fangenen. Diese Polizeibeamten sind meistenteils Leute, die in Arbeiten Zeugnis ablegen werden. So hielt Endell , der Architekt des ihrer Heimat den besseren" besseren" Kreisen angehören und im Wolzogentheaters, im Architektenhaus einen flaren und interessanten goldenen Afrika " wirtschaftlichen Schiffbruch erlitten. In der Vortrag, der frei war von aller Phrase. Es lag etwas wie Stim- Regel bekleiden diese Leute solchen Bosten nur so lange, bis mung über der Versammlung, etwas zwanglos- Künstlerisches. sie Land und Leute kennen gelernt und auf auf solche Weise Einiges Wichtige sei aus dem Vortrag herausgehoben. festen Fuß gefaßt haben. Merkwürdig ist es nun, welch Vereinigung für Haus- und Wohnungslunst nennt sich der neue großes Interesse diese Verbrecher", welche die Bourgeoisblätter Verein im Untertitel. Mit Absicht wurden große Worte, wie und böse Bungen gelegentlich ihrer Verurteilung als lichtscheues, " Dekorative Kunst"," Baukunft" usw. vermieden. Es kommt nicht arbeitsscheues, faules Gesindel bezeichneten, an ihrer Arbeit auf das Bauen und Arbeiten an was Sache des Künstlers ist nehmen. Zurzeit 8. B., als die Reblaus epidemisch auftrat, sondern auf die Bequemlichkeit des Bewohners, auf das Haufen und arbeiteten fie mit solcher Hingebung, fie befolgten die erteilten Ju Wohnen. Daher Haus- und Wohnungskunst. struktionen mit solcher Genauigkeit, daß es in der Tat nur ihrer aufopfernden Arbeit zu verdanken war, wenn dieser Pflanzen­schädling ausgerottet wurde, ehe er größeres Unheil anrichten fonnte. Zur Anerkennung fürzte die Regierung zahlreichen Verbrechern ihre ihre Strafzeit; aber merkwürdigerweise fand diese Belohnung feine Gegenliebe bei den Begnadigten". Sie waren mit der humanen Behandlung und mit der abwechslungs­reichen, eine gewisse Intelligenz erfordernden Arbeit auf den Obst­farmen so zufrieden, daß fie lieber hier bleiben wollten und fich fürchteten, in die goldene Freiheit" des öffentlichen bürgerlichen Lebens zurückzukehren. Sie wußten, daß sie harte Arbeit und entehrende Behandlung zu erwarten hatten, wenn sie ihre Arbeitskraft als freie Männer" in der privatkapitalistischen Wirt schaft an irgend einen Unternehmer verkaufen n.' H. Sie baten deshalb, daß man ihnen erlauben möchte, re Zeit lange die Sonne scheint. Das ist im Sommer 14, im Winte 11 Stunden. Dabei ist die Arbeit leichter, als wenn die Vers brecher" als" freie" Männer ihre Arbeitskraft an irgend einen Frucht farmer verkauft hätten. Niemand treibt diese Leute in irgend welcher Weise, und feiner kommandiert, daß so und so viel in einem Tage geschafft werden muß. Alles was man verlangt, ist gute, d. h. zweckmäßige Arbeit; deshalb arbeitet jeder dieser Berbrecher" mit Liebe und Hingebung. Außerdem ist auch die Belöstigung dieser Leute weit besser, als sie Tausende von Ar beitern in der goldenen Freiheit der wirtschaftlichen Unterdrückung fich leisten können. Nur einmal brachte die Beköftigungsweise Un­zufriedenheit unter den Leuten zum Durchbruch. Auf der Tokais Farm weigerten sich die Verbrecher" nämlich, mehr denn zweimal wöchentlich Fisch zu essen, und legten gemeinsam die Arbeit nieder. Wohl wurden die Anführer dieser Revolte" dadurch bestraft, daß man sie wieder ins Buchthaus in Kapstadt brachte, und die anderen nahmen die Arbeit wieder auf, aber andererseits beschämten diese Berbrecher" durch ihren Mannesmut und ihr Selbstbewußtsein all die ungezählten Tausende von Obst- und sonstigen Gärtnergehülfen, die in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft nur zu oft unter den nur ein einziges Mal den Versuch zu machen, ihre Fesseln abzu entwürdigendften Ellavenverhältnissen dahinvegetieren, ohne auch schütteln, frei zu arbeiten, frei zu denken, frei zu leben. Eat geschieht es nur selten, daß ein Verbrecher von den Regierungs­In der Obstfarmen ausrückt.

Was unsere Zeit von früheren Zeiten unterscheidet, das ist der Großbetrieb. Dieser richtet sich gegen die Kunst. Aber nur im An­fang. Der Fabrikant sieht natürlich auf Verdienst. Der Muster­zeichner liefert was und wie es verlangt wird. Die ganze Arbeit wird zerstüdelt und zerteilt. Es fehlt die Liebe, die früher aus den Hleinsten Dingen sprach, da ein Einzelner das ganze Stüd fertigte abzufigen. Die Arbeitszeit ist dort sehr einfach; man arbeitet, so und daher immer das Ganze überfah. Es muß also wieder jemand hier eintreten, der das Ganze übersieht, der neue Anregungen gibt, der die Bedürfnisse des Publikums kennt und diese zweckentsprechend gestaltet. Das ist naturgemäß der Künstler, der unabhängig arbeitet, der nicht in den Betrieb fest eintritt. Er, der sich fortdauernd mit der Welt der Formen beschäftigt, ist kompetent für die Lösung dieser Fragen. Endell lam dann auf die Akademie zu sprechen, die Pflanzstätte der Unfähigkeit, die zum Diebstahl verleitet. All diese teuren Werte über Architektur und Kunstgewerbe dienen nur dazu, dem Unfähigen Material zu verschaffen, dessen er sich bedient. Er flettert herum an den Gejimjen alter, berühmter Bauten, um mit dem Zentimetermaß das Vorbild zu übertragen. Gerade wer die alten Zeiten kennt, hat viel zu viel Ehrfurcht vor ihren Werken, ihrer Kunst. Wir leben heute in einer so wesentlich anderen Zeit, daß wir einfach ge­zwungen sind, unsere eigenen Wege zu wandeln. Mag unsere Kunst albern, lindisch sein, aber sie muß unser eigen sein. Jede Beit hat ihre Kunst, in der sie sich ausspricht.

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Wir haben keinen Stil so wird uns überall entgegenge­halten unsere Zeit fann keinen haben. Das gilt es erst zu be weisen. Wenn wir die alten Stile ansehen, ihr Wachsen erftredt sich über Jahrhunderte. Freilich, in Kunstgeschichten werden sie als fertig behandelt und auf ein paar Seiten abgemacht. Wie soll uns schon unsere Zeit als fertig erscheinen? Wir haben nur zu arbeiten. Das Urteil fällt die Nachwelt. Gerade das historische Betrachten der lebendigen Gegenwart trübt alle Gegenwartsfreude. Es gilt, Arbei­ten zu schaffen, denen man die Freude am Wert, am Schaffen an­fieht, Werke, die uns entsprechen.

Es soll also gewissermaßen eine Bentrale geschaffen werden, die die von Kunsthändlern ausgebeuteten Moden in vernünftige Bahnen lenten will. Wie schlimm diese modische Ausbeutung fchon um sich griff, weiß jeder, der nur einigermaßen einen Blick hier hinein tat. Dennoch fonnte man sich einer mißtrauischen Erwägung nicht berschließen, als der Vortragende nun zu einer Besichtigung der aus­gestellten Arbeiten einlud. Was nottut, das ist das zielbewußte, einheitliche Durchgeftalten. Was man aber sah, das waren eben Ar­beiten einer Reihe von Künstlern, die sich vielleicht zusammengetan hatten, um beffer operieren zu können. Es gilt, das Einfache, Not­wendige zu suchen. An allerlei mehr oder minder geschmackvollen, mehr oder minder kostbaren Arbeiten haben wir genug. Die Laune und die Willkür feiert hier ihre Orgien. Dagegen einen Damm auf­zurichten, wäre ein Verdienst. Vielleicht kommt das in den späteren Ausstellungen zum Ausdrud.-

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Natur aus zu schlecht ist, als Mensch zu leben, im Gegenteil, unter So beweisen diese Verbrecher- Dbstplantagen, daß keiner von veränderten und verbesserten wirtschaftlichen Verhältnissen alle, die da Menschenantlig tragen, ganz gleich welcher Farbe, nützliche Mit glieder der Gesellschaft sein könnten.

Kulturgeschichtliches.

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a. Sabbathordnungen. Die Obrigkeit fühlte sich früher noch weit mehr wie heutzutage berufen, in bas bürgerliche Leben mit Verordnungen und Vorschriften einzugreifen und die Bevölkerung auf Schritt und Tritt zu bevormunden. Ganz besonders interessierte fich die Hochwohllöbliche für das Seelenheil der Bewohner und fuchte sie zivangsweise zum Besuch des Gottesdienstes anzu halten. In Dortmund zum Beispiel mußten noch 1765 bie Brediger alle diejenigen, welche den Gottesdienst und das Abendmahl versäumten, dem Nate zur Bestrafung anzeigen, worauf der Nat dann unter Umständen mit Gefängnis gegen die gemeldeten Sünden­tümmel vorging. Vor allen Dingen erregte es den Zorn des Rates und der Pfaffen, daß die Bürger Sonntags Auslauffen", d. h. viel lieber vor dem Tore spazieren gehen, als die muffige Kirchenluft ka. Einen interessanten Beitrag zur Beurteilung des Verbrechers" atmen wollten. Daher verordnete er 1734 ergrimmt:" Inmassen liefert das instruktive Buch des Genossen A. G. Grant Inter - dann auch keiner, der am Sonntag feinen Privatgeschäften mit Ver nationaler Obstbau und der Weltmarkt"( Verlag von Fr. Meyer- säumung des Gottesdienstes nachgehen will, ausgelaffen( b. h. zur Eilbet, Preis 2 M.). In der Kaptolonie hat die Regierung Stadt hinaus) werden soll, er habe denn zuvörderft derohalb Pro­Dbftfarmen angelegt, die in ihrer Art ganz einzig dastehen. Sie mission und Erlaubniß erlanget. Wie denn auch alle werden nämlich ausschließlich durch Leute bewirtschaftet, welche mahl unter denn sonn und fehertäglichen Hauptpredigten die heutige Gesellschaft Verbrecher" nennt. Ein wohl- und Gottesdienst bon 8 bis 10 Uhren die Stadt Thore geschulter, erfahrener Dbergärtner führt bie Oberaufsicht versperrt gehalten, am Sonntag Nachmittag aber dies bei der Arbeit in diesen Etablissements. Die Verbrecher" selben des reisenden Mannes halber zwaren nicht versperrt, jedoch werden bon dem Bredwater- Buchthaus in Kapstadt nach unter der Nachmittagspredigt keiner von Einheimischen, ohne spezial den einzelnen Farmen abgeschickt. Es find das alles solche Erlaubniß, ausgelassen werden solle." So mußten denn die Bürger Leute, die zu längeren Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Aber Dortmunds des Sonntags in der Stadt wie in einem Käfige figen, bloß solche Verbrecher", die fich während eines Teiles ihres Bucht bloß weil die frische Luft das Mudertum störte. Natürlich durfte hauslebens ordentlich" betragen haben und deren Strafzeit im Ab- auch niemand während des Vor- oder Nachmittags- Gottesdienstes in Laufen begriffen ist, werden nach solchen Straffarmen verschickt, da die Kneipe laufen. Wirt und Gäste werden beim Erwischen mit die Gelegenheit zum Ausreißen hier biel größer und günstiger ist, 12 Goldgulden für jeden Fall bestraft. Mit 2 Goldgulden