Rolle unter den MtertumSforschungen der Priester und Mönche ge- spielt haben. Verschiedene Kirchen und Klöster erhoben den Anspruch, etwas von diesen 3c> Silberlingen im Original zu besitzen. Man betrachtete sie als römische Münzen, die man fälschlich Denare nannte, fälschlich, denn der Evangelist Matthäus , der allein eine genauere Angabe über die Art der dem Judas vom Shnedrium gegebenen Geldstücke macht, bezeichnet sie einfach als 30 Stücke Silber, ohne zu sagen, ob diese Silberlinge griechische, römische oder jüdische Münzen waren. Einer der besten zeitgenössischen Ausleger der Evangelisten hat dann die Ansicht geäußert, daß diese 30 Münzen aus dem Tempelschatz doch wohl jüdische gewesen sein müssen wegen des damaligen Hasses gegen die römische oder griechische Vorherrschaft. Alsdann wären die 30 Silberlinge des Judas sogenannte Seckel mit dem Namen des Herodes gewesen oder nach ältere Münzen ähnlicher Art, die unter der Regierung des Hohenpriesters Simon Maccabäus oder seiner Nachfolger geschlagen waren. Wie dem auch sei, die Silbermünzen, die in den verschiedenen Kirchen- und Kloster- schätzen als die ursprünglichen Silberlinge des JudaS aufbewahrt wurden, waren weder hebräische noch rönnsche Münzen, obgleich sie als Denare bezeichnet wurden. Man weiß jetzt, daß sie aus der Insel Rhodos stammten und auf der einen Seite den meist von Strahlen umgebenen Kopf des Sonnengottes Helios trugm. Dieser Gott wurde auf Rhodos als Apollo ganz besonders verehrt, und auch der berühmte Koloß von Rhodos , eines der sieben Weltwunder, zwischen dessen Riesenbeinen die Schiffe in den Hafen von Rhodos einsiihren, war eine Darstellung dieses Gottes. Auf der Rückseite trugen diese schönen Münzen eine Rose am Stiel. Uebrigens hat man auch eingehende Untersuchungen an« gestellt, um de» Wert der von JudaS erhaltenen Münzen zu ermitteln und ist zu dem Schluß gekommen, daß der Wert dieser Summe sich auf höchstens 100 M. belaufen haben könne. Vielleicht hat die Inschrift auf jenen Münzen Rodion noch zu einer Verwechselung mit Erodion(herodisch) und damit zu einer Deutung auf Herodes Ver- anlassung gegeben. Unter den Kirchen und Klöstern, die früher einige von den berühmten Silberlingen zu besitzen glaubten, befanden sich die Abtei von St. Denis, das Haus der Malteser in Paris und die Kapelle der Komturei mit je einem Stück; zwei sollten sich in Florenz , in der Kirche des Heiligen Kreuzes und der Kirche der Annunziata, befinden; ein weiteres in der von Vincennes , eins in der Sakristei von Oviedo (Spanien ), eins im Kloster der Visitantinnen in Aix de Provence usw. Im Schatz der Kathedrale von SenS hütete man lange eine sehr merkwürdige und mit seltsamen Schriftzeichen besetzte Silbermiinze als einen der 30 Denare des Judas , bis von Sachverständigen fest« gestellt wurde, daß das Silberstück eine ziemlich abgenutzte arabische Münze war. Uebrigens haben die Mißdeutungen der mittelalterlichen Priester und Mönche das Gute gehabt, daß sie zur Erhaltung vieler Altertümer beigetragen haben, die sonst vielleicht als wertlos mißachtet und verloren gegangen wären.— fc. Auf der Suche nach Tierriescn der Borzeit. Aus London wird berichtet: Ueber die Aufsuchung von Knochen fossiler Tiere in den Weststaaten Nordamerikas machte Dr. W. I. Holland , der Direktor des Carnegie-Jnstttuts in Pittsburg , in der Londoner Geologischen Gesellschaft interessante Mitteilungen. Bis vor ganz kurzer Zeit noch war dies ein gefährliches Unternehmen für die Forscher, denn die Jndianerstämme beschritten gegen sie den Kriegspfad, so daß sie unter militärischem Schlitz arbeiten mußten. Die Jagdgründe liegen auf den Ostabhängen der Rocky Mountains , in einer ziemlich unfruchtbaren Gegend von Wyoming und um die tauptgewässer von Kolorado herum. Die Ueberreste der iere, deren Heimat hier war, sind meist gut erhalten und aus dem nachgiebigen Boden leicht herauszuziehen. Das Land, in dem sie lebten, war ganz anders gestaltet als heute. Nicht lange vorher er- streckte sich ein langer Meeresarm nordwärts zwischen den AlleghanieS und der jetzigen Lage der Rocky Mountains : aber an seiner Stelle bildete sich in Wyoming ein großer See oder mehrere Seen. Da- mals war die Regenmenge größer, der Pflanzenwuchs üppiger und es gab eine zahlreiche Tierwelt. Zum Teil waren es seltsame Ge« schöpfe. Die Vögel begannen sich erst zu entwickeln. ES war die Zeit der kleinen Säugettere und der Riesenrepttlien. Dinosaurier gab es fast in der ganzen Welt, von Amerika durch Europa nach Indien , Australien und Südafrika . Einige waren Fleischfresser, also wahrscheinlich ein Schrecken der schwachen Säugettere jener Zeit: andere dagegen waren Pflanzenfresser. Unter den letzteren findet man die allergrößten Tiere. Das Britische Museum besaß bisher viele Knochen und unvollkommene Skelette beider Arten; soeben hat es auch ein vollkommenes Skelett eines Riesentieres aus Wyoming er- halten. Der Diplodocus gehört einer Unterabteilung der Dinosaurier, Sauropoden genannt, an, von denen die meisten außer- ordentlich groß wurden. Der Diplodocus mutz über 4 Meter hoch gewesen und von vier starken Beinen getragen worden sein(die Hinteren waren etwas höher), die in Füßen mit fünf Klauen endeten. Da die beiden äußeren Zehen deutlich kleiner als die inneren waren, muß das Tier einwärts gegangen sein. Hals und Kopf sind etwa 8 Meter lang, der Kopf ist merkwürdig klein, kaum größer als der eines Alligators oder Krokodils, mit dünnen schwachen Zähnen. Der Schwanz macht fast die Hälfte des ganzen Tieres aus und wird allmählich dünner: die lochen der letzten zehn oder elf Fuß find kaum dicker als der Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin.— Druck und Berlag: Finger eines Mannes. Merkwürdige Höhlen verringern das Gewicht der Wirbel, so daß das Tier sich wahrscheinlich im Wasser wohler als auf dem Lande gefühlt hat; seine schwachen Zähne waren nur für die saftigsten Pflanzen geeignet. Wahrscheinlich weidete das Tier den ganzen Tag von morgens bis abends am Rande der Seen: bald im Wasser, bald auf dem Lande, denn mit seinem langen Halse reichte es weit. Der gewalttge Schwanz weist darauf hin, daß es schwimmen konnte, aber die Bestimmung des peitschen- ähnlichen Endes ist rätselhaft. Er kann kaum gegen Feinde ver« wendet worden sein; die beste Methode, einen solchen zu bewältigen, muß für das Tier gewesen sein, sich auf ihn zu setzen. Mit ihrem großen Körper und den schwachen Zähnen waren die Tiere auf eine ganz besondere Gegend angewiesen: klimattsche oder physikalische Veränderungen, die ihren Nährpflanzen verhängnisvoll wurden, wirkten ebenso schnell auf sie selbst vernichtend.— tt. Erdpyramide» und Büßerschuee. Unter Erdphramiden der- steht man hohe schlanke, kegel- oder säulenförmige Erdgebilde, die z. B. in Südttrol bei Bozen eine Höhe von 30— 3S Meter erreichen. Man denkt sich ihre Entstehung folgendermaßen: Ein aus weichem Material, namentlich Gletscherichutt, bestehendes Terrain wird durch den aufschlagenden Regen an seiner Oberfläche aufgelockert und die abgelösten Erdmassen werden von dem abfließenden Waffer fort- getragen. Auf diese Weise würde aber das Terrain nach und nach gleichmäßig von oben her abgetragen Iverden, wenn eS nicht hier und da mit Steinblöcken besät wäre, welche die Kraft des Regens an den von ihnen beschützten Stellen brächen. Die mit einem Block besetzten Stellen werden sich also intakt erhalten, sie werden, während die Denudation des Terrains fortschreitet, als immer höher aufragende Säulen oder Pyramiden stehen bleiben. Neuer- dings hat aber S. Günther in den Sitzungsbenchten der Münchener Akademie der Wiffenschaften die Meinung vertteten, daß zwar nicht der Schutz durch Steine, aber ein anderes Moment für die Entstehung von Erdpyramiden unerläßlich sei: eine weiche Erdschicht über einer andern härteren. Und erst wenn durch den Regen und das ablaufende Wasser die obere Ablagerung in eine Menge isolierter Horste zerlegt worden ist, zwischen denen die harte Schicht allenthalben bloßgelegt ist, kann das Wasser weiterhin die isolierten Horste in eine Menge von zackenartigen Spitzen zerschneiden, die aber immer noch auf einer gemeinsamen Basis stehen. Zunächst bildet das Regenwaffer, indem es nach zwei Seiten hin von den Erdhorsten abfließt, diese zu kleinen Bergkämmen um und erst diese werden dann durch die Erosion des Waffers in ein System von dicht nebeneinander stehenden Zacken, Erdphramiden, zerschnitten. Die Bildung ist der des sogenannten BügerschneeS analog. Unter Büßerschnee versteht man lange Reihen von Eis- kegeln, die in ihrer steifen Ruhe einer Prozession von Bußbrüdern gleichen. Sie bilden sich nur in den südamerikanischen Kordilleren. Der Wind treibt eine Menge Schnee zusammen, der in seiner dichten Aufhäufung zu Eis zusammengedrückt wird. Der Regen im Frühling und Winter löst diese weite EiSablagerung in einzelne Eishorste auf. während er sie an den Zwischen- stellen ganz hinwegräumt. Diese einzelnen Horste werden nun von der Sonne, die den Schnee teilweise zum Schmelzen bringt, in eine Reihe von Zacken zerschnitten. Das Gemeinsame bei der Bildung des BllßerschneeS und der Erdpyramiden liegt also darin, daß eine lockere wenig widerstandsfähige Schicht über einer härteren Ablagerung in einzelne isolierte Kämme zerlegt wird. Erst nachdem dies geschehen, können die erodierenden Faktoren, hier die Sonne, dort der Regen, die Kämme in einen Trupp von spitzen Zacken zerteilen.— Notizen. — Bon Eduard MörikeS gesammelten Schriften wird Anfang Juli im Verlag G. I. Göschen-Leipzig eine billige Volksausgabe erscheinen.— — Die Direktton des Harzer Bergtheaters veranstaltet während der Pfingstfeiertage Aufführungen im Bergtheater bei Thale und zwar:„Die Laune des Verliebten ' von Goethe,„Die Nachbarn' von Jmmermann(Uraufführung).„Münchhausens Liebeswunder', Komödie von E. Böttger(Uraufführung). Die Vorstellungen finden nachmittags V25 und abends V28 Uhr statt.— — Rechnet man die noch wenig erschlossenen nördlichen und süd- lichen Polarzonen ab, so sind bisher auf der ganzen Erde etwa 6 vom Hundert der zugänglichen Landflächen trigonometrisch vermessen. Betrachtet man die gemessenen Flächenräume im einzelnen, so steht Europa an erster Stelle, von dem, Rußland eingeschlossen, ungefähr 40 v. H. vermessen sind. Läßt man Rußland fort, so steigt diese VerhältniSzahl für die übrigen europäischen Länder auf etwa 30 v. H. Die Flächenvermessung der Vereinigten Staaten von Nordamerika beträgt ü b. H., die Mexikos 1, diejenige Asiens 4, Australiens 2, Afrikas 2,5 und Südamerikas nur 0,03 v. H.— — Bei dem engeren Wettbewerb für das K i n k e l d e n k m a l zu Oberkassel bei Bonn hat Bildhauer Ruths in Düffeldorf den ersten Preis erhallen. Auch die Ausführung wurde ihm über« tragen.— — Original-Kunstblätter zum Preise von 1 M. erscheinen demnächst im Verlage von B. G. Teubner in Leipzig.— Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSaiistall Paul Singer S-Co..Berlin S W,
Ausgabe
22 (11.5.1905) 91
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