öffnet zu ebener Erde eine Kammee und nimmt die Flinte vom Nagel neben der Tür. Der Hund, der in der Ecke geschlafen hat, erhebt sich lautlos und folgt seinem Herrn, der nun mit großen Schritten dem Walde zusteigt. Sein Schatten zeichnet sich hager und seltsam aus den Platten des Weges ab... Bevor er im dichten Holz verschwindet, dreht er sich um und sendet einen schallenden Juchzer zurück, der allenthalben ein Echo weckt. Das stille Dorf horcht auf und schweigt. Dann taucht der Jäger in die Waldnacht unter. ... Oben in den Legsöhren unter den Felsen nistet der Auer- hahn.., »« Hand in Hand huschen'zwei Menschen durch stille Felder. Das Herz klopft ihnen bis zum Halse hinauf, und trocken ist der Mund vom langen Harren. Ich danke Dir, daß Du gekommen bist," flüstert er leise und neigt sich zu seinem Mädchen. Du, Du... warum sahst Du mich so glühend an?" Weil ich Dich sengend verzehren möchte." Warum legst Du Deinen Arm nicht um meine Hüfte?... Ich bin so müde..." Hier ist ein Stein,,. wir wollen uns setzen." Es ist so einsam... alles schläft... sieh, wie der Mond scheint..." Jetzt sieht uns niemand... nur für uns steht jetzt die Welt ... nur für uns... wir zwei, wir schreiten einsam durch leuchtende Weiten... das ist das Paradies." Aber der Mond und der silberne Himmel und die Berge ringsum?" Komm, schließe die Augen und lege Dein Haupt an meine Brust... nur für uns steht jetzt die Welt..." O, ich liebe Dich..." Und sie sinkt zitternd in seine Arme. Ucber der Mendel wetterleuchtet es, und der Mond macht ein geheimnisvolles Gesicht. Licht und Duft strömen über das Land. Die Häuser schlafen. Siehe," spricht flehend das Mädchen,dort in den Häusern ruhen die Menschen... und wenn sie erwachen, so werden sie mit den Fingern auf mich zeigen." Nein, nein l Nichts gibt es mehr auf Erden außer uns." Schweigend halten sie sich umschlungen. In blonden Locken wühlt das silberne Licht des Mondes. Der Mond geht seinen Weg. Sein schalkhaftes Antlitz leuchtet in stille Kammern hinein, in denen die Schläfer träumen. Die Spitze des Kirchturmschattens gleitet langsam über die weißen Mauern des Pfarrhofes. Alle Lichter im Dorfe sind er- loschen. Nur die rote Ampel unter dem Bilde der schmerzensreichen Jungfrau Maria an der Kirchhofmauer glüht still durch die Sommer- nacht. Von der Alpe kommt ein frischer Wind herunter, der in die armdicken Wasserstrahlen der Brunnen fährt und sie lustig zerzaust. Die Wolkenbank über dem langen Zug der Mendel hat sich emporgetürmt. Im Osten steigt hinter dunklen Bergen.graufahles Licht heraus. In Sankt Valentin krähen die Hähne. In den Ställen regt es sich polternd. Im Walde hoch oben fällt ein Schuß, der langsam verrollt... Ein grauer Morgen steigt herauf, mit roten Streifen, die breit Uber den Himmel ziehen. (Nachdruck verboten.) Lütticbcr Meltausstellung. Lüttich  , 8. Juni 1905. I. Die Behauptung, die Welt sei ausstellungsmüde, gilt nicht für Belgien  . Der kleine belgische Staat, der trotz seines geringen Flächen- raumes und seiner sich nur auf sieben Millionen Köpfe belaufenden Bevölkerung zu den bedeutendsten Industrie- und Handelsländern Europas   zählt, hat in kurzem Zeitraum drei große internationale Ausfüllungen abgehalten: 1894 in Antwerpen  , 1897 in Brüssel   und in diesem Jahre in der altertümlichen Bischossstadt an der Maas   und Ourthe  , in Lüttich  . Kaum hatten sich im Spätherbst 1397 die Pforten der Brüsseler Weltausstellung geschlossen, als auch schon in der bel- gischen Handelspresse der Plan auftauchte, im Jahre 1905 eine neue Weltausstellung auf belgischem Boden abzuhalten, die in noch stärkerem Maße, als die eben geschlossene, der Welt in einem inter  - nationalen Wettstreit zeige, was Belgiens   hochentwickelte Industrie zu leisten vermöge. Zur Motivierung des Projektes wurde angeführt, daß Belgien   im Jahre 1905 das 75jährige Jubiläum seiner nationalen Unabhängigkeit feiere. Im August 1830 sei es gewesen. als Belgiens   große Städte, voran Brüssel  , sich gegen die holländische Herrschast empört, die einrückende niederländische Armee zurück- geworfen und Belgien  » staatliche Selbständigkeit erklärt hätten. Nicht besser könne diese Belgiens   Geschick entscheidendenationale" Revo- lution gefeiert werden, als durch eine große Ausstellung, die dem Lande Gelegenheit gäbe, zu zeigen, was es wirtschaftlich in den drei Vierteljahrhunderten seiner nationalen Unabhängigkeit erreicht habe. Das Projekt fand Zustimmung; nur die Frage, in welcher Stadt die Ausstellung stattfinden solle, machte Schwierigkeiten. Die meisten hielten Brüssel   für die geeignetste Ausstellungsstadt, doch wußte Lüttich  ihr bald den Rang abzulaufen. Die Stadtgemeinde bewilligte IS Millionen Frank, ein Lütticher   Komitee sammelte einen Garantie- fonds von weiteren 11 Millionen Frank, und nachdem sich auch eine Reihe Großindustrieller für Lüttich   entschieden hatten, entschloß sich der belgische Staat ebenfalls zu einer Beisteuer von 6 Millionen Frank. Die finanzielle Grundlage war gesichert; dennoch stieß Lüttich  nicht nur im westlichen Belgien  , sondern noch mehr im Auslande auf starkes Mißtrauen. Was vermag, hieß es, Lüttich   gegenüber Städten wie Paris  , St. Louis und Chicago   zu bieten Lüttich  , diese Pro» vinzialstadt mit noch nicht 200 000 Einwohnern. Doch man hatte nicht mit dem Konkurrenzstreit unter den europäischen   Industrie­staaten gerechnet. Nachdem die belgischen Großindustriellen, nament- lich die großen Eisen- und Maschinengesellschaften, sich zur Beschickung der Ausstellung entschlossen hatten, glaubten die großen nordfranzö- sischen und Pariser   Firmen nicht zurückbleiben zu dürfen, und diesen konnte wieder die rheinisch-westfälische Kohlen-, Eisen- und Maschinen» industrie mit ihrem beträchtlichen Export nach Belgien   und Holland  nicht gut das Kampffeld überlassen. Eine Anmeldung folgte der an, deren. Die Maße der projektierten Ausstellungshallen erwiesen sich als zu klein und mußten vergrößert werden. Immer mehr dehnte und strckte sich die im Süden Lüttichs  , an den Ufern der Maas   und Ourthe emporwachsende Ausstellungsstadt. Allerdings mit der letzten großen Pariser   Ausstellung kann es die Lütticher   nicht aufnehmen. selbst das Ausstellungsterrain der 1839er Pariser Weltausstellung war noch um ein weniges größer; aber immerhin kann Lüttich   sich sehen lassen. Seine große Jndustriehalle bedeckt eine Fläche von 2% Hektar, seine Riesenmaschinenhalle VM 3 Hektar und seine gesamten Ausstellungsgebäude ohne die Häuser von Alt-Lüttich, die Restaurants und Vergnügungslokalitäten eme Fläche von 12 Hektar. 31 Nationen haben sich zum Wettstreit eingefunden, darunter fast sämtliche Länder Europas   mit Ausnahme Portugals  , Norwegens   und Dänemarks  . Leidet ist die Ausstellung noch immer nicht fertig; sicher werden, bis die letzten Baugerüste verschwunden, die letzten Schutthaufen entfernt sind, noch vier, fünf Wochen, bielleicht auch noch sieben oder acht, verstreichen. Besonders im Vcnnes-Viertel, dem industriellen Hauptquartier, sieht es zu beiden Siten der großen Maschinenhallen am Ourthe  - und St. Vincentquai noch recht wüst aus. Die dort von verschiedenen großen deutschen, französischen und belgischen Industrie» gesellschaften, vornehmlich der Eisen- und Stahlbranche, für ihre Spezialarisstellungen erbauten Hallen und Pavillons sind sämtlich noch nicht fertig. Auf den schwankenden Gerüsten stehen pseifend und singend die Stukkateure und Maler, aus dem Inneren dringt das Gekreisch der Säge und der schwere Hammerschlag der Eisen- arbeiter hervor, während draußen auf den von der Nordbahn hierher gelegten Schienensträngen mit zugedeckten Maschinen bepackte LowrieS halten und zwischen ihnen hindurch sich neue Züge mit ankommenden Ausstellungsgütern winden. Das Ganze sieht weit mehr nach dem Bauhof einer großen Eisenbahnkonstruktionswerkstätte als nach einem Ausstcllungsplatze aus. Auch in anderen Teilen der Ausstellung wird noch gebaut, und selbst in der Hauptindustriehalle findet man neben völlig fertigen Abteilungen solche, in denen zwischen auf» getürmten Kisten noch Zimmerer und Tischler arbeiten. Die Lütticher   lebensfrohe Bevölkerung, die sich in der Aus- stellung tummelt, stört diese Unfertigkeit recht wenig. Sie betrachtet ihreExposition" vom Standpunkt des Amüsements und betritt jene TeiE der Ausstellung wenig oder gar nicht, sondern hält sich cm die vielen Vergnügungen, die den Besuchern geboten werden. Die Fremden, vornehmlich die aus weiter Ferne hergekommenen Aus- steller, machen hingegen verdrießliche Gesichter und spotten über die Nonchalance und die Energielosigkeit der Ausstellungsleitung. Nach meinen Beobachtungen nicht ohne eine gewisse Berechtigung. Es soll zugestanlxn werden, daß die Herrichtung des Terrains, die den Bau mehrerer großer Brücken nötig machte, viel« Zeit in Anspruch ge- nommen und den Beginn anderer Arbeiten verzögert hat; aber die meiste Schuld trägt doch das liebe Phlegma, das bequeme Prinzip Morgen ist auch noch ein Tag". Das zeigt sich deutlich darin, daß manche der Rasenplätze und Blumenbeete erst vor«inigen wenigen Wochen angelegt worden sind und sich erst jetzt die grünen Hälmchen schüchtern aus dem gelben Boden hervorstehlen; ja an einzelnen Stellen beginnt man erst mit dem Umgraben und Einsetzen der Pflänzchen, und zwar auch heute noch, obgleich schon sechs Wochen seit der Ausstellnngseröffnung verstrichen sind, in vollster Gcmäch» lichkeit. Auf Flächen, zu deren schneller Hcrrichtung mindestens zehn. zwölf Mann erforderlich wären, arbeiten gemütlich zwei, drei, die sich auch nicht übermäßig anstrengen. Dagegen möchte ich als einen Vorzug der Lütticher   Ausstellung rühmen, daß man das Prinzip der Kolossalität, das Prinzip, durch eine wuchtige Monumentalität und gigantische Formen zu imponieren. für das die französische   Kunstkritik den treffenden Ausdruck elcpbanc« cke I'art, Kunst-ElephantiSmus, erfunden hat, meist aufgegeben und vorgezogen hat, statt schwerfälliger Riesengebäude mehrere kleinere,