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sich dem landschaftlichen Charakter des Ausstellungsgeländes an­passende Bauten herzustellen. Nur die Maschinenhalle gleicht einen Riesenschuppen mit Bahnhofshallen, die Front de großer Industrie halle, die an beiden Seiten in schlanken Uhrtürmen ausläuft ist gut gegliedert und würde den Eindruck eines hübschen französischer Kunst palastes machen, wenn man nicht, der sogenannten impojanten Wirkung wegen, dem Gebäude eine große Portalhalle mit mächtigem Hufeisenförmigen Triumphbogen und einem die Seitenflügel um das doppelte überragenden hohen Turmbiered vorgebau hätte. Ich bin deshalb auch geneigt, anzunehmen, daß man das Prinzip der Koloffal­wirtung nicht aus eigenem Antrieb verlassen hat, sondern einem Zwange folgte. Das Ausstellungsterrain besteht nämlich nicht aus einer großen einförmigen Fläche. Es jetzt sich aus mehreren vor der Maas  , der Ourthe   und dem Ourthekanal gebildeten Halbinselt oder richtiger Landzungen zusammen, die durch breite schöne, zum Teil erst neuerbaute Brücken verbunden sind. Diese Zersplitterung des Geländes wie die Rücksichtnahme auf den alten Baumbestand des zwischen der Maas   und Ourthe   gelegenen Teiles der Ausstellung, zu dem man den Jardin d'Acclimatation und den öffentlichen Bart Lüttichs   hinzugezogen hat, nötigte die Architekten, mochter fie wollen oder nicht, auf imposante Massenwirkungen ziemlich zu verzichten. Eigentlich besteht die Ausstellung aus vier in sich abgeschlossenen Quartieren. Lints der Moas  , im Süden Lüttichs  , südwestlich von den Champs des Oiseaug, erstreckt sich das Fragnée- Biertel der Aus stellung, die Vergnügungsabteilung mit dem Wurstelprater, dem Theater und den sonstigen Attractions  ", wie der Lütticher   die Schau­stellungen nennt. Mit ihm durch eine breite Brücke verbunden, liegt auf einer durch die Maas   und Ourthe   gebildeten dreieckiger Halbinsel das Quartier du Vieux- Liège", das Alt- Lütticher Biertel. Eine zweite, fleinere Brücke führt hinüber zur Hauptabteilung der Aus­stellung, dem Vennes- Viertel, mit der großen Industriehalle, der Majchinenhalle, verschiedenen Pavillons für die Ingenieurkunst, Eisenkonstruktion, Marmorindustrie usw., sowie mit der französischen  Agrikultur- und der Festhalle. und von diesem Teil wieder führt eine dritte breite Brücke zu dem von der Maas   und der kanalisierten Durthe eingeschlossenen, schon erwähnte. parfartigen Boverie- Viertel, das neben den beiden Kunstpalästen die Pavillons der fleineren europäischen   Einzelstaaten sowie der französischen   Kolonien in Afrika  und Asien   enthält. Cau   hat die Eigenart des Geländes manchen großen Vorteil, so doch auch manchen gewissen Nachteil, der vornehmlich von den Fremden, die sich die Ausstellung mal ansehen" und nur einen oder zwei Tage in Lüttich   bleiben wollen, recht sehr empfunden wird: der Rundgang durch die Ausstellung, das, was man hier faire la tour de l'exposition" nennt, erfordert natürlich bei dieser Zerrissen­heit des Terrains weit mehr Zeit, als wenn alle Hauptgebäude nahe beieinander lägen. Indes allzu tragisch darf man diesen ..Uebelstand" nicht nehmen, denn es fahren zwei elektrische Linien quer durch die Ausstellung bis nahe vor die Haupthalle, ferner mehrere Automobile auf Schienen, und schließlich fann, wer seinen Geldbeutel nicht au schonen braucht, sich auch noch das Vergnügen leisten, sich von den Gondolieren auf den verschiedenen das Gelände durchziehenden Flußläufen nach den wichtigsten Sehenswürdigkeiten binrudern zu lassen. Andererseits aber ermöglicht diese Wahl des Ausstellungsplatzes, daß man von den beiden Hauptbahnhöfen Lüttichs  , der Station der Guillemins und der Station der Longdoh die nächstgelegenen Eingänge zur Ausstellung bequem zu Fuß in 12 bis 15 Minuten zu erreichen vermag, wenn man nicht vorzieht, die elektrische Bahn zu benutzen.

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heute schon recht hoch bauen, um tief in die Erde dringen zu können der Internationalen Bohrgesellschaft zu Erkelenz.  Trübselig und refigniert, als fühle er sich in seiner Würde hoch über derartige Firlefanzereien erhaben, schaut er auf das lustige Jahrmarkts= treiben zu seinen Füßen herab. Hinter ihm liegt das große Restau­rant der Münchener   Hackerbrauerei, mit Alpendekorationen Tyroler Sängern und" echten" Münchener   Kellnerinnen mir scheinen es allerdings der Aussprache nach zum Teil Desterreicherinnen zu sein. Das Restaurant findet nicht nur von seiten der Deutschen  , sondern auch der Lütticher   guten Zuspruch, die lieber Munich  " trinken, als ihre muffigen, zum Teil schwefelgelben Biere. Es ist denn auch alles nach Lütticher   Sitte zugeschnitten, selbst die Speise­tarten sind im Küchenfranzösisch abgefaßt zum Leidwesen so mancher deutschen   hungriger Seele, die bier Erquickung sucht. Neben mir am Tisch saß gestern ein gemütlicher Sachse. Tiefsinnig schaute er auf die Speisekarte, rief die Kellnerin und meinte verdrießlich: Hären Se, fönnen Se mers nicht übersehen, das is doch keen deitsch. Was heeßt Mouton?" Aufgebracht über diese Zumutung sah ihn das Mädel geringschäßig an: Woas woah i, Mouton is vom Hammel. Effens halt Mouton oder a Gulasch. Ueber die hier mehr als 200 Meter breite Maas   führt die vom Ingenieur Demanh nach dem Modell des Pariser Pont d'Alexandre erbaute neue Fragnée- Brücke( mit ihren schlanken Säulen eine der schönsten Brücken, die ich gesehen habe) zu dem Quartier von Alt- Lüttich. Von der das tief unten liegende Flußbett in drei großen Bogen überspannenden Brücke bietet sich ein wundervoller Ausblick auf Lüttich   und die es umgebenden bewaldeten Höhenzüge. Unten stoßen Maas   und Ourthe zusammen, zwischen ihnen auf einer langgestreckten Landzunge die prächtigen Baumgruppen des Jardin d'Acclimatation und des Park Bublic. Etwas mehr links, am anderen Ufer der Maas  , dehnt sich die Häusermasse des alten Lüttichs, aus der sich gleich grünen Oasen mehrere Baumpartien erheben, fern am Horizont überragt von den die Zitadelle tragenden Höhenzügen des Chevremont.

Alt- Lüttich besteht aus dem alten Marktplatz der Stadt. Die alte während der französisch  - belgischen Revolutionsfämpfe zerstörte St. Lamberts- Kathedrale ist genau nach den vorhandenen Zeichnungen wiederhergestellt, und ebenso find die meisten den Marktplatz um­schließenden Gebäude, darunter das alte Lütticher   Rathaus aus dem 15. Jahrhundert, genau den alten Originalen nachgebildet- durch­weg ganz vorzüglich, keine der gewöhnlichen Theaterdekorationen, wie ich sie auf früheren Ausstellungen sah. Im ganzen enthält der Marktplatz und die beiden fleiner angrenzenden Nebenstraßen etwa siebzig Häuser, in deren unteren Räumen meist Bier- und Wein­schänken oder Läden untergebracht sind. Sie haben in den Wochen­tagen wenig zu tun, denn für den Besuch Alt- Lüttichs wird ein Extra- Eintrittsgeld erhoben und außerdem ist es, wenn sich auch einige der Schänken sogen. Cabarets" und andere Unterhaltungen zugelegt haben, doch im Wurstelprater weit lustiger.

Der Weg führt über die Fetinne- Brüde. zum Festplatz mit der großen Industrie- und Handeishalle und der Festhalle. Das Portal der Industriehalle ist, wie ich schon erwähnte, viel zu schwer. Auf einem mächtigen, wohl fünfzig Fuß hohen Torbogen erhebt sich ein zweistödiges Turmbiered mit Galerie und Weltkugeln tragenden Ecksäulen, auf denen mit ausgebreiteten Armen weibliche unertenn­bare Gestalten balanzieren, wahrscheinlich Friedensgöttinnen oder dergleichen. Trotzdem würde sich das Gebäude beffer präsentieren, hätte man den prächtig am Ourthe gelegenen Festplat freigelassen und nur mit Gartenanlagen und vielleicht einem oder zwei Musik­Der Haupteingang liegt nahe bei der erstgenannten tempeln geschmückt. Stati dessen hat man auf dem Play vier größere Station. Rechts bon ihm erhebt sich der Pavillon für Restaurants, den Musiffiost, sechs fleinere Pavillons, das Gebäude Jagd und rstwirtschaft, links die die einfache Halle für für die französische   Agrikulturausstellung und noch einige Ver­Belgiens Landwirtschaft und Gartenbau. Die Halle ist taufsbuden usw. untergebracht und ferner, um für diese Ueberfülle fertig, die intere Einrichtung noch nicht; nur etwa ein Drittel Platz zu gewinnen, das einfache, schöne, im Stile Ludwigs XV. des inneren Raumes tanr vom Publikum besichtigt werden. In den erbaute Festpalais so nahe an die Industriehalle herangerückt, daß anderen Teilen arbeiten noch die Handwerker. Auch die neben der es deren linten Seitenflügel halb verdeckt. Halle erbauten Warenhäuser sind noch nicht fertig. Durch einen breiten, an beiden Seiten mit Gartenanlagen verzierten Bromenaden weg gelangt man auf eine Terrasse am linker. Maasufer. Hinter den Anlagen liegt der Wurstelprater mit Panoramen, Wasser- und Bergrutschbahn, Gondel- Karussell, Wurstbuden, Konditoreien, Kaffee und Teepavillons usi.: das alte Inventar jeder größeren Ausstellung. Rechts auf der Terrasse erhebt sich, seine Längsseite dem Maasufer zugekehrt, der Ausstellungs- Theater, ein düsterer, trobiger Bau mit Türmen, Binnen und großer Bugbrüde, der Tupus einer jener alten Raubritterburgen der Ardennen, deren Ruinen noch heute die Höhen des Ourthe  - und Amblewatals schmüden. Die Burg ist von dem Lütticher   Universitätsprofessor Jules Sauvenière erbaut, der darin auf einer Riesenbühne sein großes Ritter- und Voltsausstattungsstüd aus Lüttichs   Vergangenheit, Der Eber der Ardennen" genannt, aufführen läßt. Rings um die Burg, meist mit der Rückseite an diese geklebt, liegen eine Reihe altlütticher Häuser und Hütten, als suchten sie Schuß unter den Binnen der Burg gegen feindliche Ueberfälle. Sie dienen meist dem edlen Zwecke, die Ausstellungsbesucher mit Bier und Wein zu versorgen. An und für sich ist die alten Originalen nachgebildete Burg Größere, reicher beschickte Ausstellungen hat es schon gegeben, nicht häßlich, läge sie in waldiger, bergiger Gegend, sie würde sicher als die Lütticher  ; ob aber auch anmutigere, das möchte ich be lich von vielen hübsch und romantisch gefunden werden; in dem zweifeln. Das Gelände ist einzig; schade nur, daß es noch Wochen Getriebe des Wurstelpraters macht sie aber einen sonderbaren Ein- dauern wird, bis endlich alles fertig ist. bruck. Und dasselbe gilt von dem hohen Bohrturme man muß Heinrich Cunow  . Verantwortl. Redakteur: Franz Rehbein  , Berlin.- Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.

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An dem französischen   Ausstellungsgebäude für die Nahrungs­mittelindustrie vorbei führt eine breite Brücke über die Ourthe zum partartigen Boverieviertel, das in mancher Hinsicht an den schönen Treptower Part erinnert, nur ist es noch weit wasserreicher. Es enthält am Ourthe  - Ufer entlang das im spätgothischen Stil aus­geführte Lütticher   Haus, das dem alten Lütticher   Rathaus aus dem 15. Jahrhundert nachgebildete Palais der alten Künste, den Renaissancepalast Kanadas   und das anmutige, feine Balais der neuen Künste: eine vergrößerte Nachbildung der bekannten von Ludwig XIV.   in St. Cloud errichteten Bagatelle", die nach Be­endigung der Ausstellung nicht abgebrochen wird, sondern als Kunst palast stehen bleiben soll. Außerdem enthält der Boveriepark noch die größtenteils inmitten prächtiger Baumgruppen am Maasufer gelegenen serbischen, montenegrinischen, bulgarischen, algerischen und funesischen Pavillons, den französisch- afrikanischen Balaft im marottanischen Stil mit der französischen   Kolonialausstellung, den Frauenpalast mit Erzeugnissen weiblicher Hand- und Kunstfertigkeit, den asiatischen Pavillon und natürlich eine Anzahl Bier­restaurants, Cafés und Weinstuben.

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