Kitften. Mit dieser harten, in sich vertrockneten und grüble- rischen Natur war das Leben eine fast unerträgliche Gedulds- probe gewesen. Und als dann ganz spät noch mit Marie Luise ihm das Glück zu erblühen schien, da hatte die Krankheit ihn überfallen... Während das Dunkel ihn umgab, lagen Ver- gangenheit und Zukunft gleichmäßig düster da, und eine solche Traurigkeit bemächtigte sich seiner, als hätte es nie eine helle Stunde gegeben. Die Uhr schlug sechs. Schon vor einer Viertelstunde hätte Marie Luise zurückkommen können. Er schellte, ließ im Wohn- zimmer Licht anzünden und das Feuer frisch anfachen, dann kehrte er in das Zimmer seiner Frau zurück und blickte auf die Straße. Hin und wieder schritten Gestalten durch den fahlen Laternenschein auf dem Schnee, ohne daß er sie in dem Grau des Nebels deutlich erkennen konnte. Die Zeit verstrich. Wäh- rend seine Unruhe wuchs, dachte er an ihren Verkehr mit Grabaus. Solange Marie Luise um ihn war, lag ihr Inneres bis auf den tiefsten Grund durchsichtig vor ihm, und auch ohne ihre Worte empfand er, wie sie zu dem Freunde stand. Jetzt aber, wo sie fort war, ergriff ihn wieder die dumpfe Angst. Und wenn er auch fühlte, daß es ihr unmöglich sei, mehr zu sagen, als sie gesagt hatte, nahm er sich doch vor, eine offene Aussprache herbeizuführen. Pläne tauchten ihm auf, wie er dieser unheilvollen Freundschaft ein Ende machen könnte. Wohl sagte ihm eine Stimme, daß, indem er das Band, das die beiden innerlich verknüpfte, äußerlich zerriß, er keine Lösung herbeiführte, daß nur sie allein aus eigener Kraft sich frei machen könnt». Trotzdem befessigte sich sein Vorsatz immer mehr. Er wollte mit ihr verreisen. Während er ihr in Ge- danken diesen Vorschlag machte, hörte er sie widersprechen. Und dadurch ereiferte er sich erst recht. Mit dürren Worten sagte er ihr, daß der Verkehr mit Grabaus kein gutes Ende nchnien würde, daß er als Ehemann ihn nicht mehr dulden könnte. Das reine Bild Marie Luisens verdunkelte sich in ihm, nahm fremde und häßliche Züge an. Da hörte er plötzlich die Haustür schlagen und vernahm gleich darauf die Schritte seiner Frau aus dem Flur. Und schon das Gefühl ihrer Nähe beruhigte ihn wunderbar. Doch anstatt wie sonst hereinzukommen, eilte sie die Treppe hinauf, wohl um sich erst umzuziehen, ehe sie ihn begrüßte. Gespannt blickte er auf die Tür. Nach einer Weile vernahni er wieder ihre Schritte, erhob sich schon und lächelte in der Erwartung, daß sie jetzt eintreten würde. Da schlug die Haustür zum zweitenmal.--- Als eine Viertelstunde später Doktor Platen durch das Nebenzimmer hereinkam, blickte der Major mit verstörtem Ge- ficht aus dem Fenster, so in sich versunken, daß er das Kommen feines Bruders im ersten Augenblick gar nicht bemerkte. „Warum stehst Du denn hier im Dunkeln?" Der Major wandte sich um, besann sich und erwiderte: „Wir können ja hinübergehen." Er folgte seinem Bruder, der sich nach seiner Gewohnheit sogleich in den Lehnstuhl neben dem Kamin setzte, die Kniee hochgezogen, und mit verschränkten Händen seine Stirn zu streichen begann. Plötzlich hob er seinen Kopf hoch und fragte mit belegter, undeutlicher Stimme: „Du � weißt Du, wo Marie Luise steckt?" „Wo denn?" „Sie geht mit Doktor Grabaus spazieren." „Mit Grabaus— so?" Gewaltsam suchte der Major das Ohnmachtsge.uhl, das wie ein leichter Nebel in ihm aufstieg, zu überwinden. Er sagte sich, daß sie ja bald zurückkehren und dann alles auf- klären würde. „Paßt Dir das eigentlich, daß die beiden sich heimlich treffen?" Heimlich?— Bis jetzt hat Marie Luise immer gesagt, wenn sie Doktor Grabaus getroffen hat." „Und Du meinst, das wird sie auch jetzt tun?" «Ja, selbstverständlich." „Dann weißt Du vielleicht auch, daß der Doktor Grabaus die letzten Tage hier immer auf und ab patrouilliert ist— um sie zu treffen, natürlich." „Ist dos nicht ein Irrtum? Er könnte ja jeden Augen- blick hereinkommen. Er weiß doch, wie gern er hier gesehn ist." „Wahrscheinlich hat er seine Gründe." Wieso?" Da sprang Doktor Platen, dessen Haut über den vor- tpringenden Schläfenknochen dunkel gerötet war, auf und stieß mit einer Stimme, die vor Erregung nur noch heiseres Flüstern war, hervor: „Du— mach die Augen auf— sag ich Dir— und-- eh's zu spät ist." „Was soll das heißen?" „Verstehst Du's wirklich nicht?" lFortsetzung folgt.) (Nachdruck verboten.) Carboriiucllibemige für feuerungsanlagen Die Feuerungscm lagen für industrielle und gewerbliche Zwecke erfordern nur zu oft eine mehr oder minder umfassende Erneuerung des Ausklcidematerials, also der Ziegel, Schamottesteine usw. Diese Ausbesserungsarbeiten sind nicht nur darum sehr unerwünscht, weil sie Kosten verursachen, sondern sie haben vor allen Dingen den großen Uebelstand, daß sie die Außerbetriebsetzung der betreffenden Fcuerungseinrichtung bedingen. Ist die Verkleidung fertig gestellt, dann kann die ausgebesserte Anlage nach genügender Austrocknung wieder in Betrieb genommen werden. Da aber die kalten Wände erst wieder erwärmt werden müssen, so bedeutet jede Inbetriebnahme nach einer derartigen Reparatur eine ziemliche Aufwendung von Feuerungsmaterial, die namentlich bei großen Oefen sehr in die Wagschale der jährlichen Betriebsauslagen fällt. Da verdient nun ein Verfahren Beachtung, das für die Jnbe» triebhaltung aller Feuerungsanlagen wertvolle Erleichterungen schafft: die Ueberziehung der Feuerungsmaterialien und Apparate mit Carborund. Das Carborund verdanken wir bekanntlich dem Amerikaner Acheson , der es 1893 beim Zusammenschmelzet von Sand, Koks usw. im elektrischen Flammenbogen statt des von ihm ersehnten Materials: Diamant gewann. Diese Silicium-Kohlenstoffverbin» düng, die bei einer Temperatur von zirka 3390 Grad Celsius entsteht, schmilzt nicht und widersteht auch allen Säuren. Da man das Carborundpulver leicht mit verschiedenen Bindemitteln, z. B. Ton, Wasserglas usw. vermischen kann, so bietet das Auftragen des so ge- wonncnen Breies keine Schwierigkeiten. Bisher war die Ansicht weit verbreitet, daß im wesentlichen solches Material die erforderliche Gewähr für ausreichende Feuer- bcftändigkcit bietet, das gleichmäßig aus einer möglichst feuerfesten Masse hergestellt wird und so ein homogenes Produkt bildet. Es hat sich aber gezeigt, daß es auch genügt, wenn man weniger feuer» beständige Materialien mit einem schützenden Carborundüberzug versieht. Angestellte Versuche haben ergeben, daß carborundübcr» zogene Feucrungsanlagcn die besten bisher gebräuchlichen feuerfesten Materialien übertreffen. Die vielleicht auftauchende Annahme, daß nun aber die Herstellung dieser feuerfesten Carborundüberzüge be» sondere technische Schwierigkeiten bietet, ist nicht zutreffend. Das Ueberziehcn von Feuerungsanlagen und Materialien jeder Art ge» schieht in der Weise, daß Carborund mit einem der erwähnten Bindemittel zu einem Brei angerührt und nun solange verdünnt wird, bis die Masse syrupartig dick ist und sich noch gut streichen läßt. Erweist sich dieser Brei in besonderen Fällen als zu dick- flüssig, so setzt man vorsichtig Wasser zu, damit die Mischung nicht zu dünn ausfällt. Meist stellt man den Brei aus 7b Gewichts» teilen Carborund und Lb Gewichtsteilen Kieselwasserglas her. Nur in den Fällen, wo basische Schlacken oder basische Materialien zur Verwendung gelangen, wird man feuerfesten Ton als Bindemittel, und zwar im Verhältnis von 85 Gewichtsteilen Carborund und 15 Gewichtsteilen Ton, anlvenden. Der Brei muß gründlich durch- gerührt werden, damit sich das Bindemittel auch überall gehörig mit dem Carborund mischt, und dann das Ganze eine homogene Masse bildet. Auch während der Verarbeitung dieses Breies muß hin und wieder durchgerührt werden, damit sich nicht etwa das Carborund infolge seines höheren spezifischen Gewichtes am Boden des Gefäßes absetzt. Der Brei muß mit einem starkborstigen Pinsel aufgetragen, aber nicht auf dem Maurerwerk verrieben werden, also etwa wie Oelfarbe zur Verwendung kommen. Das Mauerwerk muß einigermaßen lufttrocken, namentlich mutz der Mörtel in den Fugen ziemlich trocken sein, weil sonst der Carborundüberzug infolge zu großer Danipfentwickelung beim Anheizen von den Fugen abspringt. Sind Anlagen noch nicht ge» nügend lufttrocken, so müssen solche, wie auch dickwandiges Mauer- werk und von einem eisernen Mantel umschlossenes feuerfestes Material zwecks Entfernung der Feuchtigkeit einige Stunden er» wärmt werden, erst dann, wenn die Erkaltung eingetreten ist, kann der Carborundüberzug aufgetragen werden. Die Erfahrung hat gelehrt, daß auch für die höchsten in der Fcuerungstechnik vorkommenden Hitzegrade ein Carborundüberzug von einem halben Millimeter Stärke genügt. Dazu braucht man pro Quadratmeter Fläche zirka 1,2 Kilo. Den fertigen Carborundüberzug läßt man während 24 Stunden trocknen und nimmt dann das Anfeuern langsam vor. Bei An- lagen, die starken mechanischen Einwirkungen ausgesetzt sind, soll, nachdem der Carborundanstrich aufgetragen ist, vor der Jnbetrieb»
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22 (15.6.1905) 114
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