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Aber es ist nicht die Geldfrage, die uns veranlaßte, Sie von bem bisher innegehabten Allahgnadentum zu entbinden. Und wir Haben eine viel zu große Hochachtung vor Ihren Leistungen, als daß wir Ihnen zumuten könnten, Ihre Lebensführung durch Verminderung der Lohnzahlung herabzusetzen. Wir wollen durchaus teine monarchische Schmußkonturrenz provozieren.
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Die Motive unserer Kündigung haben wir vielmehr uns erlaubt, Ihnen schon in dem früheren Briefe wahrheitsgemäß mitzuteilen. Gerade aus Ehrfurcht vor Ihnen haben wir das Verhältnis mit Ihnen lösen zu müssen geglaubt. Ein Volt ist entweder eine Gemeinschaft von Kulturmenschen, die nach vernünftigen Grundsätzen frei und selbständig zu handeln vermögen, die menschlich genug find, ihr Schicksal selbst zu lenten in diesem Falle ist ein absoluter Monarch ein Unding. Oder aber das Volt ist niedrig, slavisch, roh, unwissend und feig genug, um von einem einzelnen Menschen zu erwarten, daß er für es tue, was es selbst tun müßte, damn wäre es eine beleidigende Zumutung für Sie, sehr geehrte Majestät, ein solches Volk gegen Bezahlung regieren zu müssen, gleichsam mit der Barbarei des Volkes Wucher zu treiben. Gerade aus Hochachtung vor Ihnen durften wir Ihnen also nicht Länger eine Tätigkeit zumuten, deren einzige vernünftige Vorauss setzung zugleich die schwerste Ehrenkränkung für den bedeuten würde, der sie ausübt. Trifft aber die Voraussetzung, wie wir hoffen, für unser Volt nicht zu, so wäre Ihre Funktion eine sinnlose Ueber flüssigkeit.
Sie sehen also ein, daß der Respekt vor Ihnen uns schlechterdings verbietet, Beziehungen aufrecht zu erhalten, die entweder ein schimpfliches Getverbe oder eine leere Dekoration sein würden. Wenn Sie nun geltend machen, das allgemeine Gefühl der Massen bedürfe etwas wie mystischen Glanz, eine geheimnisvoll über ihnen strahlende Macht, so erlauben wir uns, diesem Einwand gegenüber zu bemerken, daß wir in dieser Hinsicht durch Allah und Sen Propheten genügend versorgt sind, die zudem den Vorzug haben, umsonst Mystik zu produzieren, wenn sich auch leider in ihrem Namen eine habgierige Dienerschaft besolden läßt.
Um Ihnen schließlich einen Beweis zu liefern, daß wir Ihre Person durchaus nicht kränken wollen, stellen wir Ihnen anheim, für die bevorstehende Besetzung des Präsidentenstuhles uns aus Ihren Söhnen, Enkeln, Neffen eine kleine Auswahl- und Ansichtssendung zur Verfügung zu stellen. Wir werden, wenn es irgend geht, uns Shrer, sehr geehrte Majestät, Zucht bedienen. Auch ein kluges Weib aus Ihrem Harem täme in Frage, da wir auch gern eine Präsidentin Ihre gefällige Gegenäußerung gern erwartend, verbleiben wir, sehr geehrte Majestät, Ihr gehorsamstes, allergetreuestes, Hochachtungsvoll ergebenstes türkisches Volt.
wählen.
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II.
Herrn Landgerichtsdirektor Brausebogel! Seit acht Wochen muß ich nun jeden Morgen ins Gericht wandern, um den ganzen Tag auf der Anklagebant zu fizen und mich, wie Sie es nennen, zu verantworten. Und warum? Ich habe in einem Artikel das Verbrechen als soziale Erscheinung be= handelt und habe insbesondere darauf hingewiesen, daß Einbruchsdiebstähle sich gegenwärtig deshalb so mehren, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse sich verschlechtert haben. Daraufhin hat der sehr verehrte Bürgermeister unseres Städtchens für unseren Nachtwächter Herrn Tutemal eine Anflage wegen Beleidigung gegen mich erwirkt. Ich soll durch den Artikel haben behaupten wollen, daß Herr Tutemal seine gesetz- und vorschriftsmäßige Aufsicht der Stadt bei nachtschlafender Zeit gröblich vernachlässigt habe; denn ohne Pflichtversäumnis sei es undenkbar das sei die dolose beleidigende Abficht meiner Ausführungen, daß sich die Einbruchsdiebstähle so vermehrt hätten.
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Werter Herr!
III.
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Die unterzeichneten 20 000 Arbeiter haben sich zu ihrem Bes dauern genötigt gesehen, Ihnen die Stellung als Unternehmer hiermit zu fündigen. Als wir das Verhältnis zu Ihnen zwangsweise antraten, wurde uns zur rechtlichen Begründung mitgeteilt, daß Sie kraft Ihrer Unternehmerintelligenz befugt seien, uns Brot zu geben. Sie haben uns nun nicht Brot gegeben, sondern Brot genommen. Es hat sich auch herausgestellt, daß Sie an Intelligenz nicht mit dem Dümmsten unter uns tonfurrieren können. Man spricht sogar davon, daß Sie ein wenig schwachsinnig seien.
Sie werden begreifen, daß mit diesem Nachweis der nicht existierenden Unternehmerintelligenz Sie kontrattbrüchig geworden sind. Somit find wir gezwungen, Ihnen den Vertrag zu fündigen. Wir werden ohne Sie die Werke fortführen, sind aber gern bereit, weil wir persönlich gegen Sie nicht das Mindeste einzuwenden haben, Ihnen auf Lebenszeit das Doppelte des ortsüblichen Tagelohns auss zuzahlen, unter der Bedingung, die Sie billig finden werden, daß Sie den uns unter der falschen Vorspiegelung der Unternehmerintelligenz entzogenen Arbeitsertrag unverzüglich an uns zurüd erstatten. Mit herzlichem Gruß:
Die Arbeiter der Fürst Aujust- Messingwerke.
IV.
Allen meinen lieben Gläubigern,
die dauernd an mich Ansprüche stellen, sei es, daß ich Ihnen Geld, sei es Arbeit, sei es Waren, Humor, Schweiß, Geist, Wissen oder Hochachtung schuldig bin, kündige ich hiermit. Ich entlasse sie ungern, weil ich begreife, daß sie auf diese Ansprüche Wert legen; aber ich will ihnen nicht länger so zur Last fallen, daß sie dauernd in Sorge um mein Wohlergehen sind. So viel Opfer ertrage ich nicht länger. Ich befreie Euch
Humoristisches.
11°
Joc.
- Ein nobler Prinzipal. Also Dein Buchhalter will unsere Else heiraten?! Was wirst Du ihm denn am Hochzeitstage geben?" Vormittags frei werd' ich ihm geben!"
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-WO
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Angeführt. Lieschen:„ Mama, Mama! Komm' ' mal schnell in die Küche! Da ist ein ganz fremder Mann und küßt unsere Marie!"
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Mama( zur Küche eilend): I da foll doch gleich. Lieschen( an der Küchentür):„ Eingegangen, Mama- es ist ja bloß der Papa!"
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Protest. Leiertastenmann( zu einem, der nach den Tönen der Drehorgel an ihm vorbeimarschiert):" Sie, wenn S' mir schon nig geben, so geh'n S' wenigstens aus mei'm Tatt' raus Sie Kunstschmarozzer Sie!-
Notizen.
Der Allgemeine Deutsche Sprachberein läßt vom 1. Januar 1906 eine Beitschrift für deutsche Mundarten erscheinen.—
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-Seit einem Jahre besteht in Zürich eine schweizerische Blinden Leihbibliothet. Sie zählt 1300 Bände und ist im ersten Jahre von 120 Blinden benutzt worden, die 850 Bücher Ich muß aljo jetzt tagtäglich vor Ihnen die Beteuerung wieder- entliehen. holen, daß ich den sehr ehrenwerten Nachtwächter Tutemal nicht Das Kleine Theater wird habe beleidigen, sondern vielmehr über den Zusammenhang von Viktor Barnowsky, Regisseur und Darsteller des Lustspielam 1. September von Verbrechen und wirtschaftlichen Verhältnissen habe schreiben wollen. hauses, übernommen, d. H. wenn der neue Bächter die Konzession Sie können begreifen, daß mir das allmählich langweilig wird. bekommt. Die Vorausseßung, unter der ich in Beziehungen zu Ihnen getreten bin, war die Möglichkeit für mich, den Kampf ums Recht zu führen. - Die Wolzogen- Dper im Thalia Theater ist Es wird aber kein Kampf ums Recht, sondern nur eine Nauferei gewesen. Nachdem Wolzogen die Leitung niedergelegt, hätten die um den Nachtwächter geführt. Damit ist die Voraussetzung unseres Mitglieder auf eigene Rechnung weiter spielen müssen. Das lehnten Kontrakts gefallen. Und so angenehm auch die persönlichen Be- fie ab; und so sind die Pforten schon seit einigen Tagen geziehungen sind, die sich zwischen uns entwickelt haben, so sehr fühle. schlossen. ich mich durch unsere Geschäftsverbindung geschädigt. -Siegfried Wagner hat seine neue Oper Bruder ustig" vollendet. Die Erstaufführung hat sich das Hamburger Stadttheater gesichert.
Aus diesen Erwägungen heraus, sehe ich mich leider genötigt, Ihnen meine Dienste hiermit zu fündigen. Ich werde von morgen ab nicht mehr erscheinen. Um Ihnen aber zu beweisen, daß ich Ihnen persönlich keine Kränkung zufügen will, bin ich gern bereit, Ihnen behilflich zu sein, Ersatz für meine Person zu verschaffen. Ich kenne viele juristisch gebildete Männer, die ich mit Freuden dazu veranlassen würde, Ihnen den kleinen Gefallen zu erweisen, an meiner Stelle in die Verbindung mit Ihnen zu treten. In angenehmer Erinnerung an die gemeinsam verlebten Stunden Raufbold, Redakteur.
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c. In England kann man eine außerordentliche Abnahme im Verbrauch geistiger Getränke fests stellen. Der Gesamtkonsum geistiger Getränke fiel von 42 168 021 Gallonen für 1903/4 auf 40 076 652 Gallonen für 1904/5. 1899/1900 wurden noch 48 025 415 Gallonen getrunken; seit dieser Zeit kann man fast ständig eine Abnahme feststellen. Für die ersten drei Monate dieses Jahres beträgt die Abnahme des Verbrauchs von Whisky allein mehrere hunderttausend Gallonen. Der Rückgang ist am stärksten bemerkbar bei dem Whisky zweiter Qualität, der von den Mittelklassen getrunken wird.-
Verantwortl. Redakteur: Franz Rehbein , Berlin.-Druck u. Verlag; Borwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.