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Baomilla niemals erfahren. Sie selber lag lange wach und
Diefer Brief kreuzte sich mit einer amtlichen Mitteilung. es fröstelte sie, da er ewig nicht fam. Den nächsten Tag war Ludmilla Gazda war gestorben und begraben. Er war tief er. er noch im Ort, ging in die Stadt zu einem Advokaten und schüttert. Er machte sich Vorwürfe über sein Zögern. Viel machte sonst seine Gänge zu Geschäftsleuten und gab ihnen leicht, wenn er sich früher entschlossen hätte, war ihr zu helfen Vollmachten und Aufträge. Dem Abend zu sah man ihn, durch gewesen. das traurige Nebelspinnen, die weite, weiße, lichtlose Straße wandern, die zwischen braunen Sturzäckern, dem Gottesacker und seiner langen Mauer vorüber, zum Bahnhof führt. Er trug ein Kofferchen in der Hand, schwarz gestrichen, wie es die Rekruten mitnehmen. Wer ihn grüßte, von dem wendete er sich ab. Bei jeder entlaubten, besenhaft häßlichen und mit ihren dürren Zweigen flappernden Pappel machte er Halt, als müßte er Baum für Baum zählen und von jedem einzelnen Abschied nehmen für immer.
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Bu Nacht aber klopfte, da der Zug gegen Wien abgegangen war, ein Bub start an das Fenster der Ludmilla, die mit ihren Gedanken wach lag: Gregor Gazda lasse ihr sagen, er sei fort für immer und sie ihres Wortes ledig... Das Eigentum des Gregor Gazda ist verkauft worden. Er selber hat sich nach Wien gewendet, in der großen Stadt untertauchen und verschwinden, nachdem er in der Heimat nicht mehr bleiben konnte.
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Es ist ihm nicht leicht geworden, sich zu behaupten. Aber, so ein arbeitsamer Mensch ist nirgends verloren. Einen Weg wies ihm ein Landsmann, wieder einen erriet er oder entdeckte ihn selbst. Nach mancher Rackerei fand er endlich die Stellung als Bahndiener, die seinen Ansprüchen und seinen Fähigkeiten gemäß war. Nun hatt' er's zu was gebracht; er war doch Beamter geworden. Sich vollkommen glücklich zu fühlen aber hinderte ihn zweierlei. Denn er litt sehr an Heimweh. Und die Sehnsucht nach seinem Weib war unbezwinglich in ihm, desto heftiger, je besser es ihm erging.
Er hörte auch manchnml etwas aus der Heimat. Es kam neuer Zuzug, der sein Glück in der großen Stadt versuchen wollte, gleich ihm, wendete sich an ihn um Rat und Hülfe, brachte Post und ließ hernach den dienstbereiten, aber ungeselligen und ängstlich sparsamen Menschen wieder stehen. Denn er knickerte weiter; aus Gewöhnung und aus dem Vorgefühl, als könnt ihm einmal jeder Kreuzer wichtig werden und Dienste leisten. Uebrigens richtete er sich ganz behaglich ein und lernte für sich, was er begreifen konnte.
Was er von seinem Weib vernahm, betrübte ihn aber sehr. Sie hatte sich richtig mit dem Zlamal zusammengetan und benahm sich seinen Kindern gegenüber, wie man sich's von ihr nur erwarten konnte. Auch hatte sie einen Jungen, den sie auf Gregor taufen ließ. Das rührte ihn nach seiner sehr weichen Art wie ein Zeichen herzlichen Erinnerns, dessen er fich kaum mehr versehen hätte. Aber, sie mußte sich mehr schinden, als ihr bekam. Und sie war niemals so recht gesund und der Blamal hatte sie wohl gern, aber tun konnt' er in seiner Armut nichts für sie.
Es waren hernach noch Kinder gekommen, aber sie waren ihr nicht geblieben auf der Erde. Und auch sonst war es ganz tlar, woran sie litt. Denn natürlich stand das ganze Dorf jetzt zum Gazda und gegen sie und den Mann, mit dem sie nun lebte. Das erträgt sich in Gedanken sehr leicht; in der Wirklichkeit aber erdrückt es auch den Stärksten. Und, nach dem ihre Sehnsucht nun einmal gestillt war, so mußte die Ludmilla oft des Gewesenen gedenken und des Mannes, der sie so sehr gerne gehabt, daß er um sie alles aufgab und sich sogar aus ihrem Leben einfach wegstahl, als kein Raum für ihn darinnen war.
So begann sie zu fiechen. Es lag zu viel auf ihr und es lastete in ihr zu schwer. Und sie war zu weich. Zwischen Bergangenheit und Gegenwart wurde sie zermahlen und begriff mehr und mehr, was sie besessen und hinwerfen gemußt, weil sie nichts gegen sich konnte, und daß sie denn doch in einer richtigeren Ehe gelebt, als sie vermeint.
Der Gregor verstand sehr wohl, was sich in ihr begab. Denn er hatte Zeit genug, über sie nachzudenken. Und er hätt' ihr so gern geholfen. Denn ihm selber war ewig bang nach ihr und es freute ihn nichts, ohne sie. Und endlich hielt er's nicht mehr aus. Er setzte sich hin und schrieb einen Brief, fo gut und so herzlich er's konnte. Es ginge ihm gut in der Stadt. Und was er verdiene, reiche. Und was war, das sollte bergessen sein, und hier, wo sie niemand kenne, hier werde sie nichts und niemand daran erinnern. Nur zu ihm kommen möchte sie und das Kind mitbringen. Denn nun, wo er so allein zu altern begann, nun war auch in ihm der Wunsch nach Jugend um sich lebendig geworden.
Und noch etwas hob sich in ihm. Das Kind! Was sollte mit dem Kind werden, um das sie alles hingegeben? Sollte das unter Stiefgeschwistern aufwachsen, das Jüngste, Schwächste und Wehrloseste, zurückgesetzt und bemakelt schon durch seine Geburt?
Er wußte nicht, daß es ihm nach den Gesezen gehöre. Er fühlte nur die Verpflichtung gegenüber der Toten, es nicht verwahrlosen zu lassen, sich gegenüber, zu retten, was von ihr übriggeblieben war. Er fuhr sich über die Stirn, wie einer, der aus dem Schlaf zum Tag und seinen Pflichten erwacht. ,, Halt, so wird man noch einmal nach Haus' fahren müssen," flüsterte er ,,, und den Zlamal wird man bitten müssen um den Buben."
Und er biß die Zähne zusammen im Gefühl des gegenwärtigen Schmerzes und der kommenden, unentrinnlichen Demütigung.
Ins Gebirge.
( Won München nach Partenkirchen .) frische. Da treiben sich die Fremden herum und reden in allerlei München gleicht im Sommer eigentlich einer großen Sommers Sprachen und erscheinen in allerlei verschiedenen Kostümen, wie es die Mode ihres Landes vorschreibt. Und überall bildet das Gebirge den Mittelpunkt des Gesprächs. Man macht in München nur Rast als Vorstation zum Gebirge. Darum sieht man auch zu allen Beiten Touristen zum Bahnhof eilen, die, manchmal in schier unmöglichen Kostümen, hinausstreben in die große freie Natur. Nagelschuhe an den Füßen, Kniehosen, den Rucksack hinten im Rücken und den Bergstod in der Hand, auf dem Kopfe ein verschossenes, grünes Hütchen mit einer kecken Feder, so zieht der Bergsteiger bei frühem Morgen aus und verläßt die Stadt.
Um 4 Uhr war ich aufgestanden. Ich wohnte außerhalb der Stadt in einem Vorort, der eigentlich schon ganz den Eindruck machte als befände man sich auf dem Lande. Rings im Grünen lag das fleine Häuschen und wenn ich aus dem Parterrefenster sah, erblickte ich drüben, jenseits der Landstraße, nur Aecker und Wiesen, so weit das Auge reichte. Eine Stille war hier, wie ich sie nirgends sonst gefunden. Die Kinder meiner Wirtsleute der Mann war Briefträger, seine Frau betrieb nebenbei einen fleinen Kramladen tummelten sich barfuß vor meinem Fenster und machten sich ein Vergnügen daraus, auf das Gitter des Gartens zu klettern, in meine Stube zu sehen und mir dann meinen Namen zuzurufen, um dann tichernd und laut lachend schnell zu verschwinden hinter den dicken Sträuchern des Gartens.
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Da es so früh war, gab es mur Milch von gestern zum Morgenfrühstück, dazu eine alte Semmel; das mußte genügen. Ich sah hinaus, draußen war alles totenstill. Ein graues Morgenlicht um hüllte ruhig alle Dinge. Nur die Vögel hörte ich zwitschern, sonst fein Laut. Noch ging kein Mensch. So wundervoll rein erschien diefes Licht, daß ich beinah vergaß, meine Sachen zu paden. unwillkürlich wurde man selbst still und lauschte und sog den Geruch entströmte dem frischen Grase, stärkend und erfrischend. Duft ein.
Da tam der erste Sonnenstrahl. Die Natur belebte sich. Goldenes Licht fiel auf die Zweige. Der Frühwind hörte allmählich auf. Man begann schon die Wärme zu fühlen. Das tut gut. Denn bei dem bleiernen Licht des Morgens fröftelte ich beinah ein wenig. So legte fich allmählich Strahl um Strahl golden auf den eg und hinten im Osten erglühten die Wolken, die leichten, lichten Raum und umsäumte alle Dinge mit goldenem Rand. Morgenwolken. Das Licht troch von unten herauf und erfüllte den
Ich mußte mich beeilen. Die Elektrische ging noch nicht so früh. So mußte ich den ganzen Weg nach der Stadt hinein zu Fuß machen, eine fnappe Stunde. Als ich hinaustrat, mit allem wohl versehen und ausgerüstet, war es noch ganz still. Ich bog ein, fürzte den Weg ab und ging quer übers Feld, da tamen die ersten Tritte, Schnitter, die die Wiesen mähten. Es dauerte nicht lange, da hörte man das Dengeln der Sensen, bald waren fie an der
Arbeit, und als ich an ihnen vorbeikam, riefen wir uns einen frohen
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Es ist ein eigentümliches Gefühl, nun in die Straßen der Stadt zu kommen, die noch grau und tot daliegen und die Nacht noch nicht ganz abgeschüttelt haben. Hier und da tritt ein Arbeiter aus der Haustür und beginnt seinen täglich gleichen Gang zur Arbeit. Kleine, handgeschobene Sprengfarren versehen ihren ersten Dienst. und siehe da, da erblide ich schon einige Genoffen, die, gleich mir zur Wanderung ausgerüstet, still und behende dem gleichen Biel , Nehricht an mir vorbei auf die Straße, zum Beichen, daß die dem Bahnhof zustreben. Zuweilen fliegt eine Ladung Staub und Saustnechte in den Kneipen schon an der Säuberungsarbeit find.
Am Bahnhof vergißt man die frühe Stunde ganz. Da ist ein Leben, als wäre es mitten am Tage. Fragen und Aufe, Begrüßen