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Wie tiefe Wurzeln die Auffassung der Ehe als eines Geschäftes[ fo rauh, die Zeichnung so malerisch verwischt, daß man an Original­und der Beschränkung des Kindersegens als einer Selbstverständlich zeichnungen denkt und nicht den Druck vermutet. teit im französischen Volke bereits geschlagen hat, dafür bringt der In den Beginn des Jahrhunderts führen auch einige deutsche Schriftsteller C. Müller ein schlagendes Beispiel( in dem Buche Arbeiten. Radierungen, Schabkunstblätter, Nezdrucke. Joh. Adam Autour du monde, Paris 1904) bei, Herr Müller, der trotz seines Klein( Nürnberg 1792-1875) ist zwar gegen Goya glatt und deutschklingenden Namens ein glühender französischer Patriot ist, fleinlich. Meist hat er Tierdarstellungen, die sich durch eine gewisse daß er einmal im Südosten Frankreichs vertretungsweise eine Intimität auszeichnen. Landschaften von Gauermann, feine Lehrerſtelle an einem großen Lyceum, das heißt Gymnasium Interieurs von Rumpf( geb. 1821)( Schlafende Frau" besonders) übernommen habe. Im deutschen Sprachunterricht, den er zu sind fein in der Beobachtung der Lichterscheinungen. Auch zwei erteilen hatte, suchte er er seinen Schülern den Unterschied Wiener sind vertreten, Lenze della( geb. Ampezzo 1774, geft. zwischen den beiden deutschen Worten die Heirat" und die Wien 1882) mit Voltsszenen( Obstverkäuferin"," Musikanten in der Ehe" flar zu machen, indem er ihnen sagte, daß das erste Kneipe"," Theaterliebhaber") und Kriehuber( 1801-1876) mit die Feierlichkeit der Eheschließung, das zweite dagegen den Ehestand einem schlichten Porträt von Hebbel , dessen graue Tönung vornehm bedeutet. Um diese abstrakte Unterscheidung dem Verständnis der wirkt.

neun bis zehnjährigen Jungen näher zu bringen, gab er einige Einige moderne Arbeiten sind von Stumpf( geb. 1873, Weimar ) Beispiele an und fragte dann, um den Erfolg zu sehen, ein geweckt und Wenban( Cincinnati 1848-1897, München ), R. Winkel aussehendes Bürschchen: Nun gib' mir einmal einen Saz an, in( Magdeburg ). Eine Brücke im Mondschein, im Wasser glitzern Re­dem Du das Wort Heirat" anwenden mußt." Prompt antwortet flg. Häuser erscheinen hell im Mondlicht. Auch einige Porträts der Bengel: Ich werde eine gute Heirat machen." sino malerisch und fest modelliert. Wenban hat leichte Landschaften " Ja," entgegnete der Lehrer, was verstehst Du denn eigentlich da, fein hingeschrieben in zarten Umrissen; fräftiger ist eine breite unter einer guten Heirat?" Ganz erstaunt erwiderte ihm darauf Radierung mit tiefen, blauschwarzen Tönen, in der jede Kontur weich der Schüler: Nun, wenn ich ein reiches Fräulein heirate." aufgelöst ist. Die Porträttöpfe von Winkel sind groß und weich in Den anderen Jungen schien diese Antwort ganz selbstverständlich den Umrissen. Verschwimmend und dennoch plastisch. Nicht direkt hingezeichnet, sondern aus den Umrissen ergeben sich indirekt die zu sein. Formen.

Etwas später ging Müller zur Erklärung des deutschen Wortes Geschwister" über. Die französische Sprache hat dafür keinen eigenen Ausdruck; der Lehrer mußte also den Kindern Klarmachen, daß man mit Geschwister" Brüder und Schwestern im allgemeinen bezeichnet. Um dazu zu gelangen, begann er mit einer Reihe fleiner deutscher Fragen:" Wieviel Brüder hast Du? Und wieviel Schwestern? Wie groß ist also die Zahl Deiner Geschwister"?" Bei dieser Celegenheit erfuhr er aber, was ihn auch nicht weiter in Erstaunen setzte, daß sehr viele der Schüler einzige Söhne ihrer Eltern waren, einige hatten noch einen Bruder oder eine Schwester, ganz wenige hatten noch einen Bruder und eine Schwester. Schließlich wandte er sich einem Schüler, der bisher noch gar nicht geantwortet hatte, mit der Frage zu:" Na und wieviel Geschwister hast Du, mein Junge?"" Ich habe sieben." Die ganze Klasse brach in ein schaltendes Gelächter aus. Die kinder­reiche Familie war eine italienische.

Müller fügt diesen Darlegungen die Bemerkung an:" In einem Alter, in dem sie sich noch keine Gedanken über die Entstehung der Wesen und der Dinge machen, hatten diese kleinen Franzosen schon begriffen, daß man" eine gute Partie machen muß, und daß ein Mann, der in die Welt paßt", nur wenig Kinder zu haben pflegt: das Milieu, in dem sie aufwachsen, hat sie mit seinen Ideen und seiner Moral durchtränkt!"

Kunft.dds

Unter Glas liegen einige Nachbildungen alter Drucke und Buch­Einige malereien in Lichtdruck von Albert Frisch in Berlin . Kalender" und Monatsbeschäftigungen" find interessant in der genre­haften Ausmalung. Alte Drucke von Augsburg und Nürnberg ( ein Gerichtshandel gegen Trinker und Spieler von 1531). Ein italienis sches Kochbuch aus Ferrara vom Jahre 1549 zeigt eine leichte, zier­liche Type, die jetzt wieder von einigen Druckern in ähnlicher Form angewandt wird, wie ja überhaupt die modernen Bücher ihre Vor­bilder in der Vergangenheit haben.

Aus dem Tierleben.

ie. Sinnes beobachtungen bei Tieren. Im allge­meinen mag die Regel gelten, daß Tiere mit scharfem Gesichtssinn einen schwachen Geruchssinn besigen und umgekehrt, aber dieser Sab trifft nicht überall zu. Der verdienstvolle Zoologe W. Schuster hat in der Monatsschrift Der Zoologische Garten" eine Zusammen stellung über Tiere gemacht, die gleichzeitig gut riechen und scharf sehen. Von den Insekten erwähnt er zunächst die Wespe. Daß die Wefpe und unter ihnen namentlich unsere gewöhnliche Wespe ein hervorragendes Geruchsvermögen befizen, ist verbürgt. Man kann darauf leicht eine Probe machen. Wenn in einem Zimmer mit offenem Fenster ein Glas mit Honig hingestellt wird, so wird jede Wespe in den Raum fliegen, die auch nur an der betreffenden Hauswand vorüberkommt. Daß die Wespen aber auch ausge e. s. Neuerwerbungen des Kupferstichkabinetts. zeichnet sehen, hat Schuster auf andere Weise ermittelt. Es ist Das beste unter den Neuerwerbungen sind eine ganze Reihe Goyas: durchaus nicht leicht, eine Wespe zu erwischen, wenn sie Radierungen, Steindrucke, Zeichnungen. Goya lebte von 1746 nicht gerade in einem geschlossenen Zimmer eingesperrt ist. Sitt bis 1828. Er steht an der Wende des Jahrhunderts. Geboren ist ein solches Insekt auf einem Tisch, so genügt es, daß ein in der er in Fuente de Todos, gestorben in Bordeaux . Das erste Blatt Nähe befindlicher Mensch, ohne sich sonst zu regen, die Hand oder zeigt eine Schar gröhlender Priester. Dicke Gesichter, gewöhnlich, den Arm ein wenig erhebt, um die Wespe zur eiligen Flucht zu plump. Pitant lüfterne Jünglingsgesichter dazwischen. Der Ton ist veranlassen. Von den Tagschmetterlingen haben viele fehr gute braun und verivaschen. Die weißen Flächen leicht ausgespart, mit Augen, was jeder Sammler bestätigen tann. Ein verfolgter Schiller breiten Schatten. Die sichere Handhabung, die vom Charakter leicht falter oder Segelfalter merkt auf jede Bewegung des Auges und zur Karikatur übergeht, zeigt sich bei Goya in jeder Technik. Eine wird in den meisten Fällen zu entrinen wissen. Auch der Admiral, Kreidezeichnung zeigt Frauen unter einem Portal". Dice , fleischige der Distelfalter oder Segelfalter, der Schwalbenschwanz und der Gesichter, mit lüfternem Ausdruck, berechnend und schmeichelnd. Auch Baumweißling sind deshalb schwer zu fangen. Man kann sich davon hier breite Wirkung im Malerischen, wenig Striche. Jmmer hat Goya überzeugen, daß sogar viele Nachtschmetterlinge recht scharf sehen. die leichte, malerische Manier, in den Vordergrund scharf markierte Um- Daneben verfügen aber die Schmetterlinge über einen trefflichen risse zu stellen, während hinten alles unsicher verschwimmt. Das fräftig Geruchssinn. Nach der Meinung von Schuster, die freilich nicht Schmetter modellierte Porträt eines Mannes ist in einer Nadierung in feinen, von allen Fachleuten geteilt wird, findet der auf feine Nährpflanzen weiten Abstand durch den grauen Strichen fest herausgearbeitet. Plastisch kommen die Züge ling Heraus. Der Kopf erscheint hart, eckig, mit lebhaftem Ausdruck. Geruch. In der Tat ist es wohl auf diese Weise am ehesten zu er Hmmer ist bei Goya das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß flären, daß ein nach Norddeutschland verirrtes Weibchen des Oleander­ficher ausgeglichen. In feiner Wirkung modellieren sich die Vorder- schwärmers in einer ihm ganz fremden Dertlichkeit einen etwa bor partien heraus, tiefbraun, während in leichten Umrissen, weiß, der handenen Oleanderbusch auszuspüren vermag, um dort seine Eier Hintergrund fich zusammenfügt. Ein anderes Blatt," Die Leftfire", abzulegen. Neuerdings ist man auch zu der Ansicht gelangt, zeigt ein lesendes Mädchen in zarter, grauer Färbung. Schattenhaft daß Männchen und Weibchen der Nachtschmetterlinge fich Zwei weitere erscheinen die dunklen Partien, hell und schleierhaft die Licht durch gewisse Riechstoffe gegenseitig anloden. stellen. Ein Spiel von Licht und Schatten ist so Goyas Kunst, Beispiele für gleich guten Geruchs- und Gesichtssinn darum trotz der Abwesenheit der Farbe äußerst lebendig wählt Schuster aus der Klasse der Vögel und der Säuge und nüancenreich. Goya beherrscht seine Stunst meisterhaft, er weiß tiere. In ersterer nennt er den Grau- und Grünspecht. Das genau, wie er die Striche setzen muß; alles ist genau berechnet und gute Auge der Vögel ist allgemein bekannt. Ihr Geruchs­Soch frei und leicht gegeben. bermögen wird aber fast durchweg angezweifelt. Bei den genannten Spechtarten hat Schufter jedoch eine Witterung festgestellt. Nur das durch vermochte ein Grünfpecht ein ihm der Lage nach sicher un­bekanntes Nest der gelben Ameise, das auf dem Boden gar nicht zu erkennen, auch noch mit Schnee bedeckt war, aufzufinden. Vielleicht wird auch der Baumspecht auf das Vorhandensein von Insekten in der Baumrinde durch den Geruch hingeleitet. Für die Krähen ließe sich ähnliches annehmen, weil sie oft den Boden aufhacken, ohne daß ein menschliches Auge die geringste Spur der Anwesenheit von Insekten oder Würmern zu entdecken vermocht hätte. Außerordent­liche Fähigkeiten des Anges und des Geruches besigen endlich die Gemsen. Sie eräugen jeden Menschen aus weiter Entfernung, wenn er nur eben hinter einem Berggrat auftaucht.

Ein besonderes Gebiet sind bei Goya die Stiergefechte. Hier entfaltet Goya ein fabelhaftes Können in der Meisterung von Massen­Szenen. Meist gibt er einen Ausschnitt. Die Arena mit den dumm dastehenden, aufgereizten Stieren. Dabei die tölpelhaft rohen Ge­fichter der Matadore. Hinten Kopf an Kopf in Reihen die fletschen­den Mienen des aufgeregten, gierigen Publikums, lächelnde Grimassen, halb Charakter, halb Karikatur. Wie es Goya versteht, aus einem Sammelsurium von Köpfen ein malerisch Ganzes zu gestalten, das beweist die Sicherheit seiner Künstlerschaft. Eine gröhlende Masse, alles ist scharf zu sehen. Die Gestalten heben sich alle heraus und dennoch ist der Hintergrund verschwimmend und leicht, Meist fertigt Goya diese Szenen in Steindruck. Aber der Strich ist Verantwortl. Redakteur: Part Büttner, Berlin.-Drud und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.