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ftellen, wie ich angeschrieben bin. Sie bereuen's jetzt gewiß, daß ich Sie habe begleiten dürfen?"

Aber da schaute sie ihm voll ins Gesicht. Ihr Herz schlug stürmisch, und eigentlich wollte sie aufstehen und sich von ihm berabschieden. Statt dessen legte sie jedoch nur die Blumen auf den Rain und strich die Falten aus ihrem Rock. Und dann sagte sie leise aber fest: Nein... bereuen tu' ich nichts."

Da sah er sie mit glänzenden Augen an und faßte nach ihrer Hand, die sie ihm willenlos überlassen mußte, trog­dem in ihrem Innern eine Warnerstimme sich erhoben hatte: Lu's nicht! Lu's nicht! Es ist unrecht, was ihr tut." Sie haben so schöne Augen!" sagte er leise und drückte ihr die Hand.

Dann schwiegen sie eine Weile, daß man nichts mehr

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Sie find so ängstlich, Fräulein Pept. Ich habe Sie doch nicht erschreckt?" .. gewiß nicht, ganz gewiß nicht... aber ich muß nach Hause.

Nein

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Ganz wie Sie wollen; aber Sie kommen ein ander Mal wieder?"

Gern."

" Darf ich Sie begleiten?"

" Lieber nicht, Herr Pernwerth... ich möchte

nicht, daß.

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Nein, Sie haben recht. Ich sage Ihnen hier: Auf Wiedersehen!"

( Fortfehung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

hörte als ihren leiſen Atem, das Rauſchen des Wassers und Den grünen Rhein   zu Berge."

das gleichmäßige Summen der Mücken, die über dem Wege spielten.

Pepi war von einem Zauber umfangen. Sie war in ein frohes Wunderland entrückt ,, in dem es keinen Schmerz und feine Unlust mehr gab, in dem alles Sonnenschein und warmes, seliges Leben war. Warum an die Wirklichkeit denken, an das Gerede der Menschen, an die strenge Zucht der Mutter? An ein Erwachen im öden Grau des Alltagsda­feins? Konnte man nicht immer so über den Dingen schweben? Konnte man nicht mußte man nicht lieben, was sich so offen und herzlich gab?

Ach, daß es doch immer Sommer bliebe! Immer ein fonniger Abend am Rain! Daß man sterben könnte, vergehen im Rauschen des Wassers!

Es war ihr wie damals nach jenem Traum, den sie auch hatte verlängern wollen und doch nicht hatte können. Hier wie dort würde ein Erwachen kommen und ein Erschrecken vor dem Gefühl der eigenen Ohnmacht.

Bernwerth betrachtete sie schweigend. Es war nicht seine Art, mit den Mädchen, die er küssen wollte, zu philosophieren und über sein Tun und Lassen Rede zu stehen. Diese Kleine da hatte sich seinem Blick aufgedrängt; es war etwas an ihr, was ihn anzog; er wußte es selbst nicht, ob es die Augen waren oder diefer weißliche Fleck auf der Wange oder der ganze Ausdruck ihrer Züge. Er hatte ihr nachgestellt mit Freibeutergedanken; er fannte sich; er wußte, wie man die Mädchen berückt. Nun aber kam es ihm vor, als ob es doch etwas anderes sein müsse, er war fast gerührt von der Un­schuld ihres Wesens; einen Augenblick lang stieg freilich der Gedanke in ihm auf: Du machst dich lächerlich mit deiner Sentimentalitäto, wie wirst du dich vor dir selber schämen! Aber gleich darauf verwarf er jeden Anlauf zur Selbstver­spottung, gab sich dem Zauber des Augenblicks und dem nie gefühlten Reiz des Glaubens an menschliche Unschuld hin, und nahm sich vor, ihr Vertrauen nicht lügen zu strafen.

Sie sind wohl sehr fromm, Pepi?" fagte er und ließ ihre Hand los.

" Ich weiß nicht... aber ich fürchte, noch viel zu wenig." Warum denn?"

" Ich fäß' sonst nicht hier mit Ihnen."

Soll das auch ein Unrecht sein?"

" Ja... meine Mutter weiß nichts davon." Nun hören Sie aber... wir sind doch Nachbars­Teute..!"

Bon Wilhelm Holzamer  ( Paris  ).

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In meiner Jugend hab' ich den Rhein   vielmals, zu allen Jahres- und Tageszeiten befahren. Wenn ich in Mainz   einmal die Schule schwänzen" wollte, so meldete ich mich frant und ſezte mich ins Köln- Düsseldorfer Dampfschiff Borkajüte und fuhr zu meinen Verwandten nach Bingen  . Und eine Beitlang, erinnere ich mich, fonnte ich die Ferien nicht abwarten und machte die Sache jeden Samstag. Schlag 9 Uhr saß ich im Dampfboot gegen 10 oder nach 10 fuhr's erst ab. Denn Schnellfahrt fonnte ich mir nicht leisten, nachdem ich mir schon das Schwänzen" ge leiftet hatte. Meine Bingener Freunde holten mich dann meist am Rhein   ab, und meine Großmutter wärmte mir die Reste vom mittagessen. Und ich danke heute noch dem stygischen Beus", der alles Schöne sterben läßt, daß er mir dieses Schöne nicht hat sterben lassen, sondern Eltern und Verwandte und die gewaltigen Schulmeister im goldenen Mainz   dauernd in Blindheit gegen meine böse Tat erhielt. Von Köln   bis Bonn   erkennt man seinen lieben alten Rhein­strom nicht wieder, wenn man lange die Fahrt nicht mehr Da könnte gemacht hat. er ein r- beliebiges Waffer fein. ch nein, am Wasser liegt's nicht, es liegt am Lande. Wir Prozen Bonn   an als richtig the in ufer an. Da tommen die Berge wieder vom Mittelrhein   erkennen das Ufer als Rheimufer erst von heran, da ist wieder die volle rheinische Schönheit. Godesberg und stönigswinter! Poesie! Liebe Deutsche des übrigen Deutschland   Die Ruine Godesberg  , die Ruine Rolandseck  , der Drachenfels  , das Sieben­ gebirge  , die Jufeln Nonnenwerth   und Grafenwerth, das sind nicht nur Studentenlieder, das ist alles Volkslied. Das ist umsponnen mit dem Eppich der Sage und schaut, wie der Rolandsbogen, mit Märchenaugen ins Land. Das ist alles Geschichte, und da erblühen überall Geschichten. Das macht einen trunken. Schönheit, die man nicht beschreiben kann nein, das Auge wird nicht fatt davon. Es wandert vom einen zum anderen und kehrt immer zum selben wieder. Die Schiffe, die hier ziehen, die Berge, die hier thronen, der Wald, der hier prangt, die Ruinen, die hier träumen, die Städte, die hier blühen. In Bildern kann das wiedergegeben werden was wir empfinden, das ist unbeschreibbar. Das ist eben Musit, das ist Volkslied. Das ist wie Erinnerung an Vergangenes, schönste im Leben ist, wie wirs schöner nicht erreichen können, wie das ist Besitz von Liebem, von Warmem, Schönem, das das Aller­es schöner fein Land der Welt bietet-( und was bietet die Welt viel Schönes!) das ist eben der Rhein  , an dem man nur leben, ... dem man nur geboren sein möchte. Das Schiff gleitet weiter die Gegend ist nicht mehr so voll der Neize wie auf der Strecke von Godesberg   bis Rolandsec. Es tommen noch die schönen Städte Nemagen, Andernach  , die man nur zu nennen braucht, um dieses eigentümliche Etwas der romantischen Rheinklänge zu suggerieren, Schlösser und Ruinen, Türme und Billen grüßen, aber bis Koblenz   wird man nicht mehr so ergriffen. Man hält Umschau, Vor- und Rückschau, man genießt, man freut sich- ja, schön ist das alles, aber vielleicht ist man zu anspruchs­voll geworden, vielleicht ist man ungerecht. Man vergleicht be ständig. Und der Vergleich im Genuß ist immer die Beeinträchti gung des Genuffes.

Sie würde es nicht erlauben." Na, da haben wir's ja." Er fragte sich hinter dem sich Er fragte fich hinter dem rechten Ohr und versuchte unglücklich auszusehen. Aber dann wurde er gleich wieder ernst und sagte betroffen:

Ihre Mutter fennt mich nicht. Die glaubt wahrschein­lich alles, was mißgünstige Leute über mich verbreiten. Aber wahrhaftig, es ist nicht so schlimm, und es täte mir leid, wenn ich Ihnen keine bessere Meinung von mir beibringen tönnte. Sehen Sie, die Menschen nehmen oft für Schlechtig feit, was mir Unglück ist. Man kann doch nicht hingehen und jedem einzelnen erklären, warum man so ist und nicht anders.. und schließlich wird einem dann alles egal, und man läßt's gehen, wie's eben geht Na, ich will nicht tun, als ob ich mich hier auf Kosten der anderen weiß waschen wollte. Ich hoffe, daß ich noch oft mit Ihnen zusammen sein werde Dann sollen Sie schon von selbst erkennen, wie ich bin. Und jetzt wollen wir von anderen Dingen reden. Nicht?" Es ist schon spät." Sie sagte es leise und mit einem Bittern in der Stimme, das ihn mit Mitleid erfüllte,

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Von Koblenz   an südwärts, da leben wir mählich wieder ganz dem Schönen, das sich bietet. Zahlreiche Burgen auf beiden Seiten Sternberg und Liebenstein, nachdem die Rheinbiegung von Niederspay  , Stolzenfels  , Lahned, Liebened, die Marisburg. Die Ruinen an Boppard   vorüber, bis Camp durchfahren ist und dann guckt die Ruine der Maus zu uns her, und bald sehen wir auch die Stazz. die beiden Schlösser, die einander stets befehdeten. Aber da ist auch schon St. Goarshausen, das ist St. Goar   mit der Ruine Rheinfels  und nun fühlen wir das eigentliche Heimatliche des Rheins. Unseres Rheins! Herrgott, was das heißt! Das heißt zuerst einmal ein Augen­leuchten und Brustweiten, das heißt einen Jubelton und Juchzer. Das heißt ein frohes ,, ich weiß nicht, was soll es bedeuten. Websein und ein wehes Frohsein und da vorn ist auch schon der Loreleyfelfen- und, du blasser Jude Heine, du ins Ausland ber­Stoßener Dichter des schönsten deutschen   Liedes, des deutschesten aller Lieder! da huldigen wir dir: das ganze Schiff fingt dein Lied­und ein paar verschlucken sich, weil ihnen die Tränen aufsteigen

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