723
und hielt sich Federbieh und Schweine; das Brot but er selbst, gerade wie er für die Unterhaltung selbst sorgte und das in ausgiebigster Weise. Er war schon ein starker Fünfziger; aber„ Klampfgattern" spielen, Schnaderhüpfel singen und„ drahn" konnte er wie der Jüngste und Schnurren erzählen erst recht.
Nach und nach wurde die Weiten" bekannter und es tamen auch allmählich norddeutsche Gäste; die waren merkwürdigerweise alle auf Gemsenbraten erpicht; hier und da ließ Huber ein Schweinernes recht zäh werden und tischte es in brauner Wildbretfauce auf als Gemsenbraten, und die Herren waren befriedigt; so erzählte er oft selbst. Die Jagd um die Weiten" herum gehörte nach Lahn ; dort war seit ein paar Tagen ein neuer Forstgehülfe, ein scharfer und diensteifriger noch sehr jung, weil frische Besen gut fehren. Der hört zufällig, daß in der Weiten" zuweilen Gemfenbraten zu haben sei; er zieht Erkundigungen ein und er fährt, daß der Huber nirgends eine Jagd besize; also: entweder er wildert oder er kauft's Wilderern ab", kalkulierte Brazeska, der neue Forstgehülfe; da er ohnedies noch nicht in der Weiten" war, beschließt er, dort einmal vorzusprechen, aber weil er ise" schlau, so zieht er nicht sein grünes G'wandl an und hängt seinen Stuben um, sondern er wirft sich in ein städtisches Gewand, welches er sich von seinem Freund, dem Schreiber vom Bezirksgericht, ausleiht und steigt an einem heißen Sommertag das Scheunertal hinauf. Er freut sich nicht wenig über seine List und hat sich schon einen Plan zurecht gelegt wie er den Wirt fangen will. Wie er ankommt, und ihm der Huber ein herzliches„ Grüß Gott!" geboten hat, will er sich sezen, greift aber ganz gewohnheitsmäßig an die Schulter, um den Gewehrriemen abzustreifen, den er heute gar nicht um hat; der Huber sieht ihn merkwürdig an und fragt nach seinem Begehr.„ Ein Viertel Wein und eine Portion Gemsenbraten."
-
,, An Wein kannst lei hab'n aber mit'm Gamsbraten, Bua, da schaugt's schlecht aus; i hab' koan und kriag a koan ; muaßt schon mit am Schweinern fürliab nehman."
Rein, will ich nit; will ich einen Gemsenbraten; bin ich deswegen heraufgegangen."
Der Huber sieht sich seinen neuen Gast genauer an; merkwürdig, was der trotz seiner städtischen Kleidung für einen gebräunten derben Kopf auf hat, und die Hände!
„ Na, i will schaug'n, was sich machen läßt," sagt der Huber und verschwindet in der Küche.
" Du Alte," sagt er drin, da ist einer draußen, der will an Gamsbraten; i woaß net, was i mit eahm machen soll; anzog'n is er wiar a Herrischer; a G'frieß( Gesicht) hat er wiar a Bauer und braun is er wiar a Senn oder a Jaga woaßt von der letzten Gams möcht' i eahm net geb'n; i trau eahm nur halbet; was mach'n wir da?"
-
..Sagst eahm halt,' s is loaner da, ka Gams!" " Ja, redst di leicht- san ja no Herr'n da, die heunt Mittag erst Gams geffen hab'n; dem Forstg'hilfen hab' i alleweil zum Lachen bracht, wenn i eahm vozählt hab, daß i dena Herrn Schweinernes mit Sauce für a Gams fürg'sett hab'; g'lacht hab'n wir, weil's halt deacht am Gams war. Du Alte der Forstg'hilf soll ja fortfemma fein, fallt mir g'rad ein; foan neuch'n hab' i no net g'sehg'n lus( horch) amal, jezt red' der draußen mit am Touristen dössell muaß i hör'n." Huber schleicht sich an die Wand, schiebt das fleine Schubfenster zurück und horcht.
-
"
-
-
-
Der Herr, der den Gemsbraten verlangt hat, zu einem Tourist
tte, kann ich Glas hab'n, nur ein bissel." Der Tourist:„ Bitte, bitte, mit Vergnügen.
Der andere setzt das Glas an und sucht die gegenüberliegenden
Steilwände ab.
Der Tourist: Sehen's Gemsen?"
"
Der andere:", eine ganze Rudel; der Bock voran; glaub' ich, hat gar schon den Winterpela."
Der Tourist: Nicht wahr, ein gutes Glas, gut sieht man sie; sogar die Augen fann man unterscheiden?"
Der andere: Augen? Ah so- ja, die Lichter?" Der Tourist:„ Lichter?"
"
-
-
-
" 1
Der andere: So heißen die Augen bei de Gems Und nun entwickelt sich ein Gespräch, wobei Prazeska so in Eifer gerät, daß er vorerst ganz auf den Braten vergißt. großes Kaliber mit der Aesung zeichnen wenn er im Feuer zusammenbricht ein G'led( Sulze , Gemssulze) Losung start aufhaben," sind die Schlagworte, die Huber mit Genugtuung auffängt. Er hat genug gehört. Er schiebt das Fenster fachte wieder zu; dann sagt er zu seiner Frau:" Alte, das ist der neue Forstg'hilf; der möcht mi fang'n, der Windbeutel; da paß auf, wiar i den reinleg!" Dann geht er hinaus:" I hab' mit meiner Alten g'red't; heunt gibt's foan Gamebraten mehr; morgen is am End a no net möglich; aber übermorgen g'wiß."
,, Gut, ich bleibe da!" erwiderte Brazesta. Zwei Tage treibt fich Prazeska in der Weiten" herum; am dritten mittags befommt er Gemſenbraten. Der Huber serviert ihn lächelnd; kaum hat er die Schüffel auf den Tisch gestellt, da springt Prazeska auf:" So ich bin ganz der neiche Jagdgehilf ich zeig' Shne an; wo is die Gems her he?"
-
Huber tut furchtbar erschroen; dann bittet er:„ Geh', sei doch net so fad; mach' doch keine G'schichten!" bin Beamte, i bin überhaupt nit fab; i bin auch nit der i bin der Sie, verstanden? Wo is di Gems her, he?" Du Sie, hast's doch selbst verlangt!"
Du
-
Ja
-WA
Wo is se her?"
Da zieht Huber einen Bettel aus der Tasche, widelt ihn auss einander und hält ihn dem erstaunten Forstgehülfen wortlos unter die Nase. Auf dem Zettel steht gedruckt: Wildprethandlung von F. X. Rost, Innsbruck " und in Schrift:„ Eine halbe Gemse, 11 kilos gramm, 6 Fl. 80 Kr., Fracht nach Lahn 80 Kr. Zusammen 7 Fl. 60 Kr. Dankend erhalten F. X. Rost."
Der Forstgehülfe sieht zuerst den Zettel an, dann Huber, dann die umsizenden Gäste, die alle aufmerksam geworden sind und nun allmählich zu lächeln anfangen; dann tut er einen furchtbaren Fluch, rennt in die Stube, nimmt seinen Hut und will fort. " Halt!" schreit der Huber, so lauft man nit fort bei mir; erscht zahl'n!"
Der Forstgehülfe bleibt stehen.
" Na na, setzen's Ihnen nur,' s kannt Eahna leicht umreißen!" meint Huber tröstlich; dann zieht er ein Stück Kreide aus der Hosentasche und beginnt zu rechnen:
,, Also: dreimal Uebernachten 3 Fl. Wissen's, Herrn, wo mit Sie ang' redt werden wollen, bekommen a extrig's guat's Liederstatt und allanig ein Zimmer; fost aber an Gulden.' s Essen und Frühstück 2 Fl. Aftn die Gams dös ham's selber g'sehg'n- 7 Fl. 60 kr. und der Bot', wo's vor Lahn bracht hat, friagt 3 Fl. Aber ich eß doch nit die Gams allein? Ich zahl nur eine Portion!"
-
Sie, mei Liaber, weg'n aner Portion schickt mir der Wilds prethändler nig und geht mir auch toa Bot'. Von die anderen Herr= schaften hat koaner an Gams verlangt und will auch foaner oane; die könnens alleinig effen oder mitnehmen; aber zahlen müassen Sie's oder ich mach's friminalisch!" brauste nun Huber auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Also die Rechnung macht 15 Fl. 60 Kr. Her mit der Zahlung!" " Ich werd's Ihnen schon noch eintränken!", fnurrte Brazeska und suchte in allen Taschen; so viel er aber suchte, er brachte nur sieben Gulden zusammen; die warf er dem Wirt hin, daß fie sprangen. Mehr hab' ich nit, ich schick das andere."
-
"
-
Na na dös kann a jeder sag'n; wer garantiert mir,
-
-
-
-
daß sie der Forstg'hilf fan; wo ham's die Bür? Wo die Knöpf mit'm Adler; haben's an Ausweis? Nit? na also so fommen Sie mir nit fort her mit der Joppen!" Zum Schlusse kam es so weit, daß Prazeska, der Huber fangen toe, ohne Joppe, fluchend, mit einer Wut im Herzen, daß er sich selbst hätte ohrfeigen können, das Scheunental hinaustrabte.
Ein paar Tage später holte ein Holzarbeiter die Joppe; den Rest ließ sich Huber nicht zahlen; er hatte am Spaße genug.
„ Herr Oberförster, der Lump in der Weiten, der Huber, hat oft Gemsbraten; seit ein paar Monaten fast alle Tage; dem sollte man auf die Finger schauen," sagte eines Tages ein Forstarbeiter zum Oberförster in Gegenwart Brazeskas.
"
-
„ AH toa Red'. Der setzt seine Gäst' Schweinernes mit Wildpretsohß als Gams vor, dös Quader- gel Prazesta?" " Jawohl, Herr Oberförster!" entgegnete Bragesta diensteifrig. voll Angst, er könnte in die Weiten" als Gemsdetektiv geschickt werden. Seit Jahren hat beim Huber niemand mehr nachgeschaut.
-
Kleines feuilleton.
cg. Gendarm Pieper. Er kam bom Gemeindeamt und stieg mit großen Schritten nach Hause. Auf der Dorfstraße lags in schwarzem Brei: seit Tagbeginn regnete es ohne Pause. Dazu wehte es falt, zeitweilig in furzen heftigen Stößen, und überstreute Weg und Pfützen mit gelbem Laub und dürren Zweigen. Gendarm Pieper fannte Hize und Kälte, aber wenn ihn jetzt so ein nazkalter Sauch jäh anwehte, dann kam ein verdrießlicher, säuerlicher Zug in fein Gesicht und er zog den Mantel enger zusammen. Eiliger ftorchter die langen Schaftstiefel durch den Straßenmoraft. Dabei dachte Gendarm Pieper an den häuslichen Kaffeetisch, der ihn erwartete. Lina, die Hausfrau, legte gewiß schon die rotgeblümte Dede auf und wartete nur auf seinen Schritt im Hausflur, um die weiße, goldgeränderte Kanne, der so lieblicher Duft entströmte, auf den Tisch zu sehen. Nach dem Kaffee würde er sich auf das Kanapee lang streden, ein wenig Zeitung lesen, mit den Kindern spielen oder auch Jedenfalls einige häusliche Angelegenheiten mit Lina erörtern. feinen dienstlichen Schritt mehr für heute! Was war denn zu holen bei den ewigen Patrouillen? Rein garnichts. Rheumatismus allena falls. Daran hatte er ohnehin genug. Das Verbrechen saß warm in feinen Schlupfwinkeln und ging, wagte es sich wirklich hinaus, jeder blanten Helmspike in weitem, weitem Bogen aus dem Wege. Blieben noch die Handwerksburschen ohne genügende Legitimation. Mochten sie laufen! Heute wenigstens. Am liebsten sah er überhaupt nach der anderen Seite und wenn man nicht mitunter einen lebenden Beweis seines Diensteifers hätte erbringen müssen
-
Gendarm Pieper fuhr aus seinem Gedankenmonolog und riß die Auger auf. Vierzig Schritte vor ihm, an den Holzzaun des Bäckers gelehnt, stand eine Gestalt: ein Mann mit gebräuntem, hagerem Gesicht, mit unordentlichem Haar und Bart, in durchnäßter, schäbiger Kleidung und zerrissenen Schuhen. Fast schien's, als habe der Fremde auf ihn gewartet; er blickte den Beamten groß an und ging langsamen Schrittes in den Bäderladen.
Kreuz und Stern!" Pieper 30g e Säbelfoppel enger, sehte feine strengste Amtamiene auf und stemit energischen Schritten