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spanische Lotterwirtschaft: Habana ist seit dem Jahre 1901 fieber- Karneval, wie er dort gefeiert wird, ist weit und breit berühmt frei und muß sich jetzt vor New Orleans in acht nehmen. und lockt Tausende von Besuchern an. Die ganze Stadt ist ein FestErst mal vor der eigenen Tür zu kehren, daran dachte man plaz; eine tolle Luftigkeit breitet sich aus, prächtige Umzüge finden nicht, weil die Epidemie in New Orleans gewöhnlich nur sehr schwach statt. Männlein und Weiblein machen die wildesten Sprünge; auf auftrat. Seit Jahren ist den Bürgern in den Südstaaten nicht ein den Straßen, in jeder Halle ist ein Narrenfeft. In den Städten im solcher Schrecken eingejagt worden wie gegenwärtig. Schwere Norden der Vereinigten Staaten fennt man dergleichen nicht. Epidemien tamen in New Orleans in den Jahren 1853 und 1878 Der Reisende, der Geld in seinen Beutel getan hat, kann in bor . Damals starben Tausende, während es sich bei der jetzigen New Orleans sehr vergnügte Tage verleben. Da gibt es eine große Epidemie nur um Hunderte Handeln wird; aber gerade die miserablen französische Oper neben dem Grand Opera House der Amerikaner. sanitären Zustände in New Orleans schaffen für die Seuche noch an eleganten Hotels, Musithallen und Kneipen fehlt es nicht. Es einen gefährlichen Nährboden, daß sie leicht aller Kontrolle ent- ist ein Vergnügen, durch die Canal Street oder in den verschiedenen wachsen kann. Im Norden der Vereinigten Staaten tennt man das Stadtvierteln zu bummeln und das Straßenleben zu beobachten, gelbe Fieber nicht mehr, aber in früheren Zeiten gab es in den oder auf den französischen Märkten, bei den offenen VerkaufsJahren 1699, 1762, 1793, und 1802 Epidemien in Philadelphia. ständen und Kaffeehallen, wo sich immer eine bunte Menge drängt. In New York forderte die Seuche 1791 viele Opfer; 1798 brach in Auch viele Deutsche gibt es in New Orleans ; über zehntausend. vielen fleineren Orten im Norden das gelbe Fieber aus. Gute Sie haben sogar eine eigene tägliche Zeitung, wenn auch die sanitäre Vorkehrungen find natürlich das beste Schutzmittel. Auguſt wenigsten darauf abonnieren. Die Abonnenten find Nebensache und September sind erfahrungsgemäß die gefährlichsten Monate für bei den deutschen Zeitungen in Amerika ; ihre Zahl ist stets ein sorgeine Fieberepidemie in New Orleans . Wenn nicht eher, so erlischt fältig gehütetes Geheimnis. Die Hauptsache sind die Anzeigen. die Epidemie im Dezember vollständig. Weit mehr verbreitet und gelesen ist die französische tägliche Beitung, entsprechend der größeren Zahl der französischen Be völkerung.
In New Orleans spricht man von einer amerikanischen und einer französischen Stadt. Die Canal Street, die rechtwinklig vom Fluß her New Orleans durchschneidet, bildet die Grenzlinie zwischen beiden Stadtteilen. Zahlreich sind die Franzosen , Spanier und Italiener in New Orleans vertreten, und es ist besonders im italienischen Viertel, wo das gelbe Fieber die größten Opfer gefordert hat. Dort herrscht die drückendste Armut und die größte Unsauberfeit. Unter den Amerikanern sind die Fieberfälle seltener; auch die Negerbevölkerung ist ziemlich verschont geblieben, und es wimmelt von Negern in New Orleans .
Wie überall in den Südstaaten, besteht eine strenge Scheidung zwischen den Menschen schwarzer und weißer Hautfarbe. Nicht nur das. Wer irgend ein Merkmal besikt, daß ein Tropfen Negerblut in seinen Adern fließt, der wird von den Amerikanern als Mensch zweiter Klasse betrachtet. Sein besseres Lokal, kein Theater, kein Verein von Weißen, auch keine Arbeiterorganisation von Weißen steht ihm offen. In den Bahnzügen müssen die Neger in besonderen Wagen reisen; in den Restaurants in besonderen Abteilungen speisen. Selbst in den billigsten Stosthäusern, wo ein Chinese für 15 Cents eine Mahlzeit zusammenschmort, wird in der Mitte des engen Raumes ein schmutziges Laken aufgehängt, um zwei Abteilungen zu schaffen: die eine für die weißen Gentlemen, die andere für die verdammten Niggers, wenn auch beide Sorten Kostgänger gleich schmutzig und verlumpt aussehen. Die Scheidungslinie geht von hoch oben bis tief nach unten. Oben genügt schon ein Tröpfchen Negerblut, um eine Person, männlich oder weiblich, gesellschaftlich zu ächten. Den offenen Verkehr wird der Yankee jederzeit meiden. Dagegen schleicht er heimlich gern zum Liebchen mit etwas Negerblut, denn so schön und feurig sind die Vollblutamerikaner lange nicht. Das wissen die letzteren und sie tragen um so höher die Naje, stolz auf ihre weiße Hautfarbe, wenn sie diesen blutäugigen, leicht gefärbten Schönheiten auf der Promenade in der Canal Street begegnen. Nach Sonnenuntergang, wenn des Tages größte Hike borbei, promeniert dort immer eine zahlreiche Menge.
Durch die Gewohnheit abgeftumpft, nehmen sich die Neger die entwürdigende Behandlung nicht sehr zu Herzen. Es ist im Gegenteil ein lustiges Völlchen, immer zu Späßen aufgelegt. Wenn des Abends die Familien auf den Höfen oder vor den Häusern zusammenfißen, dann wird musiziert und getanzt, auch manchmal von den Jungen gerauft, während die Alten schmunzelnd zuschauen, die Männer mit dem Kautabak im Munde, die Weiber mit furzen Tonpfeifen, aus denen sie glückselig schmauchen. Viel Aberglaube findet man unter ihnen. Um die mitternächtige Stunde einen Kirchhof zu besuchen oder ein verlassenes Haus zu betreten, in dem einmal eine Mordtat verübt worden ist, das wäre ein großes Heldenstück. Freilich würden auch viele Weiße davor zurückschrecken, aber ohne ihre Schwäche einzugestehen, während die Neger jeden warnen würden, eine solche„ Torheit" zu begehen. Auch vor den Hospitälern haben sie ein schwer zu überwindendes Grauen.
Biele Neger sprechen französisch und oft besser als englisch . Unter den vielen fremden Sprachen in New Orleans ist das Französische vorherrschend. Es hat sich noch ein guter Rest des alten Franzosentums dort ein Heimatsrecht bewahrt. New Orleans wurde 1718 von französischen Ansiedlern gegründet, bis sich 1763 die Spanier dort feftfeßten, um 1800 wieder den Franzosen Blaz zu machen. Als Napoleon I. im Jahre 1803 das Lousiana- Gebiet an die Amerikaner verkaufte, fiel auch New Orleans an die Vereinigten Staaten und entwickelte sich zu einem Handelsplatz ersten Ranges, zu der Hauptstadt des Südens der Vereinigten Staaten .
Baumwolle, Zucker, Reis, Tabak sind neben vielen anderen die Hauptartikel, um welche sich das Interesse der amerikanischen Geschäftsleute von New Orleans dreht. Vorherrschend ist Baum= wolle. Ueberall begegnet man den hochbeladenen Wagen, welche die festgepreßten, durch Eisenreifen gehaltenen Ballen Baumwolle transportieren. Nächst Liverpool ist New Orleans der größte Baumwollenmarkt der Welt. Der Schiffsverkehr ist sehr bedeutend, das zeigt der Hafen mit seinem regen Treiben. Langgestreckte und über vier Meter hohe Dämme schützen die Stadt vor den Ueberschwemmungen des Mississippi .
So abgeftumpft und denkfaul die Masse der Bürger im allgemeinen ist, so gleichgültig, wie man sonst die Dinge ihren Lauf nehmen läßt, durch die gegenwärtig herrschende Epidemie wurde New Orleans gewaltig aufgeschreckt. Die blasse Angst packt jeden, wenn er hört, daß" Yellow Jack", das gelbe Fieber, seinen Einzug gehalten hat. Die Stadtverwaltung besinnt sich plötzlich auf ihre Pflichten, die Bürgerschaft wird aufgerüttelt. Mit rüdsichtsloser Energie wird ausgeführt, was man gerade für notwendig hält, und was erreichbar ist. Schnell werden große Fonds angesammelt, um in den Quartieren der Armen aufzuräumen und jedem Kranken beizustehen, nicht aus Mitleid und gutem Herzen, sondern aus Angst um das eigene teure Leben. Sobiel wird wenigstens damit erreicht, daß wieder einmal etwas wirklich Gründliches getan wird zur Verbesserung der sanitären Zustände dieser großen, reichen Handelsstadt mit ihrer schlechten Verwaltung.
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Artur Baar
Kleines feuilleton.
Amerikanischer Schwefel. Wir lesen im Prometheus": Die reichen Bodenschäße der Vereinigten Staaten ermöglichen es der Industrie dieses Landes, fast ihren gesamten Bedarf an Rohmaterial im Inlande zu decken. Nur für Kaliumsalze, die in Amerifa ganz fehlen, und für Schwefel, der nur in geringen Mengen gefunden wurde, war man bisher auf den Import angewiesen. Nun aber dürfte sich das ändern, und es ist alle Aussicht dafür vorhanden, daß Amerika binnen kurzem enorme Mengen Schwefel an den euro päischen Markt bringt und damit der bisherigen Hauptschwefelquelle der Welt, der Insel Sicilien , sehr gefährlich wird. Nach Mitteilungen von Profeffor Lunge- Zürich in der Zeitschrift für an= gewandte Chemie ist es nämlich einem Deutschamerikaner H. Frasch gelungen, große Schwefellager in Amerika zu erschließen, die er fchor 1893 im Staate Louisiana entdeckt und erworben hatte. Die Ausbeutung der Lager stieß aber auf fast unüberwindliche Hindernisse, da der Schwefel unter schwimmendem Gebirge lagert, welches ein Niederbringen von Schächten selbst mit Hülfe des bekannten Gefrierverfahrens nicht zuließ. Da kam schließlich Frasch auf den neuen Gedanken, den Schwefel nicht bergwerksmäßig abzubauen, sendern ihn im Erdinnern durch Zuführung gewaltiger Mengen stark überhitten Wassers zu schmelzen und den flüssigen Schwefel durch geeignete Pumpen zutage zu fördern. Auch dieses Vers fahren stieß anfangs auf vielerlei Schwierigkeiten, die aber jetzt soweit gehoben sind, daß Fraschs Werke heute mit Hülfe einer Dampftesselanlage für 135 000 PS täglich etwa 1600 Tonnen flüssigen Schwefel, der fast ganz rein ist, zutage bringen. Das entspricht einer Jahresförderung von über 500 000 Tonnen, während die Jahresproduktion aller sicilianischen Schwefelgruben zusammen nur etwa 470 000 Tonnen beträgt.
Musik.
Wenn in Berlin von einer fünstlerischen Darbietung recht wenig Aufhebens gemacht wird, so ist dies schon ein Grund zur Vers mutung, daß es sich um etwas Ernstes, Tüchtiges handelt. Die Premiere, die wir vorgestern hatten, ging faum etwas von dem ver widelten Getriebe voraus, das sich sonst um derlei Ereignisse schlingt. Man bekam gegen ein nur wenig verteuertes Geld noch ein Plätzchen, von dem aus man rechts und links von den Köpfen der Parkett. besucher ein paar Stückchen Bühne entdeckte.
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Die Oper, die wir hörten, geht auf ein Jugenddrama von Henrik Ibsen zurück: Das Fest auf Solhaug". Das Stüd stammt aus dem Jahre 1855, wurde 1856 zuerst in Bergen gespielt und in unseren Kreisen erst spät bekannt, wobei die autorisierte Uebersetzung von Emma Klingenfeld ( Leipzig bei Reklam) maßgebend zu sein scheint. Das Werk gilt als eine Vorstudie zu der Nordischen Heerfahrt", jedoch mit günstigem Ausgange gegenüber tragischen des letzteren Stückes. Der Inhalt ift dramatischen Sinne dürftig und wird höchstens durch Reihe undramatischer Zufälle mit einem Giftfläschchen
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