-

910

-

( Fortsehung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Biola  , Fagott und Tamburin. An der Wölbung der Tür- Ort, wie ein Mensch, der sich zu Hause fühlt; gleichgültig gegen öffnung zogen sich auch drei große Bogen Girlanden mit die Zeit, war sie zu der kleinsten Reform unfähig und schien Figuren hin, Engel, Könige und Heilige, die unter kleinen, sich um die einschneidende Veränderung all der Dinge, die sie zart wie Spigen gearbeiteten Baldachinen hausten. An den umgaben, absolut nicht zu fümmern. fräftigen Mauern sah man die zwölf Apostel, aber so entſtellt und zerschlagen, daß Christus selbst sie mit ihren abgehackten Händen nicht erkannt hätte: eine ganze Reihe häßlicher Figuren, weniger Aposteln als Kranken ähnlich, die einer Klinik entlaufen waren und traurig ihre verkrüppelten Glieder zur Schau stellten. Oben, an der Spiße des Portals, zeigte sich unter einem Eisennet, wie eine Riesenblume, die Rosette aus farbigem Glas, durch die die Kirche ihr Licht er­hielt, und unten an der Grundmauer sah man Säulen, die mit den Wappen von Aragonien   geschmückt waren; doch die Steine waren abgenutzt, als hätten sich zahllose Generationen an ihnen gerieben.

Wenn man den Verfall dieses Portals sah, dann merkte man, daß der Aufruhr und die Empörung hier gehaust hatten. In anderen Jahrhunderten hatte sich vor diesen Steinen ein ganzes auffässiges Volf versammelt, der Valencianismus hatte hier gewettert und rot vor Wut getobt, und diese ver­stümmelten und wie ägyptische Mumien abgeschabten Heiligen blickten mit ihren zerbrochenen Köpfen gen Himmel und schienen jetzt noch auf die Sturmglocke der Union   oder auf die Büchsenschüsse der Germanier" zu lauschen.

"

Als der Alguazil alles zur Sigung hergerichtet hatte, blieb er am Eingang der Schranke stehen, um auf die Richter zu warten. Diese erschienen; reiche, feierliche Bauern, schwarz gefleidet, mit weißen Strümpfen und das seidene Tuch unter dem breiten Hut: jeder schleppte eine ganze Schar von Kanal­wächtern und Gerichtsdienern mit, die vor der Eröffnung der Sigung ihr Urteil bereits zu beeinflussen mußten.

Jener trockene und frummgehende Alte, dessen rote schwielige Hände fich zitternd auf die Krücke eines dicken Stodes stüßten, war Cuart Feitenar. Jener andere forpulente und majestätische, mit den kleinen Augen, die man unter den beiden Büscheln weißer Haare kaum sah, die die Stelle von Wimpern bei ihm vertraten, war Mislata. Dann fam Rascana, ein kräftiger Bursche mit steifgeplätteter Bluse, mit dem runden Kopfe eines Laienbruders. Dann erschienen die vier anderen: Favara  , Robella, Tormos und Mestalla. Diese Männer waren die Herren und Gebieter über das Wasser, sie hielten das Leben der Familien in ihren Händen und bestimmten die Nahrung der Felder, die Bewässerung, deren Entziehung eine Ernte tötete; gegen ihre Beschlüsse gab es keine Berufung. Und die Bewohner der großen Ebene, die von dem Flusse wie von einer unüberschreitbaren Grenze in zwei Teile geschieden wurden, deuteten auf jeden Richter und gaben ihm den Namen des Kanals, für den er bestimmt war.

Jetzt war die Vertretung der beiden Ufer vollzählig, die des linken Ufers mit vier Kanälen, auf denen sich die Huerta von Ruzafa erstreckt, und die des rechten Ufers, des poetischen, wo die Erdbeeren von Benimaclet, die Gräser von Alboraya  wachsen, und wo die Gärten stets in Blütenpracht stehen.

Die sieben Richter begrüßten sich wie Leute, die sich die ganze Woche nicht gesehen haben, fie plauderten von ihren Angelegenheiten, vom Portal der Basilika und von Zeit zu Zeit, wenn sich die mit religiösen Sprüchen bedeckten Flügel­türen öffneten, verbreitete sich in der glühenden Atmosphäre des Plates ein starker Weihrauchduft.

Um elfeinhalb Uhr, als der Gottesdienst beendet war, und nur noch einige, die sich verspätet hatten, aus der Kathedrale tamen, trat der Gerichtshof in Tätigkeit. Die fieben Richter setzten sich auf das alte Sofa; die Leute aus der Huerta famen von allen Seiten herbei, sich um die Schranke zu scharen, sie drängten sich mit ihren schweißgebadeten Körpern, die nach Stroh und Dung rochen; und der Alguazil stellte sich steif und majestätisch neben den mit einem Bronze­hafen versehenen Mast, der das Symbol der Wasserjuſtiz

bildete.

Die Sieben Kanäle" entblößten das Haupt, blieben dann unbeweglich, die Hände auf den Knien, die Augen starr auf den Boden gerichtet, fizen, und der Aelteste sprach die übliche Phrase:

" Die Sigung ist eröffnet." Tiefe Stille. Die ganze Menge verharrte in ehrfurchts vollem Schweigen und benahm sich auf diesem öffentlichen Blaze wie in einem Tempel. Der Lärm der Wagen, das Rasseln der Pferdebahn, der ganze Lärm des modernen Lebens machte sich in der Nähe bemerkbar, ohne diese antife Institution u berühren oder zu stören; sie blieb ebenso ruhig an diesem

Neue Obftforten und neue

Gartenblumen.

das man im Volte fälschlich für ein Wahrwort hält. Die Rosen " Keine Rose ohne Dorn" lautet ein bekanntes Sprichwort, find eigentlich alle dornenlos, ihre Waffen sind Stacheln, die sich

als Auswüchse der Rinde darstellen, Dornen aber sind Gebilde, die mit dem Holze verwachsen find. Wir finden Dornen bei der heimischen Schlehe, unserem Weißdorn, dem Sanddorn, der Gle­ditfchie unserer Gärten u. a. Es gibt aber heute künstlich gezüchtete Wildrosen, denen jede Bewehrung fehlt, fodaß sie dem Gärtner die bisher blutige Arbeit des Veredelns sehr erleichtern, ja es find auch bereits Edelrosen entstanden, die, wenn auch noch nicht ganz, so doch fast stachellos sind, so daß selbst zarte Hände fie ungestraft pflüden tönnen; aber mit den Stacheln ging diefen übermodernen Rosen auch ein gut Teil ihrer Lebenstraft ver­

loren.

Die Menschen sind immer unzufrieden, sie stellen Forderungen an manche Pflanzen, die mit deren Natur in Widerspruch stehen, da aber die Gärtner den Modelaunen nach Möglichkeit Rechnung tragen müssen, so hat dies die Züchter neuer Pflanzen vielfach auf Abwege geführt. Ganz absonderliche Ergebnisse sind die Folge davon.

Wenn auch die blaue Rofe, die himmelblaue Dahlie und die schwarze Tulpe Phantasiegebilde geblieben find, so legen doch andererseits die st a che llose Stachelbeere, ber stacjelloje eigenfaftus, die blaue Gladiole und der fernlose Apfel Zeugnis davon ab, daß sich die Natur gelegentlich auch auf den Kopf stellen läßt. Natürlich kommen die meisten dieser Pflanzenzüchtungen aus Amerika  . In Kalifornien   lebt ein Züchter namens Luther Burbank  , der Pflanzenzauberer", wie man ihn nennt. Er hat durch Kreuzungsversuche speziell für die Blumengärtnerei hervor­ragendes geschaffen. Daneben experimentiert er aber auch nach einer anderen Seite, wobei ihm als unentbehrlicher Mitarbeiter der Zufall zu Hülfe kommt. Wir alle wissen, daß die Frucht der Brom­beere im Reifezustande von tieffchwarzer Farbe ist. Durch Zufall züchten. Amerika   ist das Land der großfrüchtigen und reichtragen­ist es Herrn Burbank   gelungen, eine weißfrüchtige Sorte zu ben Brombeerforten von außerordentlicher Ergiebigkeit. Manche Brombeersorten find durch Kreuzungen mit Himbeeren entstanden und haben die sogenannten brombeerartigen him­beeren ergeben, unter welchen die Logan Berry mit tiefroten, aber nicht sehr wohlschmeckenden Früchten die wertvollste ist, wert­voll auch durch die Eigenschaft, feine Ausläufer zu bilden. Seit einigen Jahren beobachte ist auf meiner Obstplantage diese Sorte neben den vorzüglichen amerikanischen   Büchtungen Bonanza, Lawton und der prächtigen zur Guirlandenbildung geeigneten Lucretia  . Gleichzeiti, mit diesen wurde auch die Burbanksche weiße Brombeere angepflanzt. Es zeigte sich aber, daß die weiße Farbe ein Fluch für die Sorte ist; denn während alle übrigen durch ihren reichen Ertrag imponierten, ist die Burbanksche weiße Büch tung bisher vollständig ertraglos geblieben, ja sie hat trok träf­tigen Wuchses noch nicht einmal eine einzige Blüte zur Ent­widelung gebracht.

Burbank   hat, wie man weiß, auch fernlose Obstsorten ge­züchtet, unter anderem eine ternlose Pflaume und einen fernlosen Apfel. Auch diese beiden Züchtungen find sehr überflüffig und zweifellos minderwertig im Geschmad. Für den fernlosen Apfel soll jetzt eine gewaltige Reklame in die Wege ge­leitet werden. Daß dieser von einer neubegründeten Gesellschaft ausgehende Fischzug den Spekulanten jenseits des Ozeans gewaltige Summen einbringen wird, ist zweifellos. Dagegen erscheint es zweifelhaft, ob unserem heimischen Obstbau mit diefer neuen Er­rungenschaft gedient sein wird. Mich persönlich hat wenigstens das Kernhaus eines edlen Apfels bisher niemals gestört und es unterliegt gar keinem Zweifel, daß der neue ternlose Apfel auch beranreicht. Es ist übrigens eine ganz irrige Anficht, anzunehmen, nicht entfernt an die altbewährten Tafelsorten unserer Gärten daß ternlose Früchte etwas durchaus Neues auf dem Gebiete der Gartenkultur darstellen. In den Tropen find alle Kultursorten der Banane abfolut ternlos und können daher nur auf fünftlichem Wege fortgepflanzt werden. Es gibt ferner unter den Apfelsinen, speziell unter den feinen dünnschaligen. Sorten zahlreiche, die ganz oder fast ternlos find, und in unseren heimischen Gärten sind seit mehreren Jahren fernlose Mispeln und ebensolche Johannisbeeren, beide selbstverständlich minderwertig, bekannt. Wenn auch die letzt genannte Frucht speziell als Konservenfrucht eine gewisse Griſtenz­berechtigung haben mag, so ist sie zum Rohgenuß doch untauglich.

Wie es manche Menschen gibt, denen der Kern einer Frucht, der doch dazu berufen ist, die Art weiter fortzupflanzen, überflüssig erscheint, so empfinden es andere als Mangel, daß dieser oder jener