Alle Leiermänner saufen," behauptete Karl kühn. Ach Du mit dem ollen Husaren!" Vor jedem der Jungen lag ein Bogen Pappe. Zwischen den beiden Pappen stand ein Topf mit Stäriekleister, den ihnen die Mutter angerührt. Dazu für jeden einen Holzspan. Ein Weilchen wars ganz still in dem kleinen Zimmer. Nur die eifrigen Scheren klapperten. Emil schielte fortwährend zu Karl hinüber, der viel ruhiger arbeitete und deshalb auch zuerst sagen konnte:So. Ausgeschnitten Hab ich ihn." Ich auch gleich! Meiner ist schwerer." Ganz eilig sprachs Emil:Du mußt warten." Wieso." Ja, Du mußt warten!" Wollen wir Wette kleben?" Au ja!" Emils Augen blitzten und die Finger mit der Scher- zitterten vor Hast.Aber zugleich anfangen! Augenblick! So, da liegen sie was für»e Masse Stücke!" Er zog die Stirn in Falten:Puste mir doch Deine Schnippsel nich rüber! Was soll ich denn damit! Meinst woll, ich wer dann später fertig?" Hab Dich man nich.". Karl suchte seinen Husaren zusammen. Ja," sagte Emil,wenn Du Dir alles in die Reihe legst." Kannst Du ja auch." Nein. Weißt Du was? Wir rühren beide Hampelmänner zusammen!" Na, das gibt ne schöne Wäsche." Karl sprach's seiner Mutter nach. Alles auf einen Haufen. Au ja! Das macht Spaß. Dann > wer zuerst fertig istz der kriegt dann krieg ich dann krieg ich Deinen Husaren krieg ich!" Pöh! Meinen Husaren! Das möchste woll! Und was krieg ich?" Du?" Emil wunderte sich mächtig.Du?" Na. hast Du etwa schon gewonnen?" Nee. Aber ich werde!" Erst sag mal." .Du kriegst Du kriegst wenn Du gewinnst, aber Du gewinnst nicht! Du kriegst meinen Leiermann!" Pöh!" Karl lachte.Nee. So dumm!" Noch einen Pfennig." Einen ganzen?" Karl überlegte:Wieviel Pfennige hast Du?" Einen Sechser." Dafür krieg ich drei Zigaretten, eghptische. Also, wenn ich gewinn, den Sechser." Den ganzen? Aber Du gewinnst ja doch nich. Js gut." Es kostete dem Jüngeren riesige Selbstüberwindung.Aber keinen Spuk machen und nich mogeln!" Vier Hände rührten die Gliedmaßen der Hampelmänner gehörig durcheinander. So!" entschied Emil.Jetzt ist's genug. Jetzt wenn ich sage: jetzt! dann fangen wir an." Er streckte schon die Hand aus:Jetzt!" Beide griffen im gleichen Augenblick zu. Emil triumphierte:Ich Hab gleich den Kopf!" Weil Du ihn obenauf gelegt hast," sagte Karl und suchte sich gemächlich ein Stück vom Hufaren.Aber ich krieg Deinen Sechser doch." Keine Angst!" Emil lachte gezwungen und ließ die Augen fortwährend hin- und hcrgleitcn in der Befürchtung, Karl werde ihm zuvorkommen. Der ließ sich nicht stören, sah nicht unnötig auf und klebte mit Liebe und Sorgfalt. Sein Bruder ward immer fahriger. Nanu," sagte Karl endlich,wo ist denn mein anderes Bein? Und vom Leiermann sind noch zwei hier? Emil! Du hast ja ei» Husarcnbein aufgeklebt!" Nich wahr!" Emil ward feuerrot. Gewiß. Da! Gib wieder her!" Du sollst hier nichts anfassen!" Kann ich. Es ist mein Bein?" Es ist mein Bein! Geh weg Du oder!" Emil stieß ihm den klebrigen Holzspan auf die Hand. Du, das last' sein, ja?" Du willst bloß früher fertig werden!" schrie Emil und klebte mit einer wahren Wut darauf loS. D u willst! Du betrügst ja! Hast schon wieder ein Stück vom Husaren in der Hand! Gib her!" Er faßte zu. Ritsch! Ein Arm des Husaren fiel in zwei Teile. Siehste!" Emil lachte höhnisch.Da haste's!" Er lvarf ihm das zweite Stück auch noch hin. Ritsch! Das gebrochene Holzbein des Leiermanns flog auf Emils Pappe:Siehste! Da haste'S!" Emil funkelten die Augen. Er tauchte seinen Span recht tief in die Stärke und klatschte sie mit einem triumpierendenHöhöhö!" auf Karls Pappe:So!" So!" Echo. Von Karls Fingern geknipst, flog die Stärke Emil auf die Nase. Ferkel!" Emil nahm den ganzen Topf und kippte ihn auf den Husaren:Höhöhö! Nu hat er'n Pelz an!" Und stellte sich gleichzeitig in Positur, den unvermeidlichen Faustkampf erwartend. Aber zunächst flog ihm nur derPelz" deS Husaren mitsamt der Pappe um die Ohren. Dann ging's los. Emil schoß wie ein Gummiball hinter dem Tisch hoch, nach Karl auslangend. Aber seine Nase begegnete unterwegs der Faust des Bruders, weshalb Emil es vorzog, sich unter den Tisch zu ducken, schnell um ihn hcrumzuschleichen und einen Seitenangriff zu unternehmen. Abgeschlagen. Ein dritter Angriff mit allen verfügbaren Kräften. Dann klebten sie aneinander. Emils Hände in Karls Haarschopf. Karls Faust trommelte in seines Bruders Genick. Betrüger!" Ferkel!" Und so weiter. Immer heißer das Ringen, immer heftiger das Stoßen» Schlagen, Kratzen. Dazu ein wütendes Geächz und Gestöhn. Plötzlich ein Krach. Der Tisch schlug um. Mit ihm die Kämpfenden. Einer riß die gehäkelte Kommodendeck- herab. Die nahm eine Vase, eine Nachtlampc und einige Photographien mit. Klirr klirr klirr! Schreck! Einen Augenblick Waffenstillstand. Emil kniete auf Karl. Der würgte ihm den Hals... Da ging die Tür auf. Der Vater trat herein, aus dem Mittagsschlafe gestört. In Hemdärmeln. Die Hosenträger in der Hand. Klatsch! Klatsch! In der Tür die Mutter mit angstvollem Gesicht:Aber, mein Gott..." Klatsch! Klatsch! Meine Vase! Die Lampe! O, ihr unnützen Bengel!" Mutter suchte die Scherben auf. Die beiden Jungen standen schon. Karl mit schaurig zer- wühltem Haar, eine lange Kratzwunde im Gesicht. Emil mit zer- rissenem Hcmdkragcn, kleisterbesudeltem Anzug und blutender Nase. Indem er die roten Tropfen mit dem Aermel abwischte, lachte er:Höhöhö! Wir spielten man bloß" Ja." Karls Brust keuchte noch.ES war man bloß Spaß." Und die Mutter sagte:Das gibt'ne schöne Wäsche!" Humoristisches. N n r Beruf. Richter:Herr Professor, können Sie nur den Mann beschreiben, der damals zwei Monate in Ihrer Klinik gelegen hat und operiert wurde?" Zeuge:Ja, aber nur... innerlich l" Kühnes Bild. G a st w i r t:Ein garstiger Mensch, der Flinzerl!... Wenn der einmal ein paar Fliegen in der Suppe filidet, macht er einen Skandal, als ob ein paar Elefanten in seinem Teller schwämmen." Die armen Schweine! Bäuerin(deren Mann ge­storben ist):Ihr armen, annen Säu' l Wer wird euch jetzt zu Neujahr abstechen!?" (Meggenborfer-Blätter".) Notizen. DieJugend" bat eine Auflage von 70 000. Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde in Stuttgart , zählt gegenwärtig 13 000 Mitglieder. Der Journalist Julius L ö w h ist in Wien im Alter von 3S Jahren gestorben. Er war Redakteur derBlutigen Hacke", d. h. desIllustrierten Wiener Extrablattes" und stets dabei, wenn es galt, für dendummen Kerl" von Wien eineHetz" zu ver- anstalten. In den meisten Fällen Ivar er sogar der Anstifter. Auch als Kriegsberichterstatter machte er sich beliebt. Nach den, bosnischen Aufstande zischelte man freilich, seine schaurig- schönen Berichte seien ihm in Wien aus der Feder geflossen. Tatsache ist: Frei- karten nach Bosnien gab es damals für Journalisten noch nicht. Im Schauspielhause gebt als nächste Neuheit Franz v. Schönthans Schauspiel,Klein Dorrit" in Scene. Opernvorstellungen im Berliner Theater wird vom 1. Januar ab Direktor Prasch mit dein Ensemble des Theaters des Westens veranstalten. Wie verlautet, sind wöchentlich drei Opern-Abende in AnSsicht genommen. An den andern Tagen will Bonn weiter spielen.. Im Schiller-Theater N. findet am Sonnabend eine Aufführung von Grillparzers dramatischem MärchenDer Traum ein Leben" statt. Fräulein Faßbender vom Hoftheater in Karlsruhe ist verpflichtet worden, bei den nächsten Bahre uther Fe st spielen in einer AnzahlParsival "-Vorftcllungen die K u n d r y zu singen. Frühere Mitglieder derElf Scharfrichter" haben sich mir Peter Allenberg und Felix Dörmann zusammengctan und in Wien ein Künstlerbrettl,Das Nachtlicht", gegründet. t. Ein Goliath unter den Pilzen wird in der Zeitschrift der französischen Mykologischen Gesellschaft beschrieben. Danach hat eS ein Pilz von der Art.Psalliota carnpestris fertig gebracht, den seit mehr als einem Jahr gelegten Asphalt einer Straße empor zu heben, um sich ans Licht durck'zuarbeiten. Man hat sich diesen sondarbaren Erfolg dadurch zu erklären versucht, daß mit dem Wachstum des Pilzes eine erhebliche Wärmecntwickelung vcrbimden ist, die zuvor den Asphalt aufgeweicht hatte. Berantwortl. Redakteur: Hans Weber» Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerci u.VcrlaLSaustaltPaulSlugerScCo.,BerlinSW.