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Zwei Wege sind es, die der Gärtner wandelt, um Maiblumen das ganze Jahr über in Blüte zu haben. Was vor zehn Jahren von Weihnachten an zum Verkauf gelangte, das sind getriebene" Blumen. Unter Aufwand großer Wärme und entsprechender Feuchtigkeit werden Keime vorzeitig zum Blühen gezwungen, wie das bei anderen Treibpflanzen auch der Fall ist. Das ist auch heute noch nicht anders geworden.

Was aber vom Sommer bis Weihnachten auf den Markt kommt, das sind keine getriebenen, sondern zurückgehaltene" Blumen. Diese Blumen hätten sich schon im letzten Maimonat entfaltet, wenn der Trieb nicht durch ein künstliches Mittel zurückgehalten worden wäre. Man hat die Keime, welche solche Blumen hervorbringen, Eiskeime" genannt, und zwar deshalb, weil der Trieb durch Eis. lagerung zurückgehalten wird.

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Wenn im Herbste die Maiblumenkeime aus dem Erdboden ge erntet" werden, so kommen die für die Eislagerung bestimmten Keime in ein Stühlhaus oder in einen Eisfeller, to infolge der niedrigen Temperatur die Begetation vollständig stockt. Erst wenn im folgenden Sommer oder Herbst die Keime aus dem Kühlhause in das Gewächshaus gebracht werden, entfalten sich die Blumen recht schnell.

Die ersten Versuche mit der Eislagerung der Maiblumenkeime machte eine Vierländer Gärtnerei, und aus den primitivsten An fängen heraus hat sich die Eislagerung binnen furzer Zeit derart entwickelt, daß jetzt im Hamburger Mühlhause und an einigen anderen Orten alljährlich weite Räume mit Kisten vollgestapelt werden, die Maiblumen- Eisfeime enthalten. Der Hauptstapelplatz ist Hamburg , von wo aus die Eiskeime, direkt vom Kühlhause ab, in die Gärtnereien ganz Deutschlands wandern.

Durch diese Eislagerung mußte natürlicherweise die Maiblumen fultur eine wesentliche Förderung erlangen, und es werden jetzt jährlich weit höhere Werte in Maiblumen umgesetzt als es vor zehn Jahren der Fall war. Der ideale Wert der Maiblume ist hingegen gesunken. Dies ist leicht erklärlich. Früher wurden die erſten ge= triebenen Maiblumen stets freudig aufgenommen, weil man monate­lang diese lieblichen Blüher entbehren mußte. Jetzt kann man sie das ganze Jahr über haben, und da ist der Neiz der Neuheit nicht mehr vorhanden.

k. Aus den Erfahrungen eines Tierbändigers. Der Löwen- I schränkte ist, jetzt das ganze Jahr hindurch zu haben ist. Es sind bändiger Hamburger, der in der Dressur wilder Tiere Hervor- fnapp zehn Jahre her, da gab es die ersten Maiblumen erst zum ragendes geleistet hat, bietet durch interessante Berichte über die Weihnachtsfeste, und sie waren von diesem Zeitpunkt an bis zum Methode seiner Dressur reiches Material für einen Artikel, den Mai in den Blumengeschäften käuflich. Jetzt kann man auch vom The London " veröffentlicht. Ein Tier zähmen, das heißt nach Juni bis Dezember Maiblumen haben. seiner Meinung soviel, als es überreden, daß der Mensch der Stärfere von beiden ist und daß es keine Macht besißt, ihm zu schaden. Mit Gewalt vermag man kaum ein Tier zu dieser Ueberzeugung zu bringen; vielmehr ist eine lange sorgfältige Vorbereitung, dann eine allmähliche Gewöhnung an den Dresseur und ein starker persönlicher Einfluß, in dem das Genie des Tierbändigers beschlossen liegt, von­nöten. Nichts ist verfehlter, als einen Löwen durch Hunger gefügig machen zu wollen. Der Löwe wird gut ernährt, und zunächst dient fein anderer Gegenstand dazu, ihm die ersten Begriffe von der Sinn­losigkeit seines Tuns beizubringen, als ein einfacher hölzerner Stuhl. Der wird mit großer Vorsicht in den Käfig gestellt. Mit einem Satz stürzt sich das wütende Tier auf ihn, und in einem Moment ist er zertrümmert. Am folgenden Morgen steht ein neuer Stuhl da und erleidet dasselbe Schicksal. Tage reihen sich an Tage, ein Stuhl folgt dem anderen. Da endlich dämmert in dem Löwen das Gefühl auf, daß seine Wut nublos ist. Der Stuhl ist elvig. An dem Tage, an dem er sich zum erstenmal nicht auf den Stuhl stürzt, hat der Dresseur seinen ersten Sieg errungen. Nun wird das Tier durch ein Narkotikum in einen tiefen Schlaf versenkt, und während er bewußtlos daliegt, mit starken Ketten an die Wand gefesselt. Wenn der Löwe wieder erwacht, dann sitzt der Bändiger auf dem Stuhl im Käfig. Mit einem dumpfen Gebrüll springt der Löwe vorwärts, die Ketten ziehen an und legen sich ihn um den Hals, so daß er fast er­würgt den Sprung aufgibt. Acht Tage lang sibt der Mann jeden Morgen früh unbeweglich auf dem Stuhl und das Tier macht nublos seine verzweifelten Anstrengungen. Schließlich springt es nicht mehr, wenn es die fremde Gestalt sieht und ist ruhig. Nun wird der Löwe von den Fesseln befreit, und der Bändiger tritt zum erstenmal dem Tier gegenüber. Er wagt sein Leben; vielleicht sitzt ihm in dem Moment, da die Tür des Käfigs ins Schloß fällt, das Untier an ber Kehle und zermalmt ihn mit seinen Laßen; aber er tritt ohne alle Waffen bei ihm ein. In der einen Hand hält er den bekannten Stuhl, in der anderen eine einfache Heugabel. Um die Brust trägt er einen breiten Harnisch von Stroh, von dem die Klauen des Tieres am besten abgleiten. Den Löwen läßt die ungewohnte Erscheinung erstaunen; wagt er dann etwa einen Sprung gegen den vorgehaltenen Stuhl, so gleitet er von dem Stroh ab. Der Dresseur darf, selbst wenn ihm der Angstschweiß auf der Stirn steht, weder zusammen­zucken noch einen Schritt zurückweichen. Er stößt die stumpfen Spizen der Heugabel gegen die Nasenlöcher des Löwen , in denen er seine empfindlichste Stelle trifft; dann zieht sich der Löwe mit einem dumpfen Gebrüll, das diesmal nicht von Wut, sondern von Schmerz herrührt, zurück. Hat er dieses Experiment mehrere Male wieder­Helt, dann erkennt der Löwe in ihm seinen Meister und läßt sich seine Anwesenheit gefallen. Aber das ist nur die notwendige Vor­bedingung, nach deren Erfüllung die eigentliche Dressur erst beginnen Der Löwenbändiger fümmert sich nun sorgsam um die Pflege des Tieres; er selbst reicht ihm die besten Bissen und ist möglichst biel um ihn. Durch ein vorgehaltenes Stück Fleisch gewöhnt er den Löwen daran, ihm zu folgen und an einer bestimmten Stelle stehen zu bleiben. Ganz langsam lernt er dann die Kunststücke, die er der Menge vormachen soll. Am leichtesten wird ihm das Ueber­springen von Hindernissen; aber alle schwierigeren Produktionen sind ihm nicht anders beizubringen, als wenn er vorher durch Be­täubungsmittel in Schlaf versetzt und während des Schlafes mit Ketten wehrlos gemacht worden ist. Dann bringt man den Löwen durch häufige Einübung dazu, daß er erlernt, das Gleichgewicht auf einer Kugel zu halten, auf einem Wagen zu sitzen und sich auf einer Zugegangen find uns die russischen Erstausgaben Schaufel zu wippen. Ebenso kann ihm durch Gewalt das Ceffnen folgender Werke: 1., Kinder der Sonne". Drama in 4 Aften der Kinnladen beigebracht werden, zwischen die dann der Dresseur von Gorki. Preis 2 M. 2. Der Hunger". Drama in sein Haupt legt. Aber ivie leicht versagt diese mühsam beigebrachte 4 Atten von S. Juschkewicz. Preis 2 M. Feld. Gewöhnung, wie leicht können die Kinnbacken zusammenklappen, gericht". Erzählung von Stitale. Preis 50 Pf. und es ist deshalb eines der gefährlichsten Wagnisse, wenn der 4. Christen". Novelle von L. Andrejeff. Preis 50 Pf. Bändiger diesen Coup ausführt. Wenn das Tier viele Male im ge- Die Bücher sind im Verlage von J. H. W. Diez Nachf. in Stuttgart fesselten Zustande gezwungen worden ist, das Kunststück auszuführen, erschienen.- dann werden ihm die Fesseln abgenommen, und es gehorcht seinem Maeterlincs neues unveröffentlichtes Drama Der Herrn. Denn nun tritt das dritte und entscheidende Moment bei Wandervogel" gelangt am 12. Januar, abends 8 Uhr, in Salon jeder Tierdressur in Kraft, die beherrschende und faszinierende Cassirer zur Vorlesung. Energie des Menschen, der das Tier in seinen Bann zivingt. Am-Heute( Freitag), abends 91 Uhr, spricht im Vereinshause, leichtesten fügt sich der Löwe dem stärkeren Willen seines Bändigers, Köpenickerstr . 62, Ingenieur Richard Cohn über: Einfluß und besonders bei Löwinnen entwickelt sich ein gewisser Sinn der und Bedeutung der Naturwissenschaften und Dankbarkeit und der Zuneigung; ein Beispiel für die Aufopferung Technik für Kunst und Kunstgewerbe." Der Eintritt einer Löwin ist die Errettung der Löwenbändigerin Pinka in Bostocks ist frei. Zirkus in St. Louis , die nur dadurch vor dem Angriff eines Löwen Eine allgemeine internationale Hygiene. bewahrt wurde, daß eine Löwin das Tier am Sprunge verhinderte. Ausstellung ist im Jahre 1910 für Dresden geplant. Tiger und Panther dagegen sind in ihren unberechenbaren Launen und der Hinterlist ihres Temperaments am gefährlichsten. Der starre Blick des Auges, der wohlbekannte Klang der herrischen Stimme, die imponierende Kraft der Gebärden, das alles verlich berühmten Dresseuren ihre rätselhafte Macht.-

Wie die Maiblumen, so werden auch etliche andere Pflanzen auf Eis gelegt", so namentlich Flieder und Lilien, doch sind mit diesen Pflanzen die Erfolge einstweilen noch nicht so günstig wie bei den Maiblumen.

Humoristisches.

Verschnappt. Na, viel zu tun?"

Junger Arzt: Kolossal; heut' muß ich schon wieder zum Begräbnis."

Silberstein!" - Der Geschäftsmann. Hebamme: Zwillinge, Herr Mart, mehr friegen Se nicht." Silberstein: Macht nig... mer hab'n ausgemacht zwanzig ( Lustige Blätter.")

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Notizen.

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leber einen Kampf mit Wölfen wird dem Pester Lloyd" aus Száßrégen( Siebenbürgen ) berichtet: Der Haduker Jn fasse Baso Csobán befand sich in der Silvesternacht von der Stadt aus auf dem Heimwege, als er von zwei Wölfen angefallen wurde. Ohne seine Geistesgegenwart zu verlieren, zog Csobán sein Messer und traf damit einen auf ihn zuspringenden Wolf so glücklich ins

h: Maiblumen auf Eis. Die Maiblume, diese lieblichste aller Herz, daß die Bestie sich überschlug und tot niederstürzte. Das andere Blumen unserer Wälder, ist im Laufe weniger Jahre zu einer all- fleinere Untier packte der Angefallene an der Kehle und schleppte es täglichen Blume geworden. Die Kunst des Gärtners hat es fertig so in das nahe Dorf, wo es von den alarmierten Einwohnern er gebracht, daß diese Blume, deren natürliche Blütezeit eine nur be- schlagen wurde.

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Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co..Berlin SW.