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Der Camelot gehört zum Parifer Straßenleben und zum Die ehrlichen Camelots schuften fich den ganzen Tag mi Illustrierte Postkarten, Sensationsposts Pariser Straßenbild. Es fehlte etwas, wenn sein Ruf aufhörte, Straßenverkauf durch. man würde etwas vermissen, wenn er verschwände. Die Boule- farten anrüchigften Inhalts, Photographien, geheimnisvolle und vardftunde von vier Uhr abwäre nicht mehr dieselbe. Ter andere, verbilligte Zeitschriften, Wizblätter, Bücher, Kunftblätter, Camelot gehört zu ihr, wie der Schlag zu der Uhr. Die Abend- Spielzeuge. Tann gehen sie vor den Cafés von Tisch au Tisch, zeitungen werden ausgegeben, die Camelots stürmen die Expedi- unermüdlich, spüren mit sicherem Blid den Fremden heraus, tionen. Jeder faßt seinen Back unter den Arm und rennt los. schwäben ihm ihre Raritäten auf und lassen ihn, besonders wenn Sogleich mit lautem Ruf. Er ruft den Namen des Blattes, oder sie ihm unterwegs begegnen, nicht los, bis er gekauft hat. Aber den Titel des Sensationsartilela, den es enthält, oder beides zu niemals schimpft der Camelot, wie viele Müh er sich auch vergebens sammen. Nun löst sich eine Spannung und eine Spannung wird gegeben. Oft tut er einem leid. Oft auch lacht man über ihn. erregt. Jeder beeilt sich, das Blatt zu kaufen. Und hat er es, so leber ein Wort, eine Gebärde, beim einen über sein kommen, ist es noch nicht gelesen. Er bleibt mitten auf der Straße stehen, beim anderen über sein Gehen. Der Zug der Camelots. Sie im dichtesten Gedränge, entfaltet und lieft. Jit's ihm gar zu gehen und kommen, fie tommen und gehen wieder. Der Zug des wichtig, so tritt er rasch in ein Café ein. Und die im Café schon Elends. Steinlen hat diese Typen ein paar Mal mit sicherem Stifte fiben, warten auf die Camelots mit gespannter Ungeduld. Der erste festgehalten, Billete hat unter feinen tottraurig- luftigen Pierrots tommt, verkauft ein paar Exemplare und rast weiter. So muß auch ein paar von ihnen in anderer Geftalt. Jm großen Zug des auf den nächsten gewartet werden. Der ist auch schon da. Diese Elends, das übermütig geworden. Mondschein und Verachtung, Gewißheit, daß er im nächsten Nu da ist, das gibt dem Wartenden Genuß und Laune und Bitterkeit, Hunger und das nächtliche Liebess diese Nuhe, die auf den Fremden wie Beherrschung wirkt. Denn abenteuer. Und immer unter der bitteren Geißel des Lebens. es fommt nicht nur einer nach, es lommen drei, fünf, sieben und Anklage und Satirspiel, Pfuhl und Bultan, und alles das Paris , noch mehr. La Presse" und" La Patrie", von Tisch zu Tisch, von das sündhafte schöne und scheußliche. Das Leben schneidet eine Caféterraffe zu Caféterraffe. Das eine Blatt ist gelesen, das andere Grimaffe im tiefsten ein schmerzlich Zuden und die Menge wird gekauft. Manche Camelots tommen nun schon wieder zurüd lacht dazu. Ein Camelot rennt wie ein Verzweifelter und schreit um eine Brotfruste zum Abend zu haben ein Bist, ein Wint, ein Blick, der Gast braucht nicht viel zu tun, wie ein Beseffener der Camelot versteht sofort. Und wieder braucht dieser zum Ans und ein petit vere" im Bar, weil er fein Bett und teine Stube Wilhelm Holzamer . bieten nichts weiter zu tun, er kann beständig dabei ausrufen und hat. So ist das Leben. auch noch Passanten sein Blatt reichen, er hält's mit einer Be­tregung hin, er schnidt den Kopf, er macht eine Armbewegung und reicht das Blatt. Und nun kommen die gebrechlichen und die alten, die Krüppel, die Weiber, die Kinder. Sie verkaufen auch. Gellende Stimmen, lamentable Stimmen, eintönige Litaneien, austreifchende Betonungen, alle Möglichkeiten sind verireten. Und auch alle Un­möglichkeiten. Cynismus, Bonmots, Schwindel. Denn wenn das Blatt nichts Befonderes enthält, so machen sich die Camelots schon etwas zurecht, toas es enthalten sollte. Dann halten sie die Vorder­seite ihrer Bläfter meist gegen sich. Denn da steht die Sensation des Tages groß gedrudt. Mancher Käufer findet nicht, was ihm angepriesen worden. Das nimmt man dann auch mit Humor und freut sich, wenn der Schwindel gut war.

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Kleines feuilleton.

Im. Die Einwirkungen der Seewinde auf den Obstban an der Nordseeküste. Wenn die Pflanzenwelt schon im allgemeinen abhängig ist von Wind und Wetter, so ist es begreiflich, daß manche Witterungs verhältnisse auf bestimmte Pflanzen einen ganz besonderen Einfluß Diefer Einfluß fann zweifacher Natur sein, ausüben müffen. Schädigend oder fördernd. Selten ist es der Fall, daß ein und die felbe Naturerscheinung auf die gleiche Pflanzenart schädigend und fördernd wirkt, wie es sich beispielsweise mit den feuchten Seewinden oder beffer gefagt Stürmen an der schleswig- Holsteinischen Nordseeküste in ihrer Wirkung auf die Obstbäume verbält. Im Kreise Husum , wo seit etwa anderthalb Duzend Jahren der Obstbau infolge einer bernunft gemäßen Propaganda bedeutende Fortschritte macht, hat man in dieser Beziehung recht eigenartige Erfahrungen gesammelt. Etwa eine Stunde von der Küste entfernt üben Wind und Wasser nur einen guten Einfluß auf die Obstbäume aus, denn die Saftfülle, das Aroma und die Farbenpracht des dort geernteten Dbftes wird in erster Linie dem Wassergehalt der Luft zugeschrieben. Die Nähe des Meeres mildert die gefährlichen Nachtfröfte, der Wind vertreibt die Blattläufe, die Frosispanner, Maitäfer und anderes Ungeziefer, das dem Obstbau Schaden zufilgt; dabei ist aber seine Kraft auf dem Wege vom Meere bis hierher schon so weit gebrochen, daß er den Bäumen selbst durch Windbruch keinerlei nennenswerten Schaden mehr zufügen fann, zumal die Pflanzen fich kräftig bauen, so daß sie guten Widerstand zu leisten vermögen, und außerdem gehen die Bäume mit ihrem ausgebreiteten Wurzelsystem bis tief in Das Grundwasser hinein, so daß genügend Feuchtigkeit aufgefogen werden kann, wenn der Wind die Blätter zu starker Verdunstung antreibt.

Es sind die kapitalistischen Blätter Presse" und" Patrie", die, wie gesagt, am ersten erscheinen und am meisten bertauft werden. Kein Pariser würde so ein Lumpenblättchen abonnnieren. Rasch die neuesten Nachrichten überfliegen obgleich jeder weiß, daß sie meist gelogen oder entstellt sind, dann wegwerfen. Kein Mensch nimmt sie ernst. Und doch sind sie eine große Gefahr. Sie werden nun einmal gelesen, und von ihrem Gift jammelt sich mehr und mehr an, ihre Hebe wirkt schließlich. Die Kammer muß mit ihnen rechnen, die Regierung. Der Kampf der Morgenblätter mit ihnen ist oft fein leichter. Viele ihrer Nachrichten erscheinen einem nur gebracht, un am Morgen dementiert zu werden. Darauf rechnet jeder. So war es während des japanischen Krieges, wo die Russen immer abends gefiegt hatten, um am Morgen unterlegen zu sein. So war es im Anfang der russischen Revolution, wo es abends immer in Rußland still geworden war, damit es am Morgen im hellen Stampfe stehen konnte. So war es während der Marokko­angelegenheit, wo man jeden Abend meinte, man müffe am Morgen den Schießprügel nehmen und Für Gott und Vaterland" losziehen. Womit hängt das zusammen? Es sind die korrumpiertesten, ver­brecherischften Kapitalinteressen, denen der arme Camelot dienen muß. Für die ist er eine Notwendigkeit. Und nur weil jeder an In unmittelbarer Nähe des Meeres ändert sich jedoch das Bild. denen hängt, werden diese Schund- und Schandblätter verkauft. Hier zeigt de solte Wind" seine Macht, seine phyfische und seine Börse und Sport. Alle Börsenmachinationen werden durch diese chemische. Die dort versuchsweise angebauten Obstbäume sehen aus, Blätter gedeckt, vorbereitet, bekannt gegeben. Wenn nur der Kapi- als wären fie nach der Seefeite zu wie mit der Heckenschere be talift seinen Gewinn einstreicht. Wie er zu dem Gewinn tam, das schnitten, und über die ganze Krone verbrannt. Unbarmherzig rütteln die ist ihm gleich. Der Franzose ist viel zu gut jefuitisch erzogen und Sommerstürme in den Laubtronen und brechen an der Luvseite" fapitalistisch durchfeucht, um sich darüber Strupel zu machen. die jungen Zweiglein vom Baum, so daß dieser gezwungen Après nous le déluge", nach uns die Sintflut. Saluzottrach, ist, immer neue Triebe hervorzubringen, denen das gleiche Croniertrach, Geldintereffen in Rußland , Interessen der franzö- Schidsal beschieden ift. So muß mit der Zeit diefe fischen Bantiers in Maroffo, all das wird in diesen Herenküchen Seite der Bäume ein hedenartiges Aussehen annehmen, gebraut, entweder um die Geschwüre nicht zum Aufbruch zu bringen, und die Bildung guten Fruchtholzes wird unmöglich gemacht. Dann wie bei den Millionären Jaluzot und Cronier, oder um das Kapital überschüttet so ein einziger Sommersturm die Bäume mit einer zu erhalten und mit den höchsten und vitalsten Intereffen der Menge salzigen Wassers, daß die Blätter nach kurzer Zeit ein Aus­Bölker einfach va banque zu spielen. Leider ist's so: jeder Käufer fehen bekommen, als wären fie mit Salpetersäure übergossen. Der diefer Blätter macht sich der Beihülfe an diesen Verbrechen schuldig. Chlorgehalt des Salzes übt einen starten Wafferentzug auf die Und auch Nichtkapitalisten, die nicht der Börsennachrichten wegen Blätter aus, so daß diese alsbald vertrocknen und vergilben. die Blätter kaufen, tun das. Es ist der Sport, der fie dazu ver- Dieser schädigenden Wirkung der Seeftürme zu begegnen, hat Teitet. Alle Pariser spielen. Der ganze franzöfifche Sport ent- man ein einfaches Schutzmittel gefunden, bei dessen Anwendung springt und entspricht ja nur dem Spielbedürfnis. Rasch müffen auch an der unmittelbaren Süste nur noch die günstige Beeinflussung die Nachrichten von den Rennen bekannt werden. Che noch die der Winde übrig bleiben muß. Dies Mittel heißt: Anpflanzung Teilnehmer mit den vierspännigen Wagen fie find jeden Tag von Schutzbäumen, in erster Linie Pappeln und Eichen. Jetzt ist gedrängt voll in die Stadt zurüdkommen. Mancher arme man bemüht, zunächst solche Schußbäume anzupflanzen und erst, Teufel hat nämlich das ganze Jahr Pferde da draußen laufen. wenn diefe eine gewisse Höhe erreicht haben, werden Obstbäume Außer Auto" und" Paris- Sport" haben auch Batrie" und gesetzt. Diese Schußbäume, die nicht nur am Rande der Obst­Presse" die Sportnachrichten, und gewöhnlich werden sie noch früher pflanzungen, sondern auch in Reihen durch dieselben anzupflanzen ausgegeben, als die beiden erften. Das erklärt den wahren Sturm, find, haben die schädigenden Wirkungen des Windes aufzufangen der manchmal auf diese Blätter unternommen wird. Manchem und lassen den Obstbäumen nur die guten zukommen. entscheiden die Zahlen über Not und Brot. Börse und Spiel, das sind die Verführer. Jhretvillen werden all die Stimmungen ge­macht, die Neberraschungen und Enthüllungen, die Kampagnen und Deckungen, mit denen eine Unmenge reaktionären Giftes mit ver­abreicht wird.

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Das Geheimnis der Terra figillata. Der Franks. 3tg." wird geschrieben: Wer jemals über eine Stätte gewandert ist, unter der sich die Ueberreste römischer Ansiedelungen verbergen, dem fielen sicherlich zuerst die Bruchstücke von Tongefäßen auf, die vor