T

Diehl, ste stickt für Handschuhe. Na, ein paar ganze Handschuhe zu Taufen, wenn man mit so zerrissenen geht, muß doch wirklich ein Vergnügen fein."

Musik.

Komische Oper: Der Corregidor.  ""- Der Kom­ponist Hugo Wolf  ( 1860-1903) hatte sich, wie schon seine Lebensdaten andeuten, nicht erst bis in ein hohes Alter hinein gegen Verkennung durchzuringen. Nach einem verhältnismäßig turzen Zeitraume Zurücsehung( ich erinnere mich einer Rühmung, die scho zwei bis drei Jahrzehnten in der Neuen Freien Presse" stan, wurde er von einer Partei so auf den Schild gehoben, wie es gegenwärtig üblich ist. Nach seinem traurigen Tod in einer Heilanstalt läßt sich jetzt sein Wirken an der Hand von nicht wenig Literatur und mit Hülfe von zwei oder noch mehr ihm gewidmeten Vereinen( Wien   und Berlin  ) verhältnismäßig bequem überschauen. Er ist jedenfalls einer unserer vornehmsten Liederkomponisten. Ohne Ueberschäßung ist es dabei allerdings nicht abgegangen. Eine Oper" Der Corregidor  " wurde zum erstenmal 1896 in Mannheim   und dann noch an anderen Orten aufgeführt natürlich nicht in Berlin  . Eine zweite Oper blieb unvollendet.

-

Das Textbuch der ersten ist von Rosa Mahreder nach einer Novelle des Alarcon gearbeitet, unter welchem Autor wir ver­mutlich den P. A. de Alarcon aus dem 19. Jahrhundert zu ver­stehen haben, nicht den altspanischen Dramatiker aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts. Die Handlung spielt in Andalusien   1804. Es ist die Zeit, in der Spanien   noch nicht ebenso, wie es anderswo bereits länger der Fall war, eine autonome Verwaltung der Städte * besaß. Damals regierte in den Städten vielmehr je ein föniglicher Beamter für Justiz und Administration. Begreiflicherweise hatte er leicht die Stimmung der Bevölkerung gegen sich. Neben ihm scheint es in der Regel bereits einen Stadtrat gegeben zu haben, und vielleicht hatte mancher solche Regierungsbeamte vor nichts mehr Angst, als vor den städtischen Räten. Das merken wir auch aus der Spottrede eines spanischen   Weibes im ersten Akte des vor liegenden Stückes. Und nun erst recht der Standal, den das Bolt mit einem solchen Corregidor" getrieben haben mag! Aus diesen Verhältnissen heraus versteht man wohl am ehesten unser Text­buch. Der Held der Oper macht Jagd auf die Gattin Frasquita eines Müllers Lukas und kommt dabei durch die Standhaftigkeit des Weibes, durch seine eigene Ungeschicklichkeit und durch das Drauflosgehen des Müllers in die schrecklichsten Situationen. Da­ran schließen sich Verwickelungen, die sich hier nicht leicht auf zählen lassen. Schließlich befindet sich der als Corregidor ver­kleidete Lukas bei der Frau Corregidor, und deren als Lukas ver­fleideter Mann zieht mit den übrigen vor sein eigenes Haus, wo es schließlich heißt:

Alle haben sich verständigt,

Und so hat dies Abenteuer Ohne Unglücksfall geendigt."

Tr Text gehört jedenfalls zu den bernünftigsten Grundlagen einer Opernfomposition, schreitet in hübschen Versen vorwärts, tommt aber über ein Berwickelungsstück nicht hinaus. An awei Stellen werden Poesien aus dem Spanischen Liederbuch" ein­gelegt, bessen Vertonung durch unseren Komponisten ziemlich be­annt ist. Der Stoff selber scheint bereits mehrmals für die must talische Bühne bearbeitet worden zu sein. So hat ihn z. B. Richard von Berger, ein Schüler Julius Zellners, verwendet; auch ein Komponist, um den man sich hier ein wenig mehr fümmern könnte. Die Stagnierung in unserem Berliner   Operntreiben geht nach gerade schon über sehr pessimistische Erwartungen hinaus, wobei man noch gar nicht einmal an Modernstes denken muß. Das tönigliche Opernhaus tut seit Jahren so gut wie gar nichts, um über die Neueinstudierung der geläufigsten Repertoireopern hinaus zukommen; das Theater des Westens  " hat seit einem einzigen nennenswerten Erfolge sich ebenfalls zur Ruhe begeben; und nur die neue Komische Oper" versucht vorwärts zu schreiten. Doch hat auch sie noch keine wirkliche Neuheit gewagt: ihre Premieren waren Wiederaufnahmen von weniger Bekanntem, zum Teil mit ungeschicktem Griff. Daß sie nun vorgestern( Mon­tag) wenigstens den Corregidor" herausgebracht hat, ist immerhin eine verdienstvolle Unterbrechung des musikalischen Schlummers unserer Stadt.

44

lich doch gestaltungsreicher, als die Wolfsche Oper mit ihrem zien. lich gleichmäßigen Dahinwandeln in kunstvollen und liebenswürdigen Stimmführungen.

Die Komische Oper" hat bisher in ihren Darstellungen Vor­zügliches geleistet, und zwar nicht nur in der überraschenden Aus­ftattung, sondern auch im Gesang und namentlich im Spiel. Nun aber drängt sich unabweisbar der Eindruck auf, daß man dort auf gefährlichen Wegen wandelt. Allmählich wird doch die übermäßige Sorgfalt für den Anblick der Szene das übrige schädigen. Man möchte in jeder Ecke und mit jeder Gebärde das Höchste an Natür­lichkeit erreichen. Das führt zu der bekannten Erfahrung, daß der Naturalismus leicht forziert wird und sich dann überschlägt. Die Direktion fordert ja anscheinend geradezu heraus, daß man mit ihr zu rechten anfängt, ob in dem raffinierten Nachtbilde vom Be­ginue des dritten Aktes Mond wirklich astronomisch richtig aufgeht, ob das Kleid der agd Manuela in wirklich natürlicher Weise zerrissen und nachher wirklich so geflidt ist, wie es eine Flickerin zu tun pflegt und dergleichen mehr.

Gewichtiger noch werden unsere Bedenken gegenüber dem Spiele. Hier sehen wir bereits vor einem übermäßigen Zuge zur Chargenspielerei. Das geht hinab bis zu irgend einer Statiſtin, deren unausgesetzte raffinierte Gebärden eben nur mehr ge= fünftelt, nicht mehr natürlich wirken. Noch störender wird dies bei den Vertretern der Hauptpartien. Der ausgesprochenste Ver­treter dieser Methode, in seiner Weise allerdings sehenswert, ist Stephan Delwary. Man braucht nicht bis zu gegenwärtigen Stontroversen gehen, um zu wissen, daß eine derartige Komik bereits längst den echten Mimen gegen den Strich war. Immerhin störte die Eigenart des Genannten in der Titelrolle des Stückes etwas weniger, als es bei früheren Rollen der Fall war. Isa­bella' Huillier, die Vertreterin der Frasquita, hat keine besonders vollkommene Stimme, weiß aber aus ihr namentlich durch eine sehr gute Aussprache viel zu machen. Ihr Spiel ist gehaltvoll und würde vielleicht auf einer anderen Bühne, auf der nicht so viel forciert wird, in günstigeren Formen vor sich gehen. Durch guten Gesang und durch ruhigeres Spiel erfreuten uns insbesondere Willy Buers als Lukas und Ludwig Manta Ier als eine interessante neue Leporello- Figur. Schließlich sollte der Referent bielleicht noch ein halb Dubend technische und sonstige Mitwirkende aufzählen; oder man müßte einen eigenen Referenten für bildende Kunst mitnehmen, der von den Dekorationen und Kostümen handelt; was aber doch wieder eine Lücke lassen würde. Nennen wir dagegen nur noch den Diri­genten Friz Cassirer, so ist's wieder ein Ende gut, alles gut.

Humoristisches.

SZ.

-Im Modewarengeschäft. Frau: Sie haben ja da ein reizendes Töchterchen, Herr Müller, ist das Ihr einziges?" Kaufmann:" Habe noch zwei; aber dieses hier ist die legte Neuheit."

Buweit gegangen. Der Biffolo hat vom Wirt den Auftrag erhalten, nur ja recht auf den Herrn Brofessor zu sehen, denn dieser sei manchmal arg zerstreut. Nach einer Weile ruft der Herr Profeffor: Piftolo, dies ist also ein Rostbraten a la Mann­heim?"

Gewiß, Herr Professor, und dies sind geröstete Kartoffeln, dies ein Glas Bier und das hier ein sogenanntes Hausbrot."

-

leidend!?"

Einleuchtend. Dl... Herr Redakteur sind magen­,, Ach ja!... Bitt' Sie, bei einem täglichen Einlauf von mindestens dreihundert Gedichten!"- ( Meggendorfer- Blätter.")

Notizen.

-Schneller Erfolg. Die im September gegründete Monatsschrift, Kritik der Kritik" erscheint von jetzt ab in zwanglosen heften.

-Shaws fünfattiges Schauspiel Cäsar und Kleopatra  " geht Ende des Monats im Neuen Theater zum erstenmal in zene. -Das Lustspielhaus hat Georg Hirschfeld   Schau­spiel, Spätfrühling" erworben.

-

-

"

Frl. Sussin vom Stadttheater in Graz wurde für das Lessingtheater für mehrere Jahre verpflichtet. Eine außerordentlich reichhaltige Fundstätte römischer Altertümer wurde nach dem Berner Bund" in der Nähe der Anstalt Sönigsfelden im Aargau   in einem Schuttkegel an­geschnitten", der gegen 8000 Rubifmeter Auffüllungsmaterial enthält. n der tiefgründigen Humusschicht finden sich Bronzemünzen bliz blank und goldglänzend, Mefferklingen wie neu und scharf, daß mit einer die Herren der antiquarischen Gesellschaft in Brug die Zigarren­ipizen abschnitten. Interessant find Bohrer, deren Form genau der­jenigen gleicht, die heute noch im sogenannten Zentrumsbohrer üblich ist. In außerordentlich großer Zahl finden sich eiserne Griffel jeder Größe, zum Teil mit Verzierungen, sowie hölzerne Schreib­täfelchen, ferner eine Anzahl: geschmiedeter Nägel und bemalter Scherben.

Es scheint, daß selbst solche, die den Komponisten bereits sehr schäßen, diesmal etwas enttäuscht waren; der claquenhafte und cliquenhafte Erfolg des Abends galt ersichtlich nur den Vertretern des Werkes. Wir lernen einen lyrischen Komponisten, dessen Mufit in ihrer Mache hoch entwickelt ist, neuerdings günstig kennen. Neben eigentlich lyrischen Nummern( obschon nicht solchen im älteren Sinne) gelingen dem Komponisten namentlich Stimmungssch derungen; auf die Zwischenspiele im dritten Att sei dabei be­sonders aufmerksam gemacht. Im ersten Att zeigt sich die stille Sinnigkeit Hugo Wolfs den Anforderungen eines Dramas am wenigsten gewachsen; der zweite Aft wirkt besser, einerseits durch überaus feingesponnene Ensemblesäße und andererseits auch durch Steigerungen, die allerdings mehr für den gewichtigen Ernst einer anderen als einer Komischen Oper" paffen. Die Neugierigen Frauen" haben eine beträchtlich einfachere Musik, sind aber schließ­Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchbruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.