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Sie war bom Unbekannten überwältigt, er von Be- ausgebreitet und seine nach Liebfofungen hungernden Lippen wunderung erschöpft. die rätselhafte, faszinierende Formel gemurmelt hatten: " Jungfrau, Tochter Zions, glücklich der Sterbliche, der im Schatten Deiner Mauern ruht."

Geradeaus fiel ihr Blick durch verfallene Gewölbebogen auf Cyclopenmauern, auf denen die dort weidenden Ziegen Flein wie Fliegen erschienen. Auf einem etwas näher liegenden, ungeheuer großen Tempelhofe wirfte das Zelt eines Beduinen nur wie ein kleiner gelber Fleck. Und der aus weiter Ferne herüberdringende Klang einer Hirtenschalmei hörte sich wie Heimchenzirpen an.

Ueber ihnen, in unberechenbarer Höhe, fiel das Sonnen­licht durch eine ovale Deffnung ein und hatte mit seinen bollen, befruchtenden Strahlen zwischen den Trümmern des Tempels eine wilde Vegetation hervorgebracht.

Cäcilie schmiegte fich dicht an Elias.

,, Ach, all' dies ist so großartig, aber es erschreckt mich. Auch Du machst mir Angst, Elias. So habe ich Dich noch nie gesehen. Du bist ganz berändert. Deine Stimme bebt, Dein Auge strahlt, Du scheinst unter diesen Gößenbildern zu wachsen, während mich diese Greuel zu Boden drücken. Wenn Du von Ihm sprichst, hast Du nie diese Art. Ich verstehe Dich nicht mehr und doch muß ich Dir lauschen. Warum aber ver­herrlichst Du diese heidnischen Ungeheuer? Was begeistert Dich an ihnen? It's der schreckliche Baal oder die schamlose Astarte?"

Liebling, bei diesen Gottheiten gibt es nichts Schred liches und nichts Schamloses. Es sind die Symbole der Natur­Träfte; Baal ist die Sonne, Astarte der Mond. Die Sonne bringt Leben hervor, der Mond erweckt die Liebe. Was aber gibt es wohl Göttlicheres als Leben und Liebe, meine füße Cách gi

und sich zu ihr neigend, bog er ihren Kopf sanft zwischen den Händen hintenüber und bedeckte ihr reizendes Gesicht, sowie den bloßen Hals mit raschen, tollen, wilden Küssen.

Sie zitterte und ihre Augen trübten sich.

Nein, nein! Laß mich, Du bist ein ganz anderer. Du machst mir Furcht! Fort von hier!"

Sie riß sich los und wollte fliehen. Da erschien plötzlich zwischen den Trümmern, halb lächelnd, halb schüchtern ein Beduinenkindchen:

" Bakschisch! Bakschisch!"

In seinen kleinen, von Hennah geröteten und mit Silber­reifen behängten Händchen reichte es ihr ein Thymian­sträußchen hin.

Mit seinen wirren Haaren und seinen übergroßen, im blassen, kleinen Gesichtchen wie ein paar Kohlen glühenden Augen hatte es wirklich das Aussehen einer zwischen Ruinen entsprossenen Tropenblüte.

Cäcilie sprang rasch vor und riß die Kleine in ihre Arme. Diese ließ es sich, ohne Zweifel in der Hoffnung auf ein beträchtlicheres Bakschisch, ruhig gefallen; aber ihr Fleines, wildes Herzchen pochte dabei so stürmisch, daß man sein Klopfen deutlich wahrnehmen konnte.

Arme Kleine," sagte Cäcilie, sie sanft auf ihren Knieen wiegend, fie hat vor uns ebenso große Furcht, wie ich vor diesen Gözzen."

Mit zärtlichen Blicken betrachtete Elias beide.

Sieh', Cäcilie, dieses zarte, gebrechliche, kleine Geschöpf, das Du in Deinen Armen hältst, ist wahrer als alle Dogmen, unsterblicher als alle Götter."

Er neigte sich zu der Kleinen, und seine Lippen trafen fich mit denen seiner Frau auf diesen gebräunten, fleinen Wangen , die nach Kindheit, Thymian und Sonne dufteten.

Plötzlich brach Cäcilie, von einer geheimnisvollen, süßen Regung überwältigt, in Tränen aus.

Die kleine Beduinin sprang, mit einer Silbermünze swischen den Zähnen, fort. Cäcilie aber, die ihrem Gatten an die Brust gesunken war, verbarg ihr Gesicht und flüsterte mit hochgehender Brust, während sie ihre Arme um Elias Nacken schlang, zum ersten Male:

Elias! Ich liebe Dich!"

Nun fand er Gefallen an der Einbildung, jene religiöse Inbrunst sei nur eine unbewußte Ungeduld gewesen, die ihn mit magnetischer Gewalt zu Cäcilie hingezogen; daß er sie erwartet hatte, ohne sie zu kennen, und daß ihre Vermählung im Lande der Verheißung" nur die Erhörung der Gebete ihrer frommen Jugend jei.

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( Fortsetzung folgt.)]

Kleines feuilleton.

Lüttje Lagen. Wer die Straßen Hannovers durchwandert, erblickt nicht selten, so lesen wir in der Sprachecke des Allg. dtsch. Sprachbereins", am Aeußern von Schankivirtschaften lüttje Lagen" angepriesen. Natürlich sind sie ein Getränt. Heute nämlich- in früherer Zeit war das anders. Zunächst war die altdeutsche weit edleren Stoff enthielt, ale die lüttje Lage unserer Zeit. In lagella überhaupt kein Getränk, sondern ein Faß, das nebenbei des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig Drama vom Bramarbas Vincentius Ladislaus( V. 2) wird ein Lagel voll Mal­vajier geleert, und auch in Fischarts Eulenspiegel( 9527) wird Wein aus Lägeln gezapft. Wenn freilich in Fischarts Gargantua von den Höflingen auch schon der winlageln" gepfiffen wird und zwar hatten dieje gutten adem, das sie wol weidelich pfiffen" so geht daraus hervor, daß bereits zu seiner Zeit erscheint, und zwar einer enghalsigen und dickbauchigen, wie sie der im 16. Jahrhundert das Wort auch in der Bedeutung Flasche der lagella zugrunde liegenden römischen lagoena entspricht. Bon hier aus bis zum Glase konnte nur ein fleiner Schritt sein. Von Stufe zu Stufe: Aus dem Lagel ist eine Lage geworden, aus dem Trinkgefäß die Bezeichnung des Getränkes, das in ihm verabreicht wird, und aus dem Weine ein Gemisch von Bier und Brannt­wein. Nur das pfeiffen" ist dasselbe geblieben. Bolkstümlich wird auch heute noch einer gepfiffen". Einen Niedergang aber hat es doch auch zu verzeichnen. In der angeführten Stelle Fischarts pfeifen die Höflinge der winlageln", und auch wenn Luthers größter literarischer Gegner, Thomas Murner , in seiner Narren­beschwörung( Anfang des 16. Jahrh.) sagt: Die man findt fleschen(= Säufer) het gemein, Wen sy den wohn in dem halß gryffen,

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Noch wendt(= wollen) sh der fleſchen(= Flasche) pfyffen", so meint er damit dem Weingenuß Ergebene. Heute dagegen wird das Wort lediglich vom Branntweintrinker gebraucht. Wie es zu der Bedeutung trinken überhaupt gekommen ist? Doch wohl int= folge des alten Brauches, nach welchem man, wie es bisweilen auch heute noch geschieht, am Rande der Flasche denn an ein Trinken aus dieser ist zunächst immer zu denken mit dem Munde einen pfeifenden Ton hervorbrachte, ehe man aus ihr trant. Das Pfeifen selbst aber hatte vielleicht von Haus aus einen sehr prattischen Zwed: bei undurchsichtiger Flasche konnte man aus dem Tone, den sie von sich gab, auf die Höhe oder Tiefe ihres Inhaltes schließen. da der, welcher pfiff, auch trank, ist der Begriff pfeifen sehr natür­lich in den des Trinkens übergegangen.

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Bleitegeier". Der" Frantf. 3." wird geschrieben: In einem Parlamentsftenogramm begegnete une kürzlich der Ausdruck einen symbolischen Vogel dabei gedacht zu haben, denn er sagt:" Da " Pleitegeier" und der Abgeordnete, der ihn gebrauchte, scheint sich sigt der Pleitegeier schon oder bald auf dem Dache". Verführt hat ihn das Wort Geier", allein mit der Raubvogelart hat der Aus­brud nichts zu tun." Pleite" finden wir in den Wörterbüchern als ein jüdisch- deutsches Wort für Bankerott, aber Pleite nach pol­nischer Aussprache, sonst auch Plete", heißt nicht Bankerott, sondern Flucht und da Banterotteure mitunter flüchtig werden, so hat sich in den Kreisen, in denen das Jüdischteutsch gesprochen wurde, ein­gebürgert zu sagen: der ist pleite gegangen", wenn jemand ban­ferott wurde. Pleite gehen" wurde nach und nach immer mehr ein Synonym für zahlungsunfähig werden, gleichviel ob Flüchtig­werden damit in Verbindung stand oder nicht. Während man im manchen Gebieten" plete" sagte und also auch pletegehen" für flüchtig werden, hat sich im Often und in den Gebieten, wohin

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Im Ueberschwange des Glüdes taumelte er zurück, dann Juden aus dem Often tamen, das Wort pleitegehen" erhalten aber preßte er sein Weib innig, selig an sich.

10.

Von da ob begann für Elias erst die eigentliche Hochzeits­

reise. Jezt schwand auch seine im Entstehen begriffene Feind­seligkeit gegen die religiösen Ideen seiner Frau, je weniger diese davon sprach.

Der leidenschaftliche Mystizismus seiner Kindheit er­wachte wieder in ihm. Er erinnerte sich seiner einsamen Nächte, da seine Arme sich nach der hohen heiligen Stadt

und man hat das gehen" ganz so wie plete zu pleite zu geihen umgestaltet.. Der Flüchtige oder der Bankerotteur im allgemeinen wurde also Pleitegeiher" genannt, aber nunmehr trat Pleitegeiher( Pletegeher) den Bleitegeier. wieder die deutsche Sprachreinigung" hervor und machte aus dem

st.

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Einmauerung lebender Menschen. Die barbarisch- aber­Menschen einzuweihen, vermutlich um durch solches Opfer die Götter gläubische Sitte, neue Bauwerke durch Einmauerung lebender von Schädigung der Bewohner abzuhalten, war im Altertum weit berbreitet. Die grundgelehrte Engländerin Miß Agnes Smith Lewis macht darüber im vierten Band ihrer Horae Semiticae" interessante Mitteilungen. Der Wiener Professor Sellin fand bei