einige Uebcrsetzungen vossendei, die ich demnächst in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu veröffentlichen gedenke," sagte Herr Nikodemus , der einzige Krämer Jerusalems , der sich den Titel„Kaufmann" beilegte. Er hatte seine Laufbahn als Missionar an der airikani- schcn Küste begonnen, und boshafte Zungen behaupten, von jener Zeit ab hätte er die Konversion der Neger mit der- jenigcn der Renten verwechselt. „Leider habe ich meine Bibelforschungen beiseite legen müssen," begann der Bankier mit der Goldbrille wieder,«um mich einem weniger verdienstvollen Werke widmen zu können, das aber eines Tages hoffentlich ebenfalls unserer Sache gute Menste leisten wird. Wie denken Sie über eine Eisenbahn, welche Jerusalem mit Jaffa , Zion mit dem Mittelmeer , d. h. also die Stadt unseres Heilandes mit der zivilisierten Welt Verbinden würde?" „Das ist eine geniale Idee!" rief Herr Fischer aus.„Dann könnten Amalie und ich uns auch einmal eine Badereise nach Jaffa leisten. Schon lange nähren wir diesen Traum, aber die Pastorin kann die üblichen Transportmittel nicht ver- tragen. Kaum sitzt sie im Tattel, so liegt sie auch schon wieder auf der Erde." „Ja, mit Ihnen ist's etwas anderes, Frau Jämain," sagte Frau Nikodemus , ebenfalls eine frühere Diakonissin, anzüglich.„Sie reiten wie eine echte Amazone und haben ja auch ein reizendes Kostüm. Eines Tages konnte ich Sie so recht bewundern: ich verwechselte sogar einmal die Frau des englischen Konsuls mit Ihnen: nur der Anblick des neben ihr reitenden Paschas klärte mich über meinen Irrtum auf." Cäcilie errötete tief bei dieser Anspielung auf ihre Eleganz und den Vergleich mit einer Person, über deren ärgerlichen Lebenswandel man sich aufhielt. „Ach, wirklich, haben Sie jene zusammen gesehen?" fragte Schwester Charlotte. Nun flüsterte Frau Nikodemus der Oberin, deren rote Warze man dabei auf der violetten Unterlippe zittern sah, etwas unter die Haube. „Bei einer Katholikin wäre so etwas noch zu begreifen, aber bei einer der Unseligen!" „Beten wir für die, welche nicht selbst beten." Und mit gefalteten Händen, die Augen zum Himmel auf- geschlagen, sprach Herr Fischer ein Gebet. Tann brachte man Gläser und eine Karaffe„bethlehemi- tischen Marsala". Die ganze Gesellschaft trank auf's Wohl des jungen Paares. «Liebe Kinder, ich habe noch eine Ueberraschung für Euch. Da, ein Brief, den ich heute früh erhielt, und der eigens für unser kleines Fest hier geschrieben ist. Er stammt von unserem teuren Pastor Zoung: ich werde ihn Euch vor- lesen." Und Herr Fischer klemmte seine horngefaßte Brille fest, die beharrlich von seiner Nase herunterrutschte. „Bravo ! Bravo!" riefen Diakonissen und Gäste. „Dieser liebe Papa!" sagte Cäcilie tief bewegt,„er denkt an alles." Tie Herren zündeten ihre Zigarren an, die Damen schoben ihre Tassen zurück und zogen Strickzeuge und Häkel- arbeiten hervor. Frau Jamain rollte einen bereits in Galiläa ange? fangenen grauen Wollstrumpf auf, zu dem Elias oft das Knäuel abgewickelt hatte: dieses war noch etwas zerzaust, und an den Wollfäden hingen kleine dürre Hälmchen. Cäcilie zupfte einen nach dein anderen heraus, rollte sie dann zu einem Kügelchen zusammen und warf dieses gleichgültig bei- scite. Elias aber, der gern diese aromatischen verblichenen Zeugen ihrer so süßen Zwiegespräche aufbewahrt hätte, dachte: „So geht sie damit um, und es sind doch auch Andenken an unsere Hochzeitsreise!" Sonnenstrahlen drangen in die entblätterten Lauben. Wespen flogen summend umher: einige schwirrtei, in den Gläsern, so daß diese wie Glocken erklangen, andere krochen auf den Kuchenresten umher, auf denen sie wie dicke, dunkle Rosinen aussahen. Tic Luft war schlvül und drückend. Noch immer las Herr Fischer die Epistel des Pastors Noung an die Jerusalemer . Zeitweise ließ Cäcilie das Strickzeug in den Schoß sinken und verschlang, die Hände auf der Tischkante gefaltet, die Neuigkeiten ans dem Pfarrhause, vom lieben Gott und von der Christenheit. Sie schien von dem väterlichen Schriftstück entzückt und auf die väterliche Weisheit stolz zu sein, und Elias, der sie beobachtete, sagte sich mit einer c�pur melancholischen Neides: „Wie fern liegt mir all das und wie sehr interessiert sie sich dafür!" lFortsetzmig folgt.): jVaturwilTcnrchaftUchc Gcberficht» Von Tr. C. T h e f i» g. Jeder Hausfrau, die auch nur ein Mal einen Fisch zurccht gemacht hat, ist sicherlich schon im Innern des Tieres ein großes luftgefülltes Gebilde aufgefallen, das in der Längsrichtung des FischkörpcrS gelagert, einen großen Teil der Lcibeshöhle einnimmt. Bei den Kindern steht dieses merkwürdige Organ in hohem An- sehen, da man es so gut zum«Knallen" benutzen kann. Im gewöhn- lichen Leben bezeichnet man dieses blasige Organ als Fisch- oder Scbwimmblase. Diese Schwimmblase nun spielt im Leben der Fische eine sehr wichtige und bedeutsame Rolle. Sie dient den Tieren nämlich als„hydrostatischer Apparat", der es den Fischen ermöglicht, ihr spezifisches Gewicht zu verändern und dadurch im Wasser ohne Muskelanstrengung auf und nieder zu steigen. Entwickelungsgcschichtlich entsteht die Schwimmblase als eine meistens unpaare Ausstülpung des vorderen Tarmabschnittes, die sich stark vergrößert und unmittelbar unter der Wirbelsäule ober- halb des Darmkanals gelegen ist. In vielen Fällen, bei den söge- nannten Physostomcn. zu denen unter anderen die Heringe, Lachse, Hechte, Karpfen und Welse gehören, bleibt die Schwimmblase ständig auch beim ausgewachsenen Tiere durch einen dünnen Luftgang mit dem Vorderdarm in offener Verbindung. Häufig jedoch ist dieser Luftgang, wie beispielsweise bei den Schellfischen, znrückgebildet, und nichts deutet mehr bei dem erwachsenen Fisch auf ihre Ent- stehungsgeschichte aus dem Darm. Daneben gibt es aber auch eine ganze Anzahl namentlich niederer Fische, wie beispielsweise die Rochen usw., denen ein hydrostatischer Apparat überhaupt fehlt. Zuweilen erscheint die Schwimmblase durch eine quere Einschnürung sz. B. Karpfen) in eine vordere und Hintere Abteilung zerlegt, die aber durch einen dünnen Gang mit einander verbunden bleiben, bei anderen Fischen wieder, wie beim Knurrhahn, ist sie mit ver- schieden gestalteten Aussackungen und Anhängen versehen. Ein recht abweichendes Verhältnis bietet ein Bewobner der Flüsse des tropischen Afrikas , der sogenannte Flösselhecht i?olxpteruz KicKir) dar. Bei diesem auch sonst bemerkenswerten Tiere ist die Schwimmblase paarig, und zwar besteht sie aus zwei ungleich langen Säcken, die nach vorn hin sich zu einem gemeinsamen Schlauche vereinigen. Dieser Schlauch mündet dann auch nicht, wie man es sonst von dem Schwimmblasengang gewohnt ist, in die Rückenwand des Vorderdarmes, sondern gerade umgekehrt in die Bauchwand des Schlundes. Ueber den Bau der Schwimmblase ist noch zu bemerken, daß ihre Wandung aus einer äußeren elastischen, zuweilen mit Muskeln be- legten Haut und aus einer den Jnnenraum auskleidenden glatten Schleimhaut besteht. Letztere ist häufig mit besonderen drüsen- artigen Bildungen ausgestattet, welche wahrscheinlich aus die Zu- sammensetzung der eingeschlossenen Luftmenge einen Einfluß üben. Wie bereits oben erwähnt, dient die Schwimmblase dem Fische zum Auf- und Absteigen im Wasser. Nach den Untersuchungen von Bergmann ist nämlich das spezifische Gewicht des Fisches un- gefähr das gleiche wie das» des Wassers; d. h. die Tiere werden, ohne eine Schwimmbewegung ausführe» zu brauchen, gerade noch vom Waffer getragen. Preßt nun aber der Fisck» seine Körper- Muskulatur und damit zugleich die Schwimmblase zusammen, so erhöht sich sofort das spezifische Gewicht, und das Tier sinkt in tiefere Wasserschichten. Wenn dann wieder die Muskelkontraktion nachläßt, dehnt sich auch sofort die in der Schwimmblase eingeschlossene Lustmenge aus, das spezifische Gewicht wird leichter, und der Fisch wird langsam an die Oberfläche des Wassers getragen. Ebenfalls vermag der Fisch, dadurch daß er nur den vorderen oder nur den Hinteren Teil der Luftblase zusammenpreßt, bewirken, daß er mit dem Kopf- oder Schwanzende voran nach unten sinkt. Werden Fische aus sehr großen Wassertiefcn plötzlich durch ein Netz an die Oberfläche gebracht, so passiert es häufig, daß sich in- folge des verminderten äußeren Druckes die in der Schwimmblase stark zusammengepreßte und unter einem sehr erheblichen Drucke befindliche Luft derart schnell ausdehnt, daß der ganze Fisch explo- diert oder wenigstens sein Bauch und Schlund unförmlich trommel- artig vorgetrieben werden. Sehr häufig kann man diese Erscheinung an zahlreichen Bewohnern der tiefen Alpcnsecn, namentlich an dem sogenannten K i l ch oder, wie er deswegen auch genannt wird, dein ,.K r o p f f c l ch c n" beobachten. Tie Tiere halten sich nach den Untersuchungen von S i c b o l d s für gewöhnlich in einer Tiefe von achtzig bis neunzig Metern auf. Infolgedessen hat ihre mit Luft gefüllte Schwimmblase einen ständigen Druck von etwa 7,5 Atmo- sphären auszuhalten. Mit anderen Worten ausgedrückt entspricht das einer Gewichtslast von 15 Pfund auf einen Ouadratzentimeter. Werden diese Fische nun aus ihrem natürlichen Aufenthalte hinauf an die Wasseroberfläche gebracht, wo nur der Druck von einer Atmosphäre von außen auf sie einwirkt, so wird die in ihrer
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23 (16.3.1906) 53
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