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Der Ablösung waren starte Regengüsse vorausgegangen; auch| Bergsturzes an eine Anzahl Vorbedingungen gebunden ist, von war sie nicht ohne Vorzeichen geblieben. So hatte man schon vorher denen vor allen eine genügende Steilheit des Gehänges zu ers gefehen, daß die Felswand fich abtrenne und nach außen neige, so- wähnen wäre. Daher fommen die Bergstürze meistens im Hochwie daß sich Risse im Boden bildeten. Am Vorabend traten schon gebirge vor. Ferner ist von Wichtigkeit die Lagerung des den fleinere Rutschungen ein, die sich an größeren Felspartieen stauten, Hang zusammensehenden Gesteins, seine Beschaffenheit, das Wasser, und einzelne Felsen tamen zu Zal. Die Spannung und Pressung das im Verein mit den klimatischen Faktoren durch Gefrieren, durch der Gesteinsmassen soll dabei so groß gewesen sein, daß Erde und Unterspülen des Hanges usw. und dadurch bewirktes Lockern und Steine in die Höhe spritten, wenn man den Boden mit der Hade Berspringen des Gesteins dem Sturz vorarbeitet, schließlich aber berührte. Am 2. September gegen Abend kam dann der eigentliche auch die Arbeiten des Menschen, die das Entstehen eines Bergsturzes Sturz, nachdem schon den ganzen Tag über fortwährend das Ge- veranlassen helfen, indem bei Anlage von Eisenbahnen, Straßen, riesel von Steinblöden angehalten hatte. Der Sturz ging zum Steinbrüchen usw. an vielen Stellen das Gehänge angeschnitten Teil in den Lowerzer See , dadurch trat derselbe aus seinen Ufern werden muß. und richtete seinerseits noch große Verwüstungen an; außerdem wurde aber auch, abgesehen von dem schon erwähnten Schaden an Gebäuden usto. eine große fruchtbare Fläche in ein unregelmäßig hügeliges Trümmerfeld umgewandelt.
Als zweites Beispiel möge auf den Bergsturz von Elm im Kanton Glarus etwas näher eingegangen werden, der von Heim so eingehend untersucht und geschildert wurde, daß jener als einer der am besten bekannten Bergstürze gelten kann. Südöstlich von Elm ragt mit steiler Wand der Tschingelberg auf, an dem schon 1760 ein fleiner Abbruch stattgefunden hatte. Er besteht unten aus Sandsteinen, darüber folgen dünngeschichtete cocäne Dachschiefer, über denen anderer Schiefer mit zwischengelagerten Numulitenfalken liegen. Die oberen Schichtkomplere fallen füdlich, gegen den Berg zu, ein. Im Jahre 1856 zeigten sich von neuem Risse und Senfungen in dieser Gegend. La fand man die technische Verwendbarfeit der am Berghange austretenden eocänen Dachschiefer, die zum Teil feinsten Tafelschiefer lieferten. Anfangs fand eine Gewinnung derselben in Kleinstem Maßstabe statt, 1868 jedoch wurde der Be trieb vergrößert; es entstand ein großer Steinbruch, aus dem das feinere Material als Schreibtafeln nach Nürnberg ging, das gröbere als Dachbedeckung Verwendung fand. 1879 war der Bruch in horizontaler Richtung schon 180 Meter lang und schnitt tief in das Gehänge ein, und gerade über dem Bruch befanden sich wilde Schiefer", d. h. durch die bei der Gebirgsbildung einwirkenden Kräfte besonders start zerrüttetes und zerklüftetes Gestein.
Dadurch waren natürlich die Bedingungen für einen Felssturz in vorzüglicher Weise gegeben. Den über dem Bruch befindlichen Massen war der Halt genommen, sie wurden durch die Schivere immer mehr herabgedrückt, und es tam so in den darüber liegenden Gesteinspartieen zu einer allmählichen Kluftbildung, die sich im VerTaufe einer Reihe von Jahren immer mehr verstärkte. Trotzdem wurde der Betrieb nicht eingestellt, sondern, um eine stärkere Gewinnung zu ermöglichen, mit Pulver und Dynamit weiter gesprengt. Vor allem erweiterte sich oben ein Spalt immer mehr und wurde dadurch zur Hauptspalte, von den Einwohnern der große Clagg" genannt, an der der Abbruch zu erwarten war. Ende August 1881 hatte sich an dieser Spalte ungefähr 200 Meter hoch über dem Schieferbruch, schon in der ganzen Breite des Berges die später abgestürzte Masse vom Berge gelöft; sie war stelleniveise zwei bis drei Meter breit, und ihr unterer Rand hatte sich um vier bis fünf Meter gesenkt. Auch in Elm hatte man zu dieser Zeit schon die feste leberzeugung, daß der Berg komme", nur hatte man nicht geglaubt, daß die Gefahr schon so nahe gerüdt sei.
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Die letzte Augustwoche und der Anfang des Septembers brachten viel Regen, und dies gab den letzten Anstoß. Schon am 7. und 8. September traten kleinere Stürze ein, so daß die Arbeiten im Bruch eingestellt und die Geräte in Sicherheit gebracht werden mußten. Am folgenden Tage wurde sogar ein besonders gefährdetes Haus geräumt. Am 10. September beging eine Kommission das Abbruchsgebiet und fand den großen Clagg stark erweitert und die Bäume des Tichingerwaldes, der die Abhänge des Tschingelberges bedeckte, kreuz und quer durcheinander gestürzt. Die Steinfälle verstärkten sich nun zusehends, bis am Nachmittag des 11. Septembers der Hauptsturz in drei aufeinander folgenden Phasen um 5,15, 5,32 und 5,36 ihr eintrat. Der Zwischenraum von 17 Minuten zwischen dem ersten fleineren und dem Hauptsturze forderte insofern besonders viele Opfer, als eine Anzahl Leute in den vom ersten Teil des Sturzes getroffenen Teil des Ortes geeilt waren, um retten zu helfen, und dort vom Hauptsturze überrascht wurden.
Die Maffe glitt anfangs an der Ablösungsfläche nach unten, schlug aber dann auf eine kleine Helsterasse unterhalb des Steinbruches auf und wurde fast horizontal wie ein Wassersturz hinausgeschleudert, so daß einzelne Beobachter unter der sich bewegenden Masse weg die Bäume an der gegenüber liegenden Talwand sehen fonnten. Dabei prallten die Massen gegen das gegenüber liegende Gehänge des Düntberges, schossen dort etwa 100 Meter aufwärts und zermalmten die Flüchtlinge, die sich dort sicher glaubten. Da durch wurde die Hauptmasse abgelenkt und glitt mit einer solchen Geschwindigkeit, Häuser, Bäume usw. vor sich herschiebend, etwa 1400 Meter in das Tal hinein, daß schon nach zwei Minuten alles vollständig zur Ruhe gekommen war. Dieses pfeilschnelle Hinausschießen forderte ebenfalls viele Opfer, da es nicht vorausgesehen werden konnte, und deshalb Leute ereilt wurden, die sich vollständig in Sicherheit wähnten. Natürlich erzeugte der Steinstrom auch eine starke Luftbewegung, die aber nur im Strich vor dem Sturz herfuhr, und Heu, Häuser, Menschen usw. wegtrug. Durch die abgelagerten Seinmassen wurde der Gernsbach aufgestaut, doch entleerte sich das Wasser, ohne den befürchteten Schaden anzurichten. ( Vergl. Greim, Globus " 1899.)
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Aus diesen Beispielen ist ersichtlich, daß das Eintreten eines
Welche gewaltigen Massen an Material solche Bergstürze transportieren, ersehen wir aus den Zahlen, die den Wert von Schäßungen haben. So transportierte der Bergsturz von Goldau nach Schätzung 15 Millionen Kubikmeter, die beiden an den Diablerets( 1714 und 1749) 50 Millionen Kubikmeter, und der von Films am Vorderrhein, der größte der Alpen, der in vorhistorischer, diluvialer Zeit fiel, gar 15 Kubiffilometer Schuttmaterial. Durch lepteres haben sich der Rhein und seine Nebenflüsse tiefe Tobel eingeschnitten und nicht weniger als acht kleine Seen liegen auf seinem welligen Rücken.
Angesichts der grausen Verwüstungen, die solche Felsmassen hervorrufen, kann man es wohl verstehen, daß Dante , der Dichter der Göttlichen Komödie ", vom dem Trümmerfeld von Roveredo , den berühmten und oft genannten„ Slavini di San Marco", das Bild entnimmt, um den fürchterlichen Charakter eines der schauerlichsten Teile der Hölle zu versinnbildlichen:
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" Dem Bergsturz gleich bei Trento in den Schoß Der Etsch ist seitwärts Trümmerschutt geschleudert Durch Unterwühlung oder Erdenstoß Wo von dem Gipfel, dem er sich entrissen, Der Fels so schräg ist, daß zum ebnen Land, Die oben sind, den Steg nicht ganz vermissen." J. Wiese.
Kleines feuilleton.
wl. Silberspiegel. Ein halbes Jahrhundert ist verflossen, feit Julius& icbig ein brauchbares Verfahren zur Herstellung von Silberspiegeln fand. Diese Erfindung erregte zur Zeit nicht nur großes Aufsehen, weil sie von dem auf seiner Höhe stehenden Gelehrten kam, sondern weil sie vor allem einen Weg zeigte, das gefährliche Quecksilber aus einer weit verbreiteten Industrie auszuschalten. Spiegel find ja schon seit Jahren kein eigentlicher Qurusartikel mehr, fie rechnen vielmehr zu den notwendigen Gebrauchsgegenständen und sind in aller Händen. Uns interessiert von der Fabrikation hier besonders das Belegen. Der älteste Spiegel, der vor Urzeiten schon der Eitelkeit des menschlichen Geschlechtes gedient hat und ihr heute noch dienen könnte, wenn er nicht durch bessere verdrängt wäre, ist die Wasserfläche. Die beginnende Kultur brachte polierte Metallplatten, die man mit Stiel oder Henkel versah, in Aufnahme und die je nach den Verhältnissen des Befibers aus Kupfer, Bronze, Silber oder gar Gold hergestellt wurden. Auch die dunkelglänzenden, glasartigen Obsidiane, wie die Vulkane der Liparschen Inseln sie auswerfen, fanden zu Spiegeln Verwendung. Glasspiegel, und zwar mit Blei belegte, sind erst seit dem 13. Jahrhundert bekannt; ihre Herstellung geschah derart, daß man in den aus der flüssigen Glasmasse geblasenen Ballon Bleistückchen gleiten ließ, die sofort schmolzen und durch Umfchwenken des Ballons gleichmäßig auf dessen Innenfläche verteilt wurden. Die Scheiben schnitt man dann aus dem Ballon heraus. Anfangs des 15. Jahrhunderts tamen Quecksilberspiegel auf, selbstverständlich mit gewöhnlichem Fensterglas. Die Industrie erfuhr in Italien durch Bemalen, Schnißen und ähnliche Verzierungen der Rahmen wesentliche Verbesserungen, bis 1691 der Franzose Lucas de Rehout den Spiegelguß erfand, dem der geblasene Spiegel nicht lange standhalten konnte. Die erste Hütte für gegoffenes Spiegelglas, die bis auf den heutigen Tag in der Industrie eine Rolle spielt, erstand in St. Gobin. Das Belegen geschah damals nur mit Zinnamalgam, einer Legierung von Zinn und Quecksilber. Die Herstellung war, bezw. ist folgende: Auf die sauber abgeschliffene Steinplatte des Belegtisches, der zum Auffangen abfließenden Quecksilbers mit Rinnen versehen ist, breitet man ein Staniolblatt aus und übergießt es mit reinem Quecksilber, das mittels Filzbausch zur dünnen Schicht verrieben wird; dann schiebt man die gut gereinigte Glasplatte darüber, belastet sie mit Gewichten und preßt somit das überflüssige Quecksilber heraus. In geneigter Stellung läßt man die Platte austrocknen, und wenn in etwa drei Wochen der Belag festhält, gibt man dem Spiegel noch einen schützenden Ueberzug von Firnis oder Lack.
Nun ist aber das Quecksilber einer der schlimmsten Feinde der Menschheit, und die in Belaganstalten tätigen Arbeiter wissen ein trauriges Lied von den Leiden ihres Berufes zu singen. Da gab Justus Liebig , der wenige Jahre vorher von Gießen nach München Der berufen worden war, sein Versilberungsverfahren bekannt. Gedanke war nicht neu, hatte doch schon der Engländer Drayton eine Methode zum Silberbelegen gefunden, mit der sich indes gut haltbare Spiegel nicht erzielen ließen. Die Zusammensetzung der