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feit in ihren Häusern, und den Menschen hat sie die Trunkenheit genommen und hat fie nüchtern gemacht. Die armen Menschen in so viel gleißendem Glanz und Befih, die nicht mehr wissen, daß eines Baumes wiegende Krone über uns ein Reichtum, ein Blid über's weite Feld eine Seligkeit, ein laufender Käfer ein Erlebnis, ein im Verborgenen gefundenes Beilchen ein unendliches Glüd sein fann. Daß es ein Glück ist, die Wolfen ziehen zu sehen und in der Sonne zu ruhen am beglänzten Hang, und daß es eine Welt bedeutet, dem ersten Kududsruf zu lauschen und die erste Schwalbe zu begrüßen und die ersten Störche ihre Streise ziehen zu sehen. Und daß es das schönste ist in der Welt, das Schweigen zu genießen, das auf den Hügeln träumt, das im Dämmer des Waldes webt, das die rieselnde Quelle umspinnt, und das im weiten Felde ruht, wenn wir einfam find auf den verlassenen Pfaden und nicht nach aller Wege nächstem Ziele fragen.
Und der Frühling fam ins Land, und ein leuchtender Tag stieg auf die Höhe, und spinnt seinen Traum und wirft euch seine schillernden Fäden zu, daß ihr hinauszieht aus den grauen Mauern und starren Steinen, in Feld und Wiesen und Wald, an des Fluffes Ufer, an des Sees Rand, und die Sinne auftut seiner Schönheit, feinem Reichtum, seiner Luft, seinem Glück, und schön werdet und reich und froh und glücklich.
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Hinter'm Hügel fteigt ein Wölfchen auf. Ein Schelm erit, blidt's hinein ins Land. Ein Schelm blingelt's in die lachende Sonne. Es hat keinen guten Sinn. Es hat einen bösen Schelmensinn. Es sieht des Waldes beglänzte Kronen, fließendes Gold auf dunklem Grün, es sieht die Menschen wandern aus den Toren hinaus ins Freie, es sieht die Dörfler nach der Stadt hinziehen. Die draußen wohnen, suchen die Erfüllung drinnen, die drinnen wohnen, sehnen sich hinaus. Die Hade ruht und der Hammer. Der Landmann ist in seinem dunklen Staat, die Bäuerin trägt ihren bunten Buz. So wandern sie den Toren und Türmen, den Palästen und hohen Kaminen zu. Ein Rößlein trabt einen rascheren Trott, eine Schimmelstute wichert in die Morgenfrische, ein Wäglein schaufelt ihr mit Klingeln und Klappern nach. Vater, Mutter, Kind, Knecht und Magd bringt es zur Stadt. Die Freude der Erwartung strahlt auf ihren Gesichtern. Von Wundern haben sie gehört und viel unglaublichen Dingen, von ungeahnten Ueberraschungen und erstaunlichen Brächten und Herrlichkeiten. Die Schimmelstute wiehert in die taufrische Morgenfrühe, und fern woher, hügelab, tommt ein Lied gewandert. Fern woher am grünen Wanderstab zieht ein Bursche seinen Träumen nach und singt sein letztes freies Dorf- und Land- und Wald- und Feldlied. Rad und Hammer ruht, die rußgeschwärzten Hände der harten Arbeitswoche find heute blank zur heiteren Feier. Vater, Mutter, Kind. Schweigend ziehen sie hinaus ins Feld. Hinter ihnen her folgen ihre Sorgen. Mit ihnen schreitet der Ernst der Bedrückung. Mit ihnen schreitet der grobe Alltag, da das Herz nach seinem Feiertag begehrt. Sie gehen still und gebeugt. Nach einem Blümlein büdt sich dann und wann das Kind. Ein Nicken ist die Antwort auf seine Freude, mit der es seinen Fund zeigt. Aber Gänseblümchen stehen biel am Wege, und es wird doch ein Sträußchen in seinem kleinen Händchen. Und es wird doch ein Sträußchen, selbstgepflüdt und selbst gefunden, und strahlend ruhen die Augen des Arbeitertindes darauf, und dann und wann streift ein Blick der Mutter herüber zu der Freude ihres Kindes, und der Vater geht schweigend den Weg weiter, raucht die kurze Pfeife und wird nicht frei von dem Alltag, der seine Last auf ihn gelegt.
Fernher tönt ein Lied, hügelauf und hügelweit, ein freches Lied der Stadt, darin keine Wärme ist und kein Gefühl, nur ein Spott und Uebermut, eine Unreinheit, die in der reinen Natur fremd bleibt und abstoßend und nicht heimisch werden kann.
Das Lied verstummt, hügelauf und hügelweit zieht's in stillen Scharen, die aus Stadt und Toren strömen.
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Unter Wolfen hin. Hinterm Hügel herauf ist das Schelmenvöllchen gestiegen und hat seinen bösen Anschlag ausgeführt. In Ballen und Haufen und Streifen, in Herden und Zügen hat sichs über die blaue Himmelsweide ausgebreitet. Nur Striche und Seen des blauen Himmels sind zwischen den Wolkenbergen frei geblieben. Nur aus Strichen und Streifen quillt noch das Licht der Sonne auf die Erde. Unter Wolfen wandern und wandeln die Menschen, die fich aufgemacht haben, die Schönheit zu suchen und den reinen, heiligen Genuß zu finden. Hinter Wolfen drängt sich das Licht hervor, hinter Wolfen strömt es zur Erde in Streifen und Strahlen. Nicht in freier Fülle trifft es mehr das Land, nicht in freier Fülle bestrahlt es den Wald, beglänzt es die Kuppen der Hügel, füllt es den Grund der Wiesen, lagert es am Hang der Berge, erhellt es das verborgene Tal. Von den Launen der Wolfen hängt es ab, was von ihm, von seinem unerschöpflichen Reichtum Ser Erde gespendet werde. Menschen, die im Lichte gehen, Menschen, die im Schatten stehen, und sollte doch allen werden, allen ohne Rest und Wahl, allen, die Sehnsucht tragen, benen Sehnsucht aufgewacht, die Sehnsucht in sich verschlossen. Unter wandernden Wolken wandeln die Menschen. Es ist Schönheit gegeben tausendfach, aber Neidlinge sind ihr in den Weg getreten und haben ihren Glanz verborgen und haben ihre Strahlen verhüllt und haben ihre Kraft geschmälert und haben ihre Fülle verringert. Und haben für sich genommen, was den anderen gehörte, und haben die Erde abhängig gemacht von dem, was sie gewähren wollen,
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Wolfen wandern über dem Himmel der Welt.
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Aber Wolfen ist feine Naft gegeben. Sie wandern und ziehen. Ewig jung und neu und weit und breit strahlt die Bläue des Himmels.
Es taucht der Wald aus dem Schatten und hebt sich ins Licht, es tauchen die Berge aus dem Düster und heben sich ins Klare. Ga wachsen die Hügel aus dem Schatten und sonnen sich von neuem im Glanz, es steigen alle Wälder und Höhen und Bäume und Türme, alle Gipfel und Giebel, es steigt alles Starte und Hohe, alles Ragende und Erhabene, es steigt alles ins Licht. Und über die Felder breitet sich das Licht und über die Wiesen, und die Mauern beglänzt sein Gold und über Tore findet es den Weg. Und es wandeln alle Menschen im Licht die den Feiertag suchen im freien Gefilde, die zu Städten werden im Dienste des Werktages. Es tut sich Ferne auf und flare Weite, es liegt auch ein Leuchten hinter den Bergen, die den Blick uns abschließen. Es tut die Welt sich auf und die Höhe des Himmels wird klar es wandern die Wolken fernhin zu dunklen Winkeln, es wandern die Wolken weit weg, zu nächtlicher Raft. Es fiegt des Lebens ewiger Sinn, es siegt der Schöpfung ewiger Werdegeist: zum Licht!
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Berge stehen und Wälder- und die Wolken wandern. Es steht das Unbergängliche und dauert, es steht das Starke und Große, das Sohe und Tiefe und es bergeht das Falsche und Schwache, das Tückische und Ünechte. Unter den Wolfen wandert die Menschheit.
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Kleines feuilleton.
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kh. Am Befnv während des Ausbruchs. Mathilde Serao schildert im Giorno" in fesselnden Bildern einen Befuch des Vefuv, den sie von Boscotrecaje aus unternommen hat: " In den stillen Ort, den blühende Gärten und Weinberge umgeben, ergießt sich ein Strom von Menschen, die abwärts steigen, und andere, die den Aufstieg noch vor sich sehen: ein unentwirrbare? Durcheins ander von Wagen, Automobilen, Rädern füllt die Straße, die das stille Land durchschneidet, das am Fuß: des drohenden Feindes bis her fein friedliches Dafein fristete. Die Herabsteigenden schildern in erregten Worten und Gebärden die Eindrücke, die sie da oben empfangen haben; da unten aber stehen die Menschen dicht anein andergedrängt, unfähig, fich zu bewegen, in dumpfem Schweigen. Diese lautlose Menge der Männer und Frauen des Landes hebt sich dunkel heraus aus dem bewegten Bilde, in dem die Touristen und die anderen Ausflügler dominieren. Niemand weint, niemand klagt. on ferne tönt eine firchliche Weise. Sonst ist alles still... Aber während wir zur Lava emporsteigen, droht über uns der Krater des Besubs. Beständig in schwärzlichen Windungen steigt eine mächtige Säule von Rauch und Asche vor, die sich im Steigen zerteilt und wieder neu bildet, größer, höher, gewaltiger; und trop des vollen Lichtes des Tages sieht man durch diese dunklen Windungen der Rauchsäule, wie aus dem Nebel, lange, helle, weißglühende Flammen emporstreben, feurige Punkte flimmern, die glühende Massen sind und als Feuerregen um den Krater sich hinabfenten. Der Berg dröhnt und speit ächzend Rauch und Asche und Schlacke aus; lints sprüht er Feuer und wirft Feuersteine und Feuermassen empor. Jedes leichte Gespräch verstummt: alle, die an die Lava herangehen, find wie betäubt und geben ihrem Eindruck nur in furzen abgerissenen Worten Ausdruck. Rings umher, zwischen den Feldern und Weinbergen, sind alle Wege schwarz von den andrängenden Menschen, aber in dem großen Schweigen der Menge, die vorwärts will, bald in einzelne Gruppen gelöst und zerstreut, bald wieder zusammengedrängt in dieser namenlosen Stille, spricht nur das Dröhnen des Vulfans von der großen Erderschütterung, die voranging. Bebt nicht etwa die Erde unter unseren Füßen? Immer rötere, immer leuchtendere Flammen blißen aus der offenen Seite des Berges. In dem großen Talgrund, der durch einen früheren Ausbruch entstand, in dem Tal, in dem die Oliven und die Weinreben auf der Lava uralter Zeiten gediehen, liegt nun die neue Lava. Der Eindruck ist nicht zu schildern. Die gigantische schwarze Masse erhebt sich mächtig und unförmlich wenige Schritte vor uns. Es scheint ein düsteres, versteinertes Meer, ein stürmisches schwarzes Meer, das sich wie durch einen Bauber in felsige Massen formte, ein totes, erstarrtes Meer. Aber es ist nicht tot! In der Tiefe lebt noch das Feuer, die Flamme, die immer wieder aufblikt und ihre weiße Glut zeigt; unter unseren Füßen ist die Erde warm, wenige Schritte weiter ist sie brennend heiß. Rechte, an dem anderen Zweig der Lava, unter einer Die schivarze schwarzen rauhen Schicht ist ein Glutofen verborgen. Schicht ist ganz dünn, darunter schwelt die Glut, alles brennt in einer erstickenden rotglühenden Hize, und aus diesem Feuerhecd lösen sich immer wieder neue Feuermassen, die sich zu unseren Füßen wälzen. Feurige Tränen rollen und zerfließen auf der Erde. Immer näher treibt es uns, lockt uns der grauenhafte Zauber dieses Schauspiels, näher heran an dies Meer, das Feuer, das Lava war, das wie ein unförmlicher Felsen ist und das doch noch Lava und Feuer bleibt; Frauen, Greise, Kinder drängen heran und stecken die Stöcke und Schirme in den Feuerherd, stochern in dem Feuer umher, halten das Gesicht herar, mit einem Grauen, das zur Wag halfigkeit reizt, in einem Anfall von Wahnsinn, fid ganz im Feuer