Sie machte mit der Hand eine drehende Bewegung um den Mund. .. Und allweil steht ein Pfluderer da!" Geht's von Deinem Geld?... Wissen möcht' i überHaupts, wo das viele Geld hinkommt, das verdient wird!" »Vertu' ich was?" «G'sagt hast Du mir noch nie was.... Und das Vermögen stammt doch von mir.... Die paar Tausender, die von Deines Vaters seiner Mühl' übrig blieben sind,. G'rad die haben g heckt!" Die Bäuerin fuhr sich durch die Haare und fragte lauernd; Hast's Geld auf der Sparkass'?" Nein!" Affa spekulierst?... Du, i sag' Dir's noch einmal: Schulden kommen auf den Hof fein net, so lang i leb'!" Brauchst keine Angst zu hoben." Die Augen der Frau wurden groß. Ach jetzt weiß ich, was die Leut' meinen. Den Stingel willst z'grund richten!" «Der bringt sich schon selber um." Der Stingel!"... Die Bäuerin sank wieder in sich zu- sammen.War das ein schöner Mensch!... Der. wenn mich g'mocht hätt'!....'s wär ein anderes Leben worden..." Meinst?... Mit Deinen Hof wärst heute so sicher fertig Wie er mit seinem." Dem seine Bäuerin bat ein schönes Leben g'habt.... Alle vierzehn Täg sind sie in sie Stadt g'fahren, zwei Pferd' waren vorgespannt, wie bei einer Gutsherrschaft.,,, Tie hat's viel gut g'habt!" Und nach drei Jahren war s' tot!" Von ihrem Mann hat s' nix ausz'stehen g'habt. Und der Lenz hat studieren dürfen..." Dafür kann er jetzt einen Knecht machen und später einen Taglöhner." Die Frau fuhr auf. Ihre Lippen zitterten. Du... Du... Nie hast Du Dich um die Buben g'kümmert. Kein gutes Wort haben sie z' hören kriegt, kein freundliches Aug' g'sehen. Kaum waren sie aus der Schul', hast d' sie schon ein- g'spannt.... Schau sie an, wie sie aussehen! Der Andres wird ein Raufer..." Wie die Mutier, so.. Und Du bist der Vater!.-, Nur ums Geld war's Dir zu tun... Geld und wieder Geld!.,. Tu bist ja kein Bauer... ein Wucherer bist Du!" Sölch war aufgestanden. A lange Predigt taugt net viel." Das sagen alle Lumpen." Er trat zu seiner Frau und sah sie an, von oben herab, mit kaltem Blick. Sei stad!... Trink' Deinen Schnaps und lass' mich in Ruh.... Was ich zu tun Hab', weist ich!" Kein Wort kam mehr über ihre Lippen. Der Bauer berschlost das Wirtschaftsbuch in ein Schränkchen, das in die Mauer eingelassen war, griff nach dem Hut und ging hinaus. .* Sölch stand auf dem Sandrücken hinten beim Walde, mitten unter den Disteln, deren dicke Äöpfe von der Fülle der Samen- haare schier platzten. Die klare Luft des Oktobertages verringerte die Weiten. Und so erschien es ihm. als könnte er den Kulmer Berg mit einem Steinwurf treffen. Rot standen die Fenster der Wallfahrtskirche, ein Gleisten und Blitzen war in ihnen. Plötzlich glaubte er das summende Brummen der grasten Glocke zu ver- nehmen. Aber das war ja nicht möglich. Um diese Jahreszeit kam keine Prozession mehr.... Nach Süden zu hing an dem Berge etwas Wald. Ueber die Felder, die buckelige Lehne herab, wand sich der helle Weg zur Straste. Auf den Knien rutschten ihn manche Wallfahrer hinauf, bis zur Kirche, über die Stufen, zum Marienbilde. Solch prestte den Mund zusammen. Einmal in seinen: Leben war er mit einer Prozession gegangen, gekrochen war er nicht. Sein Blick glitt vom Berge. Das Glitzernde mustien die Teiche der Nonncngrüner und Mühleffcncr sein. Zusammenhängend. schier wie ein breiter Flust erschienen sie. Das wäre was für ihn gewesen! Da hätte er seine Fische nicht mehr aus zweiter Hand zu kaufen brauche»? Ein altes Lied fiel ihm ein, unwillkürlich summte er es: Heut', morgen Fisch' i mein' Teich, mein' Teich, Heut', morgen Fisch' i mein' Teich. Ueber'm Damm, unler'm Damm. Klaub' i meina Fischla z'samm'. Heut', morgen Fisch' i mein' Teich." Aber die Teiche gehörten nur zu den größten Höfen. Und so ein Dickkopf gab, und wenn er die Steuer schuldig bleiben mußte, nicht einmal einen Palter her! Der Stingel hatte drunten am Moor eine Wiese, deren saueres Heu kaum als Einstreu was taugte.... Wenn.., Etlvas Rotes und stechend Weißes riß seine Augen nach rechts. Tic hinter die Föhren sinkende Sonne ivarf noch einmal ihre Strahlenbündel voll auf die Ziegeldächer und hellen Wände des Stingel-Hofes. Die Birn- und Apfelbäume waren schon kahl, hinterm Grasgartcn standen die Eichen im fahlen Braungelb, aber vorn beim Wohnhaus glühte ein Ahorn, als hüllte ihn feurige Lohe. Wie niattfarbig erschien dagegen sein Hof? Grau, verwaschen und abgeschabt wie ein lang getragenes Kleid. Halt?... Aber behäbig. Not sah man ihm wahrlich keine an.... Viel breiter und massiger wie der Neubau.... Ein Mann neben einem jungen Lecker. Auf einmal stand vor seinen Augen die Gestalt des jungen Stingel. Der Lenz!.,, Nur wie ein Flüstern glitt eS über seine Lippen. Und in diesem Augenblicke kam alles in ihm zum Durchbruche, was er bis dahin mit aller Gewalt niedergehalten: Wilde Freude, Stolz, Befriedigung. Beide Arme warf er nach oben, drehte die Fäuste nach rückwärts, als suche er nach einem Stützpunkt, um sich über die Erde zu erheben. Nun schritt er aus. Die Augen starr auf die roten Dächer geheftet. Seit gestern wußte er es: Er stand vor dem Ziele. Er hatte wieder gespielt, der Lump, drinnen in der Stadt, mit reichen Kaufleuten und anderen Herren, und alles verspielt, auch die Zinsen für die Sparkasse. Liest er seine letzten Forderungen ein» tragen, war alles zu Ende.... Aber zwanzig Jahre hatte es gedauert.... Dreiundzwanzig Jahre waren vergangen, seit... Vom Dorfe her drangen verflogene Töne der Kirchweihmnfik. Der Bauer steckte die Daumen in die Westentaschen, pfiff leise vor sich hin und stelzte daher im Takte. Von weitem sah er aus, als käme er aus dem Wirtshaus und hätte ein paar Halde zu diel. 4. Trotz seiner Schulden stand der Stingel noch in allgemeiner Achtung. Man hielt ihn für leichtfinnig. Aber so ein großer Hof, vom Vater schuldenfrei übernommen, und Bargeld noch dazu, das liest sich nicht so leicht umbringen. Vom Trinken allein war noch kein Bauer zugrunde gegangen.Die Alten" waren oft acht Tag lang nicht aus dem Wirtshaus gekommen, und ihre Kindeskinder fasten noch immer auf den Höfen. Und das bistl Spielen? Na» Gott ja, eine Freud ' muß der Mensch haben? Wer so oft mit den Herren zusammenkam wie der Stingel, mutzte halt manchmal mittun. Mau muß immer schauen, daß die Kirch' im Dorf bleibt. Zuhoch" wird er in der Stadt auch nicht aiigehen. Man sah'S ja, wenn er im Dorf mitkartelte. So redeten die, welche immer dabei waren, wenn der Stingel etwas zum Besten gab. Andere hatten eine andere Meinung, wollten aber nicht mit der Sprache heraus, um nicht als Ehr- abschneidcr zu gelten. Nach der Kirchweih schlug die Stimmung erst allmählich, dann mit einem Male ganz um. Man erfuhr, daß der Stingel die Spar- kassenzinsen in einer Nacht verspielt hatte. Und das Geld hatte ihm noch dazu seine Schwester geborgt, die selbst zu würgen hatte. Jetzt kam alles aus die Beine, das vom Stingel-Hof etwas zu fordern hatte: Krämer, Handwerker, Wirke. Die einen setzten sich auf die Hosen und schrieben einen halben Tag lang an einem Mahnbrief, der grob anfing und mit Wehklagen endete. Andere gingen selbst hin, um ihrsauer verdientes" Geld zu holen. Der bekam es, ein zweiter liest sich vertrösten; schon schien es, als wollte der Sturm sich wieder legen. (Schluß solgt.) kleines feialletcm. DieZcitnngsftesserin". DasWiener Extrablatt" berichtet über eine Gerichtsverhandlung, die sich mit der Klage der Privatiere Fräulein Katharina Zeckl, einer älteren Dame, gegen den Casötier Leopold Kniee wegen Ehrenbeleidigung befaßte. Der letztere hatte das Fräulein zum Verlassen feine« Cafös mit den Worten aus» gefordert:Da hat der Zimmermaim das Loch gelassen." Richter:Herr Kniee I Haben Sie diese Worte gebraucht?" Angeklagter:Ja. Herr Richter I Aber ich bitt'. mich an- zuhören! Die Fräul'n komnit, packt alle Zeitungen vom Lokal z'samm... a paar halt s' in der Hand, a paar legt s' auf'n Schoß ... a paar unter'» Schoß... und die Gast' brummen alle, daß s' ka Zeitung kriegen." Richter:Da hätten Sie ihr das vorhalten sollen, aber einen so anzufahren ist halt verletzend I" Klägerin:Und ich bin dazu seit drei Jahren Stammgast bei Herrn Kniee!" Angeklagter:Das is ja das Unangenehme! Wegen a n e r Zeitungssresserin kann i do nit so viel Zeitungen extra abonnieren, Herr Richter? I zahl' ZinS, Steuern usw., und die Gast' bleiben aus, weil's ka Zeitung kriegen I Halbe Täg' lang hat die Fräul'n bei an Kaffee g'sessen und hat g'lesen und alle Blätter konfisziert... Ivo soll da der Geschäftsmann hinkommen?" Richter:Fräulein Zeckl, Sie hören den Standpunkt des