Triebe der Dahlien eine verhängnisvolle Vorliebe. Wenn sie solcher Leckerbissen nicht habhaft werden können, machen sie sich aber auch über alles Mögliche andere her, namentlich über fast alle Früchte, indem ihren gefräßigen Kiefern weder die zähe Haut von Aprikosen oder Pfirsichen, noch auch die noch härtere der Birne, noch die glatte der Pflaume widersteht. Wenn die Frucht eine genügende Reife und damit Weichheit erlangt hat, graben sie sich bis auf den Kern hinein. Oft findet man die Ohrwürmer auch in Weintrauen. Sie leben selten einzeln, sondern fast immer in kleinen Horden. Erst im Herbst sind die Jungen ausgewachsen und zur Fortpflanzung geeignet, und dann dauert es bis zum nächsten Frühjahr, ehe das Weibchen seine Eier legt. Diese finden in kleinen Häufchen von 15 bis 25 Stück ihren Platz in den Spalten von Baumrinden oder unter Steinen. Die weißen Eier geben nach vier Wochen kleine ganz weiße Ohrwürmchen frei, die erst nach der ersten Häutung daS braune Gewand ihrer Eltern annehmen. Mit seiner Zange schreckt das Insekt wohl nicht nur den Menschen, sondern auch viele Tiere, obgleich es noch keinem Gelehrten gelungen ist, festzustellen, wie und wozu sie eigentlich benutzt wird. Zur Bekämpfung der Ohrwürmer- plage in Gärten verwendet man Büschel von großen Schirmpflanzcn oder anderen Gewächsen, die man an geeigneten Stellen aufhängt, damit sich die Insekten vor dem Tageslicht dahin flüchten und so gefangen und beseitigt werden können.— Humoristisches. — Strenge Erziehung.„Mußt Du denn den Mund so weit aufmachen beim Singen?' „Ja, Mutter, so will's der Professor haben!" „Dann halt' wenigstens die Hand vor 1"— — Der Arme.„Anton, heute abend geh'n wir aus! Du rauchst zehn Zigarren, schnupfst zwanzigmal und trinkst Deine sechs Maß!... Ich werde es Deinen Freunden schon austreiben. Dich einen Pantoffelhelden zu nennen l'— — Kombiniert. Bei Silberbergs ist ein Junge angekommen, der nach dem Großvater„Jsidorche"— abgekürzt„Dorche— heißen soll. Da ist aber noch der Onkel, ein schwerreicher kinderloser Mann. Ihm tvürde es sicher auch eine sehr große Freude machen, wenn der Reffe seinen Namen bekäme... wer weiß, wozu er imstande wäre, wenn man ihn zurücksetzen würde! Andererseits darf man den Großvater auf keinen Fall kränken. Da ist guter Rat teuer. Man sinnt und studiert, und zieht endlich den Kompagnon bei, einen sehr klugen Mann. Ein paar Minuten grübelt auch er— dann schmunzelt er und meint:„Wie haißt I Js doch e' ganz einfaches Exempel l Dorche soll er heißen— darf er nicht I L o u i s soll er heißen— kann er nicht! Also heißt er Louisdorche— darf er und kann er!"—(„Fliegende Blätter '.) Wintcrthurer Scharfrichter Meister Lienhardt nach Zug benifen, um den Altamman Vetter vom Irrsinn zu heilen. Zur großen Wut der zünftigen Aerzte ließ sich auch Friedrich I. von Preußen lieber von dem Berliner Scharfrichter Coblenz, den er zum Hos- und Leibmedikus ernannte, kurieren, als von einem ihrer Zunft. Sie rächten sich, indem sie das Richtschwert öffentlich sehen ließen, mit dem der königliche Hof- und Leibarzt schon über hundert Köpfe abgeschlagen.— hr. Reue Untersuchungen über das Hirngewicht der Menschen. Wie bei den anderen Organen, so ist auch beim Gehirn das Gewicht je nach Alter. Geschlecht, Körpergröße und Rasse bei den verschiedenen Menschen verschieden. Was das Geschlecht betrifft, so ist es bc- kannt, daß das Hirngewicht beim weiblichen Geschlecht geringer ist als beim männlichen, und man wollte ja die angebliche geistige In- feriorität des Weibes gegenüber dem Manne von diesem Minus an Gehirnsubstanz ableiten. Schon bei den Neugeborenen ist dieser Gewichtsunterschied bemerkbar. Nach Wiegungen, die Dr. Hand- mann im pathologischen Institut in Leipzig vornahm, beträgt das Hirngcwicht bei männlichen Neugeborenen im Durchschnitt 404 Gramm, bei weiblichen 377 Gramm. Der Unterschied rührt daher, daß die Knaben durchschnittlich länger find, und mit jedem Zentimeter Körperlänge steigt auch der Durchschnitt des Hirn- gewichtes an. Letzteres ist aber auch abhängig vom Korpergewicht und von der Entwickclung des Körpers. In den ersten Lebens- jähren nimmt das Gehirn rasch zu, so daß es am Ende des ersten Lebensjahres sein Gewicht verdoppelt hat, dann verlangsamt sich die Zunahme Wiederum, immerhin beträgt das Gewicht im 6. Lebens- jähre das Dreifache des Gewichtes des Neugeborenen. Das Gewicht des erwachsenen Mannes beträgt im Durchschnitt 1370 Gramm, das der erwachsenen Frau 1250 Gramm, während demnach beim Neu- geborenen und in der Kindheit die Gewichtsdifferenz bei den der- schiedencn Geschlechtern eine geringe ist, ist sie jetzt sehr erheblich angewachsen. Die volle Ausbildung des Gehirns scheint schon mit dem zwanzigsten Lebensjahre einzutreten. Die Abhängigkeit des trrngcwichtes von der Körpergröße läßt sich noch bis in die erste eit des Wachstums verfolgen. Die Frage, ob ein höheres Hirn- gewicht immer mit einer höheren geistigen EntWickelung in Ver- vindung zu bringen sei, wird von Dr. Handmann verneint. In den meisten Fällen weisen die Gehirne großer Männer allerdings ein großes Gewicht auf. jedoch nicht in allen, umgekehrt findet man oft bei geistig tiefstehenden Menschen hohe Hirngewichte.— ie. Die Ohrwürmer. Gegen manche Tiere, die er fast mit einem kleinen Finger töten könnte, hat der Mensch eine angeborene Scheu oder sogar Angst. Wie weit verbreitet ist nicht die Abneigung gegen Mäuse, gegen Kröten, gegen Käfer und noch manche andere kleinen Ungetüme, die nach ihrer ganzen Veranlagung gar nicht dazu imstande sind, den Menschen einen körperlichen Schaden zuzu- fügen. Ein besonders lächerliches Beispiel ist die Angst vor Ohr- Würmern, die eigentlich überhaupt keine Ausnahme kennt, es sei denn, daß jemand seinen natürlichen Widerwillen gegen dies kleine Geschöpf durch Aufwand besonderer Willenskraft überwunden hätte. So ein Ohrwurm von etwa einem Zentimeter Länge ist nun freilich ein merkwürdiges Ding. Würde man ihn sich mit seinem gewaltigen Panzer und mit seiner am Hinterleibe sitzenden Kneifzange ins Zehn- oder Mehrfache vergrößert denken, so würde es allerdings durchaus begreiflich sein, daß der Mensch m?t einem so bewaffneten Tier nicht gern etwas zu tun haben wollte. Was aber kann schließ. lich ein so winziges Insekt dem großen zweibeinigen Beherrscher der Erde antun? Es ist als ob der Aberglaube unbewußt nach einer Entsckmldigung dieser menschlichen Schwäche gesucht hat, denn wie schon der Name sagt, wird von diesem Insekt steif und fest behauptet, cS habe kein anderes Streben, als sich in dem Ohr eines Menschen zu verkriechen und dort allerhand groben und gefährlichen Unfug anzurichten. Diese Anklage, die eben nur als Beschönigung, eines schlechten Gewissens zu verstehen ist. steht auf ebenso haltlosem Boden wie der Verdacht gegen die merklvürdigsten aller Tiere, die Fledermäuse, wonach sie nur danach trachten, sich in die Haare eines Menschen und namentlich einer Frau einzukrallen, so daß sie geradezu losgeschnitten werden müßten. Immerhin ist die Scheu vor den Fledermäusen trotz der Unschuld und Nützlichkeit dieser Tiere noch begreiflich, denn eine Fledermaus hat durch die Art ihres Fluges und durch ihr Auftreten zur Nachtzeit etwas Unheimliches, ober das bißchen Zange, was der Ohrwurm mit sich führt, sollte uns doch wirklich keinen Schrecken einzujagen imstande sein. Trotz- dem ist eS eine Tatsache, daß nicht nur der deutsche Sprachgebrauch, sondern ebenso der anderer Völker wie der Engländer und Fran- zosen, daS Insekt nach jenem Aberglauben benennt. Im Fran- zösischen heißt es sogar Ohrenstecher oder Ohrenkneifer, und die letztere Bezeichnung findet sich auch in manchen Gegenden Deutsch - lands als Provinzialismus. Immerhin verdient die europäische Art des Ohrwurms einige Aufmerksamkeit, weil er sich in Gärten gelegentlich recht unnütz macht. Die Ohrwürmer führen ein Nacht- leben, verstecken sich während des Tages meist in Erdlöchern, Blättern oder Rinden und begeben sich erst des Abends auf den Flug oder auf die Wanderung. Zuweilen kann man sie in Gärten in ganz ungeheueren Mengen antreffen, namentlich haben sie für die Blütenknospen von Pfirsichen, für Nelken und für die jungen Notizen. —„Der Jubiläumsbrunnen", ein einaktiges Schau- spiel von Walter Bloem , wurde von der neuen Direktion des Neuen Theaters angenommen.— — Am 18. Mai führt das Meinhardt-Bernauersche Gastspielensemble im Lessing-Theater Strind- bergs„Kameraden" auf.— — In W i e n hat sich nach reichsdeutschem Muster eine„Neue freie Volksbühne" organisiert. Werke von Anzengruber, Hauptmann, Raimund usw. sollen in zwangloser Folge zur Auf- führung gelangen.— .— Im Neuen königl. Operntheater(Kroll) kommt heute die Openmovität„Alpenkönig undMenschenfeind" 9 von Leo Blech zur AuffüHnmg.— — In der Plakatkonkurrenz, welche die Jubiläums- Ausstelllmg Mannheim 1807 ausgeschrieben hatte, fielen die beiden ersten Preise(1200 M. und 000 M.) Professor G r o h von der Karls- ruher Kunstgeiverbesckmle zu. Den dritten Preis(400 M.) erhielt Bühler(Karlsruhe ). Eingegangen waren 93 Entwürfe.— — Die 3. Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906 wird heute eröffnet.— t. Ein einfaches chemisches Experiment. Manche der hervorragendsten Forscher auf dem Gebiete der Physik und Chemie haben große Entdeckungen und Versuche mit den aller- einfachsten Mitteln zu Wege gebracht. Ein chemisches Experiment, das zwar nicht besonders wichtig, aber gleichfalls durch seine fast unglaubliche Einfachheit interessant ist, wird im„Mining Reporter" beschrieben und bezieht sich aus die Trennung kleiner Goldmengen von Quecksilber. Man schneidet dazu eine mittelgroße Kartoffel in zwei Hälften und höhlt das eine der Stücke aus. Dann macht man rn einen alten Spaten oder in ein Stück Eisenblech eine Vertiefung und tut das Amalgam, d. h. die Mischung von Gold' und Queck- silber hinein, bedeckt es mit der Kartoffel und erhitzt es langsam, bis diese am Eisen festbackt. Nach wenigen Mmuten stärkerer Erhitzung wird dann das Gold in reinem Zustande gefunden werden.— Verautwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VcrlagSanstaltPaul Singer LiCo., Berlin ZW.
Ausgabe
23 (12.5.1906) 91
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