HORAS

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züglich), Amberg , Weddig( ein Pavian" besonders gut), Ballenberg( ebenfalls Tiergruppen bemerkenswert), Tüchtiges,

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Kleines feuilleton.

,, Gegessen haben Sie ja schon." Wir lesen in der Wiener Arbeiter- 3.": Es ist zur Ziehzeit im Mai. Um die Mittagszeit. Jm eleganten Extrazimmer eines befferen Gasthauses sißen um einen Tisch herum: eine Dame, vier Kinder, ein Dienstmädchen. Die Dame ist sehr dick und schnauft deswegen sehr, die Kinder sind sehr lustig und lachen fortwährend, das Dienstmädchen ist sehr flein, schwach, sehr verschüchtert und immer in Bewegung. Die Gnädige wirft ihr fortwährend mißbilligende Blicke zu. Das Mädchen kann ihr nichts recht machen, trotzdem es sich alle Mühe mit den Kindern gibt, diesen fortwährend die Bierglasuntertassen aus der Hand nimmt, das Salz- und Pfefferfaß einmal da, ein­mal dorthin schiebt, um es aus dem Bereich der immer wieder da nach langenden Kinderhände zu bringen, und unermüdlich zertniďte Zahnstocher vom Boden aufklaubt, damit es mit dem Wirte keinen Anstand gibt. Trotzdem rollen die anderen Gäste über den lauten Tisch die Augen, und infolgedessen wird die Gnädige immer un­gnädiger. So diskret, daß man es nur an fünf anderen Tischen ganz deutlich hören kann, sagt sie:

Sie, Marie! Wenn Sie nicht das ungeschickteste Frauen­zimmer auf der Welt sind, dann weiß ich nicht, wer es sein soll. Ach Gott, wie einer mit einem solchen Mädel geschlagen ist! Sie ist wirklich das teure Mittagessen nicht wert, das ich ihr wegen des vermaledeiten Zichens heute im Gausthaus geben lassen muß!"

Der Kellner trägt eben die Suppe auf. Jedes kriegt seinen

Unter den graphischen Arbeiten, die Berlin noch ausstellt, sind besonders die Farbenholzschnitte zu erwähnen, die, von München herkommend, nun auch in Berlin Pflege finden. Diese Blätter heben sich aus der Masse um ihrer künstlerischen Qualitäten heraus. Die Technik ist breit und träftig, alles Kleinliche wird ent­fernt und der Künstler dazu erzogen, auf große Wirkung hin die Dinge zu sehen. Da ist besonders Margarete Geibel( Weimar ) zu nennen, die in breiten Licht- und Schattenkontrasten arbeitet. Man denkt an japanische Holzschnitte und an die schönen Interieur­studien des Schweden Larsson. Die Farben sind fein und diskret. Die Drude sind auf schönem, grauen Papier hergestellt. Stampff arbeitet mehr auf entschiedene Silhouettenwirtung hin, in welcher Art er gute Porträts gibt. Auch Berndts Arbeiten sind breit angelegt. Aparte Ausschnittet im Landschaftlichen gibt Stasch us. Zu einem ganzen Zyklus vereinigt Margarete Havemann ihre technisch sehr fräftigen, charaktervollen Arbeiten. Doch zeigt sich da, daß diese Vereinigung dem Ganzen schadet. Einzeln wirken die Holzschnitte besser. Die Radierungen von Wolfsfeld haben einen schönen, breit verschwimmenden, lockeren Ton. Von Ilse Schütze sind noch zwei Arbeiten zu erwähnen; eine in fräftigen Tönen gehaltene farbige Originallithographie Jm Schnee" und eine flotte Zeichnung Das Festkleid", auf der die grüne Schärpe, die die Mutter dem Kind umbindet, lebhaft gegen das Weiß des Kleides und das dunkle Grau des Hintergrundes kontrastiert. EsTeller voll. Auch das Dienstmädchen. Vorerst hat sie die Kinder ist persönliche Art in beiden Arbeiten, die sich technisch eigen durch­febt. In einigen farbigen Zeichnungen zeigt Pfitzner fräftige Töne, landschaftliche Motive, ein heller Ausblick auf ein Dorf zwischen zwei dunklen Bäumen im Vordergrund, alte Häuser in dämmerigen Gassen. Die Illustratoren, sowie die Vereinigung der Graphiker" tragen durch ihre Ausstellungen sehr zur Belebung bei. Hier, wo die Karikatur und die Satire, sowie die humorvolle Betrachtung der Dinge vorherrschen, befreit sich der Künstler von dem althergebrachten Schema und lernt, mit der Farbe und der Linie unwillkürlich freier umzugehen. Man sieht, wie die Be­rührung mit dem praktischen Leben die Kunst auffrischt und gerade, wenn das Motiv ganz fern ist von der üblichen Schablone der hohen" Kunst, empfinden wir das sich freigebende Temperament des Künstlers als erfrischend. Früher wurden diese Blätter nicht so hoch geachtet. Heute schäßen wir das Ursprüngliche, Momentane, das hier zum Ausdrud kommt, höher ein. Manch einer, der beim anspruchsvollen Delbild akademisch langweilig wird, lernt hier fich wiederfinden. Wir dürfen nie vergessen, wenn wir unsere mo­dernen Wizblätter, die oft technisch mit so raffiniertem Verfahren hergestellt sind, zur Hand nehmen, wie viel ehrliche, echte Kunst sich da betätigt. Und wem es schwer fällt, Bilder lange zu betrachten, der wende sich zur Auffrischung immer wieder jenen Blättern zu, in denen Kunst und Leben so natürlich verbunden ist.

In den Räumen 13, 14, 15, die der Baukunst gewidmet find, sind architektonische Arbeiten ausgestellt. Speziell in den Modellen von Wohnhäusern ist manch Gutes geleistet. Ein Boots­haus in Grünau" von Toebelmann ist farbig mit Glück ge­staltet; es ist in der Fassade reichlich Grün verwendet, in den Ge­ländern, Tür- und Fenstereinrahmungen. Intim wirft ein Land­haus in Woltersdorf" von Rossius, die Fassade ist auf ruhige, breite Flächenwirkung hin angelegt. Besondere Eigenart prägt sich in dem Modell eines Landhauses von Campbell und Pullich aus, das auf einer hügeligen Erhebung sich aufbaut. Die Formen wachsen organisch auf. Es ist etwas Einfach- Solides und doch Eigenes darin. Vornehm wirkt das Grau und Weiß, dem das eingefügte olivenfarbene Holz sich vortrefflich anpaßt. Namentlich der seitliche Teil, der aus einem Graben aufsteigt, präsentiert sich graziös.

Neben diesen ausgeführten Modellen, die in Nachbildung eine plastische Vorstellung geben, kommen Architekturskizzenentwürfe zur Ausstellung. Malerische Architekturstizzen, in denen sich der Architekt wie in schnellen Notizen auf einer Reise in alten Städten die interessante Lösung irgend einer bautechnischen oder ästhetischen Frage an alten Gebäuden festhält, z. B. wie ein Turm sich erhebt, wie ein Flügel fich anfügt, wie Natur und Kunst im Bauwerk zu sammenwirken. Dann folgen Interieursfizzen in farbiger Aus­führung, in denen der Architekt skizzenhaft andeutet, wie er sich die farbige Anlage eines Raumes denkt.

Das Kunstgewerbe mußte sich diesmal mit zwei kleinen, aber geschmackvoll gestalteten Räumen( Saal 62 und 63) begnügen. Die Raumgestaltung rührt von Bruno Möhring und Rud. Wille her. Im Kleinen bietet sich da viel interessantes Material, das im ganzen anzeigt, daß die Künstler immer mehr dahin streben, die Praxis mit der Kunst zu erobern und so in das alltägliche Leben Schönheit hineinzutragen. Besonders die fleine Auswahl moderner Druckerzeugnisse ist mit Geschmack zusammengestellt. Ernst Schur .

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u bedienen. Die zwei größeren sorgen selber für sich. Aber da das Mädchen ihnen zu, daß sie die Suppe effen. Die Gnädige hat ist ein dreijähriges und ein vierjähriges. Mit Engelsgeduld redet ihre Suppe schmaßend geschludt und fängt wieder zu nörgeln an. Marie löffelt eilig an ihrer Suppe, die einstweilen falt geworden ist. Und wie sie bei Tische sitzt! Wie ein schüchterner Bogel auf mit einem Endchen ihres Körpers wagt sie darauf zu fizen. Von dem Sprissel". Der Stuhl ist weit vom Tische gerückt und nur den Blicken der Gnädigen verfolgt, führt sie den Löffel so schreckhaft, als hätte sie ein glühendes Eisen in der Hand. Nachdem der Kellner einige Stück Braten und Kartoffel auf den Tisch gestellt hat, beginnt wieder ihr Amt. Die zwei Kinder essen Braten sehr gern, und Marie kommt viel rascher zu ihrem eigenen Teller. Wie sie sich seßt, nimmt eben der elfjährige Erstgeborene das letzte Stüdchen Braten aus der Schüssel und zerschneidet es. Mama," fagt er tauend, für die Marie ist tein Fleisch geblieben."- " Birklich?" fragt diese verwundert. Wie gut, daß noch so viel Startoffelsalat da ist. Greifen Sie zu, Marie! Warum tummeln Sie sich denn auch nicht mehr? Aber wir kriegen ja noch Mehl. ſpeiſe. Da schauen Sie halt dazu! Gott , was so ein Tag nur toftet!" Marie würgt an dem Salat. Niemand hat ihn gewollt, weil er entfehlich sauer ist. Nach einer Weile räumt ein Pikkolo das leere Geschirr ab und stellt jedem ein Mehlspeistellerchen hin. Eine große Schüssel dampfenden, zuderüberstreuten Kaiserschmarrns kommt auf den Tisch. Er schaut über die Maßen appetitlich aus. Marie rückt unwillkürlich etwas näher. Die Gnädige selbst hat die Teilung übernommen. Schon türmt sich auf ihrem Teller eine föstliche Portion. Dann kommen die Kinder dran. Plötzlich läßt fie den großen Löffel fallen und ihr dickes Gesicht nimmt einen unendlich sorgenbollen Ausdruck an.

Liebe Marie," sagt sie hastig,"" da fällt mir ein, daß ja der Möbelwagen schon bei unserer neuen Wohnung sein muß. Und niemand von uns ist dort. Schaun Sie nur rasch hin und sperren Sie den Leuten die Wohnung auf! Wir kommen gleich nach. Ge gessen haben Sie ja schon."

Das Mädchen nimmt die Schlüssel, wirft noch einen Blick auf die Mehlspeise, sagt Küß d' Hand!" und geht. Die anderen bleiben zurück und pampfen*)

C. Wie man vor 5000 Jahren Briefe schrieb. Babylonische Tontäfelchen von verschiedener Form und Größe sind zwar schon ein halbes Jahrhundert bekannt und werden von europäischen ein halbes Jahrhundert bekannt und werden von europäischen Museen seit langem gesammelt; aber erst in den letzten Jahren sind ganz alte Tafelchen in so großer Bahl gefunden worden, daß ihr Ursprung und ihre frühe Entwidelung festgestellt werden konnte. Besonders erfolgreich war in dieser Beziehung die Expedition der Universität Chicago, die in den Ruinen von Bismya Ausgrabungen nehmens, E. J. Banks , zu entnehmen ist, etwa 2000 Täfelchen ge­veranstaltete; sie hat, wie einem Bericht des Leiters des Unter­funden, von denen viele wahrscheinlich aus dem fünften Jahr­tausend vor Christi stammen. Die ersten babylonischen Täfelchen, die ältesten geschriebenen Dokumente der Welt, waren aus Ton. Ursprünglich waren sie rund wie ein Ball und hatten die Größe einer fleinen Apfelsine. In den weichen Ton 80g der Schreiber die flüchtigen Bilder, die seine Sprache drückten, und dann wurde das geschriebene Dokument in die Gonne zum Trocknen gelegt. Als die Kunst des Schreibens allgemeiner wurde, verlor das Täfelchen die Kugelform, und die Schrift be schränkte sich auf die abgeplatteten Seiten. Im Laufe der Jahr­hunderte wurden die Seiten flacher, der Stand zeigte Ecken, und

*) In sich hineinstopfen.

aus­