Vor der Hinrichtung wurde dem armen Sünder ein Kelch mlteinem kostbaren betäubenden Getränk gereicht, der ihn des Bewußt»seins bei der Exekution beraubte. Man stützte sich dabei auf den VerSin den Sprüchen:.Gebet starke Getränke denen, die umkommensollen und Wein den betrübten Seelen; daß sie trinken und ihre?Jammers vergesien und ihres Unglücks nicht gedenken." Gewöhnlichwurde der Trunk von wohlhabenden Frauen zur Verfügung gestellt,andernfalls aus öffentlichen Mitteln bestritten(Trattat Shn-hedrin 43 a).—— Einige Eigenarten des Ackerbaues auf de» östlichen Kana-rischen Inseln bespricht Profeffor Sapper im.Tropenpflanzer".Namentlich infolge heftiger Winde und Regenmangel hat derAckerbau auf Fuerteventura und Lanzarote mit großen Schwierig»leiten zu kämpfen, zumal eine künstliche Bewäfferung in größeremMaßstabe nicht stattfinden kann, weil es an andauerndenBächen oder größeren Wafferansammlungen mangett. Bei ge»nügendem Gegenfall trägt der Boden, obwohl meist mit Steinenübersäet, sehr gute Ernten; aber nur da, wo eine leichte Lapillideckeseine Austrocknung und übermäßige Erhitzung verhindert, sind auchbei geringem oder sogar ganz ausbleibendem Regen sichere Erntenzu erwarten. Diese Beobachtung hat nun die Bewohner der genanntenbeiden Inseln auf den Gedanken gebracht, dort, wo eine Lapillideckefehlte, sie künstlich herzustellen, und sie schaffen, wo Lapilli in leichterreichbarer Nachbarschaft vorhanden ist, mit ihren Kamelen nachund nach soviel Material herbei, daß sie ihre Felder mit einer7— 10 Zentimeter dicken Schicht überdecken können. Man nennt das:den Boden fanden(arenar). Die Düngung aesandeter Felder wirdin der Weise bewirkt, daß man Stelle für Stelle den Lapillisand ab»hebt, den Dungstoff auf dem Boden ausbreitet und die Sandschichtwieder auflegt. Das Verfahren ist natürlich zeitraubend und des-hafb mitunter recht teuer. Wie die Lapillischicht wirkt, dafür teiltSapper folgende Erfahrung mit: Er maß in einer 8 Zentimeterdicken Lapillischicht l'/g Zentimeter unter der Oberfläche 44 Grad,am Boden 30.5 Grad und 3 Zentimeter im Ackerboden nur 29 GradCelsius. Dagegen zeigte nebenan liegender ungesandeter Tonbodenin 16 Zentimeter Tiefe noch 30,6 Grad Celsius.—(.Globus'.)Humoristisches.— Neue Bezeichnung. Literat(der mit einem Kom-ponisten übers Kreuz geraten ist):.... Ueberhaupt laffen Sie michein für allemal in Ruhe...— Sie Notenklcptomane I"—— Dannl„Was sagt denn Ihre Frau dazu, wenn Sie ge-legentlich über die Schnur hauen?".O, ich haue nie über die Schnur; und wenn ich über dieSchnur haue, dann erfährt's meine Frau nicht; und wenn fie's er»fährt, dann sagt sie nichts; und wenn sie etwas sagt, dann— nafreilich— dann gibt'S ausl"—— Der Prozeß Hans l.„Da schreibt mir mei' Advokat,daß ich den Prozeß mit mei'm Nachbarn verloren Hab' I... Jetz'weiß i' net: soll i' weiter instanz'ln, oder soll i' liebera' frisch'S Prozeß! anfangen Zl"—(»Fftegende Blatter".)läuft eine feurige Welle über den Boden. Sie läuft mit wahnsinnigerGeschwindigkeit; gleich Vorreitern hüpfen bläuliche Flämmchcn voran,wie feurige Vögel klettern sie an den Kiefernstämmen empor— anzwei Stämmen, die Witka Res vorhin getränkt hat.Im nächsten Umkreis glüht und dampft der ganze Boden, mitleisem Knalle springen die Zapfen, die Farren lohen auf und legensich in die feurige Welle, die immer weiter läuft. Und das Sausenwird stärker, das Knallen der Zapfen häufiger, aus dem Häufleinder vorwärts springenden Feuerreiter wird ein Haufen, aus demHaufen ein Heer. Schon erhellt die glühende Lohe den Wald weit-hin. schon schütteln sich brennende Büsche, schon stürmen die rotenZungen nicht an zwei, sondern an zehn, zwölf, zwanzig Bäumenempor, sinken zurück, kommen wieder, bis sie den Stamm erfaßthaben, und er dasteht wie eine leuchtende Fackel.Alle Wipfel werden lebendig. Wie eine schwarze Wolke steigenKrähenheere aus den Zweigen, die Wanderfalken werfen sichkreischend empor; Eulen schreien; mit mächtigen, von unten an-geglühten Schwingen strebt ein Waldstorch von bannen. Und alshätte die Welt nun den Atem wiedergewonnen, fängt in das Sausenund Brausen der Flammen der Wind an zu blasen.Da wird alles Glut und Flammen. Schon dröhnt es undkracht es von fallenden, brechenden Stämmen. Unberührte Wipfelzittern schon in der Glut, die zu ihnen emporsteigt. Man hört nichtmehr, ob sie rauschen, man sieht nur, wie sie angstgepackt zittern.Und nun hat die Flamme auch sie. Gleich feurigen Pinien stehendie Kiefern. Der brennende Stamm trägt ein breites, glühendesDach. � Von Wipfel zu Wipfel springen die roten Zungen schon.Das Sausen wird zum Tosen, keine Minute, wo nicht das furcht-bare Krachen ertönt und ein Wirbel von Rauch und Funken empor-schlägt. Aber der gestürzte Stamm wird unten weitergcfressen vonven gierigen Flammen, die sich nicht Ruhe und Rast gönnen.Der Schein der gewaltigen Feuerwoge, die sich unaufhaltsamdahinwälzt, schlägt über den Himmel und leuchtet über die Felder.Selbst MieceZlaw, der alte Nachtwächter, der am Schulhaus sitztund in die Sterne sieht, merkt schließlich, daß etwas nicht inOrdnung ist, denn seine Sterne stehen in rötlichem Schimmer, derimmer heller wird, und in dem sie ertrinken. Da setzt er dasHorn an.Dumpf, in alle Häuser Entsetzen tragend, tutet das Horn. DerSchall, ewig wiederholt, tönt langgezogen bis hin zum brennendenWalde.Bis jetzt hat Witka Nej nur immer dumpfe Schreie gehabt undin das Fressen und Brausen der Flammen geschaut, die sich in ihrenfunkelnden Augen spiegeln. Weit in die Felder hat sie zurück-weichen müssen— Schritt für Schritt, zurückweichen vor der furcht-baren Glut, die aus dem Feuermeer strömt.Jetzt hört sie das Tuten, und da lacht sie grell, triumphierend,lacht, lacht, lacht...Leute strömen herbei, die Spritze rasselt heran, die Försterkommen... Es ist Wahnsinn, hier überhaupt Rettung zu ver-suchen. Das sieht jeder. Bis zur Chaussee muß der Wald preis-gegeben werden. Zur Chaussee drängt alles. Unaufhörlich gibt dieSpritze Waffer auf die Bäume, die jenseits der Straße stehen.Hunderte führen den Spaten, vertiefen den Graben, tragen dieMoosfchicht ab, damit nichts mehr für die roten Zungen übrigbleibt.Um Witka Rej kümmert sich keiner. Sie steht noch immer imFelde... wieder allein. Sie sieht jauchzend in das Brausen undTosen. Mächtige Aeste, schon glühend, steigen wie von unsichtbarenHänden geschleudert empor und wirbeln in der Luft umher. DieFlammen von unten und oben begegnen sich, und in das Krachender stürzenden Stämme, in das Tuten vom Dorf, in all denAufruhr hört man das erschrockene Piepsen irgend eines kleinenVogels, der in den brennenden Wald hinein will, dem das Nestverstört ist, den die Glut immer von neuem zurücktreibt.Aber Wikta Rej lacht... lacht... lacht.Der Wald, der Wladek Odyniec begraben, ist vernichtet.Sie hat ihre Rache.—Kleines f euiUeton»— r— Gegner der Todesstrafe im Altertum. DaS bekannte Vibel-wort, das von Muckern gegen die Abschaffung der Todesstrafe insFeld geführt wird:„Wer Meufcheublut vergießt, des Blut soll durchMenschen vergossen werden", und die im mosaischen Gesetzbuch aufzahlreiche Verbrechen gesetzte Todesstrafe hinderte mehrere talmudischeAutoritäten nicht, ihren Widerwillen gegen die Todesstrafe an denTag zu legen resp. ihren Vollzug zu verhindern. In derMisch nah(der älteren Partie des Talmud, um 200 nach Chr. G.abgeschlossen) heißt es:„Ein Gerichtshof, der einmal innerhalb siebenJahre ein Todesurteil fällt, heißt ein mörderischer." Ein Autor'ügt hinzu:„Sogar innerhalb siebzig Jahre." Zwei andere Autorenerklären:„Wären wir Mitglieder eines Gerichtshofes gewesen, sowäre niemals ein Todesurteil verhängt oder vollstreckt worden."Sie hätten nämlich, wie die G e m a r a h(die jüngere Partie) ausführt, solche Fragen an die Zeugen gerichtet, welche diese unmöglichbeantworten konnten. Auf diese Weise hätten sie der Autorität desmosaischen Gesetzes Genüge getan.Notizen.— In Dresden hat sich eine Gesellschaft fürpädagogisch-psychiatrische Forschung gebildet. Siehat den Zweck, durch gemeinsame Arbeiten von Männern ver-schiedener Wissenschaften die psychischen Anlagen zu erforschen und sodie Grundlagen für erziehliche, unterrichtliche und ärztliche Be-Handlung zu gewinnen.— Oscar Blumenthals neues dreiaktiges Lustspiel„Das GlashauS" ist vom Schauspielhaus erworbenworden.——„A u c a s f i n und N i c o l e t t e", eine neue Oper von M.M a r s ch a l k, erlebt im nächsten Winter im Stuttgarter Hof-theater die Uraufführung.—— Im Kunstsalon Schulte wird am Sonntag eine neue Aus-stellung eröffnet. Sie bringt eine Auslese aus der diesjährigenFrühjohrsauSstellung der Münchener Sezession.—— In dem 913 Meter hoch gelegenen Städtchen Ober»wiesenthal, der höchstgelegenen Stadt Deutschlands, hat derErzgebirgSverein auf dem Marktplatz ein Alpenbeet angelegt.—c. Koran und Phonograph. Der„Ulema", die geist-liche Körperschaft, die die Angelegenheiten der großen mohammedani«schen Universität Al-Azhar in Kairo leitet, hat sich� in seiner letztenSitzung über den Gebrauch des Phonographen für das Rezitierenvon Stellen aus dem Koran sehr günstig ausgesprochen. Es wurdeerklärt, daß diese Erfindung, die den Gläubigen die Worte desPropheten laut vorfagen könne, durchaus nicht die Heiligkeit desKoran schädigen würde, sondern von großem Nutzen sein könne.Dagegen wurde ein Vorschlag, der beantragte, eine Versicherunggegen Feuer und Unfall einzuleiten, abgelehnt, da eine derartigeHandlung gegen die fatalistische Lehre vom Kismet verstoße.—Berantwortl. Redakteur: HanS Weber, Berlin.— Druck u. Verlag:Vorwärts Buchdruckerei u.VcrlagSanstaltPaul Singer LcCo., Berlin