Mn kaufmännischen Beruf not tat. würde er schon lernen, rechnen konnte er ja! Die beiden Sozien, alte Junggesellen, waren entzückt von Lem frischen Jungen, der mit der Reitgerte ins Bureau kam Und auf dem Kontorbock hockte, als säße er auf einem Gaul. Schlieben hörte keine Klagen über den Sohn; das ganze iPersonal, Leute, die zehn, zwanzig Jahre in der Firma waren, alle gut eingeölte, tadellos funktionierende Maschinen, schnurr- ten um den jungen Menschen herum: das war doch der künftige Chef! Es ging alles glatt. Beide Eheleute bekamen Komplimente über den Sohn SU hören:Ein famoser Mensch! Welche Frische!"Er soll ja erst werden," sagte Schlieben dann wohl, aber man merkte ihm doch eine gewisse innere Befriedigung an. Er hatte nicht diese peinliche Seelenunruhe wie seine Frau. Käte zog nur die Augenbrauen ein wenig höher und lächelte ein leicht zu- stimmendes, etwas wehnnitiges Lächeln. Sie konnte sich nicht mehr über den großen Menschen freuen, wie sie sich einst über das kleine Jungchen auf ihrem Schoß gefreut hatte. Ihr war, als sei ihpjiberhaupt die Fähigkeit zur Freude abhanden gekommen, langsam zwar, ganz allmählich, aber doch stetig, bis der letzte Rest dieser Fähigkeit auf einmal herausgerissen ward, mit der Wurzel, an einem Tag, in einer Stunde, in jenem unglückseligen Augenblickich will gehen, ich will an meine Mutter denken, wo ist sie?!" seitdem! Sie wünschte ihm noch alles Beste auf Erden, aber sie war gleichgültiger geworden; müde. Er hatte sie zu schwer aufs Herz getreten, schwerer, als einst seine kleinen urkräftigen Füße auf ihren Schoß ge- stampft hatten. Mit einem tiefen Seufzer lehnte sich die einsam Wartende weiter zum Fenster hinaus. War das nicht unerhört, unver- zeihlich von ihm, so spät nach Hause zu kommen? Wußte er denn nicht, daß sie auf ihn wartete? In der Anwandlung eines Zornes, der ihr sonst selten kam, ballte sich ihre Hand, die sich auf den Fenstersims stützte, zur Faust- Sie war eine Närrin, auf ihn zu warten! War er nicht alt genug achtzehn Jahre brauchte er noch er- wartet zu werden wie ein Knabe, der zum erstenmal allein von einer Kindergesellschaft heimkommt? Er hatte sich mit anderen jungen Leuten in Berlin   verabredet weiß Gott  , jn welchem Nachtrag sie jetzt herumbummelten! Sie stieß mit dem Fuß auf. Ihr heißer Atem stieg wie ein Rauch in die kalte klare Frühlingsnacht, es fröstelte sie vor Ueberwachtheit und Unbehagen. Und Stunden fielen ihr ein, alle Stunden, die sie schon um ihn verwacht hatte, und eine große Bitterkeit quoll in ihr auf. Selbst ihre Zunge kostete Bitternis das war Galle  . Nein, sie fühlte jetzt nicht mehr die Liebe früherer Jahre! Damals, ja damals war selbst wenn sie um ihn litt noch Wonne dabei gewesen; jetzt fühlte sie nur dumpfen Groll. Warum hatte er sich in ihr Leben gedrängt? O, wie war das früher so glatt, so sorgenlos, so ja, so viel glücklicher gewesen? Wie hatte er sie zerbrochen würde sie sich je wieder aufrichten können? Nein! Ein hartes kurzes Nein. Und dann dachte sie an ihren Mann. Auch den hatte er ihr geraubt. Waren sie zwei nicht früher eins gewesen, ganz eins? Nun hatte sich dieser Dritte dazwischen gedrängt, sie beide immer weiter und weiter voneinander geschoben bis daß er hier ging, und da sie! Ein jäher Schmerz stieg in der Grübelnden auf, ein erbarmungsvolles Mitleid mit sich selber trieb ihr die Tränen in die Augen; heiß tropften sie nieder auf die Hände, die sich auf dem kalten Steinsims ballten. Wenn er, wenn er doch nie in ihr Leben lgortsetzung folgt. A lNachdNick verboten.) Zehn Jahre funkentelegrapkie. Die drahtlose oder Funkentelegraphie, deren Handhabung und Gesetze am 28. Juni d. I. auf einer vom Deutschen Reiche ein- jberufenen internationalen Konferenz geregelt werden sollen, hat einen raschen Weg gemacht. Auch die Jüngeren unter uns sind noch Zeugen gewesen, wie auf Heinrich Hertz  ' fundamentale Ent- Veckung der elektrischen Aetherwellen vor etwa IS Jahren, zuerst Kranly und Lodge praktische Wege einschlugen, um die neuen, fast «och unerhörten Naturgesetze zu verwerten, und wie dann Marconi  , dem gewandten Italiener, im Jahre 1896 der große Wurf gelang. Was hat eigentlich Marconi   neues zur Funkentelegraphie hin- zugetan? Den Friller oder Kohärer, der die elektrischen Wellen anzeigt, hat Branly   erfunden; die Kunst, ihn nach jedesmaliger Ladung wieder empfindlich zu machen, stammt von Lodge, die Fang- und Sendedrähte oder Antennen hat Edison schon vier Jahre vor Marconi   benutzt, die Gesetze der elektrischen Strahlung Righi erforscht, und dennoch war Marconi   für die Existenz des Funk- spruchs so nötig, wie Edison für die des elektrischen Lichts. Er ist wie jener der ausgeprägte Typ des technisch-industriellen Faiseurs. Er hat fast nur mit Bekanntem, Vorhandenem gewirtschaftet, aber er hat nichts von dem, was er fand und nutzte, ganz unverändert, unverbessert gelassen. Alle Elemente waren da, aber er hat sie belebt, verbunden, ein Ganzes und Nützliches daraus gemacht. DaS geht nicht leicht ohne Fanfaren und Reklame, und daran haben es Marconi   und seine Gesellschaft nicht fehlen lassen, besonders als nach dem seinigen wieder andereSysteme" der drahtlosen Tele- graphie auftauchten und das erstrebte Wcltmonopol der Marconi  - gesellschaft von vornherein zu Wasser machten. Es ist nicht alles eingetroffen, was von übereifrigen Anhängern der Funken- telegraphie prophezeit worden ist. So wenig Edison Recht behalten hat, als er nach der Begründung des ersten Elektrizitätswerkes den Gasaktionären riet, ihre Papiere zu Makulatur zu machen, so wenig hat die drahtlose Telegraphie bis jetzt ein Kabel verdrängt mit Ausnahme von kurzen Küstenkabeln etwa. Das größte Aufsehen hat es wohl erregt, als Marconi   durch zwei kolossale Fang- und Sendestationen an der irischen und amcr.i- konischen Küste wirklich eine Verbindung über das Weltmeer her- stellte. Die Sache hat viel Geld gekostet, ist aber im Grunde auch nichts weiter, als ein hübsches Reklamemanöver, bestenfalls ein sehr interessantes und großartiges Experiment gewesen. Man sprach bereits von einem Netze solcher Riesenstationen, die die Welt überspannen sollten; indessen ist nicht daran zu denken, daß diese Brennpunkte elektrischer Wellen(elektrische Schalltürme könnte man sie nennen) auch nur eins von den großen unterseeischen Kabeln überflüssig machen werden. Anderenfalls würden nicht Deutsch- land, England, Frankreich  , die Vereinigten Staaten unentwegt Millionen über Millionen in Gestalt von Kabeln in die Ozeane versenken. Depeschen zwischen England und Amerika   sind mit Hülfe der Marconistationen allerdings gewechselt worden, aber die Energie von fünfzig oder hundert Pferdekräften, die dazu auf- gewendet wird, die Witterungslaunen und der wechselnde elektrische Zustand der Atmosphäre würden einen Dauerbetrieb auf dieser und ähnlichen Linien sehr unsicher und kostspielig machen. Um einmal ganz gemeinverständlich zu sprechen und die an- scheinend unüberwindliche Beschränkung der Funkentelegraphie zu kennzeichnen, braucht man nur auf den Unterschied zwischen elek- irischer Strahlung und Strömung aufmerksam zu machen. Die elektrischen Zeichen in Wellen durch den Raum fortpflanzen, heißt nichts anderes, als eine Fernheizung durch die Ausstrahlung einer glühenden Kugel zu unterhalten. Wenn man dieselbe Wärmemenge mit Hülfe von Wasser und Dampf durch Röhren fortleitet, wird man tausend, ja zchntausendmal mehr erreichen. Genau ebenso verhält sich die Telegraphie ohne Draht zu derjenigen durch Leitungen oder Kabel. Das beeinträchtigt ihren Wert natürlich gar nicht, solange es sich um kurze Entfernungen und schwache Kräfte handelt, aber wenn es sich um 1009 Kilometer und mehr handelt, so wird diese zwecklose Zerstreuung der Energie durch den Weltraum doch un- angenehm. Die Konzentration oder Richtung der Wellen auf einen bestimmten Punkt scheint ja aussichtslos, sonst allerdings würde die Lösung dieser Aufgabe zugleich die Möglichkeit der Kraft- Verteilung auf große Entfernungen ohne Leitung bedeuten.Wenn Sie einen Ofen in München   durch einen Brennspiegel von Berlin  aus heizen können, ist auch die Frage der Kraftübertragung ohne Draht gelöst." soll Prof. Braun einem neugierigen Frager erwidert haben. Das sagt wohl genug. Da mit der Raumzerstreuung gleichzeitig die vielbetlaate Indiskretion der Funkentelegraphie zusammenhängt, so ist es bc- greiflich, daß auch letztere ein schwer abzustellendes Uebel ist: Marconi   hat u. a. auch behauptet, daß die Telegramme seiner Stationen von keinen fremden Empfängern gelesen werden können, aber mit Unrecht, denn Schiffe mit Apparaten der deutschen Systeme Slabh-Arco-Braun haben oft genug englische Marconidepeschen aufgefangen. Die deutschen Verbesserungen der Funkentelegraphie, einerseits von Slaby und Arco, andererseits von Braun ausgegangen, bezogen sich teils auf die sog. Abstimmung der elektrischen Wellen, teils auf ihre Verstärkung durch Kondensatoren und Koppelung verschiedener Leiter. Durch letzteres wurde erreicht, daß auch größere Entfernungen durch verhältnismäßig schwache Energie- quellen überbrückt werden konnten, denn die einzelne Entladung wird durch die Kondensatoren und gekoppelten Sender ungeheuer verstärkt, die Empfindlichkeit des alten Fritters aber beim Auf- fangen der Depesche ist durch Prof. Brauns elektrolhtischen De» tektor ebenso wesentlich gesteigert worden. Die abgestimmten Sender und Empfänger dagegen sind ein Verdienst des Prof. Slaby und des Grafen Arco, und sie haben vornehmlich die Mehrfach- telegraphie von einer Station aus ermöglicht, d. h. indem die Län�e der entsendeten Wellen willkürlich geändert werden kann und dre Empfänger der einzelnen Rufstellen den verschiedenen Wellen an- gepatzt werden, kann man von einem Punkte aus mit drei oder mehr Stationen gleichzeitig sprechen, so daß jede Stelle nur die ihr bestimmten Nachrichten erhält. Leider wird das Geheimnis gegenüber unberufenen Lauschern auch dadurch nicht gewährleistet, denn es steht nichts im Wege, durch geschickte Anpassung eines