kann seine Schule nicht einzig nach diesen zehn guten richten, undebensowenig kann ich die Kirche nicht nach Dir und denen, die Dirgleichen, richten."Benedetto wagt hier noch die besondere Tat, der Jndexkongre-gation die Bücher Selvas zu entreißen..Die Kirche duldetTaufende von dummen asketischen Büchern, die die Idee Gottes immenschlichen Geiste unwürdig verkleinern; möge sie doch diese nichtverdammen, die sie vergrößern!" Er hätte noch sagen sollen, daßdie Kirche ja nichts lieber duldet, als die Dummheit, denn dieDummheit ist das Aruchtfeld aller Herrschgelüste und der sichereBoden aller Unterwürfigkeit. Gegen diese Szene beim Papst fälltdie bei dem Polizeikommandanten und dem Minister etwas ab,übrigens letztere die einzige des Werkes, die weniger packt. Aberes fallen gute Bemerkungen:„Man sagt mir, daß Sie ein frei-denkender Katholik sind. Das heißt einfach, daß Sie kein Katholiksind," sagt der Polizeimeistcr. Und was Benedetto empfand:.Welch schamloses, geheimes Buhlen zwischen diesen Leutender Kirche und denen des Staates, die einanderHaffen, einander verachten!"— Drei Tage haben Sie Zeit, umRom zu verlassen," mit diesen Worten entläßt ihn der Polizei-meister. Kirchliche und Polizcigewalt erscheinen einander würdig— sie wissen die verborgenen Wege zu finden und die verstecktenGänge zu graben, in die ein unbequemer Eiferer verschwinden muß,wenn es im Namen Gottes oder des Gesetzes notwendig erscheint.Zum letzten erprobt sich noch die Anhänglichkeit des Volkes an denHeiligen— wie er stirbt. Er hat Seelen gewonnen— und er hatsein Leben durch sein« Bekenntnis und seine Tat verklärt. Er hat dasj'accuse! Zolas hinausgerufen— er hat prophezeit, daß die„Wahr.heit unterwegs" ist. Und die Wahrheit, die unterwegs ist, ist nichtmehr aufzuhalten, auf welchem Gebiete es auch sei. Die Wahrheitist immer siegreich— das ist ihr höchster Sinn, der Sinn des Per»trauens, über allen Aufenthalt, über allen Rückschritt, über— unddas ist das Wichtigste— über alle Gegenwart hinaus! Denn dieWahrheit, das ist immer und überall die Zukunft! Ihr wollen wirleben! Aber wahrhaft leben I Das ist die Predigt des„Heiligen",das ist seine Verheißung, das ist sein Beispiel! Für den Katholizis-mus? Was will das heißen? Warum wollen wir unser Lebenzerschneiden in Spezies, um die Gültigkeiten großer Ideen an-zweifeln zu können! Was für ein Gebiet es sei— der Wert derWahrheit bleibt der gleiche.Der Katholizisinus könnte ein literarisches Kunstwerk geschaffenund gewonnen haben. Er hat es abgelehnt. Der Katholizismusvon heute hat gezeigt, daß er mit sich selbst und durchsich selbst kein Kunstwerk zu schaffen mehr fähig ist—ein Kunstwerk aus sich, dem Katholizismus, selbst, nicht ver-trägt, die Lehre ist uns nicht neu. Wehe, wenn heute einer dergroßen Renaissancckünstler käme! Wehe, wenn ihr blühendesHeidentum heute die Aufgabe erhielte, die Sixtinische Kapelle aus»zumalen. Michel Angela und die Pfaffhcit! Ironie der Götter!Hat der Kirckengeist je ausgereicht, ein Kunstwerk zu schaffen?Nie! Der Kirchengeist nie, denn Kunst ist Freiheit. Kirche ist Zwangund Unterwerfung. Kirche ist Beamtentum und Bureaukratengeist,ist Enge und Borniertheit, aber der Künstler braucht Weite, brauchtBewegung, braucht EntWickelung. Der Katholizismus hat sie denGroßen gelassen, die er für sich reklamiert. Das war, wie er nochWeite in sich hatte, wie die Macht der Zeit und der Geist des Lebensihn weiteten. Da er, herrschend, den schöneren Beruf hatte, be-herrscht zu sein. Herrschend ist er auch in diesem Werke desFogazzaro, denn wenn man sogar die Freiheitsideen hier für sichzusammen nähme, es käme Katholizismus heraus— aber erläßt sich nicht von ihm beherrschen. Er setzt es auf denIndex. Der Roman ist durchdrungen und durchtränkt vomKatholizismus, von seiner Idealität und Ursprünglichkeit, aberer ist kein kirchlicher, er ist ein freiheitlicher!„Der Heilige" ist einFreihettSwerk— begrüßen wir es, nehmen wir es als solches auf!Er ist ein Kunstwerk! Ein Tendenzwerk? Ja auch! Aber diekünstlerische Kraft, die dichterische Persönlichkeit, reicht auch ausfür die Tendenz. Und darauf kommt's ja nur an, die artistischenImpotenzen mit ihrer gepflegten und behüteten Schöngeiftigkeitdürfen beruhigt sein. Freilich eines: das Werk ist ganz und garitalienisch. Es nährt sich ganz und gar in Italien— es ist romanischseiner ganzen Art nach. Es hat daher seine glänzende, hinreißendeBeredtsamkeit, die Pracht der Darstellung, den Schwung und dieGrazie der Kraft. Es hat Kultur— es hat diese fundierendeKultur der Lebensbeherrschung in seinen Wirklichkeitsschilderungcnund in seiner Jdeenaussprache— die fundierende Kultur derSchönheit, die ihrer Wahrheit keine Gewalt anzutun braucht. Unddiese Kultur strömt dem Dichter sowohl aus seinem Volke als auchaus dem Katholizismus zu.Man sagt mir, daß n. m den„Heiligen" mit„Hilligenlci" ver-glichen habe, ihm gleichgestellt habe. Nun,„Hilligenlei" ist eineWassersuppe, der„Heilige" ist ein Feuertrank. Frenssen ist einMacher, der seinen kalten Protestantismus höchstens zur Predigtaufzuwärmen versteht— Fogazzaro ist ein Dichter, der von Glutenerfüllt ist. Bei Frenssen wird alles spekulativ, Fogazzaro hat das,was die Franzosen„le granck soulfle" nennen— pathetische Unmittelbarkeit. Der Katholizismus ist eine Weltanschauung, derProtestantismus ist ein Surrogat dagegen.—Wilhelm H o l z a m e r,Kleines f euilleton«Im. Johannisblumen. Wie bei so manchen anderen Festen, sgspielen auch zum Johannisfeste gewisse Blumen irgend welche mehroder minder bedeutsame Rolle. Freilich, in der Großstadt merktman heutzutage nicht mehr viel davon, auf den Dörfern hingegenhat sich noch manch alter Brauch erhalten, vieles kennt man aber auchhier nur noch aus der Ueberlieferung.Das Anzünden von Johannisfeuern hat sich hier und danoch erhalten, aber kaum dürste noch irgendwo acht darauf gegebenwerden, daß nur ganz bestimmte Baumarten das Holz zu diesenFeuern liefern sollen. Hingegen werden noch heute allerlei Johannis-kräuter in die lodernde Glut geworfen, so namentlich Kränze vonHartheu und Beifuß. Diese beiden Pflanzen haben auch sonst alsJohannisblumen eine gewisse Bedeutung. Das Hartheu, auch Jo-hanniskraut genannt, galt als ein Mittel gegen Blitzschlag, gegenböses Besprechen und gegen sonstige Teufeleien. Den Hexen undZauberern ward cS vor der Tortur eingegeben, um die Tcüfclsmachtzu bannen und die Wahrheit zu erfahren. Noch heute pflegen inTirol Leute vor längerer Fußwanderung Johanniskraut vor Sonnen»aufgang zu pflücken und in die Schuhe zu legen; sie wollen dann niemüde werden. Der Beifuß wurde zu Kränzen verbunden und alsJohannisgürtel um den Leib getragen, bis er am Johannistage insFeuer geworfen wurde, wobei allerlei Uebel mit beseitigt werdensollten.Die Bezeichnungen Johannisgürtel, Gürtelkraut. SonncMvend»gürtel für diese Pflanze erinnern an den Brauch. Beifuß über demHauStor aufgehängt, sicherte nicht nur gegen das Einschlüpfen böserGeister, sondern auch gegen Fcuersgcfahr. Auch dem Beifuß warddie Kraft zugesprochen, Ermüdung von den Reisenden fernzuhalten.Dann wäre vor allen Dingen das gefleckte Knabenkraut zunennen, dessen handförmige Knolle als Johännishand weit und breitbekannt ist und die am Johannistage in den Großstädten eine»Artikel im Straßenhandel bildet. Die Johannishand galt als Amu-lett, das am Körper getragen, gegen allerlei Krankheit und Unbillschützte. Und wer heutzutage eine Johannishand in der Geldbörseträgt, dem wird diese nie leer. Dort, wo das Knabenkraut nicht ge»dieh, wurden solch« Hände aus dem schwarzbraunen Wurzelstock desWurmfarns geschnitten, die dann dieselben Dienste verrichteten.-Der Rainfarn zählt gleichfalls zu den bedeutsamen Johannis-kräutern. Wer Blumen von dieser Pflanze brach, die in der Jo-,hannisnacht zwischen 12 und 1 Uhr aufgeblüht waren, der konntesich unsichtbar machen. Die verwandte Kamille, heute noch als Heil-mittel ini Volke weit geschätzt, sollte ganz besondere Heilkräfte be-sitzen, wenn die Blumen am Johannisabcnd gepflückt wurden. Aufdem Lande werden darum heute noch von den Kamillen nur di< a»diesem Tage geernteten Blumen für den Hausgebrauch verwendet,und nur die an anderen Tagen gesammelten Blumen werden an dieApotheken in der Swdt verkauft:„Den Stadtleuten ist ja derGlaube verloren gegangen."Aus den am Johannistage gesammelten Wurzeln der Arnikawird mittels Spiritus eine Tinktur bereitet, die heilsam bei offene»Wunden wirkt. Johanniskerzen, Johanniswedeln, Johann ispappcln,Johannisblüh, Johannishaupt, Johannisohr und andere Pflanzenmehr erinnern durch ihre Na nie n daran, daß sie zu dem Johannis--feste in Beziehung gebracht wurden. Bei manchen sieht man aller-dings über derer, ursprünglichen Zusammenhang mit dem Feste nichtmehr ganz klar.Mtoien, frischgebrochene Birkenreiser, werden im Thüringischencm Johannistage vielfach zum Schmuck der Brunnen und Quellenbenutzt. Anderwärts werden aus Maien Lauben errichtet oder eswerden ganze Bäume aufgepflanzt, um welche die Jugend muntereReigen aufführt. In manchen Orten Mittel- und Süddeutschlandswerden die Gräber am Johannistage mit Blumen und Kränzen ge-schmückt, wobei eine besondere Blumenauslese allerdings nicht be-achtet wird.—De. Materialprüfungen. Die wichtigste Eigenschaft, die wir vonden zum Bau von Maschinen, Gebäuden uslv. benutzten Stoffen ver-langen, ist die der F e st i g k e i t. Von den Mauern eines Gebäudes. von den Gestellen der Maschinen und in viele» anderenFällen verlangen wir. daß sich die Baustoffe möglichst ivie voll-ständig starre Körper verhalten, sich bei Belastungen wenigstens nichtmerllich von der ihnen angewiesenen Stelle verschieben. Wollen wirauf einer Drehbank eine Schraube schneiden, so muß der Drchstahlfest sein mid darf sich nicht von der Stelle rühren, sich nicht biegen,lveil wir sonst ein gleichmäßiges Schraubengewinde nicht herstellenkönnen. Auch bewegte Maschinenteile, die Kräfte übertragen sollen,z. D. Kolben und Kolbenstangen von Dampfmaschinen, Triebräder,Kurbeln usw. haben in allererster Linie die Eigenschaft der Festigkeitzu erfüllen.Wenn wir anch wissen, daß es absolut feste und starre Körpernicht gibt, daß alle Körper mehr oder weniger elastisch sind, somllffen wir beim Bauen die Größe der Körper doch so bemessen,daß sie unsere Forderungen an Festigkeit in genügendem Maße er-füllen. DaS Seil eines Förderkorbes darf sich wohl dehnen, abernicht zerreißen, eine Säule wird sich wohl„setzen", fiedarf aber nicht zerdrückt, eine Stütze nicht zerknickt,ein Balken nicht bleibend verbogen werden. Um da-her zu erkennen, in welchem Maße die jeweilig be»