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mit Spreu oder mit anderen Stoffen, die als schlechte Wärmeleiter| von Gefäßen Kochsalz benutzen, um dieselben kühl zu machen. Diese erprobt waren. Später errichtete man große Gruben, in denen man Benutzung des Salzes hat natürlich damit gar nichts zu tun. Schnee ansammelte, den man dann ebenso vor der andringenden Wärme zu bewahren suchte. So wird z. B. von Alexander dem Großen berichtet, daß er bei der Belagerung der Stadt Petra in Indien dreißig Gruben anlegen, diese mit Schnee füllen und dann mit Eichenzweigen bededen ließ.

Natürlich war diese Aufbewahrungsmethode weder sonderlich rationell noch sehr reinlich, und wenn die Alten den zerschmolzenen Schnee als Kühlungsgetränk in Ermangelung von Besserem zu trinten pflegten und diesen unsauberen Schnee in ihren Wein zu Kühlungszwecken hineintaten, fie möchten wir sie nicht um solchen Genuß beneiden. Die Verwöhnteren fuchten denn auch die so abge­fühlten Getränke mittels Durchgießen durch Leinwand zu klären und von der Spreu zu reinigen.

Da nun freilich, zumal in den wärmeren Ländern, der Winter meist Schnee und Eis nicht in genügenden Mengen lieferte, so tam man auch frühzeitig auf fünftliche Kühlmethoden. Zumeist geschah dies, indem man Wasser abkochte und dann in Schnee stellte oder startem Luftzuge aussette. Nach Plinius soll diese Methode eine Erfindung Neros gewesen sein, und auch Sueton berichtet, daß Nero viel von diesem Abkühlungssystem hielt. Indessen hat man schon lange vor Nero in gleicher Weise verfahren. Aristoteles spricht das von, daß man Wasser erst an die Sonne stellen müsse, wenn man es später recht falt haben wolle, und er berichtet, daß die Fischer des Schwarzen Meeres ihre Geräte, damit sie recht steif frieren, vorher mit siedendem Wasser begössen.

Galenus berichtet ähnliches aus den heißen Gegenden Afritas, wo man Wasser abkoche, um es in der Nacht im Luftzuge abkühlen zu lassen. Am Tage werden die Gefäße dann mit Pflanzen bedeckt. Dieses Abkochen des Wassers hatte offenbar den Zwed, die etwa im Wasser befindlichen festen Stoffe aufzulösen, da sie sonst das Ge­frieren behinderten. Wohl mochten aus der praktischen Erfahrung, daß so gereinigtes Wasser schnell gefriere, weil es dem Gefrieren weniger Behinderung entgegenstelle, die Alten vielfach den falschen Schluß ziehen, daß das vorherige Erwärmen an sich die Abkühlung beschleunige, was natürlich feineswegs der Fall ist. Plutarch er­wähnt auch noch eine andere Abkühlungsmethode mittels Steinen und Bleiblechen, ohne indessen eine nähere Beschreibung dafür geben zu können.

Diese primitiven Methoden haben sich wohl auch bis in die neueste Beit erhalten; ganz besonders scheinen Italien und andere südliche Länder, sowie der Orient, diese Abkühlungsarten beibehalten zu haben, von wo dann durch Reisende die Sitte, die Getränke in ber bezeichneten Weise zu fühlen, zunächst nach Frankreich gelangte. Bellon war einer dieser Reisenden, der im Jahre 1553 in seiner Reisebeschreibung seinen Landsleuten erzählte, daß man in Kon­ stantinopel Schnee und Eis den ganzen Sommer hindurch auf­bewahre, um Getränke damit abzukühlen. Er empfahl den Franzosen , ebenfalls Eisteller anzulegen, deren er in viel heißeren Ländern angetroffen habe, als es Frankreich sei.

Als Franz I. mit Karl V. und dem Papst Paul III. eine Zu­sammenkunft bei Nizza hatte, sah der Leibarzt des erstgenannten, Champier, daß die Spanier und Jaliener aus dem Gebirge Schnee holen ließen, um ihn in den Wein zu werfen, welche Abkühlungs­methode die Franzosen noch nicht kannten. Champier riet seinen Landsleuten von einer Nachahmung des Brauches ab, da er ihm un­gesund schien.

Indessen scheint sich der Brauch gleichwohl auch am französischen Hofe bald eingeführt zu haben. Gegen Ende des sechzehnten Jahr­hunderts unter Heinrich III. scheint der Brauch am französischen Hofe aufgekommen zu sein. Ein Satiriker jener Zeit bespöttelt den Hof wegen dieser ungesunden Sitte, die aber mehr und mehr gleich wohl sich an den Tischen den Reichen in Frankreich einbürgerte. Der Handel mit Eis und Schnee erreichte während des sieb­zehnten Jahrhunderts eine hohe Blüte, und da die Gewinnung dieses Handelsobjekts nichts, sondern nur die Erhaltung und Beförderung etwas tostete, der Preis aber immer mehr in die Höhe ging, erblickte die damals in höchster Geldnot befindliche und nach Einnahmequellen sehnsüchtig ausschauende Finanzverwaltung Frankreichs in dem Eis­handel einen für die Monopolisierung sehr geeigneten Handels zweig.-

Die Jtaliener, von denen augenscheinlich die anderen Wölfer den Eishandel gelernt haben, waren vermutlich auch die ersten, welche Künstliche Abkühlungsmethoden erfanden und so den Weg zur Be­reitung des Kunsteises anbahnten. Bereits um das Jahr 1550 war es in Rom in den Häusern der Reichen in Gebrauch, Wasser durch Kalisalpeter- Lösungen dem Gefrierpunkt nahezubringen und dies in der Weise zum Abkühlen von Getränken zu verwenden, daß man diese in Flaschen und Gefäßen in das Wasser sette. So berichtet der Spanier Blasius Villa Franca, der als Arzt in Rom lebte und der dieser Methode in gesundheitlicher Beziehung große Bedeutung beilegt.

Freilich hatte man von diesem ersten Schritt bis zur Bereitung fünftlichen Eises noch einen weiten Weg zurüdzulegen, und wie weit dieser Weg war, beweist uns die im Jahre 1648 erschienene Wainera logie des Bartholomäus Ambrofianus, der erzählt, daß es üblich sei, tiefe Gruben mit Steinsalz auszulegen und dahinein zur Abkühlung Gefäße mit Wasser zu stellen. Wie wenig dieser Autor über die chemische Bedeutung des Kochsalzes dabei orientiert war, zeigt die weitere Bemerkung, daß nach seiner Angabe Töpfer zum Brennen

Indessen war doch schon vor diesem Mineralogen der Versuch gea macht worden, Schnee und Eis mit Salpeter- oder ähnlichen Lösungen zu mischen und in dieser Mischung Gefäße mit Wasser unter den Gefrierpunkt zu bringen, also Gis auf fünftlichem Wege herzustellen, wie das in ähnlicher und gleicher Weise noch heute geschieht. Vor gerade dreihundert Jahren, im Jahre 1607, wird diesec Versuch zum ersten Male erwähnt durch Latinus Tankredos, Arzt und Professor zu Neapel , und es finden sich dann mehrfach Berichte über solche Versuche in den naturwissenschaftlichen Werken des 17. Jahrhunderts, ohne daß indessen von einem allgemeinen Ge brauch die Rede sein kann.

Wie unbekannt vielmehr dieser chemische Gefrierungsprozeß noch war, erhellt aus der Tatsache, daß noch um die Mitte des 18. Jahr­hunderts in Deutschland Taschenspieler auf Messen und Märkten ihre Zuschauer durch derartige chemische Eisbereitung unterhielten, ob. wohl damals schon in den Häusern der Reichen das Fruchteis als Genußmittel zur Aufnahme tam. Nach Brillat- Savarin , dem bes rühmten Gastrosophen, waren für diese Delikatesse ebenfalls die Italiener die Lehrmeister, wenn es wohl auch den Franzosen vor. behalten geblieben ist, diese Bereitung des Desserteises zu vervoll­fommnen.

Ursprünglich begnügte man sich in Italien damit, Früchte, set es frische oder gekochte, mit einer Eisglasur zu überziehen und dies in Gläsern zu servieren. Dann erst kam man dazu, Fruchtsäfte ges frieren zu lassen und so ein unserem jezigen Fruchteis ähnliches Desserteis herzustellen.

Wie Brillat- Savarin behauptet, sei die Herstellung dieser Art Fruchteis durch Katharina von Medici , die sich im Jahre 1533 mit Heinrich II. von Frankreich vermählte, aus Italien nach Frankreich eingeführt worden. Das ist nun freilich nach dem oben gesagten eine Unmöglichkeit, da man Fruchteis, wie ausgeführt, damals noch gar nicht in Italien kannte. Freilich brachten damals die zahlreich mit Katharina nach Frankreich übersiedelnden Italiener allerlei Delia katessen mit, unter anderen auch führten fie in Frankreich die Kunst ein, Liköre und Limonaden herzustellen, und weiter wird damals ihre Fruchteisbereitung nicht gediehen sein, als Limonaden, das heißt den Saft der Limonen oder Zitronen, mit Wasser verdünnt, durch Schnee oder Eis abzukühlen.

Der erste, der solche Limonade in Gis verwandelte und Fruchts eis herstellte, war ein in Paris lebender Italiener, Couteau aus lorenz, der bereits um das Jahr 1660 durch derartiges Eis die Pariser entzückte und solchen Beifall fand, da sehr bald andere, so die Franzosen Lefevre und Foi, es ihm nachtaten; bereits im Jahre 1670 gab es eine ganze Innung Limonadiers, die sich mit der Herstellung von Gefrorenem beschäftigten.

Indessen hat es nahezu ein ganzes Jahrhundert gedauert, che man diese Näscherei als etwas anderes ansehen wollte, als eine sommerliche Erfrischung. Erst im Jahre 1750 begann der Pariser Limonadier Dubusson auch in der weniger heißen Jahreszeit und fegar im Winter derartiges Eis anzupreisen. Anfangs lachte man über den Einfall, dann aber fand man, daß Fruchteis zu jeder Zeit gut schmeckt, und so wurde er ein Bahnbrecher für diese Delikatesse.

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Die französische Revolution war dann im weiteren die Ursache, daß sich das Fruchteis über die ganze Welt verbreitete. Ueberall hin ftoben die Emigranten aus Frankreich . Und viele dieser Aristokraten, die vor der Revolution aus Frankreich flohen, retteten nicht viel mehr als das nackte Leben und eine mit ihren Mitteln im grefiften Widerspruch stehende Genußsucht. Wohin sie tamen, berbreiteten fie die Kenntnis, Ledereien und Delikatessen herzustellen, sei es, daß sie es als Gäste der Fürsten und Aristokraten taten, die ihnen Aufnahme gewährten, sei es, daß sie in der Not die einzige Wissen schaft, die sie besaßen, die kulinarische, in gewinnbringender Weise zu verwerten suchten. Brillat- Savarin widmet in seiner berühmten Physiologie des Geschmacks" dieser gastronomischen Betriebsamicit der Emigranten ein ganzes Kapitel und erwähnt einen Hauptmann Collet, der in New York in den Jahren 1794 und 1795 sehr viel Geld mit der Zubereitung von Eis und Sorbet gewann. Ob nun durch diesen Franzosen angeregt, oder ob dieser vielmehr geschickt die Kon junktur in Amerika nur ausnüßte, sicher ist, daß am Ende des 18. Jahrhunderts der Gishandel in Amerika in größter Blüte stand, wie nirgends zubor, besonders in Boston und New York , und Amerifa stand lange Zeit an der Spiße dieses eigenartigen Handelsartifels, dessen praktische Bedeutung für die Konservierung von Eßwaren man augenscheinlich dort zuerst erkannte, wie denn auch die Kunsts eisbereitung großen Stiles dort zuerst betrieben wurde. Im Jahre 1799 ging die erste Schiffsladung Eis von New York nach Charleston. Tudor in Boston sandte im Jahre 1805 ein mit Eis beladenes Schiff nach Martinique und begann seit dem Jahre 1833 auch nach Ost­indien Eis auszuführen, und in der Folge wurde der Eiserport von Amerika bis nach China , Japan , Australien , ja selbst nach Sizilien und Aegypten ausgedehnt. Dieser Roheis- Grport hat freilich durch die Kunsteisherstellung eine wesentliche Einschränkung erfahren, auch in Europa , wo Norivegen und die Schweiz an der Spiße des Exports von Roheis stehen.

Die Herstellung von Gefrorenem als Speiseeis hat natürlich auch durch die Kunsteisbereitung große Fortschritte erfahren. Man hat Vorrichtungen erfunden, daß Desserteis mit leichter Mühe hergestellt werden kann, und die Konditoren überbieten sich gegenseitig in neus artigen Mischungen und, da diese immer sehr bald nachgeahmt