werden, hl der Kunst, das Eis in allerlei schönen Formen und Figuren herzustellen. Die Sitte, das Gefrorene auf der Straste zu verkaufen, kam bor etnxi fünfzig Jahren zuerst in den südlichen Ländern und im Orient auf. Ums Jahr 1850 tauchten wohl die ersten derartigen Straszcnhändler in Konstantinopel und in süditalienischen Städten auf. Sie trugen vor der Brust kleine Kästen, in denen das Gefrorene auf einem mit Eis gefüllten Kessel lagerte. Aehnlich waren die Eiswagen eingerichtet, die nicht viel später in anderen Grobstädten (Paris und Berlin im Jahre 1880) auftauchten, und die noch heute zum sommerlichen Strahenbilde jeder Großstadt gehören und de» sonders die Freude der Stratzenjugend bilde». Egon Nosca. kleines Feuilleton. vp. Ein Geschichtsschreiber der Revolution. In Paris ist am letzten Freitag der Historiker Albert S o r e l, ein Mitglied der französischen Akademie, im Alter von 64 Jahren gestorben. Er hat die Vollendung seines HauptwerkesEuropa und die Ge- schichte der französischen Nevolutio n", dessen achter Band vor einigen Monaten erschienen ist, nicht lange überlebt. Die Tendenz, die Sorel bei der Abfassung seines Werkes geleitet hat, weist ihn der Schule Hippolyte T a i n e s zu, mit dem er auch den Vorzug einer künstlerischen Tarstellung teilt. Die Behandlung der neueren Geschichte steht in Frankreich ganz deutlich im Dienste- politischer Ideen. Zwei Hauptrichtungen lassen sich da unter- scheiden. Die jüngere, demokratische Schule, die ihren verdienst- vollsten Vertreter im Pariser Professor Aulard . dem gewissen- haften Erforscher der politischen Geschichte der Revolution, be- sonders der Entwickelung der revolutionären Parteien hat, sieht in der Revolution den Bruch mit einer überlebten politischen Tradition und den Ausgang einer neuen Menschheitscpoche, die zur endgültigen Befreiung und zur Lösung der sozialen Frage hinführt, die andere, konservative, sieht in ihr nur den Abschluß einer jahrhunderte- langen, organischen Entwickelung. Taine hat diese Anschauung für das soziale und innerpolitische Gebiet zu begründen gesucht und die Originalität dieses temperamentvollen, ästhetisch feinfühligen Schriftstellers hat seiner Darstellung einen sehr starken Einfluß verschafft. An Popularität kann es das Sorclsche Werk, dessen Gegenstand die diplomatische Geschichte ist, mit der Schöpfung Taines nicht aufnehmen, wenngleich die musterhafte Klarheit und plastische Begabung, womit der Verfasser seinen spröden Stoff be- handelt hat, ihm einen ausgezeichneten Platz in der französischen prosaischen Literatur anweisen. Sorel hat das Werk Taines fort- gesetzt, indem er die diplomatische und militärische Politik der ersten Republik und dcö Kaiserreiches als die natürliche Fortsetzung der Politik darstellte, die Heinrich IV. und Richelieu begonnen hatten. Sein Werk wird, abgesehen von seinen formellen Vorzügen, denen die bürgerlich-demokratische Schule bisher nichts an die Seite zu setzen hat, als umsichtige Verarbeitung eines riesigen Aktenmaterials auch von jenen zu Rate gezogen werden müssen, die sich mit seiner nationalistischen Grundidee nicht identifizieren können. Vom Hurrachauvinismus hielt sich Sorel als Mann von Geschmack fern. Er war auch einer der frühesten Anhänger der Wagnerschen Musik in Frankreich . Unter den mannigfachen Ehrungen, die er erfahren hat, ist die nach der Vollendung seines Sroßen Werkes beschlossene Zuteilung des 100 000 Frank betragenden treises Osiris erwähnenswert. Theater. Lu st spielhauS.Unsere Käte", Lustspiel in drei Auf- zügen von Henri Davies. Uebersetzt und bearbeitet von B. P o y f o n. Der englische Verfasser, der bei uns durch die SchauipielhauS-Nufführungen seiner freundlichen Altjungfernkomödie Im stillen Gäßchen" bekannt geworden, zeigt auch in diesem neuen Werkchen Züge liebenswürdiger Gemütlichkeit. Er hat etwas Altmodisches in der Art, wie er mit bedeutend mehr Wohllvollen als Erfindungskrast seine Liebesleute in den Hasen der Verlobung bugsiert, und mit Vorliebe geht sein Humor dem Altmodischen ein wenig schrullenhafter doch herzensguter Damen nach. Die verwitwete Frau Spencer mit ihren schwarzen Seidenbändern auf dem beweglichen Köpfchen, dessen Gedanken gewiß nie irgend welche Seitensprünge über die netten Zinnner, den netten Garten, über Mann und Kind und die Sonntag- predigten des Herrn Pfarrer hinaus gewagt haben, ist um vieles amüsanter und eindrucksvoller geraten als das emanzipierte neun» undzwanzigjährige Fräulein Käte, auf die das Stück getauft ist. Das Konventionelle erhält bei ihm gleichsam einen originellen, das Unkon- ventionelle einen konventionellen Anstrich. Das Blaßwangige der Heldin fällt ganz besonders auf, wenn man vergleichend an das Emanzi- piertcn-LustspielIn Behandlung" aus DreyerS guter Zeit, an die strotzend humorvoll und individuell charakterisierte Figur der burschi- kosen Liesbeth zurückdenkt. Ein paar Tage vor der Heirat hat sich Fräulein Spencers Vräuti- gani. ein lustiger Maler und dem Beruf zum Trotz eine schwer reiche Partie, aus dem Staube gemacht. Der Grund ist, daß die junge Daine, eine musterhafte Kirchengängerin wie die Frau Mutter, ihn einem religiösen Examen, ob er auch späterhin am heiligen Sonntag malen werde usw., unterworfen, und als er sie auslachte, verkündet hatte, dann könne von einer Ehe zwischen ihnen nicht die Rede sein. Run herrscht Trauer in der Spencerschen tamilie: Die alte Dame schüttelt fortwährend wehleidig daS Haupt, obbi, der vierzehnjährige Junge, will denVerräter", wenn er seiner habhaft wird, verprügeln und Annie schreitet stumm in tragischer Ergebung umher, nur ein wenig getröstet durch das Be- wußtiein, für die gute Sache des Christentums zu leiden und so der Sympathie und Bewunderung des jugendlichen tugendhaft blonden Vikars im Städtchen würdig zu werden. Käte als der unternehmendste Geist im ganzen Gebiete der Verwandtschast wird in dieser Not aus London herbei zitiert, die Sache einzurenken, und schwärmt, kaum angekommen, der Braut in hohen Tönen der Ver- liebtheit von einem reizenden Menschen, einem Reisekameraden, vor, der mit ihr zusammen hier ausgestiegen. Natürlich ist's der Uebel- tälcr selbst. Damit weiß man, was einem bevorsteht. Der Un» gelreue, der zurückkehrt, um seinen Frieden zu machen, erhält an Stelle des altklugen Gänschens die temperamentvolle Mittlerin, während jene durch die Hand des als Reserve bereitgehaltenen Vikars entschädigt wird. Aber ein inunterer Dialog und allerhand kleine drollige Thcalcreinfälle machen die Ausführung des einfachen Programms ganz unterhaltsam. Namentlich der zweite Akt, die Liebesszenen, in denen die beiden älteren Jahrgänge sich finden, haben einen flotten Zug, ein besseres Lustspieltempo. Geradezu eine Ueberaschung war A st a H i I l e r in der Figur der Frau Spencer. Auch die ob ihrer Meisterschaft im alten Damen - fache berühmte Margarete Albrecht vom Lessing-Theater hätte die Rolle schwerlich charakteristischer und gewiß nicht so überwälttgend komisch herausbringen können. Die einfachsten Worte aus ihrem Munde, eine Neigung des Kopfes oder eine Bewegung der Hand, riefen Lachstürme hervor. Wenn sie die Wasser ihrer mütterlichen Beredsamkeit auf daS Haupt des schuldigen Malers ergoß und zwischendurch über ihr Herzklopfen jammerte, dann sah man ihr dasselbe wirklich im Gesicht und den Biegungen des Halses an. Jede Nuance wurde zum Triumph; und dabei hielt sich die Komik immerim Diskreten, nirgends störte ein Ton der Effekthascherei die volle Einheit des Bildes. Gut waren auch Klara Gernod als duldender Backfisch und A l b e r t P a u l in der Rolle des MalerS, während die Gestalt der Käte in der Darstellung von Gertrud Arnold keine rechte Farbe gelvann. Bach, der als Regisseur daS Ganze stimniungsvoll inszeniert hatte, spielte den Vikar, wie nicht anders möglich, im Possengenre. DaS Publikum schien sehr zu- frieden. ckt. Humoristisches. Schlau. Kaufmann(als der kleine Moritz durchaus aufs Karussel will):Wozu brauchst Du Dich erst aufs Karussel zu setzen, Moritzl,... wo sich ja dreht die ganze Erde?I Arbeitsteilung. Hausherr:Wie zwölf Mark für das bißchen Arbeit, eine Türe abzuhobeln und da steht noch, drei Mann eine Türe gehobelt 1" Lehrling:Ja, wissen S', Herr Maier, dös is a so: der G'sell hat g'hobelt, ich hab's Werkzeug'tragen und der Meister hat z u g' s ch a u t 1" Ein Vielbeschäftigter.Wann werden Sie denn heiraten, Herr Müller?" Nächsten Donnerstag; da muß ich s o w i« s o am Standesamt vorbei I"(Meggendorftr Blätter.") Notizen. o. Einen Staatspreis für Dichter im Betrage von 3000 Frank hat die französische Republik gestiftet. Erster Empfänger ist ein junger Literat namens Abel Bonnard. Frauen st udium in Deutschland . Die Zahl der immatrikulierten Frauen an den deutschen Universitäten beträgt im laufenden Semester 211, gegen 140 im letzten Winter und 137 im Sommer 1905. Davon studieren 103 Medizin, 60 Philosophie, 22 Mathematik und Nawrwisscnschasten, 10 Kameralia, 4 Juris- prndenz und 1 Zahnheilkunde. 58 jjiid in Freiburg , 57 in Heidel­ berg , 55 in München , 27 in Leipzig , 8 in Würzburg . 5 in Tübingen , 1 in Erlangen . Die anderen Universitäten lassen Damen nur als Hospitantinncn zu. Die Zahl der letzteren beträgt diesmal 1263 gegen 1730 im letzten Winter und etwa 1050 im Vorjahre. Dem» nach studieret: an den deutschen Universitäten in diesem Semester im ganzen 1479 Frauen gegen etwa 1900 im Winter und etwa 1190 im Sonnner des Vorjahres. lc. 325 Seemeilen hat, wie aus New Jork berichtet wird, da? UnterseebootLake" zurückgelegt und dabei eine durch- schnittliche Geschwindigkeit von sieben Knoten in der Stunde erzielt. Der Erfinder versichert, daß fein Schiff zu tauchen und zu manövrieren vermag wie daS berühmte Tauchboot m der Dichtung Jules Vernes , derNautilus". DaS Boot ist allen Ländern zum Kauf an- geboten.__ Verantwortl. Redakteur: HanS Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer LcCo.. Berlin LVk.