und es ist hochinteressant zu beobachten, in welch sinnreicher Weisedie Tiere bei der Herstellung ihrer Netze zu Werke gehen. DieSpinne wartet immer einen Zeitpunkt ab, wenn ein schwacherLuftzug weht, erklettert dann irgend einen erhöhten und demWinde ausgesetzten Punkt, richtet ihren Hinterleib hlich auf undschietzt unter starkem Druck einen dünnen Faden in der Wind-richtung aus ihren Spinndrüsen heraus. Der Faden wird so weitausgcsponnen, bis sich endlich sein freies in der Luft flatterndesEnde an irgend einem Gegenstände verfängt und infolge feinerklebrigen Beschaffenheit fest haften bleibt. Jetzt zieht das Tierchenden Faden straff an, befestigt ihn auch auf der Seite, auf welcheres steht, und das obere horizontale Seil des Rahmens ist ge-.spannt. Die Seitenfädcn werden in der Weise gezogen, daß sichdie Spinne von den beiden Enden des oberen Fadens auf einedarunter befindliche Unterlage, sei es ein Stengel, Blatt oder sonstein geeigneter Gegenstand, herunterläßt und auch hier wieder dieFäden festheftet. Die Herstellung der unteren Seite des Rahmensendlich geschieht meist in ganz gleicher Weise unter Benutzung derWindrichtung, wie wir es bei der oberen eben kennen gelernthaben. Mit der Fertigstellung dieses viereckigen Rahmen? ist dieschwierigste Arbeit vollendet; das weitere Werk schreitet schnell undsicher vorwärts. Zunächst wird jetzt der mittlere senkrechte Durch-inestcr gezogen, indem sich unsere Kreuzspinne von der Mitte deroberen Seite auf den unteren horizontalen Faden herunterläßt.Dann klimmt sie wieder bis zur Mitte dieses Fadens in dieHöhe und befestigt hier einen neuen Faden, besten anderes Endeäte an einer bestimmten Stelle der oberen oder unteren Rahmen-eite anheftet. Indem sie dieses Spiel unter Benutzung der schonvorhandenen Fäden als Verkehrswege wiederholt, entsteht allmählichein vom Mittelpunkt nach allen Richtungen verlaufendes Strahlen-netz, das dem Fangnctze der Kreuzspinne sein charakteristischesAussehen verleiht. Nun kommt die letzte Arbeit: das Ziehen desSpiralfadens, der von der Mitte allmählich zur Peripherie an-steigt. Dann ist das große Werk vollendet und harrt der unglück-lichen Bcutctiere, die sich in feinen Maschen fangen sollen.—So unzertrennbar für uns die beiden Begriffe Spinnennetz undSpinne miteinander verbunden zu sein scheinen, so haben dochlange nicht alle Spinnen die Gepflogenheit, sich solche Fangnetzeanzulegen, sondern vertrauen bei ihrer Jagd lediglich auf dieSchnelligkeit ihrer Beine und die lähmende Wirkung ihres Bisses.Ich brauche da nur an die große Gruppe der Wolfs-, Krabben-und Vogelspinnen zu erinnern. Freilich vermögen auch dieseGespinste— oft sogar recht kunstvolle— herzustellen, die sie abernur zur Austapezicrung ihrer Wohnung oder zum Schutze fürihre Eier usw. anfertigen.— Sehr interessant ist die Wohnungs-anlage der berühmten Minierspinne sCteniea caementaria), einerhäufigen Bewohnerin Korsikas, die sich aber auch sonst fast in demganzen Mittelmeergebict findet. Dieses Tierchen gehört zu derFamilie der Vogelspinncn, bleibt aber in der Größe weit hinterseinen tropischen Verwandten zurück. Der Aufenthaltsort derCtenka sind trockene, steile Erd- oder Sandabhänge, in die hineinsie ihre runden, oft fünfzig bis sechzig Zentimeter langen Stollentreibt. Die Wände dieser Röhre werden dann ihrer ganzen Aus-dehnung nach mit einem festen seidenglänzenden Gewebe ausgc-kleidet und der Eingang durch einen selbstgesponncnen, frei be-weglichen Deckel abgeschlossen. Um sich vor feindlichen Angriffenzu schützen und ihre Wohnung allen unberufenen Blicken zu ent-ziehen, überkleidet die M'inierspinne die Außenseite ihrer Deckel-Pforte mit Sand oder Erde, so daß sie sich kaum von der Um-gebung abhebt und es schon eines genauen Nachsuchens bedarf, umden Eingang zu finden. An der Innenseite der Pforte werdenzum Ucberflusse noch kleine gesponnene Handgriffe angebracht.Versucht nun ein Störenfried den Deckel zu öffnen, so klammertsich die Cteniza fest in diese Griffe ein, stemmt die übrigen Beinegegen die Röhrenwandung und hält die Türe zu. Es muß dannschon ein recht kräftiges Tier sein, das diesen hartnäckigen Wider-stand zu brechen vermag. Während des Tages hält sich die Spinnestets in der Röhrenwohnung verborgen, erst wenn die Schattender Nacht auf die Erde herniedersinken, kommt sie hervor, um ihreausgedehnten Beutezüge anzutreten. Alles was ihr zum Opferfällt, wird dann, sofern es nicht an Ort und Stelle vertilgtwerden kann, sofort ins Rest geschleppt. In dem Neste findetauch die Eiablage statt, und hier machen die Jungen, sorgfältigon der Mutter gepflegt, ihre Entwickclung durch.—Die Rester der eigentlichen Vogelspinne, der berühmten Mygaleövicularia, sind in ihrer Anlage weit primitiver. Irgend einenatürliche Höhlung unter Steinen oder Wurzeln wird als Wohn-räum erkoren und nur roh mit einem Gespinnst austapeziert.Einen besonderen Verschluß für den Eingang zu ihrer Behausunganzufertigen, haben sie nicht nötig, da die wehrhaften Tiere nurwenig unter Feinden zu leiden haben und selbst von größeren undstärkeren Tieren gefürchtet werden. Besteht auch die gewöhnlicheNahrung der Vogclspinne nicht, wie der Name vermuten läßt, vor-zugsweise aus Vögeln, vielmehr der Hauptsache nach aus kleinenInsekten und Würmern, so ist es doch von einwandfreien Bcob-achtern festgestellt, daß sie in der Tat bisweilen Wirbeltiere,Eidechsen, kleine Vögel, ja sogar Mäuse angreift und überwältigt.Ohne Feinde ist die IVIygale darum freilich doch nicht; namentlicheine große Sandwespe macht eifrig auf sie Jagd und bleibt ineinem eventuellen Kampfe fast regelmäßig die Siegerin. AuchVerantwortl. Redakteur: HanS Weber. Berlin.— Druck u. Verlag:der Brut des Tieres wird eifrig von Ameisen und Schlupfwespennachgestellt und viele Eier und Embryonen werden so jahrausjahrein vernichtet.—Medizinisches.ie. Erfolge der Chirurgie gegen den Gebär-mutterkrebs. Trotz häufiger Mahnrufe an Aerzte und an dasPublikum, krebsartige Erkrankungen der Gebärmutter im frühestenStadium zur Operation zu bringen, kommen die Chirurgen oft indie Lage, ihre Kunst an fortgeschrittenen Krankheitsprozesscn vcr-suchen zu müssen. Neuerdings haben sie dabei erfreuliche Erfolgezu verzeichnen gehabt. Es hat sich herausgestellt, daß die Aussichtenauf Heilung günstiger sind, wenn der operative Eingriff sich nichtauf das erkrankte Organ beschränkt, sondern auch, auf das dieGebärmutter umgebende Zellgewebe und die benachbarten Drüsenübergreift. In einem vor der Gesellschaft der Aerzte in Wien gc-haltenen Vortrag hat Professor Werthcim über seine Erfolge aufdem Gebiete der erweiterten Krebsopevation berichtet, soweit es sichum Erkrankungen des GebörmutterhalseZ handelte. In 60 Proz.der vor mehr als fünf Jahren operierten Fälle trat kein Rückfallein. Dies günstige Ergebnis führt Wcrtbcim aus die Eigenartseiner Methode zurück, die sich von der bisherigen dadurch unter-scheidet, daß die Körperoberfläche zum Ausgangspunkt des Eingriffsgenommen wird. Dadurch gewinnt der Operateur leichter Zugangzu dem erkrankten Organ samt seiner Umgebung und kann weiter-gehend operieren. In der diesem Bortrag folgenden Erörterungmachte Dr. Bürger auf die ebenfalls sehr günstigen Ergebnisse aus-mcrksam, die Dr. Schauta niit erweiterten Operationen auf Grunddes bisherigen Verfahrens erzielte. Auch hier trat in 60— 60 Proz.der Fälle Heilung ein. Professor Werthcim meint allerdings, daß eSverfrüht sei, in den bei Schauw operierten Fällen bereits vonDauererfolgen zu sprechen. Die beiden Methoden werden sich erstin zwei bis drei Jahren miteinander vergleichen lassen.—Humoristisches.— Schlau, schlauer.... Das„Journal des Courieux"erzählt folgende Anekdote, die sich zwar keiner allzufrischen Jugendrühmen kann, aber noch immer recht amüsant ist: Der berühmtefranzösische Maler Meissonicr hatte einen bäuerlichen Gärtner, dersich eines wund er baren Gedächtnisses erfreute und dieNamen aller Samen und Pflanzen kannte. Er irrte sich auchnicht« ein einziges Mal, und es kam nie vor, baß er bei der bota-nischen Einordnung eines Samens oder einer Pflanze auch nureinen Augenblick zögerte. Meissonicr hatte von dieser Perle vonGärtner mit Emile Augier gesprochen und die beiden verabredetensich, dem gelehrten Bauersmann eine Falle zu stellen.Eines Tages ließ Meissonicr den Gärtner rufen, zeigte ihm einPäckchen mit getrocknetem Heringsrogen und sagte zu ihm:„Kennst Du den Samen?" Nach reiflicher Ucberlcgung undPrüfung sagte der Gärtner:„Ja, es sind Samen einer seltenentropischen Pflanze."—„Und wie lange könnte es wohl dauern, biSdie Samen aufgehen und die Pflanze auö der Erde heraus-kommt?"—„Etwa vierzehn Tage."—„Das gibt einen Haupt-spaß," sagte Meissonicr zu Augier. Vierzehn Tage später saßen diebeiden Freunde beim Essen, als der Gärtner sich melden ließ.„HerrMeissonier," sagte er,„die Pflanzen stecken die Köpfeheraus; wollen Sie sie sehen?"—„Da bin ich aber neugierig".sagte der Maler und eilte mit Augier in den Garten. Vorsichtignahm der Gärtner eine Glasglocke von einem Mistbeet und prüfen-tierte den beiden Herren eine Anzahl— Heringsköpfe I—Rotize«.— Da?„Neue Theater"»mter der Direktion Schmiedenwird mn 31. August mit zwei Stücken von Moliöre—„S g a n a r e l l e" und„Der bürgerliche Edelmann"—eröffnet. In Aussicht genommen sind ferner:„F r o st imFrühling' von Leo Lenz;„Eine" von Max Dreher;Walter Bloems Schauspiel„Der I n b i l ä u m S b r» n n e n"und Georg Engels Lustspiel.Die Hochzeit von Poöl".—— Ein Theater-Pogrom. Der Esseger TheaterdirektorSpiller, der gegenwärtig mit«einem Ensemble eine Tournee durchBöhmen unternimmt, ivollte. der Wiener„Zeit" zufolge, im Stadt-theater zu Leitmeritz TschirikowS„Juden" zur Aufführungbringen. Die Ankündigung dieses DramaS wurde von dem dortigenUerikalen Lokalblatt„Das Volk" durib die Herausgabe eine? Flug«blatte S folgenden Inhalts beantwortet:„Christen von Leit-meritz I Die russischen Juden will man Euch im Stadttheater vor-führen. Christen von Leitmeritz I Es soll das ein Appell an EureTaschen zu jüdischen Zwecken sein. Ihr seid doch Eurer Pflicht be-wüßt, die Ihr gegen die russischen Inden auszuüben habt." Daauf Gnind dieses Flugblattes Demon st rationeu imTheater befürchtet wurden, wurde die Borstellung ad«gesagt.—— Im Oberlich.tsaal des Kupfer st ichkadinettswurde eine Ausstellung von Handzeichnungen undRadierungen RenibrandtS eröffnet.—— Einen Einfuhrzoll von 20 Proz. des Wertes auf„alte Kunstgegenstände" plant nach dem„Athcnaeum" diefranzösische Regierung.—Vorlockrts Buchdruckerei u.VerlagSanstalt Paul Singer ScEo.Berlin LlV.