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Er will allein mit em Pfarrersbub spiele! Er gönnt wollte Offizier werden und ein anderer Arzt. Und Du, mer nit, daß ich auch en paar Birne krieg! Aber wart! aber Christian?" hatte der Robert gefragt und den Arm um den wart!" Des Peters helle Augen funkelten. Hals des Freundes gelegt. Er aber hatte geschwiegen und feine Hände hatten sich geballt.

Da drängte sich der August an den Peter heran. Du, er hat aber doch den Pfarrersbub gefragt," sagte er, ich hab's gehört!"

So!" lachte der Peter und ein harter Ausdruck kam in sein Gesicht. E hat's gesagt! Dann sind's also die reichen Leut!" und er ballte die Fäuste. Ha, wenn ich nur wüßte, was ich dene antun könnt-? Den Bub haue-? Birnen Stehle?" Es flogen ihm tausend Rachepläne durch den Kopf.

Unterdes war der Christian nach Hause gekommen, hatte den Hut aufgehängt und sich einen Stuhl ans Fenster gerückt. Davor kniete er nieder und begann seine Aufgaben zu machen, denn die Luis hantierte am Tisch.

Der Johann kroch über den Fußboden zu ihm heran und zupfte ihn an der Jacke. Er aber gab dem Kind einen Stoß. " Fort," sagte er, ich muß arbeite!" Aergerlich zog er die Augenbrauen zusammen.

Die Luis nahm das weinende Kind auf. ,, Bist en wüschter Bub, wenn das der Herr Pfarrer wüßt!" sagte sie. Da stieg dem Christian das Blut in den Kopf. Nach dem Essen zog er seinen Sonntagsanzug Seine Aufgaben waren gemacht.

an.

Die

Bin ich sauber?" fragte er die Luis, ehe er ging. trocknete die feuchten Hände an der Schii ab und trat mit dem Bruder ans Fenster.

Sie drehte ihn ringsumr.

Ihr

" Inja!" Sie betrachtete ihn mit Wohlgefallen. Merger darüber, daß er den kleinen Johann so schlecht be­handelt hatte, war verflogen. Sie dachte jetzt nur daran, daß der Christian mit Pfarrers spazieren ging, und eine stolze Freude war in ihr.

Am Gartentor erwartete der Robert seinen Freund. Du, ein Herr Vikar geht noch mit uns und meine Cousine!" raunte er ihm zu, die Lätitia!"

Lätitia?" fragte der Christian, ist das ein Name?" " Ja, ein römischer oder ein griechischer, ich weiß nicht genau, aber meine Cousine ist aus Mannheim !"

"

Lätitia," wiederholte der Christian, Lätitia!"

Fremd klang der Name seinem Ohr. Römisch, griechisch," dachte er. Er wußte von der Schule, daß die Römer vor Zeiten im schönen Land Italien gelebt, und es fam ihm ein kleiner Staliener in den Sinn, ein braunes Bürschleint mit blitzenden, dunklen Augen und blauschwarzem Haar ob diese Lätitia auch so aussah? Der Knabe stand noch sinnend da, als die, von der er sich eine Vorstellung zu mächen suchte, aus der Türe des Pfarrerhauses trat.

Und seine Armenkinderaugen weiteten sich.

Er sah ein duftiges, weißes Kleid und einen schönen Hut. Es war der Reichtum, den er zuerst nur sah, und der blendete ihn. Aber bald schälte sich aus dieser Wolke des Reichtums ein freundliches Gesicht. Ein paar helle Augen sahen ihn an, eine Hand streckte sich ihm entgegen und eine weiche Stimme fagte:

Du bist doch Roberts Freund Christian, nicht wahr?" Da nickte er, während ihm das Blut in die Stirn schoß. Das also war die Lätitia! Er fühlte, wie sein Herz klopfte. Und dieweil er noch mit rotem Kopf dastand und scheu zu dem Mädchen hinübersah, traten der Pastor und der Vikar unter die Türe.

Ach, der Christian!" rief der Pfarrer. Er nickte dem Knaben lächelnd zu und wandte sich an seinen Nachbar. Den fennen Sie noch gar nicht, Herr Amtsbruder, Roberts Freund, der Stolz seiner Klasse! Immer eins im Zeugnis!". Und er schüttelte dem Buben die Hand.

Dem war das Blut noch mächtiger in die Stirn geschossen amd er hatte den Kopf ein wenig höher gereckt bei dem Lob. Seine Lippen öffneten fich, aber gleich darauf schlossen sie sich trozzig und fest.

Ein Vorgang, den er vor wenig Tagen in der Schule erlebt, stand jäh vor seiner Seele.

Es war in einer Freiviertelstunde, draußen regnete es und die Knaben der ersten Bant saßen eng zusammen und plauderten. Sie sprachen davon, was sie werden wollten. Es waren aber lauter Kinder aus guten Häusern, die ihre guten Bläge zumeist deshalb hatten, weil die Eltern ihre Schulauf­gaben überwachten.

" Ich werde Pfarrer!" Hatte Ser Robert gesagt. Und ich Minister!" rief der Sohn des Amtsrichters. Und einer

Und es war ihm zum erstenmal durch den Sinn geschossen, daß all die Knaben, die heut und morgen noch unter ihm saßen, zum Herbst ins Gymnasium kämen und später feine, gelehrte Herren würden!

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( Fortsetzung folgt.)

Die Grabrede.

( Nachdruck verboten.)

Nach Branislaw G. Nuschitsch. Von Roda Roda . Es war an einem Dienstagmorgen. Der Herr Amtmann ging wie gewöhnlich in sein Bureau, meine wirtin stritt, wie immer, mit ihrem Manne kurz, der Morgen versprach keine sonderlichen Ereignisse. Da plöglich geschah etwas, was nicht im Kalender gestanden hatte; es tam ein Polizist von der politischen Behörde zu mir, und was noch viel ungewöhnlicher ist: die Augen des Polizisten standen zum Ueberfließen voll von Tränen. Ich hatte bis dahin noch nie­mals die Tränen eines Polizisten gesehen und betrachtete sie mit aufrichtigem Intereffe. " Herr," sprach er, Herr, unser Amtmann hat mich zu Ihnen geschickt. Ich soll Sie aufs Bureau bringen." Und er verfiel in helles Schluchzen.

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Ich kann nicht weinen sehen, ohne gleich mitzutun, besonders wenn ich zur politischen Behörde geladen bin. Ich stand er schüttert auf und fragte: Wissen Sie zufällig, warum mich Ihr Amtmann sehen will?" " Ja, Herr, ich weiß es zufällig. Diese Nacht ist Josef Wellow gestorben, ganz plöglich gestorben. Gestern abend hat er noch ge lebt und heute ist er tot." - Aber ich mache auf­

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Gott sei seiner armen Seele gnädig. mertiam: ich fann mein Alibi nachweisen."

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Darum handelt es sich ja gar nicht," sagte der Polizift, sondern die ganze Stadt rüstet sich zu Welfows Leichenbegängnis, und man beruft auch Sie."

So

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so Nun, da heißt es natürlich- gehen." Der Amtmann nahm mich ungemein liebenswürdig auf, wenn er auch sichtlich gedrückter Stimmung war, bot mir einen Stuhl an und sprach mit zitternder Stimme zu mir. Ueberhaupt redete heute jedermann mit zitternder Stimme. Ich erinnerte mich, daß so­gar meine wirtin mit ihrem Manne am Morgen anders, feierlicher als sonst, gezantt hatte.

Lieber Herr," sagte mir der Amtmann, Sie haben wohl ge hört, welcher Schlag unsere Stadt getroffen hat. Diese Nacht ist Josef Wellow gestorben. Ich brauche Ihnen nicht erst zu schildern, wieviel wir dem Seligen verdanken, und wir haben beschlossen, unserer Dankbarkeit öffentlich Ausdrud zu geben. Es soll dem Ver­Sie haben storbenen eine Grabrede gehalten werden. wahr? einmal ein Theaterstück geschrieben man darf Sie daher gewissermaßen sozusagen als Literaten betrachten. Ich glaube, daß Sie am ehesten imstande sein werden, diese Rede zu halten."

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nicht

Herr Amtmann," erwiderte ich höflich, ich gebe zu, daß man mich gewissermaßen sozusagen mit einigem Recht als Literaten be­trachten darf, wenn ich auch diese Art der schönen Künste, die Grab­reden nämlich"

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Ach nein, nein, es soll ja teine gewöhnliche Grabrede werden. Schlaffe Ihnen vollkommen freie Hand. Sie können selbst den Stil wählen, es braucht auch durchaus nicht klassisch zu werden." Der Amtmann geriet in Verwirrung und rückte einen Stuhl zurecht. Mir fehlt auch das notwendige Material".

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Und die Verdienste des Verstorbenen ,, Wissen Sie denn nichts

" Ich bin erst furze Zeit hier. Aber

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zählen Sie mir die

davon?" Verdienste kurz und bündig auf". Ich nahm Notizbuch und Bleistift

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hervor. Die will ich Ihnen gleich sagen." Der Herr Amtmann be­gann sich die Stirn zu glätten, dachte sichtlich nach, drehte sich nach rechts und links, dann einmal um sich selber, ergriff die Papier­scheere, schnitt sich vier Nägel ab und sprach:" Aufrichtig gestanden, ich bin nämlich auch erst vier Jahre hier. Ich könnte Ihnen nur eher Einzelheiten einige allgemeine Phrasen sagen, aber für Ihren Zwed brauchen Sie Gewiß.

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wie?"

" Wenn Sie die Güte hätten, sich zum Herrn Erzpriester zu be­mühen? Am besten, Sie gehen zum Herrn Erzpriester.

meiner Grabrede.

Ich drückte dem Herrn Amtmann die Hand und machte mich zum Herrn Erzpriester auf. Unterwegs aber entwarf ich den Anfang Der Erzpriester saß in seinem Lehnstuhl, hatte geftidte Bantoffeln an und weiße Socken und las in der Perfekten Köchin". " Sehr schön, wirklich edel von Ihnen!" rief er lebhaft, als ich ihm mein Vorhaben geoffenbart hatte.

"