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findet sich ein, was dem Jahrmarkt sein Gepräge gibt. Sogar der| Ton des Meeres erfüllt. Der Tag hat tausend Abwechselungen. ,, wahre Jakob" ein Handelsmann fehlt nicht, der die Bauern Die Menschen, die ihren Luxus und das gesellschaftliche Leben mehr anschmiert und seine Ware herzuschenken behauptet. Das Städtchen lieben, als die Natur, und die sich vor ihrer Bewegtheit und Größe hebt sich vor lauter Leben. Ist der Markt vorüber, sinkt es wieder fürchten, bleiben nicht hier. Wir bleiben.( Schluß folgt.), in seinen Schlummer und träumt den Traum seiner Vergangen­heit. Dann bellen einen die Hunde an, dann erschreckt man förm= lich, wenn die Glocke auf dem Turme schlägt. Der Marktplatz ist leer, in der alten Kirche fie ist aus dem zwölften und drei­zehnten Jahrhundert und hat durch vieles Restaurieren ein Konglo­merat von Stilen erhalten, ist alles vereinsamt, in dem alten Kahn, der auf dem grünen Wasser des Wallgrabens schautelt, sitzt ein graubärtiger Mann und angelt, im Schatten der Linden des Walles spielen die Rangen, und ihre Holzschuhe klappern.

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Das Klima ist sehr milde. Der Golfstrom gleitet hier vorbei. Balmen fönnen auch im Winter im Freien bleiben. Die Feige gedeiht hier und trägt reiche Frucht, die eine wesentliche Gin­nahme abgibt. Der Maulbeerbaum hängt voll von dunklen Beeren. Schöne große Beeren. Die Brombeeren sind wie Pflaumen so did. Die Bevölkerung vergißt nicht zu erklären, daß sie nicht von den Bretonern, sondern von den alten Sachsen   oder Standinaviern ab­stamme. Man erkennt das gleich an der Form der Kirchtürme. Sie sind so, daß man meinen könnte, an der englischen Küfte zu sein. So wird auch hier kein Bretonisch gesprochen, sondern ein niedlich gefärbtes, nicht unvornehm flingendes Französisch.

In la Baule, Pornichet   und Pouliguen ist es uns erstens zu teuer, zweitens zu anspruchsvoll, drittens zu pariserisch, viertens aber ist uns das Meer zu sanft. Die Bucht nimmt ihm die Gewalt. Kein richtiger Wellenschlag. Ein träges Wasser. Die Küste wird zwar gleich felfig, wo der Bogen der Bucht aufhört, und zur Sturm­zeit mag hier das Meer schon eine tüchtige Gewalt haben, aber es hält uns hier nicht. Wir wandern zunächst landeinwärts weiter. Wir kommen durch die Marais salants, die Salzfelder. Hier wird dem Meerwasser das Salz abgeschöpft. Es gehört eine Temperatur bon 24 Grad dazu. Mit der Flut strömt das Meerwasser von Le Croific aus über die Felder hin. Sie sind so abgeteilt und immer ein wenig höher angelegt, daß jedes folgende von einer dünneren Schicht Wasser bedeckt ist. Das Wasser verdünftet und vorsichtig wird die obere Salzschicht abgeschöpft. Sie heißt la fleur, die Blume, der Rest wird mit besonders zugeschnittenen Brettern an langen Stangen ans Land hereingezogen. Zwischen den Feldern find kleine Rondelle, auf die das gewonnene Salz aufgeschüttet wird. Gefischt wird es zur Mittagszeit. Von den einzelnen Rondellen auf die großen Haufen wird es in der Nacht getragen, weil das Salz, das noch sehr viel Wasser enthält, ungeheuer schwer ist und die Arbeit in der Sonnenhite unmöglich wäre. Es sind meist Frauen, die das Salz zusammentragen. Sie haben große steinerne Schüsseln, die sie auf dem Kopfe tragen. Auch in der Dunkelheit gehen sie ganz sicher die schmalen Pfädchen hin, die zwischen den Salzfeldern von Rondell zu Rondell und schließlich zum Haupt­haufen ziehen. Hier bleibt das Salz eine Zeitlang liegen, bis es zur Reinigung abgeholt wird. La fleur bedarf keiner weiteren Reinigung. Dieses Salz ist blütenweiß. Es gehört den Salz­fischern. Die Leute übernehmen für das ganze Jahr eine kleinere oder größere Felderabteilung, und wenn sie einen guten Sommer haben, haben sie einen schönen Jahresverdienst. Mitten in den Salzfeldern liegt das alte Salzfischerdorf Saillé. Hier sieht man noch die alte saubere Salzfischertracht, zur Arbeit weißes Gewand, großen Hut oder Zipfelmüße, zum Fefttage bunt gekleidet, besonders die Frauen, die einen hohen Panzer tragen, der ihnen die Brust eindrückt. Jährlich einmal feiern sie das Fest der Salafischer, wobei sie alle alten Trachten aus den Schränken holen. Sie haben einen schönen Berufsstolz, der sich in ihren Liedern ausdrückt. Die Leitung der Feste hat die Geistlichkeit in der Hand, die sich dabei die theatralische Veranlagung gibt einen wesentlichen Ausschlag ihre besonderen Schüler aussucht, die sie zu Pfäfflein ausbilden will. Der französische   Geistliche muß theatralisch veranlagt fein, sonst taugt er nichts. Der deutsche ja auch, aber nicht in dem Maße. Unser Reiseziel war Bourg de Baz, von dem uns seines wilden Meeres wegen war abgeraten worden.

Kleines feuilleton.

hl. Mond und Aberglaube. Seit den frühesten Zeiten hat sich der Aberglaube der Menschen häufig an die geheimnisvollen Einwirkungen des Mondes geheftet, die in der mannigfachsten Weise unsere Erde und unser ganzes Leben beeinflussen sollten. Ein instinktives Ahnen gewisser Zusammenhänge, die später die Wissenschaft als wahr erweisen sollte, und die phantastische Spekula­tion von Propheten, die auf alle Weise das so verlockende Dunkel der Zukunft zu enthüllen suchten, sind hier miteinander vermischt. Die Einwirkung des Mondes auf Ebbe und Flut verführte dazu, weitgehende Einflüsse der einzelnen Mondphasen auf die Witterung anzunehmen, und noch vor kurzer Zeit hatte der verstorbene Wetter­prophet Falb seine vielbesprochene Theorie der kritischen Tage auf dieser Annahme aufgebaut. Schon die alten Griechen glaubten, daß" Regen und schönes Wetter vom Monde abhängen", und der erste der Sieben Weisen  ", Thales von Milet  , hat so gut wie Falb nach diesen Kriterien das Wetter vorausgesagt. In den Georgifen" des Virgil ebenso wie in vielen Sprüchen und Kalendern des Mittelalters finden wir diese Annahme. Man unternahm keine Reise, ohne vorher den Mond um Rat gefragt zu haben und war höchst ärgerlich über das trügerische Gestirn", wenn man doch wider Erwarten durch seine Beobachtungen getäuscht wurde. Auch heute noch herrscht vor allem bei seefahrenden Völkern vielfach die Annahme, daß besonders beim Mondwechsel das Meer außer ordentlich stürmisch sei. Ein gewisser leiser Einfluß der Mond­zeit auf den Barometerstand ist ja auch wirklich in den Tropen und in Mitteleuropa   nachgewiesen, aber die Einflüffe auf das Erd­innere, auf das Entstehen von Erdbeben und anderen Natur­phänomenen gehören doch noch völlig in das Reich der Annahme und Vermutung. In den Zeiten der Astrologie, da die Augen der Menschen beständig gespannt nach dem Himmel gerichtet waren und ängstlich von den ewigen Gestirnen eine Deutung des so rätselhaften Erdenlaufes erwartet wurde, spielte der Mond freilich eine noch viel gewichtigere Rolle im Leben jedes einzelnen und in den Schick= falen der Menschheit. Alle hervorragenden Ereignisse unseres Da­seins, Geburt und Heirat, Krankheit und Tod, wurden mit dem magischen Leuchten des den Menschen so nahen und so besonders anziehenden Mondes in Zusammenhang gebracht. Das erstreckte sich bis auf Kleinigkeiten des täglichen Lebens. Hatte schon Plinius  versichert, daß Tiere und Menschen beim Vollmond besonders munter und frisch sind, so war in den mittelalterlichen Kalendern ein ganzes System der häuslichen Hygiene auf den Wandlungen des Mondes aufgebaut. Schröpfen und Burgieren, die beiden Heil­mittel gegen Melancholie, Schlaffheit und böse Träume, durften nur angewendet werden, wenn der Mond im Zeichen des Stieres stand; wenn jemand ein Bad nehmen wollte, durch das der Körper gereinigt werden sollte, dann mußte er die Zeit abwarten, während der der Mond sich im Zeichen der Wage oder der Fische befand; nahm man aber ein Bad, um sich zu erfrischen, wie das die schwachen und lungenkranken Leute tun", so war der Moment der günstigste, wenn der Mond in einem der wasserreichen Zeichen, dem Krebse oder Storpion, stand. Die Bezeichnung des Mond­süchtigen", die wir noch heute auf gewisse Krankheitserscheinungen bisweilen anwenden, rührt daher, daß man glaubte, von dem ab= nehmenden Mond entströme eine geheimnisvolle Kraft auf die Erde, die Verwirrung und Wahnsinn in den Gehirnen hervorrufe. Das flimmernde, weich und geheimnisvoll die Dinge umhüllende Licht des Mondes, das den Sinn mit einer süßen Schwermut und traum­haften Dämmerung umfangen hält, empfing durch diesen Aber­glauben einen gefährlichen, die Seele vergiftenden Schein, vor dem man sich sorgsam hüten mußte. Gin höchst wichtiger Einfluß wurde auch dem Mond auf alle Teile der Landwirtschaft zugeschrieben. Auf einer Anhöhe liegt das Dorf. Es ist, im Gegensatz zu Das Fällen des Holzes, das Umfüllen des Weines und vieles andere den anderen Orten der Küste, ganz auf Fels gebaut. Zur Zeit der hing von Gestalt und Stellung des Mondes ab. Der Landmann, Römer war es eine Insel. In späteren Jahrhunderten hat das der ja ebenso wie der Seefahrer stets die Augen zum Himmel er­Meer so viel Schlamm hier angeschwemmt, daß die Verbindung hebt, um von dem wechselnden Spiel seiner Erscheinungen die Er mit dem festen Lande hergestellt wurde. Der Prozeß ist noch nicht füllung seiner Wünsche abzulesen, sah in dem Wechsel des Mondes beendet. Eines Tages werden die Salzfelder verschlammt sein, einen gütigen Fingerzeig der Gottheit für das Gedeihen seiner der Hafen von Le Croific wird mit Schlamm angefüllt werden. Ernten. In einem Artikel des" Figaro" teilt J. Loisel interessante Man kann diese ständige Arbeit des Meeres deutlich sehen, wenn Bemerkungen darüber mit. Virgil hat bereits in seinem Lehr­die Ebbe eintritt. Was auf der anderen Seite der Küste der feine gedicht über die Landwirtschaft Georgita" dem Mond einen wich­Sand der Plagen ist, ist hier richtiger Schlamm. Darin watet tigen Einfluß für das Gedeihen der Früchte zugeschrieben. Vegetius  Alt und Jung herum, Krabben zu fangen. Austernbänke sind hier sagt, daß die Bäume zwischen dem fünfzehnten und dreiundzwan= angelegt. Muscheln jeder Art, die meisten eßbar, werden hier ge- zigsten Tage des Monats gefällt werden müßten, weil das Holz sich fischt. Aber nach dem offenen Meer zu- und hier hat man richtig während dieser acht Tage am besten halte. Nur Holz, das während das offene Meer, ist die Küste felsig. Zerklüftet, steil, zerrissen, dieser Zeit gefällt ist, darf zum Bau der Schiffe und Häuser ver phantastisch. Das Meer schäumt in die Risse hinein und gurgelt wendet werden, wenn man nicht großen Schaden befürchten soll. unter den Felsen hin. Hochauf sprißt sein Schaum. Es zischt und In einer französischen   Anweisung zur Bestellung des Feldes" aus brodelt. Es schlägt über die Mole, es wirft sich mit Gewalt über dem Jahre 1670 findet sich eine bedeutsame Stelle, die gegen diesen die Küste und schlägt an die äußersten Häuser. Es ist gewaltig. durch die Jahrhunderte hindurch stets festgehaltenen Aberglauben Es ist herrisch und wild. Leuchttürme bewachen es. Aber was von der Wichtigkeit des Mondes für die Ernte auf eine ironische hilfts! Dicht an der Küste ragen die Wracks empor, wenn das Weise Stellung nimmt:" Säet und pflanzt alle Arten von Korn Wasser zurücktritt. Die Flotte der Sardinenfischer fährt hinaus. und Früchten", so heißt es da, in allen beliebigen Phasen des Die Dampfer treuzen draußen. Die Nacht ist von dem dunklen| Mondes; ich verspreche Euch einen stets gleichen Erfolg, wenn nur

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