das die Zweimaster. Und am schönsten sind die Segel, die ge- Sickt sind. Man glaubt sich an einer südlichen Bucht. Aus dem !orbihan kommen die Stockbretonen mit ihren Booten. Sie laden Sardinen. Austern und Schollen aus. Die ganze Ladung wird meistbietend versteigert. Es ist jedesmal ein Kampf und eine An- strengung. Der Hafen wird nach dem offenen Meere hin durch eine schmale Landzunge abgeschlossen. Sie bildet eine natürliche Mole. Auf dieser Landzunge. Pen Bron genannt, hat Frau Furtado-Heine das Hospital maritime errichtet, ein Hospital für Lungenkranke, hauptsächlich aber für Kinder. Man hat hier eine völlig reine, immer feuchte, salzgetränkte kräftige Luft, die lange nicht so angreift, wie die Luft im Inneren des Landes. Man sieht weit hinaus ins Meer, das sich ins Unendliche dehnt. Gegen- über von Pen Bron, am Ende des Hafens,erhebt sich ein Berg­kegel, der Mont-Esprit, von dem man eine schöne Aussicht genießt. Es ist kein natürlicher Berg, sondern ein künstlicher. Im Jahre 1816 wurde er errichtet, als im kalten Winter Arbeitsmangel und Not eingetreten war. Man hat dazu den Ballast der Boote,lest" genommen, daher hieß der Berg auch �lon lest prit, der Berg von genommenem Ballast; das Volk zog das Wort mundartlich zusammen, und so wurde Mont-Esprit daraus, das heißt Geist- Berg. Ein hübscher Baumbestand, Serpentinenwege, Rasenflächen üben ihre Anziehung hier aus. Zu Füßen liegt einem das Städtchen mit seinen granitenen Häusern, besonders längs des Quais. Sie stammen meist aus dem 17. und 18. Jahrhundert und sind in einem schönen vornehmen Barock gebaut, einige mit einer interessanten Vertikalkonstruktion. Von Pen Bron aus führt ein zwei Stunden langer Weg die Küste entlang nach Norden zu. Man geht auf weichem,'feuchtem Badesand. Das Meer bespült einem die Füße. Es ist eine große Einsamkeit, die Dünenhügel verdecken den Ausblick ins' Land- innere. Die Möwen schreien. Der Ton des Meeres. Strandgut, Knochen, Gerippe, Tierleichen am Ufer. Ein Raubvogel schießt daher. Draußen die Flotte der Fischer mit ihren bunten Segeln. Schaukelnde Boote. Ein Strandläufer kommt anspaziert, philo- sophisch gelassen, und pickt sich seine Nahrung auf. Möwen sammeln sich in Scharen. Fischweiber mit Holzschuhen kommen. Ein Fischerdorf, La Türballe, schmutzig, düster, grau und schwer. Ein schwarzer Felsboden erstreckt sich ins Meer hinaus. Verladevor- richtungen. Die kleinen Wagen der Sardinenfabriken fahren an. Ein Boot zieht die Segel auf und kämpft mit der Flut, in den schmalen, der Felsen wegen schwer zugänglichen Hafen zu steuern. Wir wandern weiter, weiter nach Norden zu, immer an der Küste des Meeres entlang. Immer größere Einsamkeit. Immer ernster und schwerer und gewaltiger die Formation der Küste. Die Ur- weltblöcke der Felsen, die draußen im Meere lagern. Schwarz, dunkelgrün bemoost. Die Flächen des Seetangs. Ein harscher Wind, der vom Meere hereinfährt. Ein düsterer Himmel. Und immer gewaltiger die Felsen, phantastischer ihre Lagerung. Hohe, tiefe, dunkle Grotten. Peitschend das Meer. Hier ist man Welt- fern und allein, dem gewaltigen Element gegenüber, das dieses Land beherrscht. Piriac, ein einsames Fischerdorf. Kaum, daß Fremde hierherkommen. Eine große, unberührte Einsamkeit. Harte Menschen. Sturmerprobte Männer. Eine kleine Fischer- flottille. Die Fischer hier gelten als die wagemutigsten. Ein- und Ausfahrt sind gleich schwer für sie. Weit hinaus legt die Ebbe den Felsboden frei. Auf hohen Felsen draußen sind dicke runde Leuchttürme erbaut. ES ist eine Größe hier, die unheimlich wirkt. Sie nimmt einen ganz in Bann. Man kann das Auge nicht wenden. Man muß beständig schauen. Strand der Verlassenheit, Strand der Einsamkeit. Nur fern eine leicht geschwungene Linie am Horizont. Bleich, zart. Die Küste des Morbihan . Die Felsen- inseln in der Weite. Die Nacht sinkt. Es ist eine Urnacht. Wie klein und wesenlos ist der Mensch in ihr. Und dennoch, Menschen sind ihrer Herr geworden, ihrer Größe und Gefahr, und fühlen das Leben leicht und licht, oder wenigstens nicht schwerer, als wir das Leben in heitererer Heimat. Frühnebel liegt auf dem Hafen von Le Croisic. Er deckt das Meer. Unser Schiff ivartet. Fahrt nach Belle-Jsle. Ins graue Nebelmeer hinaus. Mählich hellt sich das Wetter auf. Sonne überm Meer. Die Küste ist verschwunden. Nur fern noch ein blasser Strich, die gezackte Morbihanküste. Der Sonnenschein hält nicht lange. Regen peitscht. Der Kapitän zieht das Sturmband seiner Mütze übers Kinn. Und richtig, keine Viertelstunde vergeht, und wir schaukeln in Regen und Sturm. Das Wasser ist grau und gepeitscht. Die Fischerboote, die uns unterwegs begegnen, lavieren. Felsentore tun sich in der Ferne auf. Sie rücken weiter und weiter auseinander, je näher wir ihnen kommen. Es sind große, dunkle Inseln. Sie liegen verlassen im weiten Meere, kahl und grau. Die Seekrankheit erhöht den Genuß der Fahrt. Die Stunden ver- gehen schwer und langsam. Immer dasselbe Bild. Und doch immer ein anderes. Dann dringt die Sonne durch. Das arge Schaukeln des Schiffes läßt ein wenig nach. Vor uns im Licht der Sonne taucht ein Helles buntes Bild auf. Die Befestigungen von Belle-Jsle, die Häuser von Lc Palais. Wir fahren im Sonnen- glänz zur Mittagszeit im buntbewimpeltcn Hafen ein. Ein Pracht- volles Seebild. Die Menschen in ihrer eigentümlichen Tracht, die Geschäftigkeit auf den Booten und Dampfern. Das Meer, das nun in der Sonne einen dunkel graublauen Ton erhalten hat. Und weit, ganz weit draußen, noch ein Schein der Küste. Die Insel ist nicht groß, 1b Kilometer lang, an der schmälsten Stelle 4 Kilometer breit. Vier Ortschaften: Le Palais, das liebliche Sauzon, das freundliche Locmaria und Bangor. Das Meer ÜK- braust die Insel, deren Küste zerrissen und zerklüftet ist. Fjord neben Fjord, zackig, steil, grotesk. Einzeln lagernde Felsen. Ge- waltige Grotten. Wir fahren per Wagen nach der größten, der Grotte de l'Apothicairc. Das Meer durchbraust sie. Hoch spannt sich ihr Bogen. In seineni Rahmen erscheint ein wunderbares Bild der Meerfcrne, in die vorgelagerte Inseln und Felsblöcke den Blick hinausgeleiten. Die Grotte ist hell. Man kann sie bis zu dem Austritt des Meeres durchschreiten. Porphyradern durchziehen die Felsen. Grünes, glänzendes Gestein bildet die Decke. Weiß ist der Schaum des Wassers. Und das Tonnern des Meeres ist so stark, daß man völlig betäubt wird. Man könnte hier nicht ein Wort verstehen. Und wenn man wieder herausgcstiegen ist, ver- geht eine ganze Weile, bis man wieder hören kann. Wir gehen die Küste entlang zu der Pointe des Ponlains, an das äußerste nördliche Ende der Insel, der Spitze der Füllen, weil hier die Felsen wie Füllen, die bäumen, ins Meer hinaus zu jagen scheinen. Ein groteskes phantastisches Bild! Hier hat sich Sarah Bernhardt ihr Schloß gebaut. Fast bis zur Höhe der Grundmauern wirft sich das Meer herauf. Unvergeßliche Bilder! Lieblichkeit neben Größe, Ein- samkeit neben Bewegtheit. Wir wenden uns dem Innern der Insel zu, durchqueren ein tiefel Tal und gelangen nach Sauzon, dessen weit ins Land einschneidende Bucht einen natürlichen Hafen bildet. Das Klima der Insel ist sehr mild. Der Feigenbaum, der Granatbaum, der Lorbeer und die Myrthe gedeihen im Freien. Der Boden ist sonst nicht sehr fruchtbar. Rings erglänzen die Phare und Semaphore der Insel. Sie kann den Schiffen leicht gefährlich werden. Wir haben eine prachtvolle Heimfahrt. In lauter Sonnen- glänz. Das Meer ist sanft und meint's nicht böse mit uns. Scharen von Delphinen begleiten uns, in Reihen von fünfcn tun sie ihre Sprünge, tauchen auf und entschwinden und bleiben uns lange Strecken treu. Wilhelm H o l z a in e r. Kleines Feuilleton. k. DaS Kaffernviertel von Johannesburg . Durch weite Haufen trockenen Tons, durch den Lärm und Rauch von Fabriken und Ziegeleien dringt man langsam, wenn man die breiten Straßen und die schönen Paläste von Johannesburg hinter sich gelassen hat, bis zu der..Blechstadt", dem Kaffernviertel von Johannesburg , vor. Ueber diese Niederlassung der schwarzen Eingeborenen inmitten der höstch kultivierten Wohnstätte der Weißen gibt I. Langley Levy im Daily Expreß " einen anschaulichen Bericht, der durch die Unruhen, die jetzt wieder unter den Eingeborenen Britisch-Südafrikas aus- gebrochen sind, eine besondere Bedeutung erhält. Das Kaffern- viertel ist über eine englische Meile lang und etwa dreiviertel Meilen breit. Es ist mit großer Regelmäßigkeit angelegt und in einförmige Häuscrviertel eingeteilt. Nähert man sich derBlech- stadt", so umfängt den Besucher schon in weiter Entfernung eine schwere stickige Luft, die von den Ausdünstungen verwesender Tiere und Pflanzen, einer unreinlich schlechtriechenden Atmosphäre her- rührt. Die Straßen sind ungcpflastert, und man hat vergebens versucht, an den Seiten Bürgersteige anzulegen, da sich der Unrat der Gassen auch über sie ergießt. In der roten Erde, die von einem Gewimmel krabbelnder Kaffernkinder bedeckt ist, stößt man allent- halben auf tiefe Löcher, in denen Regenwasser steht, und auf un- regelmäßige Hügel, während Myriaden schwirrender Moskitos darüber hinsummen. Sein eigentliches Charakteristikum aber er- hält dieser Ort durch die merkwürdigen Häuser. Niemals wohl begegnet man einer sonderbareren Architektur als in diesen Hütten der Kaffern. Das Hauptbaumaterial, aus dem diese Gebäude her- gestellt sind, liefert das Zinn oder Blech, mit dem die eingeführten Petroleumkisten ausgeschlagen sind, und das Blei, das zur Ver- Packung des Tees gebraucht wird. Aus diesem Abfall und aus aller- lei Holzleisten, die das Fachwerl bilden, sind die Wohnungen her- gestellt. Jeder Mann ist sein eigener Architekt und Bauherr, und auf Schönheit oder Komfort legen die Kaffcrn bei der Errichtung dieser zwölf bis vierzehn Fuß hohen Ställe viel weniger Gewicht als aus Einfachheit und Schnelligkeit. Zuerst wird gewöhnlich ein genau quadratischer Grund abgesteckt, und dann werden an allen vier Ecken zehn Fuß hohe starke Pfähle eingeschlagen. Hat man diese Grundpfosteu noch durch Ouerstäbe verstärkt und gestützt, so begibt sich die ganze Familie auf die Suche, um auf Schuttstätten und Abfallhaufen das notwendige Blech für die Ausfüllung der Wände zu erlangen. In den Kolonien wird Petroleum selten in Fässern verkauft, sondern es befindet sich in gewöhnlichen Blech- gefäßen, aus denen man mit einer besonderen Pumpe das Petro- lcum nach Bedarf abzieht. Diese Blechgefäße werden dann ver- schiedenartig verwendet, dienen grünbcmalt als Blumenvasen, werden als Eimer und Tröge für das Vieh verwendet, erfüllen als Kessel und Trinkgefätze ihren Zweck, werden aber auch vielfach acht- los fortgeworfen und wandern auf den Kehricht. Von hier nun liest sie der Kaffer eifrig auf, schneidet sie auf, hämmert das Blech flach und nagelt es dann als Wandbekleidung an die aufrecht- stehenden Leisten. Hat man erst einmal genügendes Material bei- sammen, so ist das Haus in wenigen Stunden vollendet; es wird dann nur noch mit einem Wellblechdach versehen und erhält ein