NbzugSloch für den Rauch, das durch eine dürftige Verkleidung mit Blech das Aussehen eines Schornsteins erhält. Der Luxus einer bestimmten Feuerstätte ist bei ihnen nicht vorhanden, vielmehr wird das Feuer überall, wo es ihnen gerade bequem ist, angebracht, und dichte Rauchwolken erfüllen die ohnehin schon dunstige und trübe Luft. Diejenigen unter den 80 000 Kaffern von Johannesburg . die nicht direkt in den Mincnbezirken wohnen, haben ihr Heim in diesen dunklen Gassen der..Blechstadt" aufgeschlagen. Blickt man aus der Ferne auf die lang ausgedehnten niederen Häuser, so vcr- schwimmt alles einzelne unter dem heißen Glanz der afrikanischen Sonne in ein Meer von Feuer und blitzendem Lichte. Die Blech- wände, in denen sich die Strahlen brechen, glänzen wie Silber, die Dächer sind in eine einzige schimmernde Helle getaucht und man glaubt unter dem flimmernden Mantel der Sonne eine wundersam funkelnde Glanzstadt ausgebreitet zu sehen. Aber kommt man näher und nahe, dann ist die Enttäuschung um so schrecklicher, und das Bild des Lichtes zerfällt in eine erbärmliche Anhäufung von Schmutz und Unkultur. Die Kaffern haben eine außerordentlich starke Nachkommenschaft und die Gassen sind daher stets angefüllt mit nackten, kupferfarbenen Kleinen, die in einem unentwirrbaren Gewimmel durcheinanderkriechen. Mit augenscheinlichem Behagen krabbeln sie auf den von Ameisen bedeckten Straßen herum oder patschen in dem stinkenden, fauligen Wasser. Es sind plumpe un- schöne Wesen, diese Kinder; sie entwickeln sich viel schneller als unsere europäischen Kleinen und bedürfen auch zu ihrem Fort- kommen augenscheinlich viel weniger Pflege. So sind sie fast immer von den vielen Stechmücken, dicht bedeckt, leiden aber gar nicht unter den Stichen der Tiere, sondern strampeln und schreien vor Ver- gnügen. Die ebenfalls nur wenig bekleideten Mütter lehnen meist gleichgültig an den Blcchwänden der Wohnungen und ziehen ihre Sprößlinge nur gelegentlich unter den Füßen eines vorbeistampfen- den Maultieres hervor oder treiben das Rudel der Kleinen aus- einander, wenn ein schwerfälliges Ochsengespann sich mühsam den Weg durch das lebendige Pflaster bahnt. Für die Reinlichkeit wird auf höchst merkwürdige Weise gesorgt. Hören die Mütter einmal auf, in den gutturalen Lauten ihrer harten Sprache miteinander zu fchwatzen, dann greifen sie wohl ein kleines nacktes Kind aus der Menge, nehmen den Mund voll Waffer, spitzen die Lippen und gießen den dünnen Wasserstrahl über das krähende und strampelnde Kleine, das sich dann im Schmutz der Straße wieder trocken wälzt. Die Männer kehren erst gegen Abend von der Arbeit heim, doch stets vor neun Uhr. denn nach den Gesetzen von„Jo'burg " darf kein Schwarzer nach dieser Zeit noch in dem europäischen Teile der Stadt sich aufhalten. Dann lehnen auch die Männer sich gegen die Blcchtvände, rauchen ihre Tonpfeifen, entladen ihren Ingrimm gegen die weißen Bedrücker und sprechen über die Möglichkeit einer Befreiung. Seit dem Kriege mit den Buren herrscht unter den Kaffern eine ständige Erregung, und gerade jetzt wieder sind unter ihnen die Flammen der Empörung stark angefacht und drohen, hell emporzulodern.— ie. Der Mensch und der Luftdruck. Wenn das Barometer steigt, fühlen sich die meisten Menschen, soweit sie darauf zu achten Zeit haben oder nicht durch andere Verdrießlichkeiten gestört werden, ver- gniigter als bei niedrigem Luftdruck. Diese Wirkung freilich hängt wohl nur damit zusammen, daß bei hohem Barometerstande die Laune des Wetters und damit die eigene besser wird. Um den Ein- fluß hohen Luftdruckes auf den Menschen festzustellen, muß man schon zu anderen Mitteln greifen. Manche Arbeiten können gegen- wärtig kaum anders als unter einem künstlich gesteigerten Luftdruck geschehen. Dazu gehören namentlich die Arbeiten unter Wasser. Es hat sich gezeigt, daß ein Taucher in einer Tiefe von 30— 40 Metern unter der Wasseroberfläche bei einem Druck von drei Atmosphären schon eine erhebliche Lebensgefahr läuft. Taucherarbeitcn werden bei uns im allgemeinen bis zu einer Grenze von höchstens 3S Metern ausgeführt, während die mutigsten Perlen- und Schwammfischer im Mittelnicer, am Persischen Meerbusen oder an den indischen Küsten sich wohl bis gegen 46 Meter tief hinunterwagen, wobei dann freilich auch häufig Unfälle vorkommen. Vielleicht spielt beim Ertragen hohen Drucks auch eine besondere Begabung mit, denn der berühmte Taucher Lambert, der einmal aus einer Tiefe von fast 60 Metern eine Summe von 2 Millionen M. gerettet hat, blieb bei jedem Ab- stieg etwa 20 Minuten unten. Das letztemal erhielt er allerdings eine dauernde Schädigung seiner Gesundheit, insofern, als er für sein ganzes späteres Leben die Fähigkeit verlor, seinen Harn zu halten. Noch eine bewunderungswürdige Leistung vollbrachte Lam- bert, indem er durch einen Schacht in den Severn-Tunnel hinab- stieg, dort in völliger Dunkelheit eine Strecke von fast 600 Metern im Wasser zurücklegte und die offen gelassenen Fluttore schloß, sodaß eine weitere Ueberschwemmung verhindert wurde. Die größte Tiefe, die jemals ein Taucher erreicht hat, betrug 61 Meter, aber der Mann starb aulh, weil er zu rasch wieder an die Oberfläche gekommen war.— Die Hauptsache in der Vermeidung gesundheitlicher Schädigungen durch Lufldruckswechsel besteht darin, daß diese Wechsel allmählich geschehen. Zwei englische Forscher, Hill und Greenwood, haben nun vor der Royal Institution neue Experimente über die Wirkung hohen Luftdrucks auf den Menschen beschrieben. Sie benutzten einen großen Stahlzylinder, der mit einem Bett, elektrischem Licht, Glocke und Telegraph ver- sehen war und genügende Größe besaß, um einem Menschen zum Aufenthalt dienen zu können. Der Luftdruck inner- halb des Zylinders konnte mittels einer Pumpe innerhalb 40 Minuten auf 6 Atmosphären gesteigert werden. Der Luft- Verschlechterung ivar durch eine Ventilation vorgebeugt. Es ergab sich, daß unter solchen Umständen ein Mensch einen Druck von sieben Atmosphären ohne nachteilige Folgen aushalten kann, vorausgesetzt, daß das Nachlassen des Druckes allmählich geschieht und der Blut- kreislauf durch gewisse gymnastische Uebungen, wie Bewegungen der Muskeln und Gelenke und häufige Aenderungen der Körperstellung, unterstützt wird. Die Gefahr eines schnellen Nachlassens des Luft- druckes beruht darauf, daß bei hohem Druck ungewöhnliche Mengen von Stickstoff aufgelöst werden und das Gas dann, wenn der Lust- druck zu schnell nachläßt, als Blasen in den feinen Gefäßen und Räumen des Gewebes zurückbleibt, wo eS dann leicht eine Ver- stopfung des Blutlaufs veranlassen kann. Die unangenehmen Emp- findungen des Menschen, der einem künstlich gesteigerten Lustdruck ausgesetzt ist. bestehen in zunehmender Taubheit und einem un« erträglichen Unbehagen in den Ohren. Außerdem werden die Lippen unempfindlich, und eS tritt auch eine merkliche Veränderung der Stimme ein.— Kulturgeschichtliches. Das Essen von Erde ist bei einer Reihe von Völker- schaften in Ländern der heißen Zone seit alterSher üblich. Wie der .Prometheus" in einer Uebersetzung aus der englischen Zeitschrist „Knowledge " mitteilt, essen die Ottomaken am Orinoco einen feinen graugelben Ton, den sie am Feuer etwas rösten, in großen Mengen. In Guinea gilt eine dort vorkommende gelbliche Erde als Lecker- bissen, und die Neger auf den Antillen verspeisen einen rotgelben Tuff. Die Neukaledonier essen einen bröckeligen Tropfftein, die Neger der afrikanischen Inseln Bunka und LoS Jdolos einen weißen, leicht zerbrechlichen Speckstein. Auf Java werden kleine, geröstete Kugeln aus rötlichein Ton verkauft, und in Persien werden in den Bazaren verschiedene.eßbare" Erd- arten feilgehalten. Sogar in Deüffchland sollen vor einigen Jahr- zehnten Arbeiter in den Steinbrüchen am Kyffhäuser einen feinen Ton, den sie Steinbutter na,mten. auf das Brot gestrichen und verzehrt haben. Der Franzose M. Courty, der kürzlich die Hoch- ebenen von Bolivien durchforschte, berichtet, daß in dieser Gegend die Indianer mit Vorliebe einen Lehmbrei verspeisen, den sie mit Coca-Blättern mischen, aber auch kleine, in der Soime oder am Feuer getrocknete Lehmkugeln nicht verschmähen. Die Ansicht, daß den„eßbaren Erden" ein gewisser Nährwert zukomme, ist des öfteren ausgesprochen worden. Unter anderen hielt Humboldt, der um 1800 berichtete, daß die Eingeborenen am Orinoco täglich bis zu eineinhalb Pfund Erde äßen, diese Erdart für etwas nahrhaft. Nach neueren Untersuchungen muß aber diese Ansicht als unhaltbar bezeichnet werden. Zwei Proben„cß- barer Erde" find kürzlich von Balland untersucht worden. Eine der- selben, ein hellgraues Pulver, enthielt 06 Proz. Silikate, 4 Proz. Eisenoxyd und Tonerde, 0,6 Proz. Wasser und Spuren von Magnesia; die andere Probe einer gelblichen Erde aus Neu-Kaledonien enthielt 98 Proz. Silikate. 0,4 Proz. Magnesia. 0,8 Proz. Wasser und Spuren von Schwefel, und war frei von Eisen, Tonerde und Kalk. Eine ältere Analyse einer Erde aus Neu-Kaledonien weist neben 13 Proz. Eisenoxhd 2 Proz. Kupfer auf. Demnach kann es nicht zweifelhaft erscheinen, daß den„eßbaren Erden' keinerlei Nährwert zugeschrieben werden kann.— Notizen. — Lehrstühle für Zeitungswesen. An der neuen Handelshochschule zu Berlin sollen sowohl öffentliche Vorlesungen wie auch Seminarübungen über„Preßgewerbe", das heißt über Zeitungs- mid Buchhandeiswesen veranstaltet werden.— — Das Testament Ferdinand von SaarS enthält an erster Stelle die Bestimmung, daß der Wiener Zweigvereiii der Deutschen Schiller-Stiftung der Erbe von Saars literarischem Eigentum wird.— —„Kammerspielabende des Deutschen Theaters ." Unter diesem Titel will Max Reinhard die künstlerischen Vor- führungen auf seinem neuen, noch zu erbauenden„Kleinen Theater" zusammenfassen.— — Ein Asyl für greise und invalide Bühnen- k r ä f t e hat der Pariser Schauspieler C o q u e l i n gegründet.— — Der Maler Eduard Ritschl, starb, 84 Jahre alt, in — Der Prager Kapellmeister Leo Blech ist ans Ber - liner Opernhaus engagiert worden.— — Die größte Talsperre derWelt, die sogar die neuen Niltalsperren in den Schatten stellen soll, wird in Arizona gebaut. Die Talsperre, die durch den Tontofluß und den Salt-River gespeist werden wird, soll zur Bewässerung des im natürlichen Zu- stände öden und unfruchtbaren TaleS des Salt-River dienen. Sie befindet sich 66 englische Meilen nördlich der Stadt Phönix und wird ein Wasserbecken schaffen, dessen mittlere Breite etwa 6,6, dessen Länge ungefähr 30 Kilometer beträgt.— — Die fleißige Kuh. Eine der Landwirtschaftsschule Plantahof bei Lauquart sGraubünden) gehörende Kuh hat während der 4337 Tage ihrer Nutzungszeit Milch im Werte von 12 036 Frank geliefert. Daneben brachte sie noch 12 Kälber zur Welt.— Kerantwortl. Nedaktcur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanstaltPaul Singer LeCo., Berlin LlV.
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23 (27.7.1906) 143
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