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ie er nun aber fah, was die Quis für ein strenges Ge-[ dringenden Stadtgebräuchen. Darum auch dies urgefunde Sich­ficht machte, als sie von seiner Faulheit hörte, erkannte er, daß er's falsch angefangen habe, um sich ihr Mitleid zu ge­winnen, und er überlegte, wie er das Gespräch zu seinem Vorteil lenfen könne.

Was tust De denn de ganze Tag, wenn De nit schaffe gehst?" fragte die Luis streng. Es war ihr durch den Sinn gefahren, daß der Christian den Peter einmal einen lieder­lichen Kerl genannt hatte, und sie war bereit, die Aussage zu bestätigen.

Ich, ach Gott, es is mer halt nit gut heut," sagte der Peter, und ich muß eso schwer schaffe, dadrum bin ich nit

gegange...!"

Aber ich mein

..!"

,, Und weißt," fuhr der Bursche fort ,,, wenn mer auch eso gezwunge wird zu irgend ere Arbeit, für die mer kein Zust und kein Geschick hat...

Ja, wenn ich was hätt lerne dürfe wie der August und euer Chrischan, aber für mich hat niemand was getan! Wir hat niemand geholfe! Wenn es Paula en Mädel wär wie Du! Aber die," er ballte die Faust, die hat gesagt: er soll verdiene gehn, damit er en feines Lebe führe fann! Und meinst Du, die ging schaffe, wenn se sich von ihrem Geld nit all den Staat kaufe dürft?

,, Aber auch wenn's Paula für mich gered hätt, es hätt ja doch niemand was für mich getan, weil ich das liederlich Weibsbild von Mutter hab! Hast De se eigentlich einmal gesehen, drübe in Mannheim ? Sie soll Hemde mit handbreite Spize trage und seidene Unterröck und Hüt, wo die billigste dreißig Mark koste!"

Abfinden mit Entwidelungsnotwendigkeiten, die manche Eigene schaften abschleifen. Das Persönliche behauptet sich schließlich doch. Darum spielen sie hier eine Rolle, darum gehen sie auf im Ganzen Dieses naive, kräftige Selbständigkeitsgefühl haben auch die Künstler. und fügen sich dem Rahmen der Allgemeinheit passend ein. Der erste Eindruck bei einer schnellen Wanderung durch die Säle ist der, daß man hier einer Harmonie im Ganzen gegenüber­steht, die sich immer da zeigt, wo Persönliches im Einverständnis mit Natur und Umgebung tätig wirft. Das ist hier der Fall. Jeder weiß, was er will; seht es durch, erzieht sich selbst, entfernt das Uebertreibende, setzt das Gute ins rechte Licht. Nichts Un­Das sind alles Leute, die auf eigenen Füßen stehen. Man sieht das geschicktes, Protiges, Leichtfertiges, und kein Ausstellungsblender. zum Beispiel, wenn man im Vergleich zu dem obengenannten Ber­ liner Maler Hübner den Münchener Maler Th. Hummel nennt, der sich eine Zeitlang in Berlin aufhielt, und Berliner Gegenden malte. So z. B. den Hafenplatz! Wie ist das alles fein gesehen und eigen gemalt. Sonniges Licht liegt zart über dem Wasser und den Schiffen, überall eine zarte Zurüdhaltung in den Tönen. Man wünscht, daß Berlin endlich mehr solche Künstler haben möge, die Künstlers Mädchen" zeigt ein Kinderbild, das durch die schöne das Chrakteristische so sicher sehen und wiedergeben. Desselben Harmonie von Grau und Grün( das letztere dominiert) auffällt.

Unter den markanten Persönlichkeiten ist Stud für München der Matador, der auch diesmal wieder sich gebührend in den Vorder­grund stellt. Er hat entschieden gegen die letzten Jahre sich ge­bessert. Das Kraftproßende tritt nicht so ungebührlich in den Vordergrund. Die dekorativen Werte der Stuckschen Begabung treten beffer heraus. Stud müßte die Wände bemalen, Mosaiten entwerfen. Das glühende Leben seiner Farben, das tiefe Rot, das traster. dekorativen Wert. Zudem käme das Refolut- Bewußte in intensive Blau, dazu das grünliche Weißgrau haben in ihren Kon­Studs Talent dadurch besser an die richtige Stelle als in den Del­bildern, die oft eine übertriebene Formensprache reden. Der hintereinander schreiten, ist ein kraftvolles Wert. Auch Stuck opfert dem nachgerade langweiligen Salomekult. Der weibliche Alt vor dem weißgrauen Hintergrund ist wenigstens mit Verbe gemalt. Gigenartiger ist das" Bacchanal", eine ältere Arbeit, die zwischen in bunten Farben sichtbar wird, das im Tanz sich verschlingt. Auch Säulen tiefblauen Himmel zeigt, während unten Menschengewühl das Profilbildnis, das einen weiblichen Kopf scharf herausgearbeitet von schwarzem Hintergrund zwischen fleinen Säulen zeigt, ist eine entschiedene Talentprobe.

Ueber die Quis kam das Mitleid. Sie dachte an ein Wort Lätitias. Man dürfe die Menschen nie ganz ber- Frühling" mit den bewegten Phantasiegestalten, die im Reigen urteilen, hatte sie gesagt, man müsse immer bedenken, in wie­weit die Verhältnisse, unter denen sie aufgewachsen, die Ursache ihrer Fehler seien.

Und sie bat im stillen, der liebe Gott möge ihr das Un­recht verzeihen, das sie dem Peter zugefügt, als sie so schlecht von ihm gedacht habe.

"

Sie nickte dem Peter zu. Es is ja traurig," sagte fie, ,, aber weißt, mer muß sich dann halt als schicke, wenn einem auch nit grad immer alles recht es!"

Schicke!" rief der Peter, ich mag mich nit schicke, und ich möcht wiffe, warum's andere immer besser habe solle wie ich!"

,, Ach geh, denk doch, wenn's uns hier als emal auch schlecht geht, dafür haben mer's im Himmel um so beffer," sagte die Luis.

Im Himmel," höhnte der Peter. Im Himmel, hahaha! Glaub an de Himmel wer will, ich nit! Es gibt gar fein Himmel, damit wollen uns die Pfaffe nure vertröste, mer weiß es ja!"

iFortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Münchener Kunftausstellungen

1906.

I. Die Sezession.

Während die ältere Malergeneration in Berlin und München sich in ihrer Erscheinungsart einander annähert, so daß die Aus­stellungen in Berlin( Lehrter Bahnhof ) und im Glaspalast ( München ) sich im wesentlichen gleichen, wenn auch für München das Niveau ein höheres ist, so trennen sich Berliner und Münchener Sezession in ihrem Grundcharakter vollständig. Die Berliner haben etwas Akademisches, Angelerntes; fie schöpfen nicht aus der Fülle ihrer Eigenart. Sie sehen sich um, wo es etwas gibt, das Vorbild sein könnte. Dies Vorbild ist Parie und die französischen Maler. Die Münchener haben eine Tradition, eine Eigenart, die ist ihr ficherer Führer. Es ist lehrreich, die Berliner Maler mit ihren Werken hier zu sehen, etwa Hübner, der mit seinen märkischen Landschaften einen durchaus fremden, angelernten Eindruck macht. Die Frische fehlt. Es ist dies nichts Zufälliges. Was Münchens Bevölkerung eigen ist, dieser Grund des Bäuerlichen, das Eigene, Selbstsichere, das überall in seinen Handlungen, in seinem Ver­halten zur Obrigkeit zum Ausdruck kommt, das erhalten auch die Maler, die hier leben. München hat noch Verbindung mit dem Lande; es rekrutiert sich aus dem Bauernvolk; darum die Eigenart in Sitten und Gebräuchen, das Standhalten nenenüber den ein­

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Der Saal, der Stud gehört, ist auch als Raum bemerkenswert. Er ist als Rotunde gestaltet, in Grau gehalten. Stucksche Farben tommen auf diesem neutralen Hintergrund gut zur Wirkung. Geschickt sind zum Füllen der übrigbleibenden Wandflächen Bilder Studschen Bilder ins beste Licht sehen. Da sind die minutiös ge fleinsten Formats gewählt, die das Großzügig- Dekorative der malten Bildchen Moderne Damen ", von Keller, ein Zyklus, den sich die Modezeitungen merken sollten. Die Pose ist füßlich. Wie man gleiche Aufgaben geschmackvoll löst, zeigt Borchardt, der aus solchen Motiven Interieurs von feiner, intimer Wirkung macht. Dann hängen hier noch die blaß verschwimmenden und doch mit feiner Empfindung für die Form einer Erscheinung gemalten Bilder des verstorbenen französischen Malers Carrière( Paris ); namentlich die " Leserin", die sich müde auf den Arm aufstüßt, ist fein in der leisen Betonung des Unentschiedenen, das alle Partien des Gesichts ver­hüllt. Bedeutungsvoll tritt hier noch Ni Bl hervor, dessen malerisches Sehen augenscheinlich durch die Beschäftigung mit den mehr deko­rativen Aufgaben des Kunstgewerbes Kraft gewonnen hat. Er ent­wickelt sich seit einigen Jahren immer entschiedener. Am besten ist hier ein Stilleben, ein altes, gotisches Holzrelief, das vom Licht getroffen wird.( Schon das Absehen von den üblichen Stilleben­stoffen, Aepfeln, Krügen und dergleichen ist lobenswert.) Die bunten Partien der Bemalung treten lebhaft heraus. Apart ist das ausgedrückt, der tote Gegenstand ist dadurch voller Leben; der dekorative Wert des Motivs tritt in den Vordergrund.

Neben Stuck ist Samberger zu nennen, der allmählich die Stelle Lenbachs einzunehmen scheint. Das Temperament ist auch ähnlich. Schwärzliche und bräunliche Töne, das Geficht hell heraus­gearbeitet, mit scharfer Betonung des Momentanen. Auch bei Samberger meldet sich schon eine Manier, wie bei Lenbach, dem er in der technischen Art ähnelt, an Kraft des Charakters in der Er­fassung der Persönlichkeit aber überlegen ist.

Einen eigenen, tleinen Saal erhielt Hodler ( Schweiz ), von dem Sachen hier zu sehen sind, die schon voriges Jahr in Berlin waren. Das Helle, Farbige tritt speziell hier, wo durchaus dunkle Tönung bevorzugt ist, in den Vordergrund. Es ist bezeichnend, daß Hodler den Platz bei dem Saal der Plastiken erhielt. Das Starre, Plastische seiner dekorativen Gestalten rückt seine Art der Plastik nahe.

Sehr enttäuscht diesmal Jank, dessen Temperament nachzu­lassen scheint. Er hat ein großes Bild einer Reiterin ausgestellt, das durch seinen flauen Ton geradezu überrascht. Das Pferd ist puppig und trotz des Galoppierens unbewegt. Die Farbengebung ist schematisch. Unglaublich flach ist die äußerliche Pose, das Schwungvolle, das doch ohne Leben ist.

Als eine eigene Persönlichkeit zeigt sich Hölzel( Stutt­ gart ), dessen Landschaften mit Figuren durch ihre eigentümlich stille