Farbigkeit, in der das Grau borherrscht, auffaltet Sie haben durch die Sorgfältigkeit der Arbeit eine große Form erhalten, die mit ruhiger Schönheit wirkt. Man ist überzeugt, daß man diese Bilder lange sehen kann. Mit Geschick verwendet Holzel beinahe neo- impressionistische Technik, indem er Strichelchen neben Strichelchen setzt und den ganzen ruhigen Eindruck im Auge behält. Das Einzelne tritt dahinter zurück. Selbst ganz einfachen Naturabschriften, wie sie die Land- schaft darstellt, verleihen diese Künstler Eigenart und Lröße. Sie holen etwas heraus, das im Gegensatz zu den Berlinern gerade nicht den Moment, das Flüchtige betont, sondern den Eindruck als Bleibendes formuliert, sie haben Stil. Man kann speziell in der Landschaft, die ja in München   bc- sonders gepflegt wird, alle Stadien durchlaufen, von der einfachen Abschrift bis zum Dekorativen. Immer betonen die Münchener die breiten, malerischen Gegensätze, das Grün der Wiesen, das Rot der Dächer und darüber hoch und weit der blaue Himmel. Die Frische der Anschauung wird jeder empfinden, der diese Arbeiten mit anderen vergleicht. Rich. Kaiser malt die Umgebung von München   in diesem Sinne, Vinnen führt uns nach Norddeutschland, er malt die tiefen Farben des Moorlandes bei Hamburg  ; weicher sind die Töne und Farben bei KalckreuthS Landschaften(ent- sprechend der Gegend, Schwaben  ); Stadler malt so minutiös wie die alten, deutschen Maler; plastisch große Form prägt Dill in seinen Dachauer Bildern. An Trübner erinnern die mit Vor- liebe breites Grün verwendenden Gebirgslandschaften von Lamm, die dekorativ wirken; wenig Farben gibt Moll, dessen Landschaften dadurch apart wirken, besonders fein der Wald mit den hohen, grauen Stämmen, über denen das Licht abendlich hellweiß erstrahlt. Stimmungsvoll ist die Dorfstratze deZ Worpsweder Malers Over­beck, in der die Häuschen rötlich, grau und violett schimmern. Erodel löst die Formen in ein dunstiges Spiel von Farben auf; er bevorzugt daher Abendstimmungcn. Dekorativ zart wirkt das Aquarell von Becker, hellgrüne Wiesen mit blühenden Obst- bäumen in blassen Farben, Frühlingsstimmung. So kommt überall das Eharakteristische der Landschaft oder der Beleuchtung bei den einzelnen Arbeiten zur Betonung. Ganz ins Dekorative geht Riemerschmicd mit dem BildeBadendes Weib", die Farben sind grün, rot, gelb, die Art erinnert in der genauen Ausarbeitung an Strathmann. Dann hat das T i e r b i l d hier immer zahlreiche Vertreter. Zügel steht obenan; die beste Arbeit ist die, aus der zwei Kühe aus Hellem Boden stehen und das Licht beinahe blau aus der schwarzen Kuh liegt. Sonnig wirkt das BildIm Stall" von Schramm, eine Reihe Kuhköpfe beim Futter, die Magd geht vorbei. Prächtig wirkt auch dieMittagszeit" von Junghanns(Düffel- dcrs), wo das Licht voll auf die Tiere fällt. Zwei kleinere Säle geben einen interessanten Ueberblick über die Münchener   Graphik, die sehr vielseitig ist, und rastlos neuen, technischen Problemen nachgeht. Die Graphik und Illustration ist ja, soweit sie modern sein will, fast ganz auf München   angewiesen. Die entscheidenden Anregungen gehen von hier aus. Frisch und eigen wirken die Blätter. N c u e n b o r n ist hier als geschickter Tierzcichner zu nennen, der die Tiere dekorativ verwendet. Nament- lich das große TemperagemäldeJabirus", die in ihrem weißen Federschmuck und den breiten, schwarzen Schnäbeln so grotesk bei einander stehen wie alte Stadtväter hat kräftige Eigenart. In der Plastik überwiegt entschieden das Porträt, und zwar das realistisch getreue Porträt. Eine ganze Reihe guter Arbeiten sind hier ausgestellt. Stilistisch am eigensten wirken die kleinen Gruppen von Mindc(Belgien  ). Er behandelt den Körper ganz individuell, bevorzugt das kleine Format und holt so einen Stil heraus, der an die spröde Gothik erinnert. Seine Gestalten sind voll innerer Ekstase, die Spuren der Arbeit und des Schmerzes sind ihnen ausgeprägt. Das Ausland ist in den beiden letzten Sälen vertreten. Nicht günstig. Gar nichts Sezessionistisches haftet ihren Bildern an. Sie könnten ebensogut im Glaspalast bei den Alten hängen. Es find Franzosen, Engländer und Schotten, ein Däne, ein Russe. Die Franzosen enttäuschen. B e s n a r d galt uns früher als ein Künstler von Eigenart. Nun zeigt es sich hier, daß er ein eitler Poseur ist, der den ärgsten Kitsch nicht scheut. Sein theatralisches, flau gemaltes Bildnis des Pros. Sauer mit der weltentrückten Pianistenpose ist übel. Gräßlich platt, ein französischer Kiesel, ist G a n d a r a, der ein Gruppenbild malt, das im Ehrensaal der Großen Berliner   Ausstellung hängen könnte. Das BildZwiegespräch der Tiere", das als Titelbild Verwendung finden soll, und ent- gegen dem Titel eine süßliche Dame zeigt, während die Tiere als Nebensache in der Ecke kauern, könnte jedem Familicnblatt zur Ehre gereichen. Besser, aber auch ini ganzen flau, ist der französierte Engländer H a r r i s o n mit einem Meerstück von zarter, aber schon etwas schwächlicher Stimmung. Wie kräftig wirkt da- gegen C. G r e t h c, der in seinen Bildern vom Hamburger Hafen  dasselbe zarte, silberige, atmosphärische Spiel, das alle Dinge dunstig umhüllt, gibt, aber dabei viel entschiedener bleibt. Die Ehre der französischen   Malerei rettet C o t t e t nnt ein paar kleinen Stücken, Bildern des eigenartigen Städtchens Pont-en-Royans, das sich auf einem Felsen aufbaut. Die Häuser kleben wie Nester am Stein. Die Gleichfarbigkeit von Haus und Stein gibt dem Ganzen etwas Düster-Nomantisches, es sieht anS wie ein Raub- nest oder wie ein Schlupsivinkel Verfolgter. Wie sind diese Bilder gezeichnet! Kraftvoll, jeder Strich hat Charakter. Ganz eigen ist inimer die Beleuchtung mit dem fahlen, bräunlichen Rot und Grau, dem das Grün der Landschaft ganz fehlt. Man muß diese Bilder fast als die besten Arbeiten der ganzen Ausstellung bezeichnen. Die Engländer und Schotten gefallen fast immer wegen ihrer künstlerisch-geschmackvollen Haltung. Sie haben Kultur im Leibe. Die LandschaftWinter in Holland  " von D e k k c r t(Glasgow  ) reduziert den malerischen Eindruck auf ganz wenig Kontraste, die nur zart betont sind. Schöne und bunte Flächen in' leicht zerfließenden Farben. Beinahe kindlich primitiv ist die Landschaft von Paterson (Edinburgh  ), eine Schafherde aus hellgrüner Wiese. Kräftiger ist dieWetterwolke" von Priest mann(London  ), der die Landschaft kontrastreicher, namentlich mit Betonung des Grün, gibt. Dagegen ist diePolyhymnia" des vielgerühmten L a v e r y(London  ), des Damen-Modemalers, so voll Pose und Sentimentalität, daß diese sich schmachtend an den Flügel lehnende Dame unausstehlich wirkt. Sehr einfach, beinahe simpel zeigt sich der Däne A ch e n, dessen BildInterieur eines Schlosses" in seinen blassen blauen und grauen Farben an das bekannte blaßgraue Kopenhagener Porzellan erinnert. Der LandschaftIm Park" von G o I o v k o f f(Odessa  ), die flüssig und geschickt gemalt ist, würde niemand etwas Russisches oder auch nur Fremdländisch- Eigenartiges anmerken. Es fehlt dem Bilde der Charakter, die Eigenart, die wir bei fremden Küusileri verlangen. E r n st Schur. kleines feuilleton. ei. g. Elitetag im Zoo. Ein wundervoller Sommerabend liegt über dem großen Zoologischen Garten. Noch ist die Nacht nicht ganz hereingebrochen, ein weiß dämmernder Abendhimmel spiegelt sich in den Seen und Teichen, dennoch brennt schon das elektrische Licht. Durch die blaßgrünen Wipfel der alten Bäume schimmern die Kugellampen wie große weiße Monde hervor. Wir sitzen an der Lästerallee. An uns vorüber flutet die Menge in dichtgeschlossenen Reihen auf und ab ab und auf; wie eine endlos sich windende Schlange zieht dieser bunte Menschenstrom zwischen den beiden Musikhallen hin und her. Die Musik spielt wiegende, lockende Weisen, die Gläser klirren an den engbesetzten Tischen und ein Gesurr von Hunderten, nein, von Tausenden von lachenden, plaudernden, fröhlichen Stimmen schwirrt um uns her. Und alles atmet Freude, Leben, Licht. Diese weiche Musik, dieser köstlich frische Abendwind, der vom Wasser her eine leichte Kühle mitbringt, dieses ganze Durcheinander von Genutz, Reichtum und Glanz, es legt sich auf die Sinne und schmeichelt sich ins Herz. Und die Schritte der Frauen werden rascher, wiegender und ihre Augen leuchten heller, ihre seidenen Röcke rascheln und knistern. Wundervolle Toiletten gleiten an uns vorüber, es ist ja Elite» tag Elitetag und zwar für dasElitepublikum" aus Berlin   W. Reichtum und Luxus haben sich hier zusammengefunden. Die große schlanke Dame dort drüben mit welch' erhabener Nonchalance sie die prachtvolle Spitzenschleppe über den Garteukies schleifen läßt Hunderle von Mark im Staub.   Und die schlanke Blondine hier: sie trägt eine rosa Chiffonbluse, einGedicht" aus Falten, Rüschen und Spitzen, köstliche, allerseinste Arbeit. Und diese langen wallenden Abendmäntel! In allen Farben tauchen sie auf, vom zartesten Creme bis zum leuchtenden Rot, köstlich feines Tuch, bestickt mit Perlen, mit bunten Steinen und zarter Seide. Und diese Hüte, die wie ein Traum auf den braunen, blonden und schwarzen Locken schweben, diese Hüte, auf denen lebende Blumen blühen oder sind sie nicht lebend? Sind sie nur ge- macht? Wer kann unterscheiden, wo hier die Natur der Hand des Künstlers wich? Und was man sonst noch zu sehen bekommt an tausend bunten Niedlichkeiten! Kostbare Täschchen aus Silber oder feinen Stoffen mit edelstcinbesetzten Bügeln, funkelnden Schmuck, bunte Swals, wehende Schleier, Spitzenschirme, von denen niancher ein Vermögen repräsentiert. Reichtum, Schönheit, Genuß und Glanz ach, es ist doch eine Lust zu leben I Der wandelnde Menschensirom kommt für einen Augenblick ins Stocken. Vor mir steht eine junge Dame in einem spimrewebfcincn Seidenkleid; ein breiter Gürtel spannt sich um ihre schlanke Taille, ein roter Samtgürtel mit Stahlperlen besetzt. Diese Gürtel sind sehr teuer. Die Perlen flimmern hell im elektrischen Licht. Ich muß immer auf diese Perlen sehen. Warum? Vielleicht weil sie s» regelmäßig gesetzt sind, so ganz genau abgepaßt; es muß eine müh- faire Arbeit sein, diese kleinen seinen Perlen auf dünne Nadeln zu spießen und dann in so genauen Abständen aufzunähen. Und plötzlich sehe ich über dem roten Gürtel eine Hand, die diese Arbeit macht. Und über die Hand beugt sich ein Gesicht, ein schmale?, ab- aehärmteS Frauengesicht: müde, schwache Augen suchen mit der seinen Nadel die ivinzigcn Perlen. Müde, schwache Augen, die sich so gerne schließen möchten unV doch nicht schließen dürfen, weil sonst kein Brot im Hause ist. Die Arbeit wird so schlecht bezahlt!" Wer hat eS gejagt? Wer seufzte hier?