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Betriebszeit über den Sumpf freuz und quer. Zur Bepflanzung I solcher Flächen nimmt man Ableger alter Kronsbeerpflanzen, die im nassen Grunde sehr leicht anwachsen. Nachdem man das Un­fraut tief abgemäht hat, lockert man mit passenden Geräten die Grasnarbe und legt die Stecklinge im Abstand von etwa 15 Benti­meter hinein. Dann überläßt man die Pflanzung sich selbst; nur wenn Rohrkolben und Riedgräser zu hoch wachsen und die Krons­beeren zu erstiden drohen, fährt man darüber mit einer Walze hinweg. Die elastischen Zweige der Kronsbeere widerstehen dem Drucke und erheben sich bald über das schädigende Unkraut. Diese Anlagen müssen aber bewässert werden können. Im Oktober werden sie völlig überschwemmt und erst Mitte Mai wird das Wasser abgelassen; auf diese Weise bewahrt man die Pflanzen vor Ausfrieren im Winter und vor den besonders gefährlichen Früh jahrsfrösten. Im Herbst erscheinen Scharen von Pflückern in den Sümpfen, die im Akkord die Beeren sammeln. Diese werden in Fässern und Kisten verpackt und weiter transportiert. Man kennt verschiedene Arten mit runden und glodenförmigen Beeren, je größer aber die Frucht und je röter fie gefärbt ist, desto besser wird fie bezahlt.

Vergleicht man objektiv den Geschmad der amerikanischen Cranberry mit dem unserer heimischen Waldpreißelbeere, so muß man zugeben, daß die unsrige viel würziger und feiner mundet. In manchen Gegenden, in denen der Segen an Preißelbeeren sehr reich ist, pflegt man aus dieser Frucht einen besonderen Brannt­wein zu destillieren. Man zerquetscht die Beeren, vermischt sie zur Hälfte mit Zuderwasser, läßt die Masse gären und destilliert sie ab. Heute ist jedoch diese Art der Produktion der Hausliköre nur noch äußerst selten. Die Bedeutung der Preißelbeere liegt auch nicht auf diesem Gebiet; ebenso sind die Versuche, aus ihr Wein zu bereiten, nicht besonders ermutigend. Weit wichtiger ist die Ver­wendung des rohen unvergorenen Saftes zu erfrischenden Ge­tränken. Dant seinem reichen Gehalt an Zitronensäure eignet er fich nicht übel zu Limonaden; so sollte er auch bei der Fabrikation alkoholfreier Getränke mehr Berüdsichtigung finden.

In früheren Zeiten war die Verwendung der Preißelbeere vielseitiger. Man rühmte nicht allein den Früchten bluterneuernde Eigenschaften nach, auch die gerbstoffhaltigen Blätter galten als Heilmittel gegen allerlei Beschwerden, namentlich die jungen Frühlingstriebe wurden gesammelt und zum Tee getrocknet. Längst find die Zeiten dahin, wo die Pflanze im Kleinen auch zum Gerben gebraucht wurde, oder wo man die Blätter mit Eisen­vitriol tochte, um Wolle grünlich- schwarz, oder auch mit Zusatz von Alaun Wolle und Leinen feurig- gelb zu färben.

Sehen wir jedoch einmal ab von dem Nützlichen, betrachten wir die Pflanze von dem idealeren Standpunkte des Natur­freundes. Da finden wir manches Interessante. Bietet sie nicht im Spätfrühling einen erfreuenden Anblick, wenn ihre niedrigen Ranken sich mit den weißen und rosaroten Glockenblümlein schmücken? Nicht alle wissen, daß diese Blüten, wenn auch schwach, so doch angenehm duften. Es beugen sich ja nicht viele zu der unscheinbaren fleinen Pflanze herab. Wer da aber ihr immer­grünes Blättchen betrachtet, der findet, daß es auf der Unterseite mit braunen Tüpfeln bedeckt ist. Betrachtet er diese mit einem Vergrößerungsglas, so erkennt er in den Flecken Kleine Grübchen, die in der Mitte mit Saugzäpfchen versehen sind. Mit diesen Or­ganen schlürft die oft auf trockenem Boden wachsende Pflanze die Regen- und Tautropfen, die ihre Blätter neßen. Auf dem Moos­und Heideteppich des Waldes hat sie ja viele Konkurrenten und muß hart um ihr Dasein ringen. Mit welcher Ausdauer sie sich aber ein Plätzchen an der Sonnenseite zu sichern versteht, davon Fönnen wir auch erzählen. Da steht ein Baumstumpf im Walde, bor   Jahren hat man hier den Stamm abgesägt; auf der Fläche des Stumpfes grünen heute frisch und munter dichte Büschel der Preißelbeeren, geschmückt mit den roten Früchten. Wir denken zunächst, durch Zufall seien hier Samen gefallen und im morschen Holze gewurzelt; aber wenn wir diese Pflänzchen näher unter­fuchen, Schicht für Schicht von dem Holze bloßlegen, so merken wir, daß Ausläufer von Breißelbeeren, die am Fuße des Baum­stammes wachsen, in das Holz gedrungen sind und allmählich durch die bis einem halben Meter dicke Schicht den Weg zum Lichte sich gebahnt haben. Und das so schwer Errungene sucht die kleine Bflange nach Kräften zu erhalten. Sie will nicht zur Weide des Waldgetiers werden; ihre Blätter füllt sie deshalb mit herbstem Gerbstoff, panzert sie mit lederharter, so schwer verdaulicher Hülle, daß die Tiere selbst in harter Wintersnot das immergrüne Ge­wächs unberührt lassen. Im frühen Herbst aber, da läßt die Breißelbeere ihre Früchte prangen; so auffällig wie nur möglich, in grellen Kontrastfarben, scharlachrot auf dunkelgrünem Blätter­grunde winken sie allen Näschern aus der Ferne. Da flattern die Bögel herbei, erlaben sich an ihnen, aber den Samen können sie nicht verdauen, fie tragen ihn weit im Walde umher und werden fo unbewußt au Mehrern des Reiches der Preiselbeeren. Und vielleicht ist die Zeit nicht mehr fern, daß der Mensch mit bewußter Absicht sich auch dieses Beerenobstes des Waldes annimmt, daß wie die Moosbeere auch unsere Preißelbeere in Kultur genommen C. Holstein.

werden wird.

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Kleines feuilleton.

Schneidig" und schnauzen"! Ueber diese beiden deutschen  Brachtwörter fagt Karl Böttcher   in seinem neuesten Buch Germania  im Ausland, Ungemütliche Wahrheiten"( Verlag von Paul Stößner, Gera  ) folgendes: Unsere geliebte Muttersprache erfreut sich vieler Wörter, die wegen ihres charakteristisch deutschen   Inhalts für manche fremde Sprachen unübersezbar sind. In diese Kategorie gehören die beiden wundersamen Wörter schneidig" und schnauzen".

Nachdem sich dies edle Brüderpaar besonders in gewissen deutschen   Offiziers- und Beamtenkreisen herumtummelte und überall gründlich abfärbte, ist es in seiner robusten Ursprünglichkeit nagel­Schuhig fogar über die Alpen   gestiegen und als unübersetzbar"" ins Italienische geschlüpft.

Der Italiener, dem die Aussprache des sch" Schwierigkeiten be reitet, sagt fneidit" und" fna- uzen". Ich erinnere mich, wie eir Römer mich bat, ich möchte ihm den tiefen Sinn von fneidik" unt fna- uzen" etwas plausibel machen.

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Schneidig!" Ein Bukett von amtlicher Rechthaberei, arroganter Ueberhebung, streberhafter Rücksichtslosigkeit, dummdreister, oft vor einem Monokel überblizter Beschränktheit, flottem Wagemut, der nicht vor der derbsten Blamage zurückschreckt, und wäre es eine Blamage vor der ganzen zivilisierten Welt! Hurra, nur stramm vorwärts! Schneidig, schneidig!... Direkt an das schneidig" schließt sich dann das schnauzen". Wenn die Wenn die Schneidigkeit allein nicht auskommt, nimmt sie das Schnauzen" zu Hülfe. Ver standen?" Der Jtaliener bewunderte kopfschüttelnd den gewaltigen Inhak der beiden Brachtwörter. Grandioso!"

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hl. Der Zufall als Erfinder. Die Erfindung des Kehlkopf­spiegels ist eigentlich einem Zufall zu verdanken. Ich dachte oft daran," so erzählte der fürzlich verstorbene Erfinder, Manuel Garcia  , ob es nicht möglich wäre, eine gesunde Stimmrize während des Singens zu sehen. Im Herbst des Jahres 1854 streifte ich im Palais Royal   umber, da sah ich plötzlich die beiden Spiegel des Laryngoskops in ihrer Stellung zueinander, als ob ich sie tats sächlich vor Augen hätte. Ich ging sofort zu Charrière, der chirurgische Instrumente anfertigte, und ließ mir einen Spiegel geben, wie ihn die Zahnärzte gebrauchen. Zu Hause stellte ich den Spiegel gegen das Zäpfchen und ließ mit einem Handspiegel einen Strahl des Sonnenlichtes auf seine Oberfläche fallen. Jah sah darauf die Stimmrike weit offen, ja, sogar ein Teil der Luftröhre lag deutlich sichtbar vor mir." Auch die Töpferkunst verdankt, wie eine englische Zeitschrift schreibt, dem Zufall viel. Als Simon Astbury während einer Reise im Jahre 1720 in Banbury   Halt machte, be merkte er, daß die Augen eines seiner Pferde sehr entzündet waren. Er befragte seinen Wirt um Rat, und dieser warf einen glühend roten Flintstein in einen Eimer Wasser, worauf sich der Flintstein in Pulver verwandelte, das er auf das entzündete Auge legte. Astbury hatte den Vorgang beobachtet und fand dadurch schließlich die Lösung eines Rätsels, das ihn lange beschäftigt hatte. Er vera schaffte sich eine Wagenladung Flintsteine, ließ sie erhitzen und pulberisieren und vermischte das Pulver mit Pfeifenton und Waffer; diese Mischung erhielt seinen Waren nach dem Brennen den so lange gesuchten weißen Glanz. Ebenso wurde der wesentliche Bestandteil des weißen Porzellans entdeckt. Eines Morgens, im Jahre 1703, bemerkte Johann Friedrich Böttger  , daß seine Berrücke ungewöhnlich schwer war. Auf Befragen erfuhr er von seinem Diener, daß er zum Budern eine besonders weiße Erde genommen hatte, die damals Böttger stellte zum Herrichten der Perrücken sehr beliebt war. Versuche damit an und entdeckte in der Erde Kaelin, das ihm bis dahin für seine Erzeugnisse gefehlt hatte. Der britische Gummi wurde durch ein Feuer entdeckt. Als 1821 die Stärkefabrik von Chapelizod bis auf den Grund niederbrannte, halfen einige Nattun­drucker beim Löschen des Feuers und waren dabei reichlich mit Stärke betropft worden, die das Wasser heruntergespielt hatte. Nachher wollten sie sich ihrer Kleider entledigen. Diese blieben aber am Körper fleben, als ob sie mit Leim gesättigt wären. Die Leute fehrten auf den Schauplatz des Unglüds zurüd und fanden auf dem Boden große Pfüßen einer flebrigen Maffe, die sich bei einem Versuch als ebenso gut wie der bisher in ihrem Gewerbe gebrauchte Gummi arabicum erwies. Sie verkauften schließlich ihr Geheimnis für eine kleine Summe; damit war der Anstoß zu der Erfindung wurde von den Kindern eines Holländer Brillenmachers Lippers­des jetzigen Klebstoffes für Briefmarken gegeben. Das Fernrohr heim entdeckt, die mit Gläsern ihres Vaters vor der Tür spielten. Sie schoben die Brillen hin und her und sahen plöblich einen fernen Kirchhofsturm, als ob er vor ihren Augen stände. Darauf riefen sie den Vater herbei, damit er auch den seltsamen Anblick genießen fonnte; auf Grund seines optischen Wiffens erkannte dieser sofort, was der Zufall ihm geboten hatte. Er konstruierte ein Fernrohr. das nach einigen Verbesserungen, die Galilei   daran vorgenommen hatte, eine Zeitlang als Wunder angeftaunt wurde. Ein Bristoler Bleiarbeiter Watts verdiente 200 000 Mart durch einen Traum. Er träumte nämlich, daß er beim Löten einer schadhaften Stelle auf dem Dache den Löffel mit dem geschmolzenen Metall auf die Straße fallen ließ. Als er hinuntereilte, um den Löffel zu holen, fand er,