-

666

ein qualvoller Ausdruck darin, dann... wenn der Christian das erfuhr, dann war's ja aus mit ihr und ihm! Aus? Das Grauen kroch ihr den Rücken hinab. Aus.! Sie lief wie im Schlaf. Ihre Gedanken schienen ihr Träume, es konnte doch nicht wahr sein, das, was sie da eben erlebt, das mußte ein Traum sein. Ein Traum mußte es sein, daß der Christian morgen, übermorgen erfuhr, wie sie ihn be­Logen und betrogen hatte. Sie brauchte sich nur die Augen zu reiben. Und sie tastete mit den Fingern über die Augen hin. Die Finger waren heiß und zitterten, ihre Augen waren offen! Sie träumte nicht?

-

( Nachdrud verboten.)

Der deutfche Künftlerbund

in Weimar .

Die erſte fand in München , die folgende in Berlin statt. Nun soll Es ist die dritte Ausstellung, die der Bund mun veranstaltet. die Proving erobert werden. Jedenfalls geschäftlich ein guter Ge­Die erste fand in München , die folgende in Berlin statt. Nun soll banke, da ganz jungfräuliches Gebiet damit erobert wird.

Es war vorauszusehen, daß dieser Posten nicht leicht zu be­haupten wäre. Daß die Weimaraner aber so energisch sich gegen das Eindringen der modernen Kunst zur Wehr sehen würden, hatte wohl niemand erwartet. Es war ein Kampf bis aufs Messer.

Wenn ich dem Chrischan auch schreiben tät? Aber sie war nicht geschickt im Federführen, und mit ihm reden? Hin- Infolgedessen ist es jezt nicht gut hausen in Weimar . Denn fahren? Am Mittag mußte ein Zug fahren, aber ob ich da man dort den eigentümlichen Sport betreibt, Skulpturen zu be dann um sieben Uhr... Herrgott, aber ich geh nit hin! besonders der Fremde leicht in unliebsamen Verdacht. Dieser etwas schädigen, Gemälde zu zerschneiden oder darauf zu frigeln, tommt Ich geh um sieben nit auf den Neptunplatz zu dem Kerl, der stürmische Ausdruck der Empfindungen macht sich eigentümlicher­mich behandelt wie ein Bich! Die ganze schmachvolle Beweise nur da bemerkbar, wo die Figuren so ungezogen sind, fich handlung, die ihr geworden, stand vor ihr! Hatte sie deshalb möglichst unangezogen zu zeigen. Doch Scherz beiseite- der bierzehn Tage gedarbt und gedarbt, sich wie das anständigste Ungezogene ist der Attentäter, dessen Tat eine Gemeinheit ist. Mädchen benommen, um schließlich Und ich geh nit hin! Vielleicht ist es der Streich eines dummen Jungen, vielleicht die Tat Nein, nein, ich geh nit hin! wiederholte sie in einem fort. eines eifernden Zeloten, wer weiß es. Vielleicht war es auch ein Ich fahr zum Christian! Sie wollte sich umwenden, den Weg Geistestranter. nach der Bahn einschlagen, aber unschlüssig blieb sie stehn.

Und wenn ich ihn nit überrede könnt! Es war ihr in den Sinn gekommen, wie viel sie eingestehen mußte. All ihre Meineide, all ihre falschen Schwüre! Ja, und wenn mich der Christian dann auch rausschmeißen tät, wenn er mich behandeln tät wie der Härter? Das Blut schoß ihr in die Stirn.

hinab.

-

-

-

doch

Und wenn ich- um sieben Ihr? Sie hatte einen üblen Geschmack auf der Zunge. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt, falte Schauer liefen ihren Rücken Ha, noch einmal, zum letztenmal, wollte sie mit ihm gehn, und dabei müßte er ihr schwören, schwören Sie faßte sich an die Stirn. Wer bürgte ihr, daß er nicht Meineide schwor, wie fie?! Ein grelles Lachen rang sich plöß­lich über ihre Lippen. Sie war im Walde. Sie rannte quer durch das Dickicht und warf sich jäh auf die Erde.

-

Sie riß ihren Hut vom Kopf und warf ihn von sich, und dann grub sie ihre Finger in das reiche Blond ihres Haares und zerrte und zerrte. Die Strähnen fielen ihr über die Augen und die Wangen, sie streiften ihren Mund, und ihre Lippen haschten danach, sie nahm eine Strähne zwischen die Zähne und zerrte und biß wütend darauf herum.

Ein Hund, ein Hund sei er, hab ich zu ihm gefagt... und ich... ich? Was bin ich denn? Härters Worte tamen ihr in den Sinn. Ein Frauenzimmer, wie Du, fann mich nicht beleidigen! Sie hörte ganz deutlich, wie er das Wort Frauenzimmer ausgesprochen hatte.

Sie vergrub die Hände unter dem raschelnden Laub und bohrte sie in die feuchte Erde.

Ihr ganzes wüstes Leben stand auf wider sie, all ihre Lügen, all ihr Betrug.

Pfui, pfui, über mich! Sie wälzte sich am Boden hin und her in Scham und Verzweiflung. Nach langer Zeit erst richtete sie sich auf. Was soll nun werden?" Ihre Augen waren stumpf, ausgebrannt, sie stützte den Kopf in die Hände, der Kopf war schwer und leer. Was nun?

Ein Aufseher will einen Offizier mit einem offenen Messer haben herumlaufen sehen. Dieser bestreitet das entschieden. So geschehen in der Stadt Goethes und Schillers im zwanzigsten Jahrhundert. Eine neue Art moderner Bilderstürmer. Statt nun aber im eigenen Kreise zu suchen, verdächtigen die Weimaraner die Zureisenden.

Der Besuch ist dadurch nicht ein künstlerischer Genuß. Die Ruhe fehlt. Die Diener laufen nervös herum, sie möchten am liebsten fragen: Sind Sie es? Schneiden Sie Bilder kaput? Und wenn Beamten um sich hört, die sich sofort heranpürschen, wenn man stehen man das immerwährende Getrippel und Getrappel der aufgeregten bleibt, und die wie ein Spion äugen, wenn man einen Bleistift

zieht, um sich Notizen zu machen, so möchte man am liebsten bes ruhigend versichern: Sie irren, mein Herr, ich bin nur ein un schuldiger Schriftsteller, der froh ist, wenn man ihn hier zufrieden läßt, da nämlich, um Kunst zu genießen, etwas Stimmung dazu gehört, die Sie mir, so nüßlich Ihre Funktion sein mag, nicht geben."

Die Ausstellung ist im Museum untergebracht. Wie stimmungs­los diese alten Muſeen alle angelegt find, das wissen wir. Sie find feine Stätten der Schönheit, sondern Arsenale für eine bureau­fratisch registrierende Wissenschaft. Infolgedessen hängen die Bilder recht trist da und es verlegt geradezu der Widerspruch zwischen modernem Bild und altem Raum. Insofern war also die Ueber­weisung des Museums als Ausstellungshalle ein schlechter Dienst. Es kommt fein reiner Genuß auf. Zudem sind die Bilder- und das wird eben mit den Räumlichkeiten des Baues zusammen­Die Räume find wie noch schlecht gehängt. hängen das meist bei diesen offiziellen Bauten ist: pomphafte Faffade und meist flein, entweder pavillonartig rund oder langgestreckt wie ein Flur, innen aber so schmal und eng, daß man nirgends zurücktreten kann. Für alte Bilder ist das nicht nötig. Für moderne Bilder, die meist auf weitere Wirkung angelegt sind, ist es eine Notwendigkeit. Darum müssen z. B. die modernen Galerien späterhin alle entsprechend groß, hell und licht angelegt werden. Moderne Bilder in fo engem Milieu aufhängen, heißt Unter diesen Umständen

-

schlechte Wände

-

ihre Wirkung zerstören. man der Kunst einen Dienst leisten wollte

wenn

gab es

nur zweierlei: Verzicht oder Neuanlage. Die Künstler, die die Jury dieser Ausstellung darstellen, müssen ein weites Gewiffen haben und fünstlerisch- dekorativ ohne jede Erfahrung sein. So ist 8. B. ein Trübner neben ein großes Fenster, das von der ohnehin dürftigen Wand noch so viel Raum wegnimmt, einfach totgehängt; man sieht neben demselben Licht, das durch das Fenster hereinströmt, nicht in ein Bild, sondern in ein dunkles Loch. Ebenso bedauerns wert ergeht es einer Landschaft von Volkmann( Karlsruhe ).

Der schwarze Waldsee kam ihr in die Erinnerung, es war ihr, als stünde sie am Ufer, so deutlich sah sie ihn vor sich, tiefschwarz und reglos, und dahinter die Buchen, zwischen deren schwarzen Stämmen die Nebel wandelten. Lautlos und langsam zogen sie hin und her, wie gleitende Geister; und über den Buchen am Abendhimmel ein roter Streif, bin erfolgt, das Eigenartige, Neue nicht so markant in den Vorder­deffen Widerschein sich wie Blut in die Tinte des Wassers mischte.

Die Sehnsucht nach dem stillen Wasser padte sie. Dort­hin... ah und alles vergessen...! Sich reinwaschen lassen von dem stillen Wasser...!

Aber da fühlte sie das Brausen ihres Blutes wieder. Es klopfte an ihren Schläfen. Es klopfte an ihrer Hand. War denn wirklich alles verloren? Ronnte der Härter nicht Wort halten? Mußte der Christian es unbedingt er­fahren? Und wenn ich ihn erst geheiratet hab, dann will ich ordentlich sein...! Ganz ordentlich! Sie stand auf, machte ihr Haar zurecht und ging langsam nach Hause.

( Bortfehung folgt.)

-

Außerdem ist die Auswahl der Bilder anscheinend schon darauf

grund zu rüden. Man meint einer Auswahl guter Bilder gegen überzustehen, die aber nicht sonderlich aufregen. Unter den Künstlern fehlen die Persönlichkeiten. Der Stempel der Mäßigung ist dem Ganzen aufgedrückt.

"

Infolgedessen sind auch die bekannten Künstler- eine Künstler­bund- Ausstellung soll doch gewissermaßen eine Sensation sein nur spärlich vertreten. Sie haben sich die Sache sehr leicht gemacht. Alte, bekannte Werke sieht man hier zum so und so vielten Male die Von Liebermann und Seilerbahn" wieder. den beides maßvolle und reife Schöpfungen. Fleischerladen", Von Stud die" Saharet ", deren effektvolle Bose abge standen wirkt. uhde schickt eine Hundefütterung", die die feinen Vorzüge des Malers, die schöne, graurofige Luft, die so leicht alle Farben umspielt, zeigt. Das ist alles, das sind die Großen, die flangvollen Namen. War es Absicht? Lohnte es nicht? Eine Ers flärung mag darin liegen, daß die Jury zur Hauptsache aus Nicht­Berlinern besteht. Dadurch überwiegt im ganzen der süddeutsche Eindruck, mit dem Hinneigen nach Südwestdeutschland , da auch München wenig vertreten ist. Auffallend viel Stuttgarter , Karls