Wirt im ganzen Jahre nicht auf. Wo etwas heruntergeholt ist,wird gleich wieder gegraben, gesät und gepflanzt; erfordert in derLandwirtschaft jede Kulturpflanze zur Erlangung ihrer Reife einganzes Jahr, mindestens einen Sommer und Herbst, so geht imGarten bei den Kulturgewächscn des Gemüse- und BlumengartensEntWickelung und Reife oft schon im Verlaufe weniger Wochen vorsich; zumal zur gegenwärtigen Jahreszeit gibt es nur wenige Ge-wüchse, die ein langes Stehen nicht vertragen können. Im Sommerschiebt's bald in allen Ecken und Enden, in den Spargelreihen,auf den Kohl« und Salatfeldern; das Gemüse wird dann wertlos,wenn es nicht zur rechten Zeit eingebracht und verarbeitet wird.Anders jetzt: die spät gesäten Kohlrabi werden nicht mehr holzig,spät gepflanztcr Salat bildet überhaupt keinen Kopf mehr. Wirsingund Rotkraut halten die Köpfe lange geschlossen, und so nimmt manimmer nur das in die Haushaltung, was man momentan braucht.Viele Gemüse können überhaupt bis in den November hinein imFreien bleiben. Im vorigen Winter habe ich versuchsweise Zwiebeln,Karotten, Kartoffeln, Rettige und Kohl unbedeckt den Winter überdraußen gelassen, nichts ist davon erfroren. Dieser Winter und seinVorgänger lvar aber ein ausnahmsweise milder Herr, und beistrenger Kälte wären alle diese Gemüse dem Frost zum Opfer ge-fallen. Das Einwintern hat aber Zeit, bis wirklicher Frost ein-tritt, und dann wird nur das eingewintert, was strenger Külte nichtstand hält, das sind Wirsingkohl und Blumenkohl, Karotten, Kops-salat und ähnliches. Wie diese Gemüse eingewintert werden müssen,darüber Ivollen wir im nächsten Winter sprechen, das hat jetzt nochZeit. Draußen im Freien hleiben unter allen Umständen Blätter-kohl, Rosenkohl, Spinat und Feldsalat. Ausnehmen müssen wirjetzt die Herbst- und Winterkartoffeln und zwar sobald das Krautim Absterben ist; wohl können sie länger im Boden bleiben, aberin nassen Jahren, überhaupt bei andauerndem Regen zeigen sie großeNeigung zur Fäulnis. Deshalb ist es geboten, sie bei Zeiten inSicherheit zu bringen. Ebenso verhält es sich mit den Wjnter-zwiebeln, auch diese müssen ausgenommen werde», sobald das Krautabstirbt. Man wählt möglichst trockene Witterung dazu und läßtdie ausgcnommenen, von aller Erde entblößten Zwiebeln, Ivenn keinRegen zu erwarten ist, einige Tage frei auf den Beeten liegen, damitsie abtrocknen, dann bindet man sie'zu Bündeln von lO— 12 Stückan den Blättcrresten zusammen und hängt sie zum Nachtrocknen inlustiger Kammer auf. Von den zwiebclartigcn Gewächsen ist nebendem bekannten Schnittlauch auch der eine gute Suppenwürze bildendeBreitlauch ganz winterhart und kann draußen bleiben. Nur einenkleinen Wintervorrat muß man sich frostfrei einschlagen,� denn wennder Boden steinhart gefroren ist, kann man Wurzelgemüse nicht aus-nehmen; in strengen Wintern wird es oft Mltte März, bis daswieder möglich ist.Auf den Blumenrabatten sieht es jetzt auch recht traurig aus.Die Sommerblumen find verblüht, es blühen nur Herbstastern undEdeldalien. Die oberirdischen Teile der letzteren fallen aber auchbereits dem ersten Nachtfrost zum Opfer, und dann ist es Zeit, dieempfindlichen Knollen auszunehmen und im Keller auf einer Sand-Unterlage zu überwintern. Im Zimmer lassen sie sich nicht über-wintern, sie leiden hier durch die Lusttrockenheit, schrumpfen zu-sammen und sterben ab. Tie Stauden sind mehrjährige Gewächse,sie werden nach dem Abblühen dicht über der Erde abgeschnitten.soweit sie nicht, wie Nelken, Weihnachtsrosen und andere immer-grünet Laübtverk haben.Die einjährigen Pflanzen sterben jetzt ab und wandern auf denKomposthaufen, sie tragen zu dessen Vermehrung bei. aber nichtviel zu seiner Verbesserung, denn Laub und Unkraut sind taub, sobehauptet wenigstens der Bauer, der damit sagen will, daß es. mitder Dungkraft dieser Abfälle nicht Iveit her sein kann. Wer des-halb praktisch zu wirtschaften glaubt, wenn er die Parzelle aus-schließlich Mit den eigenen Gartenabfällen düngt, der wird keine Er-träge erzielen.Der September ist die beste Zeit zum Pflanzen von Stauden;manches davon findet man bei den Nachbarn im Uebcrfluß undmancher wieder wird etwas haben, was der Nachbar nicht besitzt.So kann man denn gelegentlich durch Tauschgeschäfte eine reichereAusstattung der Parzellen bewerkstelligen. Außerdem ist es jetztbeste Zeit, nachdem die Blumenrabatten gedüngt und gegraben sind,dieselben gleich mit harten Gartensommerblumen, unter Umständenauch mit harten Gartenstauden zu besäen. Die Samen dieser Sie-wüchse trotzen dem stärksten Winterftost, sie keimen, jetzt gesät, imFrühling aus und entwickeln sich dann weit kräftiger als. die erstim Frühling gesäten. Vielfach ist es auch üblich, die ganz staub-feinen Samen, wie solche der Schlüsselblume und des Mohnes, nach-dem die dafür bestimmten Beete im Herbst gegraben wurden, imWinter recht weitläufig auf den frisch gefallenen Schnee zu streuen;sie heben sich auffällig von der lvcißcn Schneedecke ab, was dasgleichmäßige Ausstreuen erleichtert, dringen später mit dem schmel-zenden Schnee in das Erdreich ein und beginnen dann unter demEinfluß der Märzsonne freudig zu sprießen.—Max Hesdörffer.Kleines femlleton*'— Eine Balzac-Anekdote wird im„Figaro" erzählt: DerIrrenarzt Blanche, der ein großes Sanatorium leitete, hatte einesTages die berühmtesten Irrenärzte. Frankreichs zur Besichtigung.feines Instituts eingeladen. Nach der Besichtigung fand einfestliches Essen statt, zu welchem auch einige Patienten des DoktorsEinladungen erhalten hatten, und zwar solche Patienten, auf derenHeilung er stolz sein konnte. Als einziger nicht zur„Zunft" ge-höriger Gast wohnte Balzac, ein intimer Freund des Gastgebers,dem heiteren Mahle bei. Alles verlief in schönster Ordnung. DieEx-Jrrcn zeigten sich so vernünftig wie nur irgend ein noch nichtverückt gewordener Mensch: sie beteiligten sich lebhaft an der Unter-Haltung und benahmen sich so reizend, daß die Anwesenden nichtaus dem Staunen herauskamen. Die Perle der Tafel aber warBalzac, der mit seinen geistreichen„mots" sWitzworten) und mitseiner blendenden Untcrhaltungsgabe die ganze Tischgesellschaftbezauberte; er war wie immer bei solchen Gelegenheiten, etwasaufgeregt, und da ihm der gute Wein die Zunge gelöst hatte,setzte er seiner ungebundenen Fröhlichkeit keine Schranken. Alsman sich lange nach Mitternacht verabschiedete, machte einer derGäste Herrn Blanche sein Kompliment wegen des so prächtig ver-laufenen Abends.„Besonders aber, Herr Kollege," sagte er,„be-wundere ich die geradezu phänomenalen Ergebnisse Ihrer Methode.Sie haben uns hier Leute vorgeführt, die durch Sie so gründlichgeheilt worden sind, daß selbst ein geschulter Fachmann nicht aufden Gedanken gekommen wäre, es hier mit früheren Irren zutun zu haben. Nur einen sollten Sie nach meiner persönlichenAnsicht noch für längere Zeit einsperren und beobachten, weil er mirnoch nicht ganz normal zu sein scheint: ich meine den auf»feregten dicken Kerl, der bei Tisch neben Ihnenaß..." Der„aufgeregte dicke Kerl" war aber kein andererals Balzac.—Theater.Freie Volksbühne(im Berliner Theater):„DieKreuze! fchr eiber" von Ludwig Anzengruber. Aufsglücklichste ist das neue Spieljahr des zielsicher seine bewährtekünstlerische Führung behauptenden Vereins am letzten Sonntagdurch die vorgenannte Baucrnkomödie des größten BoltsdramatikerSeingeleitet worden. Durch wen anders wäre die Tendenz derFreien Volksbühne: Licht zu verbreiten, die Gemüter der Arbeiterfür den innigen Genuß aller wahren, reinen Kunst empfänglichzu machen und so das Werk der Erziehung zu höchster Freiheit anihnen zu vollenden, besser gerechtfertigt, als eben durch Anzen».gruber! War gerade doch er ein Kämpfer und Aufklärer von un-gewöhnlicher Art. Wie schreibt er doch einmal an Peter Rosegger:„Wenn wir, die wir uns cmporgerungen aus eigener Kraft, überdie Masse, heraus aus dem Volke, das doch all unsere Empfindungenund unser Denken grotzgesäugt hat, wenn wir, sage ich, zurück-blicken auf den Weg, den wir mühevoll steilauf geklettert— in diefreiere Lust, zurück auf all die tausend Zurückgebliebenen, da er-faßt uns eine Wehmut, denn wir, wir wissen zu gut, in all diesenHerzen schlummert, wenn auch unbewußt, derselbe Hang zu Lichtund Freiheit, dieselbe Äletterlust, dieselben, wenn auch ungelenkenKräfte." DieS Wort kann gewissermaßen als Motto über seinemSchaffen, wie über dem Aus- und Fortklang seiner Persönlichkeitstehen. Gewiß! Anzengruber ist ein„Tendenzdichter"— unddoch ein Großer im Reiche der Poesie, ohgleich er sie als Kampf,mittel verwendet. So ist denn auch seine„Kreuzelschrciber",Komödie ein Tendenzstück— freilich der reinsten Art, weil hierStoff und Kunst sich zu unlöslicher Einheit verbinden. Es maghierbei, was die äußerliche Zufälligkeit des Stofflichen angeht, anAristophanes' Satire„Lysistrata" erinnert sein. Ein satirischesStück sind nun aber die„Krcuzelschreiber" durchaus nicht, es wäredenn, daß Anzengruber nur die unsichtbar bleibenden pfäffischenMächte verspottet hätte. Wohl schimmert so etwas wie heimlichesBehagen an der Vereitelung der jesuitischen Bestrebungen durch;aber dominierend wirkt doch die Glorifizierung der ewig un-verrückbarcn Naturkräfte, die bei Anzengruber über die Absichteneinzelner menschlicher Individuen Sieger bleiben. Die beidenGeschlechter: Mann und Weib, sie können niemals über sich hinaus,das steht ewig fest, daran vermag keinerlei Einmischung, möge sienun von der Pfaffheit oder von der Staatsgewalt, oder sonst woherkommen, das geringste zu ändern. Betrachten wir die„Krcuzel-schreiber" als Drama an sich, so werden wir es nicht so sehr alsLustspiel, eher aber als großzügige Komödie mit tragischem Ein-schlag bezeichnen können. Man denke nur an den alten BreuningerkIm vollen Gegensatz zu diesem unterliegenden Typus steht derSteinklopferhans: er verkörpert, nicht wie jener die Verneinung,sondern die sonnenfreudige Bejahung des irdischen Daseins. Manmag manches an dem Stück zu bemängeln haben, beispielsweisedie Aufteilung der ganzen Handlung in einzelne szenische Vor-gänge, die dann allerdings immer wieder einen hochdramatischcnAnschluß an die bei der Aktion beteiligte Volksmasse finden. Aberhie köstliche Gestalt des Philosophen vom Steinbruch wirft überalles eine sonnige Verklärung.Natürlich liegt an der lebensvollen Verkörperung dieser Figuralles. Unwillkürlich wird man dabei an die unübertrefflichenLudwig Martinelli und Karl Langtammer denken müssen. Mitihnen will ich'Claudius Mertens aber auch gar nicht inParallele stellen. Es ist sein Steinklopferhans, und er gibt ihnecht in jeder Nuance, wozu eben der wurzelständige Dialekt gehört.Nicht bloß in dieser letzteren Hinsicht allein, sondern auch besondersdarstellerisch genommen, wird man sich fsir den gelben HofbauernAnton Huber und sein Weib Joscpha kaum geeignetere Vertreterwünschen, als Magnus Stift und Lilly von Helling es