Jt)ie er erklärt, unmöglich, sich längere Zeit an einem Orte aufzu-halten.—— zrcß-Lahl«. Ucber diesen wegen semer kaum glaublichenFrehsucht bekannt und sprichwörtlich gewordenen Mann teilt der„Dresdener Anzeiger" folgendes mit: Jakob Kahle wurde 167Lgeboren und lebte als Gärtner in Wittenberg; dort war er alsFrctz-Kahle eine allgemein bekannte Persönlichkeit. Er verschlangnicht nur eßbare Sachen in groben Mengen, sondern so ziemlichalles, was ihm unter die Hände kam. Als Beispiel für seinenguten Appetit und Magen sei erwähnt, daß er„auf einen Sitz"einmal 8 Schock Pflaumen mit den Kernen und ein andermal4 Motzen ls'rka 13 Liter) Kirschen, natürlich auch wieder mit denKernen, verzehrte. Als besondere Delikatesse schätzte er lebendigeRatten, Mäuse, Vögel, Raupen und anderes Getier. Es kam ihmauch nicht darauf an, gelegentlich die Speisen mit samt den„töpfernen Schüsseln und Tellern" zu vertilgen, und einmal soll ersogar ein blechernes Schreibzeug mit Tinte, Streusand, Federnund Federmesser„aufgefressen" haben, wie von vereideten Augen«zeugen bestätigt worden ist. Um seine Leistungsfähigkeit auf diesemGebiete auch noch einträglich zu gestallen, verzehrte er einmal vorversammeltem PiUilikum für Geld einen Dudelsack, und als erdann auf dessen Besitzer zuging, fürchtete dieser das Schicksal mitseinem Dudelsack teilen zu sollen, sprang aus Angst zum Fensterhinaus und ergriff die Flucht. Diese und ähnliche Streiche er-weckten bei dem gewöhnlichen Volk den Verdacht, daß der FrcF-Kahle vom bösen Geist besessen sei und von diesem bei„seinenUnternehmungen" unterstützt würde; Kahle mußte sich deshalb imJahre 1723 einer genauen Untersuchung unterwerfen, bei der auchsieben Zeugen eidlich vernommen worden sind, die aber im übrigenergebnislos endete. Als er 1757, fast 7g Jahre alt, starb, wurdeseine Leiche auf der Akademie in Wittenberg seziert und von einemStudenten zum Gegenstand einer Dissertation gemacht. Als Grab-schrist widmete man ihm folgendes Gedicht:„Wem decket diese Grufft? desjenigen GebeineDer, weil er hat gelebt, ein großer Fresser war,Sein eisenfester Zahn biß in die schärfsten Steine,Daß man die Zeichen sah; sein Schlung verschlang sogar,Was andern Ekel bringt, ihm waren Ratten, Mäuse,Ja! Raupen, Sand und Leim ein' angenehme Speise.Er schluckte alles ein, als wie ein Sckweiuc-Rüssel,Er fraß vor zehen Mann, und fraß noch oben drauf,Wenn man's verlangte, den Teller und die Schüssel,Das Salzfaß und den Krug, und auch das Glaß mit auf.Ja! einmahl fraß er gar(das Heisset mir ein Fressen),Ein blechern Schreibezeug mit samt dem Federmesser.Das war den Leuten fremd, drum hörte man sie sagen,Der Teufel frißt aus ihm, der steht mit ihm in BürrigDie Aerzte gaben vor: Es seh ein Hitzger Magen.Von dieser Freß-Begier: allein der wahre Grund,Doch viele glaubten's nicht. Er aber fraß indessenSo lange, bis der Tod ihn selber aufgefressen."—Hygienisches.— UeberdenSchlaskleinerKinder. Viele Müttersind sich unklar, wie lange die kleinen Kinder in den ersten Jahrenschlafen müssen. Dr. Cassel macht darüber in der„DeutschenMed. Wochenschrift" bemerkenswerte Ausführungen. Er schreibt:Es ist den Aerzten bekannt, daß' das Neugeborene nach dem erstenBade, falls es zweckmäßig versorgt ist und namentlich vor Ab-kühlung geschützt wird, gleich seiner erschöpften Mutter in Schlafverfällt, einige meckernde Töne pflegen ab und zu zu verraten,daß ein junger Erdenbürger in das Haus eingekehrt ist. DieserSchlaf wird in den ersten Lebenswochcn nur dann unterbrochen,wenn irgend welche unangenehme Gefühlsempfindungen, sei esKältegefühl. Nässegefühl, Hunger oder Durst und ähnliches mehrden Neugeborenen veranlassen, seine Stimme mehr oder wenigerlaut erschallen zu lassen. Ist der Beseitigung seiner UnlustgefühleRechnung getragen, so umfängt das Kind wiederum stundenlangerSchlaf, und so verschläft der gesunde Säugling das erste Viertel-jähr seines Lebens mit kurzen Unterbrechungen. Erst im zweitenQuartal, wenn die EntWickelung des Zentralnervensystems erheb-lichc Fortschritte gemacht hat, erfährt der Schlaf crwas längerePausen, in denen das Kind die äußeren Eindrücke schon lebhafterzu verarbeiten imstande ist. Längeres Wachsein ist aber erst imdritten und vierten Vierteljahr naturgemäß, wenn die geistigenTätigkeiten einen gewissen Grad erreicht haben, zu einer Zeit, woauch die Anwendung der willkürlichen Muskeln lebhafter und schonzielbewußter wird. Der Verstand hat angefangen sich zu ent-wickeln, das Kind sieht und hört mit Interesse, Neugier und Wiß-begicr, Teilnahme an den Vorgängen der Außenwelt sind bereitsfestzustellen, das Vorhandensein des Gedächtnisses verrät sich zurFreude der Ellern durch mancherlei Anzeichen, das Kind fängtan, immer deutlichere Beweise seines Auffassungsvermögens zuliefern, die Persönlichkeit, das„Ich" macht sich geltend. In dieserLcliensepochc. um die Jahreswende und noch später kann das Kindschon einige Stunden hintereinander ohne Anstrengung wachbleiben, obwohl noch immer der größte Teil der 24 Stunden einesTages dem Schlafe vorbehallea bleiben soll. Gegen Ende deszweiten Lebensjahres und vis in das vierte hinein ist noch immerein zwölfstündiger Nachtschlaf und am Tage ein anderthalb- biszweistündiger Schlaf ein dringendes Erfordernis.— Da tritt nundie Frage an uns heran: Wann soll denn das Kind aufhören, amTage zu schlafen? Gibt es auch darauf keine allgemein gültigeAntwort, so pflegt doch Cassel für gewöhnlich den Rat zu erteilen,daß bei Vorhandensein eines 12— 13stündigen guten Nachtschlafesein Kind im vierten Lebensjahre aufhären kann, am Tage zuschlafen, namentlich wenn es stets und ständig nur mit gewissenSchwierigkeiten am Tage in Schlaf versetzt werden kann. Für dieganze Kindheit bleibt es aber oberstes Gesetz, daß die Kinder jenach dem Alter einer 3— llstündigen Nachtruhe bedürfen. Erstmit beginnender Geschlechtsreife werden wir es für ratsam er-achten, daß die Kinder etwas weniger lange schlafen.—Humoristisches.— Aus der„Jugend". In Berlin bekam ich einst Geldangewiesen. Der Geldbriefträger traf mich nicht, hinterließ aber dieMitteilung und ich mußte das Geld abholen. Ich nahm zum Ab-holen den Brief mit, in dem das Geld mir angekündigt war. DerBeamte wollte das aber nicht als ausreichende Legitimation an-erkennen, und trotz aller Vorstellungen und Bitten nnißte ich wütendmit einer Droschke zu meinem weitentfernten Polizeiburcau fahren,um mir da. nach vielem Hin und Her, eine ordentliche Leginiationzu verschaffen. Stolz fahre ich nach dem Postbureau zurück und willdem Beamten nun die heiß erstrittene, teuer erkaufte Legitimationzeigen.„Ist nicht nötig," sagte der biedere Mann,„jetzt kenneich Sie ja persönlichl'—Notizen.— Der Schriftsteller Wolfgang Kirch bach ist in Bad Nau«heim gestorben. Er war Lyriker, Dramatiker, Romandichter undReligiousphilosoph. U. a. schrieb er die Romane:„Das Leben aufder Walze" und„Der Leiermann von Berlin".—— Im Reuen Theater findet heute die Erstaufführungvon Dreyers Schwank„Eine" statt; den Abend leitet ein dieCourtelinesche Posse:„Der Stammgast".——„Der Faun" heißt ein neues Stück H e r in a n nVahrs.—— Zur Aufführung wurden angenommen:„Derheilige Zopf", Lustspiel in drei Akten von Erik Fried»mann-Frederich und L. Berg für das Residenz-Theater in Wiesbaden; ein Stück des Lehrers Steffel,betitelt. Agrarier", vom Elberfelder S t a d t« T h e a te r;„Oliver Twist", nach dem Dickensschen Roman von EomynsCarr, vom Raimund-Theater in Wien; vom LeipzigerStadt-Theater: Julius Bierbaums„Bräutigamwider Willen", ein Trauerspiel„Störtebecker" von R.W. Martens, ein Lustspiel„Eginhardt und Floribert"von Leo Lenz und ein Drama„Der große Baal' vonH. Herrmann.—— Komische Oper. Die Erstausführung von BizetS„Carmen" ist auf den 13. September festgesetzt.—K. Die Opernsängerin A d e I i n a P a t t i hat sich inden 4l/z Jahrzehnten ihrer Wirksamkeit etwa 15 MillionenMark ersungen.—— Die Ausstellung der„Sezession" wird am30. September geschloffen.—— Das Museum für Naturkunde wurde im letztenJahre(1905/6) von 59 000 Personen besucht. Darunter warendie Schüler von 245 Klaffen.—— Eine Statistik der Tierwelt hat das PariserMuseum für Naturgeschichte aufgestellt. Danach gibt es auf der Erdeund in den Meeren gegen 400 000 Tierarten, die den Gelehrten be-kannt und von ihnen beschrieben worden sind. Die Insekten alleinbilden über 280 000 verschiedene Arten, die Vögel dagegen nur etwa13 000 Arten, also den 30. Teil aller Tierarten. Ferner kennt man12 000 Arten Fische, 33 000 Arten Reptilien, darunter 1610 Schlangen-arten, 50 000 Arten Mollusken, 1300 Arten Amphibien, 20 009 ArtenSpinnen, 3000 Arten Stachelhäuter und 3000 Acten Würmer.—— Zur Förderung der Erhaltung von Naturdenk nrälern im preußischen Staatsgebiet ist eme„staatlicheStelle für Naturdenkmalpflege" errichtet worden. Siehat einstweilen ihren Sitz in D a n z i g.—— Weinernte in der Pfalz. Schlimm geht's in diesemJahre den Winzern: in Weisenheim verkaufte einer seine ganzeErnte für einen Liter Bierl In einem anderen Weinorteließ ein Bauersmann das Ergebnis mehrerer Tagewerke Weinrebenfür eine Mark ab.—— Eine neue Erdbeben st ation soll in Breslauerrichtet werden.——„Spanferkel", lieber den Ursprung dieses Wortesschreibt der„Frkf. Ztg." ein Mitarbeiter: So bekannt in unsererGegend der Ausdruck Spanferkel für das gebratene Saugschwein ist,so unklar ist den meisten Leuten die Ableitung dieses Wortes. Sieergibt sich leicht, wenn wir ein paar hundert Jahre zurückgehen.Da schreibt man einfach Panfrecklein, der Anlaut ist erst inneuerer Zeit dazugekommen. Panfrecklein ist ein Ferkel, das in derPfanne gebraten ist.—VerantworU. Redakteur: Hau? Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: VorwärtSBuchdruckerei u.VerlagSanstaltPauISingerScCo.,VerlinZiV.